Liebe Gemeinde!
Es kann vorkommen, dass Sie mit bestem Wissen und Gewissen eine bestimmte Entscheidung getroffen haben und Ihnen dann vorgeworfen wird, Sie hätten verantwortungslos gehandelt. Jemand, der die Situation überblickt und Sie als Menschen gut genug kennt und Ihnen vertraut, könnte aber sagen: „Sie müssen sich nicht rechtfertigen! Ich glaube an Ihre Rechtschaffenheit und Redlichkeit.“
Es geschieht auch öfter, dass jemand eines Fehlers beschuldigt wird oder einer Unterlassung bezichtigt, ohne das eine oder das andere überhaupt begangen zu haben. Unvermittelt gerät ein Mensch auf die Anklagebank, obwohl er im Allgemeinen als unbescholten gilt. Aber dann springt jemand mit Autorität (Ansehen, auctoritas) für ihn in die Bresche, hält der geifernden Meute entgegen: „Ihr seid im Unrecht! Diese Person ist vertrauenswürdig, zuverlässig und war stets absolut integer“, und zum Betroffenen: „Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen.“
Wenn wir uns nicht rechtfertigen müssen, weil uns jemand gut genug kennt und selbst so viel Rückgrat und Zivilcourage hat, dass er Gerechtigkeit widerfahren lässt oder uns zum Recht verhilft, dann haben wir allen Grund dankbar zu sein. Wir dürfen uns glücklich schätzen, wenn wir in diesem Sinne Rechtfertigung erleben. Ich weiß nicht, wie oft das geschieht!
Freilich kommt es auch öfter vor, dass sich jemand zu Unrecht selbst rechtfertigt, eine Person, die genau weiß, dass sie sich schuldig gemacht hat, nun aber versucht, mit fadenscheinigen Argumenten, mit Lügen und mit Schuldverweisen auf andere, sich rauszureden. Dieser Person halten wir völlig zu Recht entgegen: „Sie wollen sich ja nur reinwaschen!“ In solchen Fällen müssen Umstände und Motive geprüft, eventuelle Zeugen befragt, die Schuld nachgewiesen und schließlich von einem neutralen Richter Recht gesprochen werden.
Rechtfertigung in menschlichen, nachvollziehbaren und vor allem erfahrbaren Kontexten - positiv und negativ: Sich nicht rechtfertigen müssen, oder der Versuch, sich zu rechtfertigen. In Familie, im Kindergarten, beim Spielen auf Straßen und Plätzen, in Schulen, in Ausbildung, am Arbeitsplatz - in der Gesellschaft - erleben und praktizieren Menschen als soziale Wesen Rechtfertigung auf die eine oder die andere Weise.
Wenn wir in einem Schutzraum aufwachsen, erfahren wir schon früh, wie unser Verhalten - meist durch die nächsten Bezugspersonen - natürlich nicht immer gut geheißen wird, aber wie man uns selbst in jedem Fall ernst nimmt, uns mit Vertrauen, nicht mit Vorurteilen begegnet. Kinder und Jugendliche, die in einer solchen Atmosphäre der unverbrüchlichen Zuwendung aufgewachsen sind, werden es in der Regel im weiteren Leben als Erwachsene leichter haben und es auch weniger nötig haben, sich für dieses oder jenes zu rechtfertigen. Sie halten sich nicht für perfekt, aber sie sind bemüht, sich in die Gemeinschaft einzubringen, ohne freilich dabei selbst zu kurz zu kommen. - Zugegeben, ich beschreibe hier den Idealfall!
Wem das Privileg einer beschützten Kindheit und Jugend nur sehr begrenzt oder gar nicht beschert worden ist, dieser Mensch hat ganz andere Voraussetzungen. Häufig muss er viel körperliches und seelisches Leid durchstehen: er fühlt sich emotional einsam, er sucht nach Geborgenheit, nach geistiger Heimat; er ist anfällig für verschiedene Surrogate wie Nikotin, Alkohol, Drogen. Bei günstiger Veranlagung wird ihn sein Verstand vor dem Schlimmsten bewahren. Da er aber geistig und vor allem seelisch noch nicht verwurzelt ist, besteht eine größere Verführbarkeit und die Gefahr, sich in zweifelhafte religiöse Anschauungen zu verlieren und zu verstricken. Dann funktionieren religiöse Inhalte wie eine Droge.
Wer als Kind und Jugendlicher wesentliche Zuwendung und Geborgenheit entbehren muss, könnte unterschwellig oder bereits offenkundig Aggressionen nach Außen oder nach Innen (Depressionen) entwickeln. Er könnte zum Egozentriker oder Philanthropen heranwachsen. Den Menschenfreund wird man ihm allerdings nicht abnehmen, weil er diese Rolle spielen, aber nicht glaubhaft verkörpern kann. Er muss sie aber nach außen vertreten, weshalb diese Menschen oft einen helfenden Beruf ergreifen. Das ältere, aber faktisch noch aktuelle Buch von Wolfgang Schmidbauer: „Die hilflosen Helfer“ ist bahnbrechend und hilfreich!
Im Beruf und in Beziehungen suchen Menschen aus einer defizitären Kindheit Anerkennung und Bestätigung; einige gehen viel zu früh und unreif eine partnerschaftliche Bindung ein. Die Sehnsucht nach Anerkennung mag in den geschilderten Fällen übertrieben erscheinen, das ist es aber für die Betroffenen keineswegs. Für ein besseres Verständnis brauchen wir uns nur vor Augen zu führen, dass wir alle, auch wenn wir mit relativ optimalen Voraussetzungen haben aufwachsen dürfen, auf Achtung und Wertschätzung angewiesen sind:
„Anerkannt und gerechtfertigt zu werden, sich rechtfertigen zu lassen, oder durch Gedanken, Gesinnungen, Worte und Taten sich selbst zu rechtfertigen, sein Dasein rechtfertigen zu müssen, oder einfach dasein zu dürfen und sich dafür nicht rechtfertigen zu müssen, das macht unser Glück oder Unglück aus und gehört unaufhebbar zu unserem Menschsein. (…) Darin sind wir schon immer soziale Wesen.“ (O. Bayer: Aus Glauben leben, 14)
Wir haben einiges über Rechtfertigung aus den Niederungen menschlicher Existenz gehört; mögen wir uns nun in die geistigen Höhen paulinischer Rechtfertigungslehre begeben, wobei ich Ihnen frei bekenne, dass ich kein besonders geeigneter Bergführer bin. Ob Paulus diese Anschauung ins Zentrum seines Denkens und Glaubens gestellt hat, oder ob sie nur einen Teil im Rahmen seiner theologischen Themen ausmacht, darüber sind sich die Ausleger nicht einig. Gravierender ist die Tatsache, dass sich seit der Reformation die Rechtfertigungslehre zum Kern christlicher, genauer: protestantischer Theologie entwickeln und etablieren konnte.
Lässt sich „das paulinisch-lutherische Begriffsmassiv predigen“, oder bleibt es „nur den theologischen Hochgebirgssteigern zugänglich“? - Rechtfertigung heute: Rechtfertigung heute predigen (V. Drehsen), 46. Paulus schreibt an die Gemeinde zu Rom (Röm 5,1-5; Übersetzung, W. Schmithals, 149):
„Weil wir nun gerechtfertigt sind aus Glauben, laßt uns Frieden mit Gott halten durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir ja auch im Glauben den Zugang zu dieser Gnadengabe bekommen haben, in der wir stehen, und uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes rühmen. Aber nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse; denn wir wissen: Die Bedrängnis bewirkt Standhaftigkeit, die Standhaftigkeit aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung, die Hoffnung aber wird nicht enttäuscht werden; denn die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde.“
Wenn wir uns nun schon nicht (mehr) rechtfertigen müssen, weil wir trotz unserer ererbten, unausweichlichen Verderbtheit angenommen sind; weil wir so akzeptiert werden, wie wir sind und auch vorläufig bleiben werden, wollen wir Frieden halten mit „Gott“ (cf. O. Kuss: Römerbrief, 200f).
Wir dürfen darauf vertrauen, dass wir im Glauben an Jesus als den Christus, der das Neue Sein ermöglicht (Paul Tillich), Zugang haben zu dieser Gnadengabe (Schmithals, 153,157). Paulus identifiziert diese Gnadengabe als höchste unter den Charismen (1 Kor): „Gott hat die Liebe als vornehmste Gabe seines Geistes in die Herzen der Glaubenden ausgegossen.“ Das „Herz“ ist eine Instanz „des Wollens und des Entscheidens“ (Schmithals, 158). Natürlich zielt Paulus hier auf die Liebe zu den Brüdern und Schwestern in der Gemeinde; daran sind alle Inhalte des christlichen Glaubens zu messen: Rechtfertigung, Glaube, Gnade, Herrlichkeit („Gottes“), Hoffnung.
Vermutlich lässt sich die Nächstenliebe nicht erwerben oder erlernen; sie wird als Charisma geschenkt, bildhaft gesprochen: „eingegossen“. Für Martin Luther verhält es sich ebenso mit dem Glauben: „Der erworbene Glaube ohne den eingegossenen ist nichts, der eingegossene ohne den erworbenen ist alles.“ Der erworbene Glaube ist nur Schmuck, „der eingegossene aber ist der Geist des Lebens.“ „Auch ist allein der eingegossene Glaube hinreichend für die Rechtfertigung des Gottlosen.“ - M. Luther: Propositiones de fide infusa et acquisita (1520)
Im gleichen Zusammenhang stellt Luther auch klar: „Die Werke folgen der Rechtfertigung aus Glauben unfehlbar, da dieser nicht müßig ist.“ Denn: „‘Der Glaube ohne Werke ist tot‘, ja, er ist gar nicht Glaube.“ (Luther: op.cit.) Das Verhältnis aber zwischen Glauben, Werken und Rechtfertigung stellt sich bei Luther als ambivalent dar, erschwert durch sein Verständnis von „Sünde“ und „Unglauben“ - s. Quaestio, utrum opera faciant ad iustificationem; Frage, ob die Werke etwas zur Rechtfertigung beitragen (1520).
„Wie ausschließlich der Glaube rechtfertigt, so sündigt ausschließlich der Unglaube“ (op.cit.). „Der Glaube macht nur gerecht“, wenn und insofern er sich auf keinerlei Werke stützen kann, ansonsten wäre es kein Glaube. Doch ist es unmöglich, dass der Glaube nicht ständig „viele und große Werke“ hervorbringt. Luther konstatiert aber (op.cit.):
„Weder machen die nach der Rechtfertigung getanen Werke gerecht“, selbst wenn in der Schrift eine Tat als Gerechtigkeit angerechnet wird, „noch machen die vor der Rechtfertigung getanen Werke schuldig, auch wenn sie in der Schrift ‚Sünden‘ heißen.“ Wer im Unglauben befangen und deshalb „gottlos“ ist, gilt als verderbt; sein Tun oder Lassen ändert nichts an seiner prinzipiellen, den ganzen Menschen bestimmenden Sündhaftigkeit.
„Der aus Gott geborene (aber) sündigt nicht und kann auch nicht sündigen.“ Problematischer kann man es kaum formulieren; vor allem, weil Luther anfügt: „Wer sagen wollte, er sündige nicht, ist ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in ihm“ (op.cit.). Die Gedanken findet Luther im 1. Brief des Johannes (3,6a.9; 1,8).
Zu Recht gibt es Einwände gegenüber den Grundgedanken der Rechtfertigungslehre. Da ist zunächst das negative Menschenbild anzusprechen, das wiederum auf einer Voraussetzung beruht, die nur allzu selbstverständlich erscheint: der Mensch als Gegenüber zu „Gott“; cf. Rechtfertigung heute: Rechtfertigung heute (W. Härle), 69 und 71. Ich weiß nicht, wer oder was „Gott“ ist, aber ich betrachte mir kritisch die konstruierten Gottesbilder und frage nach ihren Funktionen. Es handelt sich um übersteigerte, überhöhte Ängste, Ideale, Wünsche - um Projektionen dessen, was uns Menschen ausmacht.
Es hat nahezu seit Menschengedenken funktioniert, sich eine Gottheit vorzustellen, die mit Strenge, Zorn, Gerechtigkeit, aber auch mit Milde, Liebe, Treue das Leben eines Volkes zu lenken versucht. Angesichts verschiedener Gottheiten und Religionen gestaltet sich das Miteinander der Völker ungleich schwieriger und realisiert sich oft als ein Gegeneinander.
„Gott“ als Herrscher, Richter und Vater (selten als Mutter) bildet menschliche Erfahrungen ab, nur in übermächtiger Form, die den Menschen klein, unbedarft, minderwertig erscheinen lässt, weil er von vornherein niemals an das Ideal der „Gottheit“, des Übervaters, heranreichen wird. Der „sündige“, sein Ziel („Gott“) verfehlende Mensch bedarf einer von „Gott“ ausgehenden (Er-)Lösung, damit eine für „Gott“ akzeptable Beziehung zustande kommt: ein „Sühneopfer“, was dann durch den gekreuzigten und gleichermaßen erhöhten „Christus“ erbracht wird. Eine Vorstellung, die in der ev. Theologie, bes. in der Praktischen, sehr hinterfragt wird und bereits zu alternativen Entwürfen, auch für die Abendmahlliturgie geführt hat.
Brauchen wir wirklich solche Gottesbilder und Bilder vom Menschen? Warum müssen wir gerechtfertigt werden? Warum muss ein Gott zu seinem Recht kommen? Wir wissen doch, dass wir unvollkommen und widersprüchlich sind. Zum Teil haben wir erforschen können, warum wir so sind wie wir sind; zum Teil bleibt das vielleicht ein Geheimnis. Jedenfalls haben kein Gottesbild, kein Glaube den Menschen bislang verbessert. Man zeige mir, worin sich ein Frommer menschlich wesentlich von einem Unfrommen unterscheidet; weist das Leben eines Christen eindeutig andere, hilfreichere, überzeugendere Qualitäten auf, als man sie im Leben eines Nichtglaubenden vorfinden kann?
Seit langem fällt mir immer wieder auf, dass sich die Unterschiede zwischen Nichtchristen und Christen einzig und allein im Denken und im Sprachgebrauch zeigen. Deshalb versuche ich häufig, die „Kirchensprache“ in allgemein verständliche Sprache zu übersetzen, wenn ich mit Menschen zu tun habe, die sich an den Rändern kirchlicher Gemeinschaft bewegen. Das Ansinnen für eine Gottesdienstgemeinde am Sonntag durchzusetzen, wird unterschiedlich aufgenommen, meist sogar höchst widersprüchlich. Viele aus der Kerngemeinde hängen am gewohnten Sprachgebrauch, vor allem was die liturgischen Stücke betrifft.
Ich vermute, dass traditionelle Gottesbilder für manche Christen eine Entlastungsfunktion haben: ein „Gott“, der den Menschen mit sich versöhnt; der den Menschen rechtfertigt; ein Christus, der für den Menschen gestorben ist; ein „Gott“, der Liebe ist, usw. Ich gebe nur zu bedenken: dies alles setzt voraus, dass Menschen „sündig“, verderbt sind; dass es notwendig ist, dass sich eine Gottheit mit ihnen versöhnt, sie rechtfertigt, dass „Christus“ für sie stirbt, dass „Gott“ sie liebt. Längst ist vielen Menschen klar, wie fragwürdig und widersprüchlich diese Gottesvorstellungen sind. Die Gottesbilder sind zum Teil auch völlig überfrachtet, weil sich ihre Inhalte und Konsequenzen im Leben der Menschen nicht spürbar auswirken.
Wo Menschen es wagen, überlieferte Gottesbilder infrage zu stellen, weil sie merken, dass sie mit der erlebten Wirklichkeit kollidieren, wird ihnen manchmal bewusst, dass Vorstellungen von „Gott“, von seinen Eigenschaften oder gar von seinem Wesen nichts Verbindliches oder Wahres oder Zuverlässiges erklären. Ich bin längst davon überzeugt, dass die Gottesbilder aber sehr viel über diejenigen aussagen, denen wir diese Bilder verdanken.
Man bedenke, wie oft Herrschaftsstrukturen durch kirchlich vermittelten „Glauben“ bis in die Erziehung und Familie, bis in die Gestaltung von Bildung und Wissen, bis in die Organisation von Staat und Gesellschaft hinein bestimmend waren und es in abgeschwächter Form immer noch sind. Bei sensiblen Menschen kann diese Bevormundung zur „Gottesvergiftung“ führen (Tilman Moser). Es ist schrecklich und belastend, etwas quasi glauben zu müssen, was man im Grunde gar nicht glauben kann. Es kann einen Menschen zerreißen, wenn niemand seine Zweifel am herkömmlichen „Glauben“ wirklich ernst nimmt und sich seinen Fragen stellt.
„Du musst dich nicht rechtfertigen!“ - Es sind doch häufig gerade die Menschen, die alles versuchen, für sich und für die ihnen anvertrauten Menschen und ebenfalls noch für andere das Notwendige und Beste herauszuholen, sofern möglich -, die dabei bescheiden genug sind. Sie verspüren dann oft den Drang, im guten Sinn ihre Defizite zu „rechtfertigen“, wenn sie einfach nicht alles schaffen. Ihnen täte es gut, wenn jemand sagte: „Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen!“ - „Ich weiß doch, wir wissen es, dass Sie sich alle Mühe geben!“
Es bedarf keines religiösen Überbaues, damit sich Menschen angenommen fühlen. Ich finde es lebenswichtig, einem Menschen den Eindruck zu vermitteln, dass sein Leben einen Sinn hat, dass er gebraucht wird, dass ich etwas von ihm lernen kann. Das setzt allerdings voraus, dass ich ihn oder sie kennenlerne, dass ich bereit bin zu hören, was mir mein Gegenüber zu sagen hat. Vielleicht will mir mein Gesprächspartner etwas anvertrauen oder ein schlimmes, ihm widerfahrenes Leid klagen. Womöglich darf ich aber auch an einem freudigen Ereignis teilhaben und kann mich sogar mitfreuen. So oder so - Menschen begegnen einander auf Augenhöhe, im Idealfall in einem „herrschaftsfreien Dialog“ (Jürgen Habermas).
Ich wünsche mir, dass Menschen, die den Mut aufbringen, traditionelle Gottesbilder und überlieferte Lehren zu hinterfragen und ihren Sinn zu bezweifeln, in den Kirchen deswegen nicht (mehr) in Bedrängnis geraten ausgegrenzt werden. Sie sind oder wären m.E. durchaus eine Bereicherung, weil sie zum Nachdenken anregen und aus falschen Sicherheiten führen. Ein lebendiger, „eingegossener Glaube“ muss und wird es verkraften, wenn er erschüttert wird; ein lediglich „erworbener Glaube“ wird jegliche Erschütterung gar nicht erst zulassen. Außerdem, liebe Gemeinde: Worauf sollte ich hoffen, wenn ich schon alles im Glauben wüsste?
Amen.
Literatur
Walter Schmithals: Der Römerbrief (1988); Ulrich Wilckens: Der Brief an die Römer, EKK VI/1 (1978); Otto Kuss: Der Römerbrief (1957); Martin Luther. Lateinisch-Deutsche Studienausgabe. Band 2: Christusglaube und Rechtfertigung, hg. u. eingel. v. Johannes Schilling (2006); Rechtfertigung heute. Warum die zentrale Einsicht Martin Luthers zeitlos aktuell ist, hg.v. Friedrich Hauschildt/ Udo Hahn (2., verb. u. erw. Aufl. 2008); Wilfried Härle/ Eilert Herms: Rechtfertigung. Das Wirklichkeitsverständnis des christlichen Glaubens (1979); Oswald Bayer: Aus Glauben leben. Über Rechtfertigung und Heiligung (2., überarb. Aufl. 1990); Elsa Tamez: Gegen die Verurteilung zum Tod. Paulus oder die Rechtfertigung durch den Glauben aus der Perspektive der Unterdrückten und Ausgeschlossenen (1998).