Predigt zu Lukas 17, 5-6 von Karsten Matthis
17,5
Liebe Gemeinde,
eine Predigt soll nach guter reformatorischer Tradition Glauben wecken, ein Motiv für viele den sonntäglichen Gottesdienst zu besuchen. Bei Morgenandachten im Radio hören wir aufmerksam zu und hoffen darauf, Zuspruch für den Tag zu bekommen. Von unseren Bischöfen erwarten wir uns eine geistliche Orientierung. Ein gutes Wort zur rechten Zeit sollen sie uns zur Ermutigung sagen. Wir greifen zur Bibel und Kommentaren sowie christlicher Literatur, um Worte zu finden, die uns berühren. Wer sehnt sich nicht danach, beim Abendgebet Gott näher zu kommen.
Stärke unseren Glauben, bitten die Jünger Jesu. Die Bitte scheint zu alle Zeiten selbst zur neutestamentlicher Zeit aktuell gewesen zu sein. Diese Bitte um Glaubensstärke ist so alt wie die Kirche. Nicht nur an dieser Stelle des Lukas Evangeliums, sondern auch an anderen, ertönt dieser Hilferuf. Die Jünger, die doch an Jesus so nah sind, bitten wieder und wieder darum, im Glauben gestärkt zu werden.
Jesus hatte sicherlich Verständnis für die Bitte seiner Jünger, aber er gibt den Hilferuf an seine Begleiter zurück. „Schaut doch auf euren Glauben, blickt auf das, was da ist“, so verstehe ich Jesu Wort vom Senfkorn.
So gewinnt das Wort nicht den Charakter eines Gebots, sondern versteht sich als eine Ermutigung im Glauben. Es ist keine Kritik an einem vermeintlich schwachen Glauben, sondern vielmehr ein echtes Trostwort.
Das Wort vom Senfkorn spricht den Jüngern ihren Glauben nicht ab, auch wenn er noch so klein sein sollte, sondern es ist schon viel gewonnen, wenn der Glaube groß wie ein Senfkorn ist. Das Wort Jesu nimmt uns eine Last von den Schultern, unsern Glauben einzig und allein auf Wachstum und Größe anzulegen. Dieser Leistungsgedanke widerspricht dem Evangelium.
Dass Kleines viel bewirken kann, will uns nicht immer gleich einleuchten. Größe und Stärke sind landläufige Kriterien, die für uns gelten. Allein die Größe und Stärke eines Wirtschaftsbetriebes bestimmt über den Marktwert. Eine wirtschaftliche Stärke führt zu Gewinnen und sichert Arbeitsplätze. Größe fällt auf und imponiert. Kleines ist Verborgenes und eher nur eine Randnotiz wert.
Bei Gott sind aber die Maßstäbe anders: Dass ein kleiner Glaube viel bewegt, wird an vielen biblischen Geschichten klar. Die Aussätzigen (Luk. 17, 11-19) haben nur eine vage Hoffnung auf Heilung. Der Vater eines schwer kranken Kindes (Luk. 9, 37ff) hat nur einen winzigen Hoffnungsschimmer, dass sein Sohn einmal normales Leben führen kann. Am Ende der Heilungsgeschichten sagt Jesus: „Dein Glaube hat dir geholfen.“
So klein wie ein Senfkorn, so klein darf ein Glaube sein. Und dieser kleine Glaube kann viel bewegen. Bei Gott geht es nicht um die Größe des Glaubens, sondern um Vertrauen und Zutrauen.
Ein kleiner Glaube erscheint in unseren Zeiten der Normalfall zu sein. Wie viele Anfechtungen hat unsere säkularisierte Umwelt für uns Christenmenschen bereit. Größe und Stärke gehen scheinbar nicht mehr vom christlichen Glauben aus. Längst sind die Kirchen nicht mehr konkurrenzlose Sinnagenturen. Andere Sinnanbieter haben sich seit langer Zeit auf den Weg gemacht und mit den christlichen Glauben gleichgezogen. Das Christentum muss auf Anfragen anderer Weltanschauungen Antworten geben und sich auf Glaubensgespräche einlassen. Schweren Herzens haben sich Landeskirchen von Kirchen und Gemeindehäusern, viele wurden von ihnen bei vollen Kirchenkassen in den 70er in Großstädten gebaut, nun aufgrund sinkender Gemeindeglieder sich trennen müssen. Der Abschied von diesen Gebäuden tut vielen Gemeinden richtig weh. Traurig registrieren wir, wenn sich junge Menschen mit dem Erreichen der Religionsmündigkeit vom Religionsunterricht abmelden. Und betroffen macht, wenn junge Menschen, uns so vertraute biblische Geschichten, wie vom barmherzigen Samariter, nicht mehr kennen und nicht einordnen können. Irritiert sind Christenmenschen darüber, dass Kirchenferne kaum die Bedeutung von Ostern und Pfingsten entschlüsseln können.
Vordergründig sind dies Hinweise auf schwindenden Glauben in unserer Gesellschaft. Steht uns künftig eine Gesellschaft ohne Religion ins Haus, in welcher die Kirchen an den Rand gedrängt werden? Es stellt sich die bange Frage, ist Glaube nur noch ein Nischenthema von einigen wenigen Außenseitern?
Ob es so schlecht um den Glauben in unserer Gesellschaft steht, wie es manche befürchten, wird sich nicht mit abschließender Sicherheit sagen lassen. Es gibt viele kleine und große ermutigende Zeichen, die auf ganz gegenläufige Entwicklungen hinweisen. Die Zahl der Kirchenkreise wächst, in denen seit Jahren steigende Zahlen von Wiedereintritten verzeichnen sind. Das Interesse junger Eltern nach Taufgottesdiensten hat sich eher erhöht, denn abgenommen. Es sind nicht allein die hoffungsvollen Zeichen auf Kirchentagen mit den langen Menschenschlangen vor Messehalle alle zwei Jahre in Metropolen wie Köln und Hamburg, vielmehr gibt es kleine Zeichen an vielen Orten.
Aufschlussreich sind Berichte aus den neuen Ländern, dass sich Bürger ohne Taufurkunde für ihre alten Kirchen im Ortszentrum engagieren. Geld sammeln und mit eigenen Händen anpacken, um Dächer zu sanieren. Dahinter steckt ein Wissen, dass Kirchen mitten in die Dörfer Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns gehören und das Bild einer Landschaft prägen. Erfreulich können wir wahrnehmen, dass sich viele Bürger um verfolgte Christen weltweit. Die Schicksale von verfolgten Christen in Afrika und Arabien bewegen viele Menschen, die bislang nicht unbedingt regelmäßige Gottesdienstbesucher waren, zur spontanen Hilfe. Im Internet und in neuen sozialen Netzwerken entwickeln sich Gesprächen über Glaubensfragen. Junge Menschen reden frank und frei über ihren Glauben. Es klingt ungewohnt für unsere Ohren, aber dahinter stecken ernsthafte Fragen nach Glauben in unserer Zeit.
Diese vielen Zeichen sind ermutigend. Ist es erlaubt, diese klein zu reden, weil sie weitgehend nicht traditionell sind? Jesus hatte in seinen Begegnungen mit den Menschen seiner Zeit keinen Seismograph dabei. Ihm reichte ein Zutrauen zu Gott, dass er bei den Menschen spürte. Dem kleinen Glauben zollte er vollen Respekt.
Gottes Liebe zum Detail, zum Kleinen und Winzigen macht Mut zum Glauben. Drückt sich doch darin aus, dass Gott aus einem vermeintlichen Kleinglauben Großartiges werden lassen kann.
Mit seinem Gleichnis aus der Pflanzenwelt hat Jesus uns eine bahnbrechende Perspektive erschlossen. Wir dürfen auf Gottes Geduld und Langmut setzen und dass er unseren kleinen Glauben ernst nimmt, sollte er auch nur die Größe eines Senfkorns haben. Und ganz sicher dürfen darauf hoffen, dass Gottes guter Geist immer wieder Menschen bewegen und ansprechen wird. Wen, wann und wie, dies alles liegt in seiner Hand. Amen.
eine Predigt soll nach guter reformatorischer Tradition Glauben wecken, ein Motiv für viele den sonntäglichen Gottesdienst zu besuchen. Bei Morgenandachten im Radio hören wir aufmerksam zu und hoffen darauf, Zuspruch für den Tag zu bekommen. Von unseren Bischöfen erwarten wir uns eine geistliche Orientierung. Ein gutes Wort zur rechten Zeit sollen sie uns zur Ermutigung sagen. Wir greifen zur Bibel und Kommentaren sowie christlicher Literatur, um Worte zu finden, die uns berühren. Wer sehnt sich nicht danach, beim Abendgebet Gott näher zu kommen.
Stärke unseren Glauben, bitten die Jünger Jesu. Die Bitte scheint zu alle Zeiten selbst zur neutestamentlicher Zeit aktuell gewesen zu sein. Diese Bitte um Glaubensstärke ist so alt wie die Kirche. Nicht nur an dieser Stelle des Lukas Evangeliums, sondern auch an anderen, ertönt dieser Hilferuf. Die Jünger, die doch an Jesus so nah sind, bitten wieder und wieder darum, im Glauben gestärkt zu werden.
Jesus hatte sicherlich Verständnis für die Bitte seiner Jünger, aber er gibt den Hilferuf an seine Begleiter zurück. „Schaut doch auf euren Glauben, blickt auf das, was da ist“, so verstehe ich Jesu Wort vom Senfkorn.
So gewinnt das Wort nicht den Charakter eines Gebots, sondern versteht sich als eine Ermutigung im Glauben. Es ist keine Kritik an einem vermeintlich schwachen Glauben, sondern vielmehr ein echtes Trostwort.
Das Wort vom Senfkorn spricht den Jüngern ihren Glauben nicht ab, auch wenn er noch so klein sein sollte, sondern es ist schon viel gewonnen, wenn der Glaube groß wie ein Senfkorn ist. Das Wort Jesu nimmt uns eine Last von den Schultern, unsern Glauben einzig und allein auf Wachstum und Größe anzulegen. Dieser Leistungsgedanke widerspricht dem Evangelium.
Dass Kleines viel bewirken kann, will uns nicht immer gleich einleuchten. Größe und Stärke sind landläufige Kriterien, die für uns gelten. Allein die Größe und Stärke eines Wirtschaftsbetriebes bestimmt über den Marktwert. Eine wirtschaftliche Stärke führt zu Gewinnen und sichert Arbeitsplätze. Größe fällt auf und imponiert. Kleines ist Verborgenes und eher nur eine Randnotiz wert.
Bei Gott sind aber die Maßstäbe anders: Dass ein kleiner Glaube viel bewegt, wird an vielen biblischen Geschichten klar. Die Aussätzigen (Luk. 17, 11-19) haben nur eine vage Hoffnung auf Heilung. Der Vater eines schwer kranken Kindes (Luk. 9, 37ff) hat nur einen winzigen Hoffnungsschimmer, dass sein Sohn einmal normales Leben führen kann. Am Ende der Heilungsgeschichten sagt Jesus: „Dein Glaube hat dir geholfen.“
So klein wie ein Senfkorn, so klein darf ein Glaube sein. Und dieser kleine Glaube kann viel bewegen. Bei Gott geht es nicht um die Größe des Glaubens, sondern um Vertrauen und Zutrauen.
Ein kleiner Glaube erscheint in unseren Zeiten der Normalfall zu sein. Wie viele Anfechtungen hat unsere säkularisierte Umwelt für uns Christenmenschen bereit. Größe und Stärke gehen scheinbar nicht mehr vom christlichen Glauben aus. Längst sind die Kirchen nicht mehr konkurrenzlose Sinnagenturen. Andere Sinnanbieter haben sich seit langer Zeit auf den Weg gemacht und mit den christlichen Glauben gleichgezogen. Das Christentum muss auf Anfragen anderer Weltanschauungen Antworten geben und sich auf Glaubensgespräche einlassen. Schweren Herzens haben sich Landeskirchen von Kirchen und Gemeindehäusern, viele wurden von ihnen bei vollen Kirchenkassen in den 70er in Großstädten gebaut, nun aufgrund sinkender Gemeindeglieder sich trennen müssen. Der Abschied von diesen Gebäuden tut vielen Gemeinden richtig weh. Traurig registrieren wir, wenn sich junge Menschen mit dem Erreichen der Religionsmündigkeit vom Religionsunterricht abmelden. Und betroffen macht, wenn junge Menschen, uns so vertraute biblische Geschichten, wie vom barmherzigen Samariter, nicht mehr kennen und nicht einordnen können. Irritiert sind Christenmenschen darüber, dass Kirchenferne kaum die Bedeutung von Ostern und Pfingsten entschlüsseln können.
Vordergründig sind dies Hinweise auf schwindenden Glauben in unserer Gesellschaft. Steht uns künftig eine Gesellschaft ohne Religion ins Haus, in welcher die Kirchen an den Rand gedrängt werden? Es stellt sich die bange Frage, ist Glaube nur noch ein Nischenthema von einigen wenigen Außenseitern?
Ob es so schlecht um den Glauben in unserer Gesellschaft steht, wie es manche befürchten, wird sich nicht mit abschließender Sicherheit sagen lassen. Es gibt viele kleine und große ermutigende Zeichen, die auf ganz gegenläufige Entwicklungen hinweisen. Die Zahl der Kirchenkreise wächst, in denen seit Jahren steigende Zahlen von Wiedereintritten verzeichnen sind. Das Interesse junger Eltern nach Taufgottesdiensten hat sich eher erhöht, denn abgenommen. Es sind nicht allein die hoffungsvollen Zeichen auf Kirchentagen mit den langen Menschenschlangen vor Messehalle alle zwei Jahre in Metropolen wie Köln und Hamburg, vielmehr gibt es kleine Zeichen an vielen Orten.
Aufschlussreich sind Berichte aus den neuen Ländern, dass sich Bürger ohne Taufurkunde für ihre alten Kirchen im Ortszentrum engagieren. Geld sammeln und mit eigenen Händen anpacken, um Dächer zu sanieren. Dahinter steckt ein Wissen, dass Kirchen mitten in die Dörfer Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns gehören und das Bild einer Landschaft prägen. Erfreulich können wir wahrnehmen, dass sich viele Bürger um verfolgte Christen weltweit. Die Schicksale von verfolgten Christen in Afrika und Arabien bewegen viele Menschen, die bislang nicht unbedingt regelmäßige Gottesdienstbesucher waren, zur spontanen Hilfe. Im Internet und in neuen sozialen Netzwerken entwickeln sich Gesprächen über Glaubensfragen. Junge Menschen reden frank und frei über ihren Glauben. Es klingt ungewohnt für unsere Ohren, aber dahinter stecken ernsthafte Fragen nach Glauben in unserer Zeit.
Diese vielen Zeichen sind ermutigend. Ist es erlaubt, diese klein zu reden, weil sie weitgehend nicht traditionell sind? Jesus hatte in seinen Begegnungen mit den Menschen seiner Zeit keinen Seismograph dabei. Ihm reichte ein Zutrauen zu Gott, dass er bei den Menschen spürte. Dem kleinen Glauben zollte er vollen Respekt.
Gottes Liebe zum Detail, zum Kleinen und Winzigen macht Mut zum Glauben. Drückt sich doch darin aus, dass Gott aus einem vermeintlichen Kleinglauben Großartiges werden lassen kann.
Mit seinem Gleichnis aus der Pflanzenwelt hat Jesus uns eine bahnbrechende Perspektive erschlossen. Wir dürfen auf Gottes Geduld und Langmut setzen und dass er unseren kleinen Glauben ernst nimmt, sollte er auch nur die Größe eines Senfkorns haben. Und ganz sicher dürfen darauf hoffen, dass Gottes guter Geist immer wieder Menschen bewegen und ansprechen wird. Wen, wann und wie, dies alles liegt in seiner Hand. Amen.
Perikope