Predigt zu Hebräer 1,1,-6 von Axel Denecke
1,1-6

Predigt zu Hebräer 1,1,-6 von Axel Denecke

1.

Welt umgreifend, ja den ganzen Kosmos umfassend, so hat der  Verfasser des Hebräer-Briefes auf seine ganz eigene Weise, gleich  zu Beginn seines Briefes, das Geheimnis der Weihnacht beschrieben. Ungewöhnlich, wirklich ungewöhnlich. Da haben wir vor 2 Tagen an das kleine Kind  im abseitig-engen Stall fernab vom großen Weltgetriebe im unscheinbaren Bethlehem gedacht. Kein Raum da in  der Herberge, uns allen wohl bekannt, gerade heute. Und da wird auf einmal der ganz große Bogen geschlagen und  vom Herrn der Welt geredet, der alles, die ganze Welt umgreift, von Anfang bis zum Ende. Ungewöhnlich, höchst ungewöhnlich. Was soll da nur?  Warum jetzt auf einmal dieser große,  das ganze damals bekannte Erdenreich umfassende Blick ins Universum? Die Worte und Symbole überschlagen sich bei dieser Schilderung, sie sind kaum noch zu bändigen, so allumfassend ist dies Geheimnis. Hören Sie noch einmal den Predigttext

  [Hebr 1,1-6 nochmals lesen]

Sagt uns das etwas? Heute – hier in der Kirche? Oder sind’s zu  große Worte, Weihnachten derart ins ganze Universum, als  Fixpunkt/Fixstern nach vorn und hinten (von Schöpfung an bis zum Weltende) stellen zu wollen? Sagt es uns was? Die wir vor zwei Tagen vom Kind in der Krippe, im abseitig-engen Stall,  heimelige und unbehaust zugleich, hörten?

 Und jetzt also dies:„Von Anbeginn der Schöpfung“ bis „in die letzten Tage“, der Sohn (also Jesus) als „Abglanz der Herrlichkeit Gottes“ mit dem er das ganze „Weltall trägt“ und nun „zur Rechten Gottes“ sitzt in „alle Ewigkeit“. Nochmals also: Was ist das? Was soll das? Was hat das mit dem Kind in der Krippe, armselig - arm und selig -  im verwunschenen Darf Bethlehem zu tun?

2.

Es wird in diesem Jahr wohl kaum eine Heiligabend-Predigt gegeben haben, so vermute ich, in der nicht ein Satz aus der Weihnachtsgeschichte immer wider zitiert wurde: „Kein Raum in der Herberge“, damals im Kleinen in Bethlehem, kein Raum da für Maria und Joseph und das Kind – und zugleich auch heute noch  im Großen, in der ganzen Welt. „Keim Raum in der Herbere“ unserer Welt für all die Flüchtlinge, die uns zu überschwemmen scheinen. In jeder Predigt ist dieser Vergleich gezogen worden, so vermute ich.

Und da haben wir’s schon. Was sich damals –wie Lukas uns berichtet- im Kleinen, verborgen, ganz intim rund um Bethlehem abgespielt haben soll, das gibt es auch noch heute, im Großen, in der ganzen Welt, ist einfach weltumgreifend, betrifft den ganzen Kosmos, unsere Schöpfung von Ur an bis zu ihrem Ende. Oder eben  - wie der Hebr-Brief alles überschauend sagt: „Von Urzeiten an bis zu den letzten Tagen“. In dem kleinen, überschaubaren Ereignis vor 2000 Jahren um Bethlehem herum ist nur wie in einem Brennglas einem Einzelschicksal  exemplarisch vorgelebt, was für alle Welt und für alle Zeiten gilt. Damals, vor 2000 Jahren, heute nach 2000 Jahren und in 2000  oder 20000 Jahren immer noch. Solange wir auf dieser Erde, der guten Schöpfung Gottes leben.

3.

„Kein Raum in der Herberge“ damals und heute und wohl auch in Zukunft. Für wen? Natürlich zunächst für die Menschen, für Maria und Joseph damals, für die vielen Flüchtlinge heute. Oh ja, natürlich, da ist auch bei einigen Raum da, das will ich nicht übersehen, damals und vor allem auch heute. Denn wir haben ja gelernt. Und nehmen auf in  unsere Herberge, gern sogar, die Flüchtlingshilfe ist an vielen Orten überwältigend. Und Pegida uns Konsorten sind im Grund die Minderheit. Oh ja, es ist durchaus Herberge da, hier und anderswo, wollen wir nicht vergessen. Herberge für Menschen, die flüchten müssen und neue Heimat suchen. Oh ja.

Doch gilt das auch für „Gott“ in unserer Welt? In unserem Leben? „Kein Raum in der Herberge“ dieser Welt für Gott? Das muss sich schon jeder selbst fragen.  Im Kleinen: Ob Gott bei mir ganz persönlich, in meinem kleinen privaten Leben eine Herberge findet, ob ich ihm ein Nest bereite in mir selbst, dass er da wachsen kann? Und im Großen: Ob für mich Gott der  Herr  des ganzen Kosmos, unserer Welt von Ur an bis zum Ende ist, ob er für mich der Schöpfer dieser Herberge Welt ist oder nicht? Das muss jeder für sich beantworten. Und es stimmt dann: wenn nicht im Kleinen bei mir, in meinem überschaubaren Leben, dann wohl auch nicht im Gossen für den ganzen Kosmos. Und auch anders herum: Wenn ich Gott Herr und Schöpfer der ganzen Welt sein lasse, unsere Welt seine Herberge, dann ist er es auch für mich im Kleinen, ich gebe ihm Herberge in meinem Leben, er wohnt in mir und ich wohne in ihm.

So ist es. Beides hängt miteinander zusammen. Und deswegen hat der Hebräer-Brief mit seinem alles umfassenden großen Wurf, die ganze Welt umgreifend nur die Kehrseite des Geheimnisses von Bethlehem beschrieben. Was dort im Kleinen, fassbar für jeden, fast eine Idylle zu nennen, geschah – das gilt für die ganze Welt, zu allen Zeiten, in allen Kontinenten, für alle Menschen, ganz gleich,  welcher Hautfarbe und Religion.

„Kein Raum in der Herberge“ – damals, vor 2000 Jahren in  Bethlehem. Ja, so war’s und doch fanden sie am Ende eine Hebrege, sonst wäre das alles gar nicht geschehen.

„Kein Raum in der Herberge“heute, für viele Menschen, da  flüchten müssen. Ja, so ist’s – und doch findet sich für viele eine Herberge, Gott sie Dank, wir haben ja gelernt

„Kein Raum in der Herberge“heute, für Gott. Wer braucht ihn noch? Ja, so ist’s – und doch ist er der Schöpfer unseres Lebens und Erhalter unserer Welt. Und unsere Welt ist seine Herberge, seit Ur an bis zu den letzten Tagen.

4.

Ich denke, das ist das Geheimnis der Weihnacht. Gott mitten unter uns,  ja in uns, so wie das Kind in die Krippe gelegt ist, so wie unsere Welt in Gottes Armen ruht, so wie unser ganzes Leben getragen ist von Gottes Kraft und Segen. Oder wie es der Hebräer-Brief mit seinen Worten sagt:

„In den letzten Tagen hat Gott zu uns geredet ( ‚geredet’ hat er) durch seinen Sohn --- Abglanz seiner Herrlichkeit ---  Ebenbild seines Wesens --- Du bist mein Sohn --- alle Enge sollen ihn anbeten“

 Ja, ich weiß, nicht mehr unsere Sprache. Oder doch? Sind  wir nicht auch Engel, die ihn nicht nur anbeten, sondern ihm Herberge geben können  in unserem  Leben? Und wenn wir es tun, ja dann werden wir Engel, engelsgleiche Menschen vor Gott. Raum für Gott in der Herberge unseres Lebens.

5.

Und wie sieht diese Herberge für Gott und für die Menschen konkret aus? Wir wissen es alle:

 „Frieden auf Erden – allen Menschen (s)ein Wohlgefallen - Gerechtigkeit für alle Menschen – Gottes gute Schöpfung bebauen, bewahren  und  weiter bauen.“

Weiter bauen wohin? Ich weiß es natürlich nicht im Einzelnen, ich weiß nur, dass die Herberge Gottes, seine  Schöpfung, im Geist Jesu weitergebaut werden soll, ja muss. Fangen wir einfach damit an.

Können wir das denn? Ja, wenn wir uns vom Geist Christi anhauchen lassen, wenn wir ihn inhalieren und mit seinem Atem dann auch andere anhauchen, damit Leben im Geiste Christi in ihnen entsteht.

Wo endet es? ich weiß es nicht. Ich weiß nur eins: Es endet bei Gott, wird bei Gott enden – einst, wenn wir schon lange nicht mehr sind. Denn die Herberge Gottes will in unserer Welt Gestalt gewinnen, und wenn nicht  heute, dann morgen oder übermorgen, „unsere Enkel fechten’s besser aus“,  oder in 200 oder 2000 oder in 2000 Jahren – oder am Ende der Zeit, in den letzten Tage,

Und ihr werdet leben, werdet Schritt für Schritt, Stepp by Stepp ihm entgegengehen, damit der „Friede im Himmel“ tatsächlich auch der „Friede auf Erden“ sei.  Dieser Friede beginnt in eurem Herzen, genau dort, ganz im Kleinen, wie damals im abseitig-engen  Stall, da beginnt er. Er beginnt da, doch er endet dort nicht.  Er kann  weiter wachsen, über uns hinaus, in die ganze Welt hinein, kann, so soll  den ganzen Kosmos umfassen, umfangen, umgreifen.

Also fangen wir endlich damit an, Frieden zu machen mit uns selbst, mit anderen Menschen, ja auch mit Gott. Geben wir ihm Herberge in uns. Geben wir anderen Menschen Herberge bei uns. Und wir werden leben, endlich wahrhaft leben.

Ich hab, wenn’s gut geht, noch 10, 20 Jahre dafür Zeit, Sie vielleicht noch 20 oder 40 oder 50 Jahre. Ach, was ist das schon im Maßstab des Universums, kann man skeptisch fragen. Natürlich. Martin Luther sagte einst: „Und wenn morgen die Welt untergehen würde, würde ich noch heute noch  mein Apfelbäumchen pflanzen“. Also pflanzen wir – auf dass die Rose im Schnee erblüht.