Predigt zu Lukas 24,44-53 von Elke Markmann
24,44-53

Predigt zu Lukas 24,44-53 von Elke Markmann

Liebe Gemeinde!

Wir feiern einen besonderen Gottesdienst. Heute, am sogenannten „Vatertag“. Wir feiern diesen Tag als Himmelfahrtstag. Ein Tag, an dem wir uns an die Himmelfahrt Jesu Christi erinnern.

Wir hören, was uns im Lukasevangelium erzählt ist:

Nach der Auferstehung erscheint Jesus einigen seiner Jüngerinnen und Jünger mehrfach an unterschiedlichen Orten.

Nach dem Entsetzen über den grausamen Foltertod ihres Lehrers und Vorbildes haben die Jüngerinnen und Jünger wieder neu Hoffnung geschöpft, als sie dem Auferstandenen begegneten.

Aber dann endet auch diese Zeit. Hier setzt der heutige Predigttext ein:

Dann sagte Jesus zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: »Nun ist in Erfüllung gegangen, wovon ich sprach, als ich noch bei euch war; ich sagte: ›Alles, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich geschrieben ist, muss sich erfüllen.‹« Und er öffnete ihnen das Verständnis für die Schrift, sodass sie sie verstehen konnten, und sagte zu ihnen: »So steht es doch in der Schrift: Der Messias muss leiden und sterben, und drei Tage danach wird er von den Toten auferstehen. Und in seinem Namen sollen alle Völker zur Umkehr aufgerufen werden, damit sie Vergebung ihrer Sünden empfangen. In Jerusalem soll damit begonnen werden. Ihr seid Zeuginnen und Zeugen für das alles. Ich aber werde die Kraft aus der Höhe auf euch herab senden, wie mein Vater es versprochen hat. Bleibt hier in der Stadt, bis ihr damit ausgerüstet werdet.«

Jesus führte die Jünger aus der Stadt hinaus bis in die Nähe von Betanien. Dort erhob er die Hände, um sie zu segnen.  Und während er sie segnete, wurde er von ihnen weggenommen und zum Himmel emporgehoben.

Die Jünger warfen sich nieder und beteten ihn an. Dann kehrten sie nach Jerusalem zurück, von großer Freude erfüllt. Und sie waren von da an ständig im Tempel und priesen Gott.

(Lk 24, 44-53 nach der neuen Genfer Übersetzung)

Die Jüngerinnen und Jünger wussten nach diesem Erlebnis, dass sie nicht allein waren. Obwohl nach Jesu Tod erst alle Hoffnung gestorben war, war sie nun neu erwacht. Sie wussten nun genau: Er ist nicht bei uns, er ist aber auch nicht tot. Er ist im Himmel und damit jederzeit bei uns. Die Kraft, die wir bekommen werden, kommt direkt aus dem Himmel, die Heilige Geistkraft, die uns hilft, die Aufgaben zu erfüllen, die wir haben.

Jesus hatte Ihnen ja deutlich gesagt, dass sie nun diejenigen sein sollten, die alle Völker zur Umkehr aufrufen sollten.

Seid Zeuginnen und Zeugen! Ruft in meinem Namen zur Umkehr auf!

Diese Sätze haben in der Geschichte nicht immer eine gute Wirkung gehabt. Missionierung und gewaltsame Christianisierung wurden oft mit diesen Sätzen begründet. Heute wissen wir, dass das nicht richtig ist, dass das nicht gemeint ist.

Welche Umkehr ist aber gemeint?

Wir haben vorhin die Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja gehört. Der Prophet träumt von einer Welt, in der die Wüste blühen wird, in der schwache Hände stark werden und zitternde Knie wieder fest werden.

Stumme werden reden, Blinde sehen und Taube werden wieder hören können.

Was für ein wunderschönes Hoffnungsbild!

Die Wüste, das trostlose und trockene Leben, wird nicht mehr sein. Stattdessen werden Quellen täglich neue Frische schenken. Zedern werden stolz und hoch in den Himmel wachsen und von Gottes Kraft und Stärke zeugen.

Es ist ein Traumbild, ein Hoffnungsbild von Gerechtigkeit, vom Ende aller Ungerechtigkeit, vom Ende aller Not und allen Hungers.

Es ist heute noch ein Hoffnungsbild für viele. So lassen sich von diesem Hoffnungsbild auch Menschen auf gefährliche und schreckliche Fluchtwege über die ganze Welt ein. Sie riskieren ihr Leben, weil sie in ihrer Heimat keinen Ort mehr finden, an dem diese Hoffnung wachsen kann – weil ihre Heimat hoffnungslos in Krieg, Terror oder Armut und Hunger versinkt.

Es ist aber auch ein Hoffnungsbild für uns. Auch, wenn wir nicht unter Terror, Krieg, Hunger und Armut leiden wie die Flüchtlinge, die sich zu tausenden auf der ganzen Welt auf den Weg machen, spüren auch wir, dass uns noch etwas fehlt – das Traumbild, das Hoffnungsbild ist noch nicht Wirklichkeit. Es gibt immer noch zu viele, die hoffnungslos, stumm und blind, bewegungsunfähig ihr Leben leben.

Wer sich aber von diesem Hoffnungsbild leiten lässt, der kann andere einladen auf diesen Weg. Ein Weg hin zu einer Welt der Gerechtigkeit. Auf diesen Weg wollen wir andere mitnehmen. Wir haben es von Jesus Christus gehört und gelernt: Die Zeuginnen und Zeugen haben es weiter getragen. Gott will eine Welt, in der diejenigen, die nichts mehr sehen können und wollen, wieder sehen, was um sie herum blüht und wächst. In Gottes gerechter Welt werden Taube wieder hören. Sie müssen ihre Ohren nicht mehr verschließen vor dem Schreien der Notleidenden. Sie können das Lachen und die Lieder wieder hören, die vom Leben erzählen. In Gottes gerechter Welt muss niemand mehr erstarrt und bewegungslos in der Ecke sitzen. Alle werden sich auf den Weg machen können. Alle werden gemeinsam das Hoffnungsbild des Jesaja Wirklichkeit werden lassen.

Auf diesen Weg wollen wir Menschen mitnehmen. Das heißt Umkehr. Gemeinsam den Weg des Lebens gehen. Gemeinsam den Weg der Gerechtigkeit gehen.

Aber …

Ich kann das Aber in Ihren Köpfen schon hören und sehen bei diesen Worten.

Aber – sind wir nicht viel zu wenige? Sind wir nicht viel zu alt? Sind wir nicht viel zu klein und unbedeutend?

Nein, niemand ist zu klein und zu unbedeutend, um mit anderen Menschen den Weg der Gerechtigkeit zu gehen.

Es gibt Mut machende Beispiele dafür, dass das möglich ist:

Da ist z.B. Renate, die lange zu Hause war und für ihren Mann den Haushalt gemacht hat. Sie war immer für ihn da. Als der Mann sich von ihr trennte, suchte sie eine neue Aufgabe. Sie engagierte sich in der Kinderbetreuung in der Flüchtlingshilfe. In einem Verein fand sie eine Aufgabe, die ihr gefiel. Während die Mütter deutsch lernten, kümmerte sie sich um die Kinder aus Afghanistan, aus Syrien, aus Rumänien, aus dem Kosovo – aus vielen Ländern der Erde. Die Kinder spielten mit ihr – sie spielte mit den Kindern.

Heute ist sie zu alt für diese Arbeit. Aber sie trifft „ihre“ Kinder immer wieder. Stolz zeigen sie ihr ihre eigenen Kinder, erzählen von ihren Arbeitsstellen, von ihren Familien. Renate hat in den international gemischten Kindergruppen viel Schweres von den Kindern gehört. Diese Kinder hatten teilweise viel zu viel Tod und Leid erlebt. In dieser Kindergruppe lernten sie miteinander zu spielen, über Völker- und Sprachgrenzen hinweg. Renate fühlt sich heute reich beschenkt. Sie hat manchmal das Gefühl, dass immer wieder in „ihren“ Kindern der Himmel auf die Erde kommt.

Und in seinem Namen sollen alle Völker zur Umkehr aufgerufen werden, damit sie Vergebung ihrer Sünden empfangen. In Jerusalem soll damit begonnen werden. Ihr seid Zeuginnen und Zeugen für das alles. Ich aber werde die Kraft aus der Höhe auf euch herab senden, wie mein Vater es versprochen hat.

So spricht der Auferstandene von der Aufgabe für seine Jüngerinnen und Jünger.

Das geht auch anders: Die evangelische Frauenhilfe in Westfalen hat Mitte der 1990er Jahre erkannt, dass Zwangsprostitution ein immer größeres Problem wird. Nachdem der eiserne Vorhang zwischen Ost und West gefallen war, nutzten viele Kriminelle diese neuen Wege, versprachen Frauen in Osteuropa einen guten Verdienst im Westen und zwangen sie zur Prostitution. Die Frauenhilfe baute in Herford die Beratungsstelle „Nadeshda“ auf. „Nadeshda“ heißt „Hoffnung“. Mit qualifiziertem Personal hilft bis heute die westfälische Frauenhilfe dabei, dass Frauen und Mädchen wieder Hoffnung schöpfen können, dass sie einen Weg aus der Prostitution heraus finden. Sie helfen bei der Verfolgung der Menschenhändler, bauten in der Ukraine und Weißrussland Kontakte auf, die den Mädchen und Frauen in der Heimat zu einem neuen Anfang helfen.

Diese Arbeit war möglich, weil viele Frauen in den Frauenhilfe-Gruppen in Westfalen mit ihrem jährlichen Beitrag Gutes ermöglichen. Ich selber kann mit meinen Kräften und Kontakten keinem Opfer von Menschenhandel helfen, aber mein Geld tut es. Mein Mitgliedsbeitrag oder meine Spende hilft bei der Arbeit gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution.

Ein Schritt hin zum Hoffnungsbild. Ein Schritt auf dem Weg zur gerechten Welt Gottes.

Es gibt noch so viel zu tun: Kriege in vielen Teilen der Welt. Unrechtsregime und Terrororganisationen, die meinen, dass ihre Religion die einzig wahre Religion sei. Boko Haran, Islamischer Staat und wie sie alle heißen. Aber auch hier in Deutschland gibt es Menschen, die sich von nationalistischen und Menschen verachtenden Ideologien verleiten lassen.

Dagegen wollen wir nicht nur von einem neuen Himmel und einer neuen Erde träumen. Wir bauen sie mit. Wir sind aktiv und setzen uns ein. Wir tragen mit unseren Spenden dazu bei. Wir helfen mit unseren Gebeten. Wir reden mit unseren Freundinnen und Freunden, mit Verwandten und Bekannten. Wir reden von Umkehr und vertrauen auf die himmlische Kraft, die schon Jesu Jüngerinnen und Jüngern half.

Wir vertrauen auf Gott. Sein Friede ist größer als all unser Planen, Reden und Tun.

Amen.

Zum Gottesdienst:

Lieder:

EG 454 Auf und macht die Herzen weit
EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
EG 665 Liebe ist nicht nur ein Wort
EG 171 Bewahre uns Gott, behüte uns Gott

Eingangsgebet:

Himmelfahrt – Gott – wir feiern diesen Gottesdienst auf der Erde. Wir glauben Dich im Himmel und auf Erden. Immer wieder suchen wir danach, wie wir den Himmel auf Erden holen können und träumen von einem neuen Himmel und einer neuen Erde, in denen Gerechtigkeit wohnen.

Halte unsere Träume und unsere Sehnsucht nach diesem neuen Himmel und der neuen Erde wach. Beides beginnt hier bei uns. Darum bitten wir Dich, sei bei uns.

Amen.

Schuldbekenntnis:

Lasst uns bekennen, was uns von Gott und unter einander trennt:

Oft richten wir Grenzen auf, verurteilen andere Menschen.

Wir geben denen Recht, die laut genug sind – obwohl wir es gar nicht genau wissen.

Wir vertrauen auf das Vertraute und haben Angst vor Neuem.

Wir vermeiden Kritik und wollen uns nicht in Frage stellen lassen.

Gott, wir bitten dich um Dein Erbarmen!

Zuspruch:

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.

Darauf können wir immer wieder neu vertrauen. Darum loben wir Gott.

Kollektengebet

Guter Gott, wir kommen heute morgen zu Dir, um uns von Dir anrühren zu lassen.
Wir bitten Dich um Deine Nähe.
Öffne unsere Ohren für Dein Wort.
Öffne unser Herz für Deine Wahrheit.
Öffne unseren Mund zu Deinem Lob.
Amen.

Lesung:

Jesaja 35, 1-6

Fürbitten:

Gott, in unserer Welt liegt so vieles im Argen. Wir könnten lange klagen. Weltweit gehen Menschen lieblos mit einander um, verfolgen, bekriegen und töten sich. Wir leiden darunter und wissen kaum, was wir tun können.

Hilf uns, die guten Ausnahmen zu sehen. Schenk uns den Blick für die Wege, die wir gehen können, um den Menschen in Not zu helfen.

Schenk den Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft die Kraft und die Entschlossenheit, das Leben zu lieben und sich für andere Mensche einzusetzen.

Gott, wir sehen die Not in den Häusern in unseren Dörfern. Gewalt in der Familie, Einsamkeit, Krankheit und Tod machen manchen Männern, Frauen und Kindern das Leben zur Hölle.

Du rufst uns auf zur Umkehr. Du rufst uns zur Nachfolge. Gib uns die Kraft zu sehen, wo wir gebraucht werden. Gib uns den Mut zu handeln, wenn es not-wendig ist.

Gott, du allein weißt, wie es in unseren Herzen und Seelen aussiehst. Du kennst unsere Ängste und Sorgen, unsere Freude und unsere Gelassenheit.

Wir bringen in der Stille unsere Gedanken vor Dich.

Stille.

Gott, höre unsere Worte. Höre unser leises und lautes Flehen und Loben, unsere Stille und unser Schreien. Sei Du bei uns!

Amen.