Predigt zu Psalm 41 von Ilona Nord
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Predigt zu Psalm 41 von Ilona Nord

Vor der Predigt  wurde im Gottesdienst eine für Kirche höchst Interessante Nachricht aus der Tagesschau ;) eingespielt: Ihr Inhalt findet sich auf: http://www.der-postillon.com/2011/12/eugh-grundsatzentscheidung-kirchen.... und wurde in diesem Manuskript dem Text der Predigt vorgeschaltet:
  
  "MONTAG, 12. DEZEMBER 2011
  Brüssel (dpo) - Schluss mit leeren Versprechungen! Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer Grundsatzentscheidung verfügt, dass Glaubensgemeinschaften wie die evangelische und die katholische Kirche für die unerfüllten Gebete ihrer Anhänger aufkommen müssen. Andernfalls drohe ihnen Sanktionen bis hin zur sofortigen Schließung wegen "unlauteren Wettbewerbs".
   
  Lohnt sich in der EU endlich: Beten
  In dem wegweisenden Urteil des EuGH heißt es: "Glaubensgemeinschaften und Kirchen werben ihre Mitglieder mit dem Versprechen, dass ein höheres Wesen - in diesem Falle Gott - die Gebete der Gläubigen erhört. Bei Nichterfüllung dieses mündlichen Vertrages haftet daher die jeweilige Institution als Ganzes."
  Zuvor hatte sich der gläubige Katholik Axel Stepnik aus Berchtesgaden durch alle Instanzen geklagt, nachdem er erfolglos darum gebetet hatte, dass an seinem 30. Geburtstag ein Porsche in seiner Garage steht. Nun muss die katholische Kirche, deren Oberhaupt sich selbst als Stellvertreter Gottes auf Erden bezeichnet, dem inzwischen 34-Jährigen das gewünschte Fahrzeug (Modell 987 Boxster Spyder) innerhalb einer Woche zukommen lassen.
   
  Seine Gebete wurden erhört: Stepniks neuer Porsche
  Die Kirchen, die vergeblich für einen anderen Ausgang des Gerichtsverfahrens gebetet hatten, fürchten jetzt eine wahre Klagewelle durch enttäuschte Gläubige, deren Gebete nicht erhört wurden.
  
  Der auf Kirchenrecht spezialisierte Jurist Dr. Bertram Klausen nennt klagefreudigen Postillon-Lesern die wichtigsten Punkte, auf die sie achten sollten, wenn sie Schadenersatz für nicht erfüllte Gebete fordern wollen:
1. Sie müssen nachweisen können, dass Sie Mitglied einer Glaubensgemeinschaft sind. Ein Taufschein und ein Beleg, dass Sie Kirchensteuer zahlen sind dabei ausreichend. Bekenntnislose und Moslems (juristisch nicht nachweisbar, da keine einheitliche Kirche besteht) gehen also leer aus.
2. Beten Sie laut vor Zeugen oder nehmen Sie Ihr Gebet auf einen Tonträger auf, damit sich die Kirche nicht herausreden kann.
3. Formulieren Sie Ihre Gebete klar und deutlich und setzen Sie idealerweise eine genaue Frist, bis wann der jeweilige Wunsch erfüllt sein sollte.
4. Gebete um Geldbeträge und klar definierte Sachgegenstände können leichter eingeklagt werden als ideelle Forderungen (z.B. körperliche Gesundheit, Weltfrieden, Sieg des Lieblingsvereins, Tod eines Rivalen). Allerdings kann der Schadenersatz bei unbestimmten Forderungen letztlich weitaus größer ausfallen.
Zudem rät der Rechtsanwalt jedem, der die Erfüllung seiner Gebete einklagt, unter Berücksichtigung der Punkte 1-4 darum zu beten, dass die Kirche im unwahrscheinlichen Falle, dass die Klage abgewiesen wird, die Gerichtskosten übernimmt."
Quelle: http://www.der-postillon.com/2011/12/eugh-grundsatzentscheidung-kirchen....
  
  Der Segen Gottes sei mit Euch allen!
I. Enttäuschungen
Die Kirche muss für nicht erfüllte Gebete haften. Endlich nimmt jemand die Sache einmal so ernst, wie sich das gehört, den Glauben so ernst, dass es um Konsequenzen geht. Ich kenne viele Leute, für die diese Satire keine ist, sondern auf den Punkt bringt, was sie vom Glauben und von Kirche denken:
Da geht es um nichts Handfestes. Weniger freundlich ausgedrückt: alles heiße Luft. Z. B. die Juristin, die zu mir sagt: „Wenn Ihr in der Kirche einen Fehler macht, wenn Ihr leere Versprechungen abgebt, dann passiert gar nichts. Wenn ich einen Fehler mache, habe ich hohe Kosten, wenn es arg kommt sogar noch mehr.“
Auch dies zeigt: Die Satire aus dem Postillon lässt sich nicht so einfach wegschieben. Sie trifft und zwar aufs Empfindlichste ins Herz des Glaubens. Hinter der augenzwinkernd vorgebrachten Haftungsfrage für nicht erfüllte Gebete steht noch mehr.
  - Im Gebet erlebe ich, dass es Gott gibt.
  Werden die Gebete nicht erfüllt, so heißt das auch, dass es Gott nicht gibt oder zumindest dass Gott eben nichts bewirken kann.
Aus der Sicht des Glaubens muss ich dieser Position widersprechen. Das Gebet ist mir zu kostbar als dass sein Wert allein an der Wunscherfüllung hängt. Im Gebet wende ich mich Gott zu. Im Gebet spüre ich, dass in der Beziehung zu Gott mehr passiert als ein Selbstgespräch, auch mehr als dass es darum geht, die eigenen Wünsche und Sehnsüchte zu äußern. Auch wenn das auf jeden Fall wichtig ist. Das Mehr heißt: Jesus hat gebetet und darin seinen Vater kennen gelernt.
Das Gebet ist also keine Wunscherfüllungsmaschinerie. Trotzdem spießt der Postillon etwas auf, was definitiv mit zu unserer Tradition gehört. Es ist die Haltung, dass man von Gott etwas erwarten kann. Das zeigt sich beim Thema Beten besonders klar; die Bibel hält große Bilder bereit. Mein Leben wird in völlig anderen Horizonten gezeigt. Die Botschaft lautet: es ist viel möglich! Die Türen gehen nicht zu, wenn du irgendetwas möchtest. Türen öffnen sich! So steht in der Bergpredigt (Mt. 7, 7): „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ Das ist ein großer Zuspruch. Er heißt, Du kannst etwas erwarten. Da sind weite Spielräume in deinem Leben.
Demgegenüber sehe ich gerade bei gläubigen Menschen häufig ein Verhalten, das bezeichne ich als falsche Demut. Jeder noch so unerträglichen Situation wird noch ein Sinn abgerungen. Gottes Allmacht wird ein Plan zugetraut, der sich noch in der widrigsten Situation findet. Ich sage das nicht vor allem zu anderen Menschen. Ich selbst mache da mit. Diese falsche Demut führt dazu, dass man sich und anderen mehr zumutet als gut sein kann. Außerdem:
Was auf diese Weise zugedeckt wird, das ist eine Diskrepanz zwischen dem guten und allmächtigen Gott und der Erfahrung, dass es einem ganz elend gehen kann. Wenn Gebete sich nicht erfüllen, bin ich am Ende noch zusätzlich der Qual ausgesetzt, dass mir Menschen trotz dieser trostlosen Situation mitteilen wollen, wie gütig Gott ist.
  Der Dichter Robert Gernhardt liegt im Krankenhaus und ist dem Tod nahe. Er braucht Trost, so wie jeder Sterbenskranke. Er hört eine Gottesdienstübertragung aus dem Haus. Sie bringt ihn dazu, ein kleines Gedicht zu verfassen. Es trägt den Titel »Sonntagmorgenandacht«:
»Bis hierher hat uns / Gott gebracht in / seiner großen / Güte« – vielleicht sollte / mal jemand dem Chor / im Haus-Sender stecken, / dass er vor Krankenhausinsassen singt.«
Gernhardts Gedicht mahnt zur Vorsicht. Man kann nicht einfach immer überall herausposaunen, dass Gott in seiner Allmacht gütig ist und denken, das würde allen das Herz wärmen. Im Krankenhaus hat das etwas von Selbstverleugnung, wenn man singt und darin bekennt, dass Gott einem bis an diesen Ort gebracht hat. Sicher, so direkt ist das ja gar nicht gemeint gewesen, aber wenn man sich einmal dem stellt, wie man diese Zeilen auch hören kann, dann legen sie das nah. Und Gernhardts Ohren hören sie so. Dabei steckt in seiner Kritik noch viel Glaube. Ein Glaube, der auf dem Trotz aufbaut. Es ist der Trotz, der an einer Überzeugung festhält. Sie lautet: Es ist doch gar nicht ausgemacht, dass Gott mir diese Krankheit geschickt hat. Sozusagen als Prüfung. Wer weiß das denn? Ich stimme nicht ein. Ich bete nicht mit, wenn es heißt: „Danke für alles, was du mir schenkst, wie übel Du mich dabei auch zurichtest.“ Das wäre ein Glaube, der falsche Demut fördert, eine Religion, die Menschen stumm macht, die ihnen ihren Willen, ihren Lebenswillen nimmt. Robert Gernhardt hilft dabei, genau diese Perspektive wach zu halten. Er lässt sich weder von seiner Krankheit noch vom Glauben korrumpieren. Seine Kritik trifft so, dass man unwillkürlich lachen muss. Peinlich berührt darüber, was er aufgedeckt hat: diese naive Art des Zuspruchs, in der man es doch so gut meinte. „Auch im Krankenhaus ist Gott da.“ Das mag ja stimmen. Aber es stellt sich doch die Frage: „Wie?“
II.    Psalm 41
Psalm 41 gibt eine klare Antwort auf diese Frage. Sie liegt in der Art und Weise, wie die Person, die hier betet, sich mit Gott auseinandersetzt. Dem möchte ich nun mit Ihnen zusammen nachgehen. Richten Sie Ihren Blick bitte auf die Verse 6-10:
6 Meine Feinde reden Arges wider mich: »Wann wird er sterben und sein Name vergehen?«
  7 Sie kommen, nach mir zu schauen, und meinen's doch nicht von Herzen; sondern sie suchen etwas, dass sie lästern können, gehen hin und tragen's hinaus auf die Gasse.
  8 Alle, die mich hassen, flüstern miteinander über mich und denken Böses über mich:
  9 »Unheil ist über ihn ausgegossen; wer so daliegt, wird nicht wieder aufstehen.«
  10 Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen.
  
  Luther überschrieb den Psalm mit „Gebet in Krankheit“. Wir wissen nicht, was der Beter oder die Beterin gehabt hat. Jedenfalls wird gesagt, dass die Feinde fragen, wann es aufs Ende zugeht, wann sein Name vergehen wird. Denn wer so da liegt, wird nicht wieder aufstehen. So alt diese Zeilen auch sind, es gibt auch heute solche Verhältnisse. Wer krank ist, kann sehr einsam werden. Je länger es dauert, desto einsamer.
Allerdings: Man erfährt nichts von einer Krankheit, die den Psalmbeter physisch plagt. Was wir erfahren ist hingegen, dass er ein soziales Problem hat, dass Menschen ihn hart ablehnen und – so kann man das heute wohl sagen – dass Menschen ihn mobben. Das heißt, dass sie ihn ausschließen von ihrer Gemeinschaft, dass sie die Solidarität zu ihm aufkündigen, gerade in der Situation, in der er schwach ist.
  Psalm 41 ist ein unbekannter Psalm, Psalme gehören nicht in die Predigtreihen der Gottesdienstbücher. Aber dieser ist zudem kaum in der alttestamentlichen Forschung besprochen. Er hat keine große Bedeutung in der Tradition; kein Vers hat sich so eingeprägt, dass man ihn bei Taufen, Trauungen oder anderswo hören könnte.
Doch eins sollte man nicht übersehen: Diejenigen, die Jahrhunderte nach seiner Verschriftlichung das Johannes-Evangelium verfasst haben, haben aus diesem Psalm zitiert. Es handelt sich um Vers 10: „Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen.“ Es ist im Johannes-Evangelium die Szene der Fußwaschung, in der Psalm 41 zitiert wird. Diese Leute sahen in der Klage des Psalmbeters also keine Jammerei von einem kränkelnden Alten, der auf seinem Krankenlager langsam ungeduldig geworden ist. Der im Grunde durch seine Krankheit soweit gekommen ist, dass er in seiner Welt nur noch Feinde ausmachen kann. Die Johannes-Tradition hat die Worte des Psalmbeters Jesus in den Mund gelegt und auf Judas bezogen.
  Ein Blick auf die ersten drei Verse des Psalms verstärkt den Eindruck, dass es hier weniger um Gemäkel geht, worauf man durchaus kommen kann, als vielmehr um ernstzunehmendes Mobbing: 
2 Wohl dem, der sich des Schwachen annimmt! Den wird der HERR erretten zur bösen Zeit.
  
  Ist Schwachheit die Krankheit, um die es hier geht? Schwäche kann im Alter kommen, aber Schwäche kann auch von Entkräftung kommen, weil das Leben, weil Menschen einem alle Kraft abfordern, damit man standhält und sich nicht ihrem Willen unterwirft.
   
  Weiter Vers3:  Der HERR wird ihn bewahren und beim Leben erhalten / und es ihm lassen wohlgehen auf Erden und ihn nicht preisgeben dem Willen seiner Feinde.
  
  Gott wird ihn bewahren und ihn nicht preisgeben dem Willen seiner Feinde; dies ist ein starker Hinweis darauf, wie abgeschnitten und ausgeliefert er sich in seiner Schwachheit fühlt. Wer krank ist und schwach, wird schnell zum Opfer. Wie wehre ich mich bei Konflikten? Wie widerstehe ich, wie halte ich stand, wenn ich Anfeindungen erlebe? So schwach wie ich bin.
Mobbing, das heißt, ein Mensch muss wiederholt und regelmäßig und über einen längeren Zeitraum Anfeindungen ertragen. ‚To mob’ kommt aus dem Englischen und heißt „herfallen über, sich stürzen auf“. Mobbing: Diese Anfeindungen führen irgendwann zu einer Eskalation und dann hat man keine Kraft mehr zum Widerstand und unterliegt schließlich (Christian Stock, Mobbing. Freiburg 2011)
Auf diesem Hintergrund liest sich der erste Vers des Psalms merkwürdig direkt, wie ein wichtiger moralischer Apell: „Wohl dem, der sich des Schwachen annimmt!“ Das ist eine Aufforderung an alle, in solchen Situationen nicht auf der Seite der Starken zu bleiben, sondern die Seiten zu wechseln!
Darauf ist mit dieser Aufforderung eine starke Verheißung für den Geschwächten verbunden:
4 Der HERR wird ihn erquicken auf seinem Lager; du hilfst ihm auf von aller seiner Krankheit.
  
  Es ist gängig zu meinen, mit dem „Du“ sei noch einmal Gott gemeint. Aber es schwingt auch noch etwas Anderes mit. Das „Du“ kann auch die Person meinen, die die Seite gewechselt hat. Nur hier bleibt das „Du“ etwas im Unklaren, an allen anderen Stellen im Psalm weiß man immer, wer nun gemeint ist. So lese ich hier ein Stück Zuspruch an die Leserinnen und Leser heraus: Du hilfst ihm auf von aller seiner Krankheit, wenn Du dich seiner annimmst! 
Man könnte diese ersten vier Verse als eine Einleitung zum Gebet verstehen. Sie bietet ein Stück Lebensweisheit. Damit stimmt sie darauf ein, wie man das Gebet zu verstehen hat, das jemand in großer Not formuliert.
Der Mensch, der hier betet, bittet um Gnade, er bittet darum, geheilt zu werden. Er spricht Gott direkt an: „Ich habe an dir gesündigt.“
5 Ich sprach: HERR, sei mir gnädig! Heile mich; denn ich habe an dir gesündigt.
  
  Dieses „denn ich habe an dir gesündigt.“ steht allein – wie ein generelles Bekenntnis. Ich verstehe es als Schuldbekenntnis dazu, dass der Beter zulange glaubte, Gottes Hilfe nicht zu brauchen.
Dann erzählt er Gott alles, was ihm widerfahren ist. Ich lese noch einmal die Verse 6-10:
  
  6 Meine Feinde reden Arges wider mich: »Wann wird er sterben und sein Name vergehen?«
  7 Sie kommen, nach mir zu schauen, und meinen's doch nicht von Herzen; sondern sie suchen etwas, dass sie lästern können, gehen hin und tragen's hinaus auf die Gasse.
  8 Alle, die mich hassen, flüstern miteinander über mich und denken Böses über mich:
  9 »Unheil ist über ihn ausgegossen; wer so daliegt, wird nicht wieder aufstehen.«
  10 Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen.
  
  Derjenige, der hier spricht, klagt zwar, aber er sagt nicht, „mir geht es so schlecht“. Vielmehr beschreibt er, was  ‚die Feinde’ tun. Er macht sich dabei vor Gott weder klein noch groß. Er sieht in den Handlungen der anderen nicht nur eine Reaktion auf die eigenen Handlungen. Für so einflussreich hält der Psalmbeter sich nicht. Er sieht in ihren Handlungen vor allem, wie sie auf ihn wirken. Sie wirken auf ihn ungerecht und niederdrückend. Um sich wehren zu können, braucht er Gott. Er ist zu schwach, das schafft er nicht allein. Er bittet um Gottes Hilfe, um wieder stark zu werden, damit er seinen Feinen Paroli bieten kann.
Er hat das tiefe Bedürfnis die Attacken dieser Feinde zu begrenzen, wenn nicht sogar, es ihnen heimzuzahlen. Das klingt nicht besonders ‚p. c.’, ist wahrscheinlich auch nicht so gedacht. Doch der empfundenen Aggression muss etwas entgegen gesetzt werden, damit er sie nicht gegen sich selbst wendet. Man kann nur hoffen, dass er dabei eine gute Idee hatte, so dass der Schaden begrenzt wurde und die Spirale der Gewalt trotzdem unterbrochen werden konnte.
  
  Der Mensch, der hier betet, setzt ganz darauf, dass Gott ihn wieder stärkt. Und wenn ihm diese Bitte erfüllt wird, dann wüsste er noch eines: Seine Stärke würde er als Zeichen Gottes werten. Dass Gott seine Gefühle, seine Wünsche und die Art und Weise teilt, wie er das verarbeitet, was ihm widerfährt:  
  
  11 Du aber, HERR, sei mir gnädig und hilf mir auf, so will ich ihnen vergelten.
  12 Daran merke ich, dass du Gefallen an mir hast, dass mein Feind über mich nicht frohlocken wird.
  
  Es ist die große Bitte, dass Gott sich mit ihm verbündet. Gott wird es nicht zulassen, dass er sein Leben so verliert. Dem entspricht es, wenn es heißt:
  
   13 Mich aber hältst du um meiner Frömmigkeit willen und stellst mich vor dein Angesicht für ewig.
  
  Aus meiner Sicht spricht aus diesem Vers nicht Hochmut oder Selbstlob. Ich könnte das „Mich aber hältst Du um meiner Frömmigkeit willen“ auch so formulieren: Mich hältst Du, weil ich daran festhalte, mich nicht dem Willen der Feinde zu beugen. Mich hältst Du, weil Du, Gott, ein Gott des Lebens bist. Mich hältst Du, weil Du meine Frömmigkeit, meine Weise, wie ich Dir begegne, anerkennst.  
   
  III. Beten hilft!
Man wüsste gern, wie die Sache nun ausgegangen ist. Hat Gott dem Psalmisten geholfen?
  Haben die Feinde Grenzen gesetzt bekommen?
  Der Psalm löst die Situation nicht auf. Das Gebet steht als Bittgebet da, nicht mehr.
  Mir ist der Psalm lieb geworden. Und das liegt vor allem an einem:
  Er lehrt uns, von Gott etwas zu erwarten. Wenn es dann anders kommt, wenn wir enttäuscht werden und der Porsche anstatt vor der eigenen Tür vor der Haustür der Nachbarin steht, dann haben wir eine Aufgabe zu lösen. Zum Beispiel mit unserem Neid umzugehen; oder die Nachbarin nach so vielen Jahren jetzt doch mal anzusprechen. Vielleicht um sich das Auto auszuleihen. Oder um endgültig einzusehen, dass es das Auto vielleicht doch nicht ist, worum Du Gott bitten solltest. Der Psalm lehrt uns, von Gott etwas zu erwarten. Das ist das eine. Auf dieser Spur führt der Psalm aber noch weiter:
Z. B. zu der Frage, was wir überhaupt wollen. An der Satire aus dem Postillon wird nämlich nicht nur deutlich, dass man vom Gebet auch öffentlich noch etwas erwartet. Sondern es wird in dieser Satire auch deutlich, dass Menschen unglaublich viele Wünsche und Sehnsüchte haben. Dass sie manches Mal geradezu einem Chaos von Wünschen und Sehnsüchten ausgeliefert sind, von denen sie selbst in ihrem Leben vor sich her getrieben werden. An dem, was man will, wird ganz persönlich deutlich, wie frei man ist, das eigene Leben zu führen.
  
  In der Frage nach dem, wie die Beziehung zu Gott im Leben eines Menschen einen festen Grund erhält, ist der Mensch ganz und gar von Gott abhängig. In der Frage der Rechtfertigung geht es mehr oder weniger darum, Gottes Zuspruch zu empfangen. Gott sei mir gnädig, so betet der Psalmist.
Aber nun muss sich dieser Zuspruch auch in den Lebenslagen, in die man hineingerät, als tragfähig erweisen. Es geht sozusagen darum, auch im Alltag nicht aus der Gnade zu fallen. Und das geschieht eben nicht von selbst. Der Beter ringt darum, dass Gott ihm in seiner Lage beisteht. Genau dieses Ringen wird in Psalm 41 mitgeteilt. Derjenige, der hier spricht, wirbt darum, dass Gott genau mit ihm geht, nun ihm hilft, ihn stärkt, um durch diese Zeit der Verlassenheit hindurch zu kommen. Er hält daran fest, dass Gott das Blatt wenden kann. Denn wie heißt es in der Jahreslosung 2012: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2. Kor. 2, 9) In diesem Sinne spreche ich dem Beter nach, was er zum Schluss sagt; aus diesem Schlusswort klingt noch einmal die Hoffnung, die im Lob über sich hinaus wächst:
14 Gelobt sei der HERR, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen! Amen!
  
  Und die Gnade Gottes, die höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.
Perikope
Kapitel / Verse: 41,1