Liebe Gemeinde.
Haben wir da eben richtig gehört? Gott ist gegangen. Er überlässt seine Erde, seinen Weinberg, seine Menschen sich selber. Das Bild vom Weinberg und Gott als dem Besitzer des Weinbergs ist ein uraltes Bild und Jesus greift diese Bild auf, ja vielmehr er spitzt es in atemberaubender Weise zu. Gott ist außer Landes. Alles hat er vorher bestens eingerichtet. Er hat den Weinberg bebaut, einen Zaun darum gezogen, einen Turm gebaut von dem man aus den Überblick behalten kann. „Siehe es war alles sehr gut.“ Die Luft war sauber, die Flüsse rein, das Gezwitscher der Vögel wie immer und die Ozonschicht in Ordnung. „Und siehe es war sehr gut.“ Ein Mann, eine Frau und später zwei Kinder, Kain und Abel. Der Garten Eden. Und Gott ging außer Landes Und dann??
Atemberaubend wie Jesus unsere Dauer Fragen beantwortet und unsere Sicherheiten auf den Kopf stellt. Unsere Dauerfrage und unsere versteckte Daueranklage. „Wenn es dich Gott gäbe, dann hättest du doch ….
oder „Wo bist Du, Gott?“ „Wie kannst du das zulassen?“
Aber: Gott ist fort. Außer Landes, eine Welt ohne Gott. Und folglich kann auch das Böse in der Welt nicht von ihm kommen.
Nicht von Gott kommt das Unheil, der Verrat, der Todschlag.
Der Weinberg war bestens in Schuss.
Sie nahmen ihn und schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen nach Hause?
Die Pächter sind es die Unheil und Blutvergießen bringen.
Kain, der den Abel erschlug als sie dem fernen Gott ein Opfer darbrachten. Sinnbild für alles Weitere, was an Schrecken die Erde erfüllt
Dem schlugen sie auf den Kopf und schmähten ihn
An der U- Bahn Haltestelle. Alles geht ganz schnell, hier ein Tritt und da noch einer und noch einer und keiner greift ein
Und den töteten sie
Feuersturm in Dresden, Bomben über Coventry, das Gas aus den Schornsteinen in Auschwitz
Dem schlugen sie auf dem Kopf und schmähten ihn
Raus mit dem Asylflüchtlingen, das Boot ist voll, Deutschland den Deutschen
Den töteten sie und viele andere, die einen schlugen sie, die anderen töteten sie
Kopenhagen, Paris, Ukraine, Syrien, Libanon, Israel, Palästina, Afghanistan.
Wir haben nichts gelernt. Gar nichts. Der Weinberg war bestens in Schuss. Und nicht genug damit dass wir einander umbringen wo immer es geht, wir beschädigen den Weinberg nach besten Kräften, der Zaun ist zertrampelt, die Ozonschicht zerrissen, der Turm in Stücken. Wir haben den Überblick verloren über das Ende und den Anfang des Lebens, die Weinstöcke genetisch verändert, Trauben in Hülle und Fülle mehr als man essen kann für die einen, nichts als dürres Holz für die anderen.
Da hatte er noch einen, seinen geliebten Sohn; den sandte er als Letzten auch zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen. Sie aber, die Weingärtner, sprachen untereinander: Dies ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein! Und sie nahmen ihn und töteten ihn und warfen ihn hinaus vor den Weinberg.
Gott kann es nicht lassen. Er kann uns nicht lassen. Er hält es nicht aus in der Ferne. Er hält es nicht länger aus zu zu sehen wie sein Weinberg verheert wird, wie die Menschen Opfer von Gewalt und Gräueltat werden. Er hält es nicht aus. Es hält ihn nicht länger in der Ferne. Er macht sich auf. In seinem Sohn. Im Sohn kommt er selber. Vater und Sohn nicht zu trennen. Gott macht sich auf.
Und wird getötet. Getötet wie Abel. Getötet wie die Abermillionen auf den Schlachtfeldern, die Ermordeten in KZ und Gulags, die niemals aufzählbar vielen Opfer von häuslicher Gewalt von Mord und Todschlag.
Heute hören wir diese Geschichte. Heute in der Passionszeit. Heute wenn der bunte Trubel der Narretei hinter uns liegt. Heute wenn wir beklommen wieder den Berg Golgatha vor Augen haben auf den wir in den nächsten Wochen unaufhaltsam hinzugehen müssen.
Gott stirbt wie all die Opfer, deren Blut den Boden des Weinbergs seit Menschengedenken getränkt hat. Auf Golgatha ist Gott zurück in seinem Weinberg und stirbt.
Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Weingärtner umbringen und den Weinberg andern geben.
Habt ihr denn nicht dieses Schriftwort gelesen (Psalm 118,22-23): »Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn ist das geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen«?
Nein liebe Gemeinde. Zum Glück irrt der Verfasser des Markusevangeliums an dieser Stelle. Der Herr des Weinbergs hat uns den Weinberg nicht weggenommen. Es sind noch immer die geleichen Menschen wie seit Adam und Eva, wie seit Kain und Abel. Aber der Herr des Weinbergs hat ein Machtwort gesprochen. Er hat die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Der tot am Kreuz hing hat nicht verloren sondern gewonnen. Die Pächter konnten ihn töten, beseitigen konnten sie ihn nicht. Der verworfene Eckstein ist zum Fundament geworden. Zum Fundament einer neuen Welt. Zum Fundament einer neuen Verheißung. Zum Fundament einer neuen Beziehung. Der Gott, der am Kreuz zurückgekehrt ist in seinen Weinberg, der wird ihn nie wieder verlassen. Sie konnten ihn töten. Aber sie konnten ihm das Leben nicht rauben.
Sein' Raub der Tod mußt geben her, / das Leben siegt und ward ihm Herr, / zerstöret ist nun all sein Macht. / Christ hat das Leben wiederbracht. / Halleluja. (Erschienen ist der herrlich Tag)
An Ostern, in ein paar Wochen werden wir das hier singen und glauben tun wir es schon heute. Das Leben siegt über den Tod. Gott über die Vernichtung. Der Glaube über die Barbarei, die Hoffnung über die Depression. Gott geht nicht fort. Er bleibt bei uns in allen Schrecken, in allen Ängsten in allem Todeswüten. Am Ende werden es alle sehen. Das Leben siegt und den zahllosen Toten wird Leben gegeben. Und deswegen dürften wir den Weinberg weiter bebauen. Denn der Gott des Lebens wohnt unter uns und manchmal aber achten wir das nicht gering gelingt es uns heute schon gute Pächter des Weinbergs zu sein. Im Gottes Namen. Im Namen des Lebens. Amen