Predigt zu Matthäus 6,25-34 von Gabriele Arnold
6,25-34

Liebe Gemeinde

Das war wohl der blumigste Sommer seit der Flower-Power-Bewegung in den 70er Jahren. Überall erblühten leuchtende Blumen. Auf T-Shirts und auf Röcken, auf Flip-Flops und Bikinis, auf Jeans und Handtaschen. Sogar vor Männerhemden machten die Blumen nicht halt. Blumen wohin das Auge auch sah. Die Mode hat entdeckt was wir brauchen: Blumen.

Erinnern Sie sich noch an die ersten warmen Stunden im Februar? Wie wir voller Freude an den Zäunen stehen geblieben sind und die Schneeglöckchen und Winterlinge in Nachbars Garten bestaunten - und vielleicht auch in unserem eigenen Garten? Und die langen warmen Sommerabende liegen gerade erst hinter uns. Wenn wir die Augen schließen, riechen wir vielleicht den Duft der Lilien und erinnern uns an die leuchtenden Nachtkerzen. Und auch jetzt im September sind unsere Gärten und Felder noch voller Sonnenblumen. Und die Astern verschwenden ihr rot und lila an uns. Soviel Schönheit und Farbe überall im Alltagseinerlei und grau. Ein Strauß Moosröschen auf dem Schreibtisch oder ein paar Wiesenblumen vom letzten Spaziergang auf dem Küchentisch oder eine Rose auf dem Nachttisch im Krankenhaus. All das tut uns gut. Und es ist so als wollten uns die Blumen eine Botschaft bringen. Leise und doch unüberhörbar.

Jesus verstand die Sprache der Blumen so wie er die Kinder verstand und die Einfaltspinsel dieser Welt. Im Predigttext haben wir es gehört: „Schaut die Lilien auf dem Feld an. Sie säen nicht, sie ernten nicht und unser himmlischer Vater versorgt sie doch.“

Na, mein lieber Herr Jesus, da machst du es dir aber einfach: Schau dir die Blumen an - mache ich ja. Nur ich habe Kinder die wollen studieren und brauchen dafür mein Geld.  Und für das Haus in dem ich lebe, zahle ich noch viel Geld an die Bank. Außerdem habe ich eine alte Mutter, die andauernd auf Besuch wartet. Und einen Chef der Leistung sehen will. Dem sind die Moosröschen auf meinem Schreibtisch herzlich egal.

Tja, liebe Gemeinde, wie ist das nun? Mit den Blumen und den Sorgen? Wie naiv ist Jesus? Oder wie unverständig sind wir? Was meint Jesus mit dem Satz: "sorget nicht“? Weiß er nicht wie groß die Sorgen sein können? Weiß er nicht wie schlimm es ist, nachts nicht schlafen zu können aus lauter Angst vor der Mathe-Arbeit? Weiß er nicht wie bedrückend es ist, wieder und wieder nachzurechnen und zu merken das Geld wird nicht bis zum Monatsende reichen? Weiß er nicht wie lange eine Nacht ist wenn man spürt, dass einem die Liebe entgleitet? Und fällt ihm dann nichts Besseres ein als zu sagen „sorge dich nicht, schau auf die Blumen, die leben doch auch?“ Wie banal ist das denn?

Gott sei Dank ist Jesus nicht so banal – behaupte ich jedenfalls. Jesus ist nicht der, der singt „trink, trink Brüderlein trink, lass doch die Sorgen zu Hause“. Mit seinen Worten bezweifelt Jesus ja überhaupt nicht, dass wir Sorgen haben. Und er ist doch den Menschen nachgegangen und hat sie gefragt: Was brauchst du? Was soll ich für dich tun? Warum weinst du? Jesus sieht ganz genau wie wir dran sind und redet das nicht klein und lächerlich. Und er tadelt uns auch nicht oder bombardiert uns mit klugen Ratschlägen und Selbstverbesserungs-anweisungen nach dem zeitgenössischen Motto: In hundert Tagen sorgenfrei! Oder: Fit und gesund ohne Sorgen! Jesus lenkt unseren Blick auf einen anderen Zusammenhang. Vorsichtig und behutsam. Er zeigt uns etwas dass wir alle kennen: Groß und klein, klug oder dumm, alt oder jung. Jesus zeigt uns die Blumen und die Vögel und erinnert uns daran, dass diese Mitgeschöpfe aus Gottes Güte leben. Gott sorgt für sie – ganz einfach aber nicht banal. Von ergreifender Schlichtheit die jeder verstehen kann. Gott sorgt sich. Und wenn er für Blumen und Vögel sorgt, wieso sollte er dann nicht erst recht für uns sorgen? Das meint Jesus. Jesus meint, wir dürfen uns einfach ein paar Sorgen weniger machen weil Gott für uns sorgt. Immer wieder begegnen wir Menschen die allen Grund haben, sich zu sorgen. Im Moment denke ich da vor allem an die vielen, vielen Flüchtlinge die zu uns kommen. Gott will auch für sie sorgen und dazu braucht er unsere Hilfe. Ganz einfach. Menschen haben Angst, Menschen haben Hunger und Durst, Menschen brauchen ein Dach über den Kopf, eine Arbeit und eine Chance für ihre Kinder. Lassen Sie uns alles tun, damit Gott durch uns für diese Menschen sorgen kann. Ich weiß wohl, manchmal reicht unsere Hilfe nicht und es ist erbärmlich wenig, was wir tun können. Ja, wir können keine Berge versetzen. Aber das ist wirklich kein Grund nicht da anzufangen, wo wir etwas tun können. Und dann sind wir ganz nah bei Jesus, dann stehen wir neben ihm und dann beherzigen wir was er sagt: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes. Packt das an, was euch vor die Hände und vor die Füße fällt. Lasst euer Herz berühren. Und dann wir euch der Rest zufallen. Dann werden eure eigenen Sorgen sich nicht zu Scheinriesen ausbauen, sondern sie werden auf das richtige Maß eingedampft. Es gibt nämlich nicht nur mich. Es gibt auch die rechts und links von mir und die brauchen jetzt vielleicht gerade mich. Und ihre Sorgen werden kleiner durch mich. Und mir hilft ein anderer. Ein Nachbar, ein Engel, der liebe Gott oder die Moosröschen auf dem Schreibtisch oder vielleicht sogar die bunten Blumen auf den letzten Sommer T-Shirts, die mir augenzwinkernd zuflüstern: Gott sorgt für dich – hab keine Angst.

Amen

Perikope
13.09.2015
6,25-34