Predigt zu Matthäus 21, 28-32 von Stefan Henrich
21,28
Jesus sprach zu den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes: Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg.
Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn und er ging hin.
Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr!, und ging nicht hin.
Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan?
Sie antworteten: Der erste.
Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, sodass ihr ihm dann auch geglaubt hättet.
Liebe Gemeinde,
die Gleichnisse Jesu sind meisterhafte kleine Geschichten, in denen uns der Spiegel der Selbsterkenntnis und der Gotteserkenntnis vorgehalten wird.
Ein Mann hatte zwei Söhne, so einfach und klar fängt die Geschichte an, nicht ganz so klar und einfach geht es weiter. Der Vater möchte, dass die Söhne Gartenarbeit tun, sie sollen im Weinberg arbeiten. Der eine Sohn sagt nein, der andere ja.
Allerdings, wer nun denkt, der Neinsager macht sich einen schönen faulen Tag und der Jasager schuftet, der irrt. Andersrum kommt es. Der Junge, der dem Vater ins Angesicht gesagt hat, er wolle nicht arbeiten, der bereut das, er geht zum Weinberg und arbeitet. Der andere, der Jasager, macht sich dünne, macht sonst was, nur keine Arbeit für den Vater.
Das kleine Gleichnis schließt mit der Frage Jesu, wer von den beiden Söhnen den Willen des Vaters getan hat. Die Antwort liegt auf der Hand, jeder kann sie geben.
Das kleine Gleichnis löst Verwunderung aus, setzt dabei Erinnerungen und Assoziationen frei, provoziert aber natürlich auch die Frage, was soll das denn nun bedeuten.
Ich werde versuchen auf die Frage zurückzukommen.
Zuerst aber will ich einen Blick werfen auf den Zusammenhang, in dem Jesus das Gleichnis erzählt, da erhält das doch zusätzlichen Sprengstoff.
Jesus ist im Tempel von Jerusalem, steht da im Vorhof und diskutiert mit den Schriftgelehrten und Hohenpriestern. Die möchten wissen, in welcher Vollmacht Jesus redet und handelt. Anders gesagt, sie stellen die Frage, ob Jesu Worte und Taten göttlich sind oder nicht, anmaßend oder fromm. Jesus verweigert ihnen die Antwort, kontert anstelle dessen mit einer Gegenfrage „Was meint ihr?“ und erzählt das Gleichnis von den ungleichen Söhnen.
Richtig knüppeldick kommt es dann, als Jesus noch einen Satz dran fügt, sozusagen erklärendermaßen: Fernab vom Vater und den zwei Söhnen im Gleichnis kommen jetzt Zöllner und Huren ins Spiel der Gedanken und der Garten mit dem Weinberg mutiert zum Reich Gottes. Die Zöllner und Huren kommen da eher hinein als ihr frommen Leute, so anstößig hart aber klar redet Jesus.
Aus dem Kreise der Schriftgelehrten und Hohenpriester wird gegen Jesus später der Vorwurf der Gotteslästerung erhoben werden, es verwundert einen nicht.
Allerdings auch hier gilt, es sind ja immer nur einzelne, die das Heft des Handelns in die Hand nehmen, es ist nicht die ganze fromme religiöse Oberschicht, die Jesus anklagt.
Nichtsdestotrotz, Jesus brüskiert seine aktuellen Gesprächspartner, stellt Zöllner und Huren höher als sie selber, die sich doch jeden Tag im Tempel aufhalten. Harter Tabak ist das schon, die Frage nach Jesu Vollmacht stellen die Tempelgänger nicht mehr.
Das Gleichnis aber wirkt, und es wirkt weiter:
Jahrzehnte nach Jesu Tod und Auferstehung werden Teile der jungen christliche Gemeinde dieses Gleichnis so interpretieren, dass in ihm das Verhältnis von Juden und Christen thematisiert wird.
Das sieht dann ganz einfach dargestellt so aus: Die Juden sagen Ja zu Gottes Wort, sie sind wie der erste Sohn, sie handeln nicht danach. Die Christen, die zuvor Heiden waren, sind wie der zweite Sohn, der Nein sagt zu Gottes Wort, dann aber begreift und bereut und den Willen Gottes, des Vaters, tut.
Eine schwerwiegende nicht hinzunehmende vereinfachende (un-)heilsgeschichtliche Konstruktion mit schlimmsten Folgen war das. Was ursprünglich zur Stabilisierung der eigenen bedrängten christlichen Gemeinde gedacht und interpretiert wurde, entfaltete gewalttätigste Wirkung gegen die Juden. Das eigene Gutsein wurde über das Schlechtmachen der anderen erkauft. Dieses Muster ist ja nicht unbekannt, aber es ist immer auch in sich gefährlich.
Jesus selber ist diese Aufteilung in Juden und Christen verständlicherweise völlig fremd gewesen, er bewegt sich mit seinem Gleichnis ganz im innerjüdischen Bereich. Die christliche Gemeinde ist ja noch gar nicht in Sicht. Jesus redet vielmehr die Leute mit der kleinen Geschichte ganz persönlich an, versucht damit vertiefte Gottes- und Selbsterkenntnis zu stiften.
Was aber kann das heute für uns heißen, wie ist das, wenn wir dieses Gleichnis auf uns wirken lassen?
Eine Vielzahl von Erinnerungen und Gedanken löst die Geschichte von den ungleichen Brüdern aus in mir. Zuerst eine wirklich persönliche aus Zeiten als es noch keine Spülmaschine gab.
Wir Kinder wurden früher zuhause Mittag für Mittag aufgefordert beim großen Abwasch zu helfen, abzutrocknen. Ich selber bekundete zwar meine Bereitschaft, nahm das Handtuch auch in Hand, musste dann aber ganz oft, als würde das reflexartig ausgelöst, mal austreten. Wenn ich auf Umwegen dann wiederkam, hatten die Geschwister das Werk meist schon vollendet. Irgendwann ließ meine Mutter das nicht mehr durchgehen, da wurde mit dem Abwasch gewartet.
Sodann:
Wenn Jesus erzählt, ein Mann hatte zwei Söhne, dann kommen mir die großen Geschwisterpaare der Bibel wie von selbst in den Sinn, fast immer völlig ungleiche Typen, irgendwo in den Extremen von Gut und Böse angesiedelt.
Kain und Abel und der eine erschlägt den anderen.
Jakob und Esau. Der eine rau und wild, der andere hängt an Mutters Schoß, erschleicht den Segen des Vaters, und wird doch von Gott nicht verstoßen.
Joseph und seine Brüder. Hochmütig, bevorzugt der eine und die anderen sind neidisch, wer wollte es ihnen verdenken?
Maria und Martha die ungleichen Schwestern. Die eine emsig und gastfreundlich, die andere setzt sich einfach hin und hört zu, warum hilft sie denn nicht?
Oder wieder anders: der eine Sohn, der jüngere, der das Erbe des Vaters zu dessen Lebzeiten verprasst und der verloren geht und doch auf diesem Weg zum Heil und zur Freude des Vaters, aber auch zum Ärger des Bruders zurückkehrt.
Immer wieder sind es überraschende Lebenswendungen, Lebenswege, die oft sich zu Gott hin kehren, gerade auch dann, wenn wir das im Vornherein nicht gedacht und vermutet hätten.
Ähnlich verhält es sich ja auch hier mit den zwei Söhnen, der eine sagt Nein und handelt dann doch, der Jasager aber versagt. Es geht um mehr, als nur um ein moralisches Verständnis, wie es etwa in folgendem Sinnspruch zum Ausdruck komm: „Besser eine Hand, die handelt, als ein Mund, der nur redet.“ Oder zugespitzt schon eher auf der Linie unseres Gleichnisses, aber doch auch zu kurz greifend als Interpretation: „Die Gerechten versprechen wenig und tun viel, die Gottlosen sprechen viel und tun gar nichts.“
Nein, das Gleichnis erzählt darüber hinausschießendes urevangelisch Befreiendes, nämlich das doch vor allem: Du wirst nicht bei deiner ersten Reaktion behaftet, du hast die Möglichkeit, zur Korrektur, zur Sinnesänderung, zur Umkehr, zur Buße.
Oder anders psychologisch gesprochen: Widerstand und Abgrenzung, Neinsagen und sich Querverhalten machen dich selbstständig und erwachsen. Nicht im Prozess der Anpassung gewinnst du dich selbst und das Reich Gottes, vielmehr auch durch Zweifel und Ablehnung hindurch geht es, auch indem du nach deinem eigenen Willen fragst und den nicht fraglos klaglos hintenan stellst. Nein, ich will nicht deinen Willen tun sagt der erste Sohn und dieses Nein ist nötig, damit er den Weg zum Weinberg geht.
Es ist die Erfahrung vieler Eltern, die durch Krach und Krampf mit ihren Kindern gegangen sind und dann doch sahen wie Gutes sich entwickelte.
Wieder anders, theologisch gesprochen: Gottes Güte geht durch das Nein des Menschen nicht unter, vielmehr gibt es Umkehr, da wo wir nur gegen Wände zu laufen meinen. Gottes Gnade nimmt den Sünder an und lässt ihn nicht fallen.
Wie sagt Jesus zugespitzt? Zöllner und Huren, zu seiner Zeit der Inbegriff von Anstößigkeit und Betrügerei, sind näher dran am Reich Gottes. Wirklich, man kann sich über Jesu Rede ärgern, aber unter dem Ärger ist auch viel Trost und Zuversicht zu finden. Warum? Weil unsere Geschichte eben auch folgendes sagt:
Kein Sünder soll verzagen, kein Gottloser soll sich ausgeschlossen fühlen, wir haben Gott nicht vorzuschreiben, wie und durch wen er auf welchen Lebenswegen wirkt.
Seine Ordnung widerspricht unserem Verstehen oft und doch ist unser Verstehen nicht der Maßstab dafür, dass sich sein Reich und seine Gnade durchsetzen.
Amen
Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn und er ging hin.
Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr!, und ging nicht hin.
Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan?
Sie antworteten: Der erste.
Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, sodass ihr ihm dann auch geglaubt hättet.
Liebe Gemeinde,
die Gleichnisse Jesu sind meisterhafte kleine Geschichten, in denen uns der Spiegel der Selbsterkenntnis und der Gotteserkenntnis vorgehalten wird.
Ein Mann hatte zwei Söhne, so einfach und klar fängt die Geschichte an, nicht ganz so klar und einfach geht es weiter. Der Vater möchte, dass die Söhne Gartenarbeit tun, sie sollen im Weinberg arbeiten. Der eine Sohn sagt nein, der andere ja.
Allerdings, wer nun denkt, der Neinsager macht sich einen schönen faulen Tag und der Jasager schuftet, der irrt. Andersrum kommt es. Der Junge, der dem Vater ins Angesicht gesagt hat, er wolle nicht arbeiten, der bereut das, er geht zum Weinberg und arbeitet. Der andere, der Jasager, macht sich dünne, macht sonst was, nur keine Arbeit für den Vater.
Das kleine Gleichnis schließt mit der Frage Jesu, wer von den beiden Söhnen den Willen des Vaters getan hat. Die Antwort liegt auf der Hand, jeder kann sie geben.
Das kleine Gleichnis löst Verwunderung aus, setzt dabei Erinnerungen und Assoziationen frei, provoziert aber natürlich auch die Frage, was soll das denn nun bedeuten.
Ich werde versuchen auf die Frage zurückzukommen.
Zuerst aber will ich einen Blick werfen auf den Zusammenhang, in dem Jesus das Gleichnis erzählt, da erhält das doch zusätzlichen Sprengstoff.
Jesus ist im Tempel von Jerusalem, steht da im Vorhof und diskutiert mit den Schriftgelehrten und Hohenpriestern. Die möchten wissen, in welcher Vollmacht Jesus redet und handelt. Anders gesagt, sie stellen die Frage, ob Jesu Worte und Taten göttlich sind oder nicht, anmaßend oder fromm. Jesus verweigert ihnen die Antwort, kontert anstelle dessen mit einer Gegenfrage „Was meint ihr?“ und erzählt das Gleichnis von den ungleichen Söhnen.
Richtig knüppeldick kommt es dann, als Jesus noch einen Satz dran fügt, sozusagen erklärendermaßen: Fernab vom Vater und den zwei Söhnen im Gleichnis kommen jetzt Zöllner und Huren ins Spiel der Gedanken und der Garten mit dem Weinberg mutiert zum Reich Gottes. Die Zöllner und Huren kommen da eher hinein als ihr frommen Leute, so anstößig hart aber klar redet Jesus.
Aus dem Kreise der Schriftgelehrten und Hohenpriester wird gegen Jesus später der Vorwurf der Gotteslästerung erhoben werden, es verwundert einen nicht.
Allerdings auch hier gilt, es sind ja immer nur einzelne, die das Heft des Handelns in die Hand nehmen, es ist nicht die ganze fromme religiöse Oberschicht, die Jesus anklagt.
Nichtsdestotrotz, Jesus brüskiert seine aktuellen Gesprächspartner, stellt Zöllner und Huren höher als sie selber, die sich doch jeden Tag im Tempel aufhalten. Harter Tabak ist das schon, die Frage nach Jesu Vollmacht stellen die Tempelgänger nicht mehr.
Das Gleichnis aber wirkt, und es wirkt weiter:
Jahrzehnte nach Jesu Tod und Auferstehung werden Teile der jungen christliche Gemeinde dieses Gleichnis so interpretieren, dass in ihm das Verhältnis von Juden und Christen thematisiert wird.
Das sieht dann ganz einfach dargestellt so aus: Die Juden sagen Ja zu Gottes Wort, sie sind wie der erste Sohn, sie handeln nicht danach. Die Christen, die zuvor Heiden waren, sind wie der zweite Sohn, der Nein sagt zu Gottes Wort, dann aber begreift und bereut und den Willen Gottes, des Vaters, tut.
Eine schwerwiegende nicht hinzunehmende vereinfachende (un-)heilsgeschichtliche Konstruktion mit schlimmsten Folgen war das. Was ursprünglich zur Stabilisierung der eigenen bedrängten christlichen Gemeinde gedacht und interpretiert wurde, entfaltete gewalttätigste Wirkung gegen die Juden. Das eigene Gutsein wurde über das Schlechtmachen der anderen erkauft. Dieses Muster ist ja nicht unbekannt, aber es ist immer auch in sich gefährlich.
Jesus selber ist diese Aufteilung in Juden und Christen verständlicherweise völlig fremd gewesen, er bewegt sich mit seinem Gleichnis ganz im innerjüdischen Bereich. Die christliche Gemeinde ist ja noch gar nicht in Sicht. Jesus redet vielmehr die Leute mit der kleinen Geschichte ganz persönlich an, versucht damit vertiefte Gottes- und Selbsterkenntnis zu stiften.
Was aber kann das heute für uns heißen, wie ist das, wenn wir dieses Gleichnis auf uns wirken lassen?
Eine Vielzahl von Erinnerungen und Gedanken löst die Geschichte von den ungleichen Brüdern aus in mir. Zuerst eine wirklich persönliche aus Zeiten als es noch keine Spülmaschine gab.
Wir Kinder wurden früher zuhause Mittag für Mittag aufgefordert beim großen Abwasch zu helfen, abzutrocknen. Ich selber bekundete zwar meine Bereitschaft, nahm das Handtuch auch in Hand, musste dann aber ganz oft, als würde das reflexartig ausgelöst, mal austreten. Wenn ich auf Umwegen dann wiederkam, hatten die Geschwister das Werk meist schon vollendet. Irgendwann ließ meine Mutter das nicht mehr durchgehen, da wurde mit dem Abwasch gewartet.
Sodann:
Wenn Jesus erzählt, ein Mann hatte zwei Söhne, dann kommen mir die großen Geschwisterpaare der Bibel wie von selbst in den Sinn, fast immer völlig ungleiche Typen, irgendwo in den Extremen von Gut und Böse angesiedelt.
Kain und Abel und der eine erschlägt den anderen.
Jakob und Esau. Der eine rau und wild, der andere hängt an Mutters Schoß, erschleicht den Segen des Vaters, und wird doch von Gott nicht verstoßen.
Joseph und seine Brüder. Hochmütig, bevorzugt der eine und die anderen sind neidisch, wer wollte es ihnen verdenken?
Maria und Martha die ungleichen Schwestern. Die eine emsig und gastfreundlich, die andere setzt sich einfach hin und hört zu, warum hilft sie denn nicht?
Oder wieder anders: der eine Sohn, der jüngere, der das Erbe des Vaters zu dessen Lebzeiten verprasst und der verloren geht und doch auf diesem Weg zum Heil und zur Freude des Vaters, aber auch zum Ärger des Bruders zurückkehrt.
Immer wieder sind es überraschende Lebenswendungen, Lebenswege, die oft sich zu Gott hin kehren, gerade auch dann, wenn wir das im Vornherein nicht gedacht und vermutet hätten.
Ähnlich verhält es sich ja auch hier mit den zwei Söhnen, der eine sagt Nein und handelt dann doch, der Jasager aber versagt. Es geht um mehr, als nur um ein moralisches Verständnis, wie es etwa in folgendem Sinnspruch zum Ausdruck komm: „Besser eine Hand, die handelt, als ein Mund, der nur redet.“ Oder zugespitzt schon eher auf der Linie unseres Gleichnisses, aber doch auch zu kurz greifend als Interpretation: „Die Gerechten versprechen wenig und tun viel, die Gottlosen sprechen viel und tun gar nichts.“
Nein, das Gleichnis erzählt darüber hinausschießendes urevangelisch Befreiendes, nämlich das doch vor allem: Du wirst nicht bei deiner ersten Reaktion behaftet, du hast die Möglichkeit, zur Korrektur, zur Sinnesänderung, zur Umkehr, zur Buße.
Oder anders psychologisch gesprochen: Widerstand und Abgrenzung, Neinsagen und sich Querverhalten machen dich selbstständig und erwachsen. Nicht im Prozess der Anpassung gewinnst du dich selbst und das Reich Gottes, vielmehr auch durch Zweifel und Ablehnung hindurch geht es, auch indem du nach deinem eigenen Willen fragst und den nicht fraglos klaglos hintenan stellst. Nein, ich will nicht deinen Willen tun sagt der erste Sohn und dieses Nein ist nötig, damit er den Weg zum Weinberg geht.
Es ist die Erfahrung vieler Eltern, die durch Krach und Krampf mit ihren Kindern gegangen sind und dann doch sahen wie Gutes sich entwickelte.
Wieder anders, theologisch gesprochen: Gottes Güte geht durch das Nein des Menschen nicht unter, vielmehr gibt es Umkehr, da wo wir nur gegen Wände zu laufen meinen. Gottes Gnade nimmt den Sünder an und lässt ihn nicht fallen.
Wie sagt Jesus zugespitzt? Zöllner und Huren, zu seiner Zeit der Inbegriff von Anstößigkeit und Betrügerei, sind näher dran am Reich Gottes. Wirklich, man kann sich über Jesu Rede ärgern, aber unter dem Ärger ist auch viel Trost und Zuversicht zu finden. Warum? Weil unsere Geschichte eben auch folgendes sagt:
Kein Sünder soll verzagen, kein Gottloser soll sich ausgeschlossen fühlen, wir haben Gott nicht vorzuschreiben, wie und durch wen er auf welchen Lebenswegen wirkt.
Seine Ordnung widerspricht unserem Verstehen oft und doch ist unser Verstehen nicht der Maßstab dafür, dass sich sein Reich und seine Gnade durchsetzen.
Amen
Perikope