Es ist ein verrücktes Bild: Ein Haus, das von einem Auto quer durch die Wüste gezogen wird. Da fährt es auf einer breiten Straße vorbei an anderen Häusern und Bäumen. Ein Mann erzählt mir in die Kamera: Wir leben in einem Tornadogebiet. Und wenn ein schlimmer Tornado angekündigt ist, dann hängen wir das Haus an unser Auto und ziehen einfach weiter. – Warum nicht einfach direkt an einem sicheren Ort bauen? – Na, weil es doch hier so schön ist.
Ich musste lachen, als ich das damals im Fernsehen gesehen hab. Die verrückten Menschen. Warum nicht direkt an einem sicheren Ort bauen? Warum haben sie nicht auf Fels gebaut?
Wer diese Worte von mir hört und sie befolgt,
ist wie ein kluger Mann:
Er baute sein Haus auf felsigem Boden.
Dann kam ein Wolkenbruch.
Die Flüsse traten über die Ufer,
die Stürme tobten und rüttelten an dem Haus.
Doch es stürzte nicht ein,
denn es war auf felsigem Untergrund gebaut.
Warum nicht direkt an einem sicheren Ort bauen?
Gerade ist mir nicht nach Lachen. Wenn ich die Bilder sehe; Geschichten höre von geretteten Fotoalben: Lebensgeschichten in Bildern – überzogen von Schlamm.
Diese Menschen haben an sicheren Orten gebaut. Und die Häuser haben Jahrzehnte, Jahrhunderte gehalten. All die Jahre lang schien es, als hätten sie auf Fels gebaut. Bis zu diesem einen Tag. Und den Menschen der Boden unter den Füßen wegbrach. Im übertragenen Sinne und im echten Leben.
Ein Haus auf einem Fels, das ist ein so schönes Bild. Stolz steht es da. Die Tür offen – und egal, was am Tag war: Ob ich mich in ein Wellenabenteuer gewagt habe, ob der Regen mich bis auf die Haut nass gemacht hat… Ich gehe abends zurück in dieses Haus. Bin sicher und bin warm.
Ich glaub, anders geht es ja gar nicht im Leben. Ich muss doch auf etwas bauen können.
Ich muss mir sicher sein, dass etwas hält. Und nicht gleich wegbricht.
Mein Leben besteht aus diesem Urvertrauen.
Dass das Haus hält, in dem mein Bett steht.
Dass die Menschen, die ich lieb hab, auch morgen noch da sind.
Dass die Demokratie dieses Land trägt.
Felsen, auf die ich mein Lebenshaus baue.
Und ich merke: alles das ist doch unsicher.
Und so gerne würd ich es machen wie diese witzigen Menschen mit ihren Häusern: Mein Lebenshaus nehmen, ein Auto dranpacken und es einfach woanders hinziehen.
Da, wo es sicher ist.
Aber ich lerne immer mehr im Leben, dass ich einen solchen Felsen, einen solchen Ort im Grunde nicht finde. Nicht auf dieser Welt, nicht in diesem Leben.
Und ich kämpfe mit diesem Haus, mit dem Felsen. Denn das Bild will nicht passen. Nicht zu dem, wie ich das Leben erlebe. Und erst recht nicht zu den Bildern, die ich gerade sehe. Und genau genommen auch nicht zu dem, was ich sonst von Gott, von Jesus lese. Denn er hat ja auch nur ein Zelt in der Welt aufgeschlagen. Er stammt von Vorfahren, die ebenfalls in Zelten lebten. Wir Menschen leben in dieser Welt auf sandigem Boden. Da geht nur zelten.
Zelte, die sind ja auch fast wie diese Häuser auf Rädern. Sie bieten einen gewissen Schutz. Vor allem, wenn man in der Gruppe zeltet. Heringe, wie ein Ankerpunkt, die mein schützendes Dach in der Welt festhalten.
Ich höre Berichte von Menschen, die überwältigt sind von so viel Hilfe und Liebe. Fremde Menschen kommen quer durch Deutschland gefahren, weil sie sich berühren lassen von dem Leid anderer. Bauen ihre Zelte auf unter denen, die Hilfe brauchen. Arme breiten sich aus, wo anderen die Kraft zum Stehen fehlt.
Heringe, die das schützende Dach in der Welt festhalten. Andere Zelte, die unser einzelnes fragiles Zelt schützen.
Und vielleicht, vielleicht ist da doch mehr als sandiger Boden: Die Liebe, die da ist. Trotz allem. Die Liebe, die den Kaffee kocht. Die Liebe, die den ganzen Lebensschutt wegkehrt. Zur Not auch fremden. Das ist kein großer sicherer Fels. Aber es sind viele kleine Heringe, die das Dach festhalten, wenn der große Sturm kommt.
Die Liebe, die Gott unter uns Menschen verteilt.
Mit ihr kochen wir den Kaffee,
Mit ihr halten wir Tränen aus,
Mit ihr schleppen wir den Schutt.
Es ist die Hoffnung, dass da immer jemand ist, der da ist. Der sich berühren lässt.
Von der Liebe. Von Gott – für andere.
Das könnte er dann doch sein. Der Fels.
Und der steht zwar in einer anderen Welt. Aber er ragt in meine Welt hinein. Und auf den will ich bauen. Für mich. Und für die anderen.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Während ich diese Predigt schreibe, stehen mir noch ganz aktuell die Bilder der Flutkatastrophe vor Augen. Menschen, die durch Schlamm waten, übereinanderstehende Autos, vollgelaufene Keller. Geflutete Heimat.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Mich hat die Antwort auf die Frage beflügelt, was denn eigentlich trägt in diesem Leben. Was kann ich Menschen mitgeben, die ihre Existenzgrundlage verloren haben? Was den Menschen, die andere verloren haben, die sie lieben.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Mir scheint, die oberflächlich einfachen Texte sind die, die die größte Herausforderung bergen. Dieser Text ist in erster Linie eine Aussage. Er trägt aber für mich die drängende und existentielle Frage mit sich, was es ganz konkret heißt, auf Gottes Wort zu bauen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Den Mut, mich dem Text entgegen zu stellen.