Predigt zu Johannes 16, 1-15, Tanja Schmidt
16,1
Liebe Gemeinde,
unser heutiger Predigttext nimmt uns hinein in eine besondere Situation. Es ist der Abend unmittelbar vor der Gefangennahme Jesu. Jesus weiß davon und er bereitet seine Jüngerinnen und Jünger auf schwere Zeiten vor: auf Trennung und Abschied von ihm. Auf die Passion und den Kreuzestod. Umsichtig und einfühlsam sind seine Worte. Er will seine Jüngerinnen und Jünger auf den Abschied einstellen und sie zugleich trösten und ermutigen.
Hören Sie selbst. Es sind Worte, die auch in unser Leben sprechen:
(Joh 16,1-15)
Mit diesen Worten konfrontiert Jesus seine Jünger und Jüngerinnen mit seinem ungewissen Schicksal. Ein Abschied von ihm steht ihnen bevor! Ich stelle mir vor, wie überrascht, ja schockiert die Jünger sind. Manche wollen es gar nicht wahr haben. Und dann sagt Jesus ihnen auch noch: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe!“
Können Sie, liebe Gemeinde, das verstehen?
Was bitte soll an der Trennung von Jesus gut sein? Ein Abschied von Jesus bedeutet doch Verlust. Verlust des geliebten Menschen, Verlust des besonderen Miteinanders untereinander und mit ihm. Verlust einer Lebensperspektive, die hieß: ihm nachfolgen, auf seinen Spuren wandeln.
Für Jesus haben die Jünger ihren Beruf und ihre Familien zurückgelassen. Sie haben ihr Leben mit seinem verbunden. Und nun sagt er einfach: „Ich gehe, und das ist auch gut für euch.“
Wir können uns das Entsetzen der Jünger nur zu gut vorstellen.
Eine Trennung, ein Abschied tut weh. Und er bringt Ängste mit sich. Wie soll es weitergehen? Wir kann ich leben ohne dich?
Und doch sind Abschiede bisweilen notwendig. Mir fällt der Sohn ein, der am liebsten nach dem Schulabschluss zu Hause wohnen bleiben möchte. Er möchte ganz in der Nähe studieren und dort bleiben, wo alles ihm vertraut ist. Die Eltern ermutigen ihn, in eine andere Stadt zu ziehen. Weil sie wissen, dass er nur so erwachsen und selbständig wird. Weil er lernen soll, Verantwortung für sich zu übernehmen. Nur so wird er wachsen und immer mehr auf eigenen Füßen stehen. Ein solcher Abschied ist nicht schmerzfrei, aber notwendig und gut. (das Beispiel wurde angeregt durch Christoph Barnbrock, Predigtmeditation zum heutigen Predigttext, Pastoralblätter 6/2011, 397 ff.)
Manchmal erkennen wir erst im Rückblick, dass ein Abschied auch gut oder sogar notwendig war. Zum Beispiel erleben es viele Menschen, dass die erste große Liebe nicht hält. So eine Trennung tut furchtbar weh. Aber sie erweist sich im Nachhinein oft als gut. Die erste große Liebe lernen wir in der Regel in der Jugend kennen. Nicht vielen Menschen wird es geschenkt, miteinander erwachsen zu werden und gemeinsam reifen zu können. Manchmal ist eine Trennung wichtig, um sich weiter entwickeln zu können.
Eine alte, sozial und politisch sehr engagierte, Dame, die ich sehr verehrte, erzählte mir vor vielen Jahren vom Tod ihres Mannes. Sie verlor ihn, als sie selbst 55 Jahre alt war. „Wir haben uns sehr geliebt“, erzählte sie mir. „Es war eine gute Ehe. Und doch muss ich sagen: An seiner Seite hätte ich mich nie so entwickelt. Als er starb, musste ich lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich bin nochmal in den Beruf gegangen. Ich habe viel gelernt, ich wurde selbstbewusst. So eigenständig wäre ich an seiner Seite nicht geworden.“
Manchmal ist ein Abschied notwendig, manchmal hat er zumindest seine guten Seiten. Unsere Beispiele erzählen alle von Menschen, die durch den Abschied eigenständiger oder mündiger geworden sind.
Genau darum geht es auch Jesus: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe.“ sagt er zu seinen Jüngerinnen und Jüngern. Die Jahre mit ihm waren die Lehrjahre der Jünger. Sie sind hinter Jesus her gelaufen, sie haben ihn bewundert und sich auf ihn verlassen. Vor allem haben sie viel gelernt von Gottes Liebe zu den Menschen. Nun wird es Zeit, dass sie alleine laufen lernen und diese Liebe Gottes selbst den Menschen nahe bringen. Liebevoll, aber nachdrücklich schubst Jesus sie in die Selbständigkeit. „Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Es wird Zeit, dass ihr selbständig werdet und selbst das Evangelium von der Liebe Gottes zu den Menschen bringt.“
Jesus schmeißt die Jünger aber nicht einfach ins kalte Wasser und lässt sie dann alleine. Er schließt Ihnen eine Tür zur Zukunft auf. „Wenn ich weggehe, kommt der Tröster zu euch, der Geist der Wahrheit.“. Jesus wird nicht mehr so bei den Jüngern sein wie zu den Tagen, als er mit ihnen durch Israel zog. Aber die Jünger werden keineswegs allein sein. Jesus wird ihnen beistehen durch Gottes guten Geist. Der Geist Gottes wird sie trösten und ihnen Orientierung geben.
Dieses Lebens ohne Jesu unmittelbare Gegenwart ist anstrengend. Das erfahren wir genauso gut wie die Jünger damals. Wie die Jüngerinnen und Jünger können auch wir uns nicht mehr hinter Jesus verstecken. Es reicht nicht, in seiner Spur hinter ihm her zu laufen. Wir müssen selbst laufen und Spuren ziehen.
So wie die Jünger sind auch wir von Jesus berufen, Zeugnis von Gott zu geben. Auch uns mutet und traut Jesus zu, mündige Christen zu sein. So wie er es in seinem Taufbefehl zu uns, zu seinen Nachfolgern sagt: „Geht hin uns macht zu Jüngern alle Völker. Tauft sie und lehrt sie zu halten alles, was ich euch befohlen habe.“ (Mt 28, 19 f.)
Und so wie die Jünger werden auch wir bei dieser Aufgabe nicht allein gelassen. Jesus verheißt allen seinen Zeugen seinen guten Geist, seinen Beistand, wie das griechische Wort Paraklet eigentlich übersetzt heißt. Der Geist tritt an die Stelle Jesu in die Welt und er vertritt ihn.
Dieser Geist Gottes steht uns bei. Er hilft uns, den Zeugen Christi, zu unterscheiden, wann wir im Geist Gottes handeln und wann nicht. Er gibt uns den Mut und die notwendige Festigkeit, um in unserer Umgebung Zeugnis von Gott zu geben. Die Gegenwart des Geistes schenkt uns Orientierung, Festigkeit und Trost.
Auf diese tröstende und stärkende Macht sind wir täglich angewiesen, aber wir besitzen sie nicht. Dieser Geist will von Gott erbeten sein und wird uns von Gott geschenkt. Um seine Gegenwart lasst uns daher heute an Pfingsten bitten, für seine Gegenwart uns offen halten. Oh, heilger Geist, kehr bei uns ein. Amen
unser heutiger Predigttext nimmt uns hinein in eine besondere Situation. Es ist der Abend unmittelbar vor der Gefangennahme Jesu. Jesus weiß davon und er bereitet seine Jüngerinnen und Jünger auf schwere Zeiten vor: auf Trennung und Abschied von ihm. Auf die Passion und den Kreuzestod. Umsichtig und einfühlsam sind seine Worte. Er will seine Jüngerinnen und Jünger auf den Abschied einstellen und sie zugleich trösten und ermutigen.
Hören Sie selbst. Es sind Worte, die auch in unser Leben sprechen:
(Joh 16,1-15)
Mit diesen Worten konfrontiert Jesus seine Jünger und Jüngerinnen mit seinem ungewissen Schicksal. Ein Abschied von ihm steht ihnen bevor! Ich stelle mir vor, wie überrascht, ja schockiert die Jünger sind. Manche wollen es gar nicht wahr haben. Und dann sagt Jesus ihnen auch noch: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe!“
Können Sie, liebe Gemeinde, das verstehen?
Was bitte soll an der Trennung von Jesus gut sein? Ein Abschied von Jesus bedeutet doch Verlust. Verlust des geliebten Menschen, Verlust des besonderen Miteinanders untereinander und mit ihm. Verlust einer Lebensperspektive, die hieß: ihm nachfolgen, auf seinen Spuren wandeln.
Für Jesus haben die Jünger ihren Beruf und ihre Familien zurückgelassen. Sie haben ihr Leben mit seinem verbunden. Und nun sagt er einfach: „Ich gehe, und das ist auch gut für euch.“
Wir können uns das Entsetzen der Jünger nur zu gut vorstellen.
Eine Trennung, ein Abschied tut weh. Und er bringt Ängste mit sich. Wie soll es weitergehen? Wir kann ich leben ohne dich?
Und doch sind Abschiede bisweilen notwendig. Mir fällt der Sohn ein, der am liebsten nach dem Schulabschluss zu Hause wohnen bleiben möchte. Er möchte ganz in der Nähe studieren und dort bleiben, wo alles ihm vertraut ist. Die Eltern ermutigen ihn, in eine andere Stadt zu ziehen. Weil sie wissen, dass er nur so erwachsen und selbständig wird. Weil er lernen soll, Verantwortung für sich zu übernehmen. Nur so wird er wachsen und immer mehr auf eigenen Füßen stehen. Ein solcher Abschied ist nicht schmerzfrei, aber notwendig und gut. (das Beispiel wurde angeregt durch Christoph Barnbrock, Predigtmeditation zum heutigen Predigttext, Pastoralblätter 6/2011, 397 ff.)
Manchmal erkennen wir erst im Rückblick, dass ein Abschied auch gut oder sogar notwendig war. Zum Beispiel erleben es viele Menschen, dass die erste große Liebe nicht hält. So eine Trennung tut furchtbar weh. Aber sie erweist sich im Nachhinein oft als gut. Die erste große Liebe lernen wir in der Regel in der Jugend kennen. Nicht vielen Menschen wird es geschenkt, miteinander erwachsen zu werden und gemeinsam reifen zu können. Manchmal ist eine Trennung wichtig, um sich weiter entwickeln zu können.
Eine alte, sozial und politisch sehr engagierte, Dame, die ich sehr verehrte, erzählte mir vor vielen Jahren vom Tod ihres Mannes. Sie verlor ihn, als sie selbst 55 Jahre alt war. „Wir haben uns sehr geliebt“, erzählte sie mir. „Es war eine gute Ehe. Und doch muss ich sagen: An seiner Seite hätte ich mich nie so entwickelt. Als er starb, musste ich lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich bin nochmal in den Beruf gegangen. Ich habe viel gelernt, ich wurde selbstbewusst. So eigenständig wäre ich an seiner Seite nicht geworden.“
Manchmal ist ein Abschied notwendig, manchmal hat er zumindest seine guten Seiten. Unsere Beispiele erzählen alle von Menschen, die durch den Abschied eigenständiger oder mündiger geworden sind.
Genau darum geht es auch Jesus: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe.“ sagt er zu seinen Jüngerinnen und Jüngern. Die Jahre mit ihm waren die Lehrjahre der Jünger. Sie sind hinter Jesus her gelaufen, sie haben ihn bewundert und sich auf ihn verlassen. Vor allem haben sie viel gelernt von Gottes Liebe zu den Menschen. Nun wird es Zeit, dass sie alleine laufen lernen und diese Liebe Gottes selbst den Menschen nahe bringen. Liebevoll, aber nachdrücklich schubst Jesus sie in die Selbständigkeit. „Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Es wird Zeit, dass ihr selbständig werdet und selbst das Evangelium von der Liebe Gottes zu den Menschen bringt.“
Jesus schmeißt die Jünger aber nicht einfach ins kalte Wasser und lässt sie dann alleine. Er schließt Ihnen eine Tür zur Zukunft auf. „Wenn ich weggehe, kommt der Tröster zu euch, der Geist der Wahrheit.“. Jesus wird nicht mehr so bei den Jüngern sein wie zu den Tagen, als er mit ihnen durch Israel zog. Aber die Jünger werden keineswegs allein sein. Jesus wird ihnen beistehen durch Gottes guten Geist. Der Geist Gottes wird sie trösten und ihnen Orientierung geben.
Dieses Lebens ohne Jesu unmittelbare Gegenwart ist anstrengend. Das erfahren wir genauso gut wie die Jünger damals. Wie die Jüngerinnen und Jünger können auch wir uns nicht mehr hinter Jesus verstecken. Es reicht nicht, in seiner Spur hinter ihm her zu laufen. Wir müssen selbst laufen und Spuren ziehen.
So wie die Jünger sind auch wir von Jesus berufen, Zeugnis von Gott zu geben. Auch uns mutet und traut Jesus zu, mündige Christen zu sein. So wie er es in seinem Taufbefehl zu uns, zu seinen Nachfolgern sagt: „Geht hin uns macht zu Jüngern alle Völker. Tauft sie und lehrt sie zu halten alles, was ich euch befohlen habe.“ (Mt 28, 19 f.)
Und so wie die Jünger werden auch wir bei dieser Aufgabe nicht allein gelassen. Jesus verheißt allen seinen Zeugen seinen guten Geist, seinen Beistand, wie das griechische Wort Paraklet eigentlich übersetzt heißt. Der Geist tritt an die Stelle Jesu in die Welt und er vertritt ihn.
Dieser Geist Gottes steht uns bei. Er hilft uns, den Zeugen Christi, zu unterscheiden, wann wir im Geist Gottes handeln und wann nicht. Er gibt uns den Mut und die notwendige Festigkeit, um in unserer Umgebung Zeugnis von Gott zu geben. Die Gegenwart des Geistes schenkt uns Orientierung, Festigkeit und Trost.
Auf diese tröstende und stärkende Macht sind wir täglich angewiesen, aber wir besitzen sie nicht. Dieser Geist will von Gott erbeten sein und wird uns von Gott geschenkt. Um seine Gegenwart lasst uns daher heute an Pfingsten bitten, für seine Gegenwart uns offen halten. Oh, heilger Geist, kehr bei uns ein. Amen
Lieder
EG 130: Oh, heilger Geist, kehr bei uns ein.
Perikope