Predigt zur Konfirmation von Winfried Klotz

1. Kor. 1, 9: Gott selbst hat euch dazu berufen, für immer mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, verbunden zu sein, und er ist treu: Er steht zu seinem Wort. (Gute Nachricht Bibel)
Liebe Konfirmanden/innen, liebe Eltern, Großeltern und Paten, liebe Gemeinde!
Der Apostel Paulus schreibt im 1. Korintherbrief, Kap. 1, Vers 9:
Gott selbst hat euch dazu berufen, für immer mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, verbunden zu sein, und er ist treu: Er steht zu seinem Wort.
Dieses Wort beschreibt ganz klar das Ziel dessen, was wir heute tun: Ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden seid dazu berufen mit Jesus Christus verbunden zu sein. Ein Leben in der Spur von Jesus hat Gott für Euch vorgesehen, ein Leben gegründet auf Gottes Liebe und Wahrheit, ein Leben in dem Ihr nicht Euch selbst und andere hochmütig, gierig, ängstlich zugrunde richtet, sondern durch Jesus Christus neu aufgestellt werdet zum Guten für Euch und andere. So will es der treue Gott, so tut Er es, wenn Ihr in ehrlichem Vertrauen Euch fest macht im Glauben an Jesus.
Wir feiern heute das Fest der Konfirmation und damit geht Eure Konfirmandenzeit zu Ende. Ich will jetzt nicht groß Rückblick halten. Ihr wart insgesamt angenehme Mitmenschen, freundlich, aber auch ein wenig lasch. Bei der Vorstellung am Pfingstmontag aber seid Ihr zu wirklich guter Form aufgelaufen. Ich hatte mir ja schon Sorgen gemacht...
Jetzt geht die Zeit zu Ende, in der Ihr jeden Dienstag zum Unterricht gekommen seid und sonntags zum Gottesdienst. Ich hoffe, Ihr behaltet diese Zeit in guter Erinnerung, auch wenn Ihr vielleicht sagt: die Gottesdienste waren manchmal langweilig und im Unterricht hat der Pfarrer manchmal zu viel geredet.
Jetzt feiern wir in diesem Gottesdienst Eure Konfirmation. Das ist heute ja nicht mehr der große Einschnitt im Leben eines jungen Menschen, der er vor Jahrzehnten noch war. Damals war für viele junge Menschen mit der Konfirmation die Schulzeit zu Ende und es begann das Berufsleben; Konfirmation war Übergang ins Erwachsenenleben. Seit es das 9. und 10. Schuljahr gibt, ist das ganz anders.
Trotzdem ändert sich mit dem 14. Lebensjahr, dass die meisten von Euch jetzt erreicht haben, einiges. Mehr und mehr müsst Ihr Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Mit 14 seid Ihr religionsmündig, dürft jetzt selbst entscheiden zu welcher Kirche oder Religionsgemeinschaft Ihr gehören wollt; Ihr könnt Paten bei einer Kindertaufe werden und dürft bei der nächsten Kirchenvorstandswahl wählen; Ihr seid beschränkt strafmündig, werdet also selbst zur Rechenschaft gezogen, wenn Ihr was anstellt. Viele von Euch machen nach der Konfirmation einen Tanzkurs und manche, die in ein, zwei Jahren die Schule verlassen, überlegen jetzt ernsthaft, welchen Berufsweg sie einschlagen wollen.
Vielleicht habt Ihr auch schon mit Euren Eltern darüber verhandelt, welche neuen Freiheiten Euch nach der Konfirmation zustehen: jetzt darf ich statt bis 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr wegbleiben oder wie immer diese Regelungen aussehen. Hört ruhig noch ein bisschen auf Eure Eltern und versucht nicht mit dem Kopf durch die Wand zu gehen.
Einer meiner Söhne erklärt mir immer wieder, er sei 18 und ich hätte ihm nichts mehr zu sagen. Ich antworte dann, Du bist 18, aber nicht immer vernünftig. Ich weiß aber, auch wir Erwachsenen handeln nicht immer vernünftig.
Wichtig im Leben ist, Entscheidungen mit Überlegung und Weitsicht zu treffen. Sich nicht treiben zu lassen von unklaren Wünschen oder Erwartungen anderer, sondern zu fragen, wozu und warum tue ich etwas und ist es auch gut? Ob etwas gut ist, zeigt sich aber nicht nur daran, dass es mir gut tut, sondern auch daran, was es mit meinen Mitmenschen macht. Und schließlich: Treffe ich meine Entscheidung aus dem Glauben an Gott? Aus dem Vertrauen, das ich durch Jesus Christus zu Gott habe? Bringt Eure Entscheidungen im Gebet vor Jesus und bitte ihn um seine Führung. Ich erinnere an das Bibelwort, dass ich zu Beginn der Predigt genannt habe:
Gott selbst hat euch dazu berufen, für immer mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, verbunden zu sein, und er ist treu: Er steht zu seinem Wort.
Wer mit Jesus Christus verbunden ist, ist es doch nicht nur für den Sonntag, sondern gerade für den Alltag. Für all das, was ihn beschäftigt, freut, sorgt, ängstigt. Gott hat uns Menschen nicht uns selbst überlassen und sich aufs Altenteil zurückgezogen, sondern er ruft uns dazu, dass wir mit Jesus verbunden sind. Und unser Leben aus dieser Verbindung gestalten.
Vor einiger Zeit bekam ich ein Blatt in die Hand mit der Überschrift "Was Sterbende am meisten bereuen". Die Sterbebegleiterin Bronnie Ware hat aufgeschrieben, über was sich Sterbende in den letzten Wochen ihres Lebens besonders grämten. Es sind vor allem fünf Themen, die immer wieder vorkommen:
1. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben."
2. "Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet."
3. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken."
4. "Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten."
5. "Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein."
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde,
Menschen kurz vor dem Ende ihres Lebens haben hier Lebensziele im Rückblick auf ein mehr oder weniger erfolgreiches und schönes Leben formuliert. Sie bereuen, sie sind traurig darüber, dass sie diese Ziele nicht erreicht haben. Sie sagen: mein Leben war nicht wirklich rund, mein Leben schließt im Defizit. Ich habe mich damals falsch entschieden.
Man kann manches aus dieser Selbstkritik am eigenen Lebensweg lernen, auch wenn man die besondere Situation bedenken muss, in der sie  formuliert wurde. Ich will einmal versuchen, diese fünf Punkte darauf abzuklopfen, welchen Rat sie für Eure, für unsere Lebensentscheidungen geben.
Mut das eigene Leben zu leben, kann man jedem Menschen nur wünschen; es ist ein Schritt der Ehrlichkeit vor sich selbst und den Mitmenschen. Bedenken muss ich aber, dass ich mein Leben im Miteinander mit anderen lebe und dass ich es vor Gott leben darf. Das eigene Leben leben geht nicht ohne Kompromisse. Trotzdem muss jeder seinen Weg gehen. Bist Du Christ, dann habe den Mut als Christ zu leben. Sei liebevoll zu Deinen Mitmenschen, gerade auch zu denen, die Deinen Weg kritisch sehen. Aber gehe keine faulen Kompromisse ein. Manches Christsein kommt nie zur Entfaltung oder stirbt an den faulen Kompromissen.
Übrigens, das fällt mir auf: Gott kommt in den fünf Reuegedanken, die Bronnie Ware formuliert hat, überhaupt nicht vor; da fehlt etwas Entscheidendes.
Nicht so viel arbeiten, sondern sich den Menschen zuwenden, die man liebt und mit denen man lebt, das ist wirklich wichtig. Die Verfasserin stellt fest, dass zu viel arbeiten vor allem ein Problem der Männer ist; "fast alle haben zu viel gearbeitet und zu wenig gelebt..." Sich beweisen durch Arbeit, scheint ein Thema von Männern zu sein. Auf dem Sterbebett relativieren sich Anerkennung, Karriere und Geld dann doch stark. Und der Mangel an Beziehung, auch an Beziehung zu Gott, zeigt sich als große Not. Allen, die werktags wie sonntags nur Arbeit kennen, oder auch jede freie Minute einer Freizeitbeschäftigung widmen, sei gesagt: Gott hat Dir die Lebenszeit gegeben, damit Du ihn suchst und aus der Verbindung zu Jesus Christus lebst. Vertue diese Chance nicht, auf dem Sterbebett kann es zu spät sein. Ohne den Frieden von Gott ist Dein Leben arm!
Mut haben, die eigenen Gefühle auszudrücken; wer seine Gefühle zeigt, wird erkennbar und natürlich auch angreifbar. Aber nur wer Gefühle zeigt, kann auch wirklich geliebt werden. Wer Gefühle zeigt, lebt nicht in einem unehrlichen, faulen Frieden, sondern bietet die Möglichkeit zu echter Nähe - oder auch Distanz.
Auch zum Glauben, zum Christsein, gehören Gefühle von Nähe und Distanz. Wenn Gottes heiliger Geist uns berührt, ist dies oft verbunden mit der Erfahrung von Wärme, Trost, unfassbarer Nähe Gottes. So wie es in Klagelieder 3 beschrieben wird:
"Als ich zu dir schrie, bist du gekommen und hast zu mir gesagt: 'Hab keine Angst'!" (V. 57)
Auch die Erfahrung von Distanz gehört zum Glauben; das Gott mich nicht zu hören scheint, ja gegen mich steht. Manchmal wird dann sichtbar, dass ich meine Wege gottlos gewählt habe. Die Erfahrung der Distanz treibt jeden Christen, Gott neu zu suchen.
Den Kontakt zu Freunden aufrechterhalten, das kostet Zeit, zahlt sich aber auch aus. Freunde vermitteln das Gefühl beheimatet zu sein, etwas, was wir brauchen. Die Freundschaft mit Gott im Glauben an Jesus macht gewiss, dass meine Heimat bei Gott ist. Wie sehr brauche ich das, wenn ich wahrnehme, dass ich im irdischen Leben keine Bleibe auf Dauer habe. Den Kontakt mit Gott halten kostet Zeit; es kostet noch mehr, es kostet mich den Hochmut des guten Menschen, der Gott nicht braucht.
Sich erlauben, glücklicher zu sein, das ist einen schwierige Formulierung. Meinen wir nicht oft, gerade der gewählte Weg führe zum Glück? Träume nicht dein Leben, sondern lebe deine Träume, sagt man. Dann wirst du glücklich. Stimmt das? Da macht jemand Karriere, aber verliert seine Liebe; der Traum ist verwirklicht, aber ist er, ist sie nun glücklicher? Sich erlauben, glücklicher zu sein, stellt die Frage: Wo sind in deinem Leben die Bremsen angezogen, die deine Entfaltung hindern. Kannst du sie lösen? Aber auch die Frage: Ist es vielleicht gut, dass da Bremsen angezogen sind? Würdest du in dein Unglück rennen, wenn diese Bremsen nicht angezogen wären? Auf welchem Weg will dich Gott mehr segnen?
Sich erlauben, glücklicher zu sein, heißt für mich auch: Erlaube dir, kleiner Brötchen zu backen, erlaube dir, zufrieden zu sein mit deiner Mittelmäßigkeit. Die meisten Menschen sind mittelmäßig; wenn du zuverlässig das Deine tust, berechenbar für deine Mitmenschen, dann erlaube dir glücklich und zufrieden zu sein. Gott erwartet von uns meistens nicht die großen Taten, sondern dass wir treu sind im Alltäglichen.
Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde,
es ist gut, sich Gedanken über das Leben zu machen und Entscheidungen nicht nur aus dem Bauch heraus zu treffen. Es ist gut, durch Jesus mit Gott verbunden zu sein und nach der Weisung zu fragen, die uns sein Wort gibt. Ich erinnere noch einmal an das Wort aus 1. Korinther 1, 9:
Gott selbst hat euch dazu berufen, für immer mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn, verbunden zu sein, und er ist treu: Er steht zu seinem Wort.
Diese Verbindung mit Jesus Christus bekräftigen wir in der Konfirmation. Wir fragen Euch Konfirmanden in der Konfirmationsfrage danach, und wir segnen Euch ein als Bestätigung und Ermutigung. Es ist Gottes Wille, dass Ihr in der Verbindung mit Jesus Christus lebt; wie sonst auch wolltet Ihr Christen sein? Ihr wärt ja eine Mogelpackung, wenn Ihr Euch Christen nennt ohne Verbindung zu Jesus Christus. Gott ruft Euch zu dieser Verbindung mit Jesus Christus und er erhält Euch darin, denn Gott ist treu. Wenn Ihr es ehrlich meint mit Gott, dann werdet Ihr fest bleiben und keinen Mangel an Glaube, Hoffnung und Liebe haben. Wenn Ihr Gott in Jesus Christus sucht, dann wird er sich von Euch finden lassen. Bleibt auf der Spur von Jesus. Amen.