Predigt zu Matthäus 16,13-19 von Peter Schuchardt
16,13-19

Predigt zu Matthäus 16,13-19 von Peter Schuchardt

Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?  Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir feiern Pfingsten, und wie jedes große kirchliche Fest feiern wir es mit gleich zwei Feiertagen. Und das ist wunderbar, denn  Pfingsten ist ein so fröhliches Lebensfest! Wenn aber jemand fragt: „Was feiert ihr denn da?“, dann kommt meistens ein Achselzucken und ein „Also, so genau weiß ich das auch nicht!“ Wie schade! Ich weiß: In allen Umfragen zur Bedeutung der kirchlichen Feste landet Pfingsten abgeschlagen auf dem letzten Platz. Das nimmt aber nichts von der Wahrheit: Pfingsten ist ein fröhliches Fest des Lebens!

Pfingsten: vielleicht gibt uns der Name Auskunft,  einen Hinweis, was wir feiern. Ein kleines bisschen schon: denn „Pfingsten“ kommt von dem griechischen „pentekoste“, und das bedeutet „50“. Das klingt zuerst ein bisschen seltsam. Aber wenn wir zurückrechnen, kommen wir auf Ostern. Denn genau 50 Tage nach dem Osterfest wird unser Pfingstfest gefeiert. Sieben Wochen und ein Tag ist es nun her, da haben wir fröhlich die Auferstehung Jesu gefeiert. Die Zahl 50 steht in der Bibel für Erfüllung und dafür, dass Gott nun etwas Neues beginnt. Also: Nun ist die österliche Freudenzeit zu Ende. Nun schenkt Gott uns Neues. Was das Neue ist, davon erzählen die Geschichten, die zum Pfingstfest dazu gehören. In Jerusalem kommen die Jünger und Jüngerinnen heraus auf die Straße und erzählen den Menschen von Gott und seiner Liebe. Die Stadt ist voll von Menschen aus aller Herren Länder. Und das Wunderbare ist: Jeder kann sie verstehen. Denn Gott hat vom Himmel seinen Geist geschickt. Der erfüllt die Jünger. Sie reden begeistert von Gott. Und die Menschen, die sie hören, erkennen die Wahrheit und den Weg zum Leben. Sie möchten auch zu Christus gehören  und lassen sich taufen. Der Himmel hat sich geöffnet. Immer wenn das geschieht, sehen wir die Wahrheit. Wir erkennen: das ist der Grund des Lebens. Das geschieht, als Jesus getauft wird. Gottes Stimme sagt: Das ist mein lieber Sohn!  Das geschieht in Jerusalem, als Gott seinen Geist ausgießt.

Und das geschieht in Cäsarea Philippi, wohin unser heutiger Predigttext uns führt. Cäsarea Philippi, das ist ein besonderer Ort – und ein besonderer Name: Kaiserstadt, könnte man es übersetzen. Hier, an dem Ort, an dem ein weltlicher Herrscher sich ein  Denkmal gebaut hat als Zeichen seiner Stärke und Macht, hier hören wir von dem, dessen Macht stärker ist als alle Kaiser und Herrscher zusammen. Hier hören wir von seiner Macht, die alle andern Mächte bezwingen und überwältigen wird. Jesus ist mit seinen  Jüngern nun schon lange durch das Land gezogen. Sie haben gesehen, wie er Menschen geheilt hat. Sie haben gehört, dass er auf so andere und wunderbare Weise von Gott erzählt. Sie haben gespürt, dass in ihm Gott selbst nahe ist. Bei ihm ist es so, als wenn der Himmel offen steht. Hier in der Kaiserstadt ist nun ein besonderer Ort für eine besondere Frage. Jesus fragt: „Für wen halten die Leute mich? Haben  sie schon die Wahrheit und den Weg ins Leben erkannt?“ Die Jünger erzählen: „Manche halten dich für Johannes den Täufer, der wiedergekommen ist, andere für Elia, den großen Propheten aus dem Alten Testament oder für Jeremia, den Prediger.“ Das alles sind beeindruckende Namen – aber es sind Namen aus der Vergangenheit. Es sind Gestalten, die schon mal da waren. In diesen Namen schwingt die Ahnung mit: Jesus ist ein großer, eine besonderer Mensch. Aber sie sehen noch nicht das Einzigartige, das Besondere, das Neue, das mit Jesus gekommen ist. Sie sprechen noch nicht die Wahrheit aus. Darum fragt Jesus jetzt seine Jünger: „Und ihr – für wen haltet ihr mich? Ihr habt doch schon so viel gesehen, gehört und erlebt mit mir. Für wen haltet ihr mich? Wer bin ich für euch?“ Da antwortet Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! Du bist weit mehr als all die großen Gestalten, an die wir uns erinnern. Du bist der, auf den wir so lange voller Sehnsucht gewartet haben. Du machst uns frei. Du bringst uns Gottes Liebe. Auf dich wollen wir vertrauen jetzt und auf unserem Weg in die Zukunft.“ Als Petrus das sagt, ist etwas Besonderes geschehen: Der Himmel hat sich geöffnet.

Immer, wenn der Himmel sich öffnet, sehen wir die Wahrheit. Das sagt Jesus nun zu Petrus: „Du darfst dich glücklich preisen, Simon, denn das hat dir kein Menschen gesagt. Du bist auch nicht von alleine durch langes Nachdenken darauf gekommen. Nein, das zu erkennen , das hat dir mein Vater im Himmel gegeben. Das hat dir Gottes Geist eingegeben.“ Und nun bekommt Petrus noch ein Wort mit auf seinen Weg. „Du Simon, du bist Petrus, der Fels. Und auf diesen Felsen werde ich, Christus, meine Gemeinde bauen. Ich nehme dich in meinen Dienst. Du sollst, gemeinsam mit den anderen Jüngern, den Menschen diese Wahrheit weitersagen: Jesus ist der Christus, der Retter, der Befreier. Die Menschen, die dieses Wort hören und darauf vertrauen, die sind meine Gemeinde, sind meine Kirche. Und ich werde meine Gemeinde beschützen. Weder die Hölle noch die anderen Todesmächte werden meine Gemeinde überwältigen. Denn sie vertraut auf mich, auf den Christus und auf die Liebe, die stärker ist als der Tod.“ Das ist der Grund des Lebens. Das ist der Grund unserer Kirche. Viele von euch wissen: Für die katholische Kirche ist das Wort Jesu an Petrus die Begründung für das Papstamt in Rom. Richtig ist: Petrus hat eine herausragende Stellung als Hauptjünger. Und er ist von Gott dazu erwählt, dieses Bekenntnis zu sagen: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Er ist der erste Stein, auf dem die Kirche aufgebaut ist. Es folgen dann noch viele andere Steine: Martin Luther etwa und Dietrich Bonhoeffer, viele Frauen und Männer, die mit ihrer Liebe und ihrem Glauben auf dem Grund der Kirche leben bis heute. Menschen, die sich zu Christus bekennen. Menschen, die sein Wort in die Welt bringen. Menschen, die sich aus ihrem Glauben heraus einsetzen für Frieden, für Gerechtigkeit. Das Wichtigste jedoch  ist der Grund, auf dem diese Steine und Felsen liegen: Und das ist Christus allein. Petrus gebührt der Dank, das als erster ausgesprochen zu haben.

Immer, wenn der Himmel aufgeht, sehen wir die Wahrheit. Wir erkennen den Grund des Lebens. Wann hat sich für euch der Himmel aufgetan, liebe Schwestern und Brüder? Wann habt ihr die Wahrheit erkannt? Wann habt ihr den richtigen Weg ins Leben vor euren Augen gesehen? Als ihr den Menschen getroffen habt, mit dem ihr eure Leben teilen wollt. Als ihr eurer Kind das erste Mal auf dem Arm gehalten habt. Als du nach schwerer Krankheit wieder genesen bist. Als du Trost erfahren hast. Als dir jemand eine schwere Schuld vergeben hat. Als du im Fallen in den Abgrund gespürt hast: selbst jetzt hält Gottes Hand mich.

Manchmal öffnet sich unser Blick in die Tiefe des Lebens. Manchmal erkennen wir die Wahrheit und den Weg, den wir gehen sollen. Das können wir nicht erzwingen. Das wird uns geschenkt. Gott ist es, der uns diesen Blick in die Wahrheit schenkt. Sein Geist ist es, der uns die Augen und das Herz öffnet. Aber wir können Gott darum bitten, um seinen Geist und darum, dass wir ihn erkennen. Dass wir hören und verstehen, was er uns sagt. Heute am Pfingstmontag feiern wir diesen Geist Gottes. Der Himmel ist offen. Gott schenkt uns seinen Geist. Auch uns fragt Christus heute: Wer bin ich für dich? Wir dürfen mit Petrus erkennen und bekennen: Du, Jesus, bist der Christus. Du bist Gottes Sohn. Du bist mit deiner Liebe mächtiger als alle Mächte und Herrscher, wie gewaltig sie sich auch aufplustern, wie grausam sie auch sein mögen. Du tröstest mich. Du schenkst mir Kraft. Du öffnest mir neue Wege.

Darum feiern wir Pfingsten. Wir feiern den Grund der Kirche, den Grund unserer Gemeinschaft, den Grund unserer Erlösung. Darum lasst uns fröhlich dieses Lebensfest feiern. Denn Gott schenkt uns seinen Geist. Nichts müssen wir dafür tun. Nichts können wir dafür tun. Aber wir dürfen Gott bitten, immer wieder, um seinen Geist. Wenn wir die Wahrheit erkennen wie Petrus, wenn wir mit Gottes Hilfe Grenzen überwinden, wenn wir voller Freude von den großen Taten Gottes erzählen wie die Jünger in Jerusalem: dann erleben wir Pfingsten. Dann sind wir offen für Gottes Geist. Dann erkennen wir die Wahrheit und den Grund des Lebens. Dann öffnet Gott für uns den Himmel. Heute möge Gott uns das wieder schenken. Ich wünsche euch fröhliche und gesegnete Pfingsten! Amen

Perikope
Datum 25.05.2015
Bibelbuch: Matthäus
Kapitel / Verse: 16,13-19
Wochenlied: 125 129
Wochenspruch: Sach 4,6