Predigt zu Römer 5,1-5 von Stephan Lorenz
5,1-5

Predigt zu Römer 5,1-5 von Stephan Lorenz

„Wegen unseres Glaubens nimmt Gott uns als Gleichwertige an. Jesus Christus hat zwischen uns und Gott vermittelt. Frieden mit Gott.  Jesus hat uns einen Zugang zu Gottes Thron vermittelt, wir stehen in der Gunst Gottes, des Königs, bekennen voller Stolz unsere Hoffnung: wir werden an Gottes Glanz und Herrlichkeit teilhaben.

Aber wir sind auch stolz darauf, jetzt noch Trübsal erdulden zu müssen. Da lernt man Geduld. Wer weiß, was Geduld ist, besteht auch jede Bewährungsprobe. Das ist wieder Grund zur Hoffnung. Wir wissen: mit unserer Hoffnung sind wir nicht auf dem Holzweg. Gott hat uns mit seinem Heiligen Geist auch seine herzliche Liebe zugewandt.“

Paulus schreibt diese Zeilen an die römischen Christen, aus dem Gefängnis. Er ist zum Tode verurteilt und wartet auf seine Revision, die in Rom stattfindet. Er kennt die Christen in Rom nicht. Will sich Ihnen mit diesem Brief vorstellen. Seht her: so glaube ich, so denke ich über mein Leben vor Gott.

Gott hat uns durch Christus gleichwertig gemacht. Ihm gleichwertig. Wir haben Frieden mit Gott.  Haben Anteil an Gottes Herrlichkeit. Unsere Hoffnung ist (1)  tragfähig. Wir haben Gottes Geist empfangen. Er hat sich uns liebevoll zugewandt.

So schreibt einer, der zum Tode verurteil worden ist. Erstaunlich! Er blendet die schlimmen Seiten  seines Lebens nicht aus. Wir müssen Trübsal erdulden und Geduld lernen, Hoffnung finden.

Ich weiß ja nicht, wie Sie ihre augenblickliche Situation hier im Krankenhaus erleben. Aber ich könnte mir vorstellen:

Wenn sie ihre Situation anschauen, könnten sie zu dem Schluss kommen: Gott hat uns vergessen! Wir sitzen im Elend. ER  auf seinem Thron. Was immer ER da macht. Uns erblickt ER jedenfalls nicht. So fühlt es sich an. Wir abgeschnitten. Nicht einen Blick wert. Verlassen. Aus der Welt gefallen. So ist Trennung. Trennung von der Familie, von zu Hause, Freunden, allem, was einem lieb und wert war. Trennung von Gott.

Trennungen ertragen ist schwer.  Das weiß jeder aus eigener Erfahrung. Trennung tut weh.  Das wird im Text Trübsal genannt.

Trübsal, dieses  Wort  kennen wir. Eine Flüssigkeit ist trübe, das Wetter oder die Stimmung.  Was trübe ist, ist unklar.  Wer unklar ist, ist verwirrt. Im Herzen und im Kopf. Trübsal bezeichnet im Ursprung den Vorgang, wenn der Bodensatz einer Flüssigkeit aufgerührt wird. (2)

In unserer Seele hier ist vom Bodensatz her aufgerührt. Vieles ist unklar. Die Stimmung oft trübe. Wir erleben uns getrennt.  Wir leiden. Nicht nur an unserer Krankheit, die uns hierher gebracht hat, sondern viel mehr in unserer Seele.

Wie kann man solche Trennung aushalten? 

Luther sagt in seinem Kommentar zu diesen Zeilen:  Trübsal ist ein Indikator. Daran wird die seelische Verfassung deutlich: wer vorher ungeduldig war, wird noch ungeduldiger. Trübsal verstärkt Ungeduld, sogar bis zur Verzweiflung. Und wenn man erstmal auf dieser Schiene ist, dann wird man auch auf den Gedanken kommen: Gott ist an „allem“ Schuld: an dem, was mir passiert ist, an dem was ich erleiden muss.

Gott kann nicht allmächtig sein, weil mein Ohnmächtig-Sein unerträglich ist. Trennung erleiden und nichts dagegen tun können, ohnmächtig sein, macht unsere Seele, unsere Gedanken, unser Herz trübe. 

Luther war auch Seelsorger. Er macht darauf aufmerksam: in Zeiten der Trübsal erkennt man sich selbst. Erkennt, wer man ist. Wie man in schwierigen Situationen reagiert. Was man vom Leben hält. Von seinen Beziehungen. Von sich selbst.

Luther sagt: Paulus beschreibt einen seelischen Lern- und Erfahrungsprozess. Denn in der Trübsal nicht (3)

zu versinken, kann  dazu verhelfen, dass sich Geduld einstellt. Nicht alles lässt sich sofort erreichen. Geduld ist eine Haltung, von der man hier sehr viel braucht. Die Rehabilitation des Gehirns ist etwas anderes als

das Ausheilen einer Erkältung. Wer Geduld aufbringen kann, der „bewährt sich“.

Darin steckt das Wort Bewahrung.  Wer Geduld lernt bewahrt sich vor schnellen, manchmal falschen Schlüssen und Entscheidungen. Bewahrt sich vor Gefühlen, die einen herunterziehen. Wer Geduld hat, hält sich die Zukunft offen. Und deshalb, so Paulus, führt dieser Lernprozess letztlich zur Hoffnung Gott zu vertrauen. Keine Hoffnung, die ein Hirngespinst ist. Keine Illusion. Tragfähige Hoffnung.

Wir wissen, schreibt Paulus: mit unserer Hoffnung auf Gott sind wir nicht auf dem Holzweg. ER hat seinem Heiligen Geist in unser Herz gegossen, sich uns in herzlicher Liebe zugewandt.

Wie kann man solche Trennung aushalten?  Antwort: wenn man sich geliebt, getragen fühlt.

Das leuchtet einem sofort ein:  wer sich geliebt und getragen fühlt von seiner Familie, seinen Angehörigen, Mann, Frau, Kindern, kann eher Geduld aufbringen, bewahrt sich vor unklugen Schlussfolgerungen und hat Hoffnung. 

Wir alle wissen aber auch, dass unsere menschliche Liebe manchmal überfordert ist. Unsere Geduld (4)

miteinander hat Grenzen. Unsere Hoffnungen sind brüchig.

Dann ist es gut, sich vor Augen zu halten: Gottes Liebe zu uns kennt kein Ende. Sein Herz ist größer als unseres. Seine Hoffnung für uns trägt.  Wir sind Abrahams. Das alte Land haben wir verlassen müssen. Es nährt uns nicht mehr. Wir gehen, ohne zu wissen wohin. Gehen in dem Glauben, dass Gott einen Weg weiß, wo wir keinen sehen.

Gottes Heiliger Geist leitet uns,  seine herzliche Liebe ist uns zugewandt. Das können wir getrost glauben, gerade dann, wenn uns unsere Geduld strapaziert wird, wir uns schwerlich bewahren können, unsere Hoffnung uns zu verlassen scheint.

Vertrauen wir Gott, werden wir an Gottes Glanz und Herrlichkeit teilhaben.

Gottes Heiliger Geist befestige diese Wort in euren Herzen, damit ihr das nicht nur gehört, sondern auch im Alltag erfahrt, auf daß euer Glaube zunehme und ihr endlich selig werdet, durch Jesum Christum unseren Herrn. Amen

Anmerkung zum Hintergrund: Die Andacht wird gehalten in einer neruologischen Akut- und Rehabiltationsklinik. Schaganfälle, Verletzungen des Gehirns, operierte Tumore, gut- und bösartige. Überlebte Aneyrismen sind einige Krankeheitsbilder. Mit oft langwiergen bleibenden Schädigungen. Lebenspläne sind zerstört. Zukunft fraglich. Berziehungen auf äußerte beansprucht.