Reich bei Gott - Predigt zum 2.Korintherbrief 9,6-15 von Michael Greßler
9,6-15

Reich bei Gott - Predigt zum 2.Korintherbrief 9,6-15 von Michael Greßler

Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.
Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk; wie geschrieben steht: »Er hat ausgestreut und den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.«
Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit. So werdet ihr reich sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt, die durch uns wirkt Danksagung an Gott.
Denn der Dienst dieser Sammlung hilft nicht allein dem Mangel der Heiligen ab, sondern wirkt auch überschwänglich darin, dass viele Gott danken. Denn für diesen treuen Dienst preisen sie Gott über eurem Gehorsam im Bekenntnis zum Evangelium Christi und über der Einfalt eurer Gemeinschaft mit ihnen und allen. Und in ihrem Gebet für euch sehnen sie sich nach euch wegen der überschwänglichen Gnade Gottes bei euch. Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe! (2.Kor 9,6-15)

I. Die heutige Kollekte
Eben feiern sie Gottesdienst in Korinth.
Einer liest gerade den neuesten Brief von Paulus vor.
Jetzt ist er bei Kapitel neun.

»Denn der Dienst dieser Sammlung hilft nicht allein dem Mangel der Heiligen in Jerusalem ab, sondern wirkt auch überschwänglich darin, dass viele Gott danken.«

Paulus will Geld.
Er will, dass die Korinther eine Kollekte sammeln. Geld für die Gemeinde in Jerusalem. Unterstützung für die armen Christen dort. Und ein Zeichen der Verbundenheit.
Die Korinther fassen in ihre Geldbeutel. Da fühlen sie die blanken Denare und die anderen Münzen. Gold und Silber. Es fühlt sich glatt an. Aber auch warm.
Hart. Aber auch sicher.
Sie haben es sich verdient. Die einen in der Gerberwerkstatt. Andere als Schiffsreeder. Manche als Tagelöhner. Oder in zwielichtigen Hafenkneipen. Die Münzen fühlen sich gut an.

Ich kenne das noch ganz genau, als ich klein war. Da gab es ja diese Zwanzig-Pfennig-Stücke. Die einzigen Messingmünzen in der DDR. Ab und zu schenkte mein Vater mir eines. Ein »Goldstück«. Was war ich stolz! Ich habe in die Hosentasche gefasst. Und glücklich ließ ich die Münze durch die Finger gleiten.

So greifen die Korinther in ihre Taschen. Und fühlen mehr als Metall.

»Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles …«
Und beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf.

Aber Paulus schreibt: Teilt!
»Denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.« (2.Kor 9,7b)

Die Hand greift in den Geldbeutel.
Und dann nehmen sie etwas heraus.
Für ihre Verhältnisse schon viel.
Sie haben das schon gemerkt. Aber arm geworden sind sie davon nicht. Und auch nicht verhungert.
Sie haben geteilt, so, dass man es spürt.
Und das Teilen sie verändert.

»Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk.« (2.Kor 9,8)


II. Teilen macht Spaß?
„Teilen macht Spaß.“ So heißt ein Kinderlied von »Circus Lila«. Und das stimmt. Teilen macht Spaß.Und es verändert dich.
Das würde auch Paulus sofort unterschreiben. Aber er meint es noch etwas anders.
Teilt, liebe Korinther. Aber nicht nur, weil Teilen Spaß macht.
Teilt, weil Jesus das will.

»Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit.« (2.Kor 9,10)


III. Wird es reichen?
Ein Sämann geht übers Land. So wie früher. Ganz früher. Wie man es von alten, romantischen Bildern kennt.
Heute säen wir mit riesigen Drillmaschinen. Computergesteuert und satellitenunterstützt. Da sitzt jedes Korn für den perfekten Ertrag.

Früher mussten sie ins Korn greifen. Tief in den Beutel. Wie die Korinther in den Geldbeutel.
Das Korn fühlt sich warm an. Glatt und glänzend.
Kostbar. Und auch sicher.
Hineingreifen. Nehmen. Und ausstreuen.
Wird es reichen?

Ein dummer Sämann geht durchs Land. Er macht die Hand nicht voll. Immer nur ein paar Körner. Es könnte ja nicht reichen. So streut er kärglich aus. Am Ende hat er sogar noch etwas übrig.
Aber auf seinem Feld wächst nur die Hälfte. Voll Sorge hat er gespart und geknausert. Und sparsam war der Ertrag. Bald war er pleite.

»Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten.« (2.Kor 9,6)


IV. Wer da sät im Segen
Nun hatten wir allerlei Wahlen in diesem Jahr, ein Brexit-Referendum, eine geschlossene Balkanroute und viele, viele Ertrunkene im Mittelmeer.
Wir hören politische Analysen, kluge und polemische.Wir hören Beschimpfungen und Positionen.

Eine Behauptung geht gerade durchs Land: Geflüchtete würden mehr bekommen als Deutsche.
Das ist schon mal eine Lüge. Die kann man mit Fakten widerlegen. Und ich bin unserem Finanzminister herzlich dankbar, dass er öffentlich erklärt: »Es gibt bisher keinen Menschen in Deutschland, der einen Euro weniger bekommt, weil Flüchtlinge zu uns gekommen sind.«

Und trotzdem behaupten das manche.
Dahinter lauert der giftige, böse Geist von Neid und Habgier und am Ende Hass: Wird es reichen?
Behalten wir mal lieber, was wir haben, für uns.
Abgesehen davon: Deutschland ist das reichste Land der Welt. Wir haben den größten Wohlstand auf Erden.

Klar können wir es machen wie die Politiker in Ungarn und Tschechien, Polen und der Slowakei, und mit niemandem teilen.
Heute lässt die Regierung in Ungarn über die Flüchtlingspolitik der EU abstimmen. Monatelang haben sie ihr Volk zu Hass aufgehetzt. Und an der ungarischen Grenze hetzen sie Hunde auf Männer, Frauen und Kinder.

»Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten.« (2.Kor 9,6)

Das wird eine Zeit lang alles beim alten lassen. Und dann wird das Land verdorren. Und vorher schon unsere Seele. Weil Geiz und Neid die Seele auffressen.
Und am Ende bleibt ein ausgedorrtes Land und ein zerstörtes Europa und ein verdorrtes Leben.

»Du Narr, heute Nacht wird man deine Seele von dir fordern, und wes wird’s sein, das du bereitet hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.« (Lk 12,20)
 

V. Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt
»Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.« (2.Kor 9,6)

Die Korinther fassen in ihre Geldbeutel und fühlen die blanken Münzen. Sie fassen sie an. Wie viele werden sie greifen? Eine kleine? Eine große? Zwei? Drei? Eine Handvoll?

Der Sämann streut aus.
Was wird er auf die fruchtbare Erde werfen. Ein paar Körner? Oder reiche Saat?

Und wie geben wir?

»Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit.« (2.Kor 9,10)

Gott hat es ja selbst gemacht. Er hat seine Hand nicht zugemacht. Er hat reichlich ausgestreut in die Welt.
Brot und Wein und Baum und Blume. Tier und Mensch.
Und zuletzt sich selbst. Hat sich selbst gesät in die Erde. Ist am Kreuz gestorben. Und hat den Samen der Liebe ausgestreut über alle Welt:

»Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein, wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.« (Joh 12,24)
 

VI. Wird es reichen?

Ob das reicht? Ja. Das reicht für alle.
Es reicht zum Leben.
Es reicht zum Teilen.
Es reicht zum Auferstehen.

Wir brauchen nur ernten. Und weitergeben. Tief hinein greifen in unser Leben. Zugreifen. Liebe nehmen. Geben. Und aussäen.

»Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!« (2.Kor 9,15)
Amen.