Weihnachten ist großartig - Predigt zu Jesaja,9,1 von Peter Michael Schmudde
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Weihnachten ist großartig - Predigt zu Jesaja,9,1 von Peter Michael Schmudde

Ich habe keine Lust, Euch den Abend dunkel zu machen. Ich will nicht heute auch noch Euer allezeit sowieso schon waches Gewissen belasten. Ich habe keine Lust auf diese Einredereien. Mir ist völlig klar, dass Weihnachten in diesem Jahr so ganz anders ist als sonst immer. Aber ich sehe es nicht ein, dass für Euch, besonders auch für Euch viele Kinder, Weihnachten etwas Komisches wird.
Weihnachten ist – und da lasst Euch nichts anderes sagen – Weihnachten ist etwas Großartiges! Denn da kommt Gott zur Welt! Und Lichterbäume sehen toll aus. Und es gibt Geschenke. Und wir haben uns mit Euch ganz lange auf diesen Abend gefreut.
Das klingt irre. Ist es auch. Aber er kommt. Und das ist sicher. Er kommt nicht als der große starke Superheld. Er kommt anders.
Viermal hab ich das erlebt, wie es ist, wenn Gott kommt. Also, ganz wirklich: Ich hab erlebt, wie er damals zur Welt gekommen ist. Das war völlig verrückt. Damals. Und auch da, wo ich es erlebt habe.
Denn Gott ist als kleines Kind geboren. Und er hatte es nicht so gut wie die Vier, denen ich ein bisschen mit auf die Welt helfen konnte. Da war kein sauberes Krankenhaus oder irgendwelche Ärzte, die ganz genau wissen, was man wann wie tun muss. Sondern damals war da nur ein dreckiger Stall und eine angesabberte Krippe. Es war kalt, es war dunkel. Und Mutter und Vater hatten eine unruhige Nacht. (Hatten wir auch.)
Wir Großen und Ihr Kleinen gucken uns diese Geschichte immer wieder an. Alle Jahre wieder. Denn jeder von uns – und da ist es egal, wie alt wir werden – jeder von uns braucht ein Stückchen heile Welt. Und wir brauchen das besonders, wenn die Welt, die nicht Weihnachten ist, so hässlich aussieht, wie in diesem Jahr.
Die Welt war nicht schön damals. Und heute ist sie es trotz all der wunderschönen Bilder, Lichter und Gesänge auch nicht. Es war kalt, es ist dunkel und manche haben nicht mal eine angesabberte Krippe in einem stinkenden Stall.
Und da kommt Gott. Und er lässt sich überrollen von all dem Wahnsinn dieser Welt. Als kleines Kind.
Als meine Kinder auf die Welt gekommen sind, da war es warm und schön. Und trotzdem haben sie geschrien. Kleine Kinder machen das. Große manchmal auch, aber das ist ein anderes Thema.
Ihr lieben Großen: Wenn Ihr an Weihnachten denkt – was fällt Euch da ein? Mit ein paar von Euch habe ich mich darüber schon unterhalten können. Und alle haben gesagt: Weihnachten war es immer großartig! Und die meisten haben gesagt: Weihnachten war schön – solange wir Kinder waren und Kinder hatten. Später wurde es manchmal ein bisschen schwieriger. Plötzlich gab es keinen Schnee. In den Kriegstagen haben wir uns vor den Christbäumen gefürchtet, denn die fielen plötzlich aus Flugzeugen und hinterher hat es gekracht, weil dann die Bomben kamen. Das haben damals Eure Großen gewusst und gesagt. Und für Euch Kinder war es das größte Abenteuer. Heute wisst Ihr, was da war. Und trotzdem schmeckt Weihnachten nach Pfefferkuchen und nach heiler Welt. Und immer liegt Schnee. Jedenfalls in den Erinnerungen.
Ich weiß, dass heute ein paar da sind, die in diesem Jahr Weihnachten ganz anders erleben. Es gibt diese heile Welt für Euch nur in den Erinnerungen, die ein paar Knackse bekommen hat. So, wie die alten Schallplatten, die ich von meinen Eltern bekommen habe, und auf denen die Thomaner-Schüler aus den sechziger Jahren singen. Wenn ich die auflege, bin ich sofort wieder in dem schönen Weihnachtszimmer mit der Ofenbank am Kachelofen. Es strahlt der Weihnachtsbaum. Und alles ist gut. Obwohl ich weiß: Da fehlen ein paar so wichtige Menschen, die immer da gesessen haben und die zu Weihnachten gehörten, wie die Krippenfiguren. So ist es auch mit ein paar von Euch heute abend: Da fehlt etwas, was immer da war. Da sind Menschen und Dinge gegangen, die so wichtig waren. Und wir brauchen doch so viel.
Ich stelle mir die Welt dunkel vor, in der zwei arme, bedrängte Leute von Haus zu Haus gehen und nichts finden, wo sie bleiben können. Und ich denke an die Welt damals, die von Kräften und Mächten gedreht wurde, von denen jeder sagte: Ich kann sowieso nichts tun.
Manchmal denke ich: Ja, es ist ja alles immer noch so, obwohl ich immer dachte, es geht hier anders zu. Wir haben uns kaum geändert: Immer noch sind wir Menschen. Und immer noch fallen in die Nächte der gerade Geborenen Dinge und Bomben, die kaum Hoffnung lassen.
Und ich wünsche mir so, dass Gott wieder seinen Sohn schickt, dass er selbst kommt und alles in sein Licht taucht, was vorher stockdunkel war. Denn stockdunkel kommt mir manchmal das Leben vor, in dem wir jeden Tag nach Licht tasten. Das Volk, das im Finstern geht, sieht ein großes Licht!
Ich wünsche mir, dass es aufgeht. So, wie es über Bethlehem aufgeht und über dem Ohmfeld. Damit unsere Kinder zauberhafte Bilder im Kopf haben, wenn sie das Wort Weihnachten hören. Und, dass keinem von uns mehr das Paradies verloren geht. Zu Weihnachten wünsche ich mir das, weil ich ein Kind war, das zu Weihnachten in die kalten Kirchenhände gehaucht hat. Und dann war alles voll Licht, und ich habe es gesehen! Und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen! Amen.