Wunder geschehn - Predigt zu Apostelgeschichte 2,1-18 von Frank Fuchs
2,1-18

Wunder geschehn - Predigt zu Apostelgeschichte 2,1-18 von Frank Fuchs

Wunder geschehn

1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen; 4 und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

   5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter, und die wir wohnen in Mesopotamien und in Judäa und Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von  Kyrene in Lybien und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unseren Sprachen von den großen Taten Gottes reden.

   12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein. 14 Da trat Petrus auf mit den Elfen, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr zu Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen. 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel zuvor gesagt ist: 17 "Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.

Liebe Gemeinde,

der Pfingstsonntag ist für mich ein besonderer Tag im Leben. Denn vor drei Jahren kam am Abend dieses Tages unser jüngstes Kind zur Welt. Das wäre jetzt noch nichts Besonderes. Unser 4. Kind wurde aber ausgerechnet genau an dem Datum geboren, an dem auch das 4. Kind meiner Großmutter das Licht der Welt erblickt hatte. Die Familie war jetzt wie die Familie meiner Großmutter komplett. Tragischerweise starb das jüngste Kind meiner Großmutter, also mein Onkel, bei einem Verkehrsunfall, als er ein junger Mann war. Dadurch mischt sich in die Freude an diesem Tag auch Trauer. Vielleicht fällt gerade deshalb das Zusammenfallen beider Geburtstage umso mehr auf. Jedenfalls ist dieser Zusammenhang so etwas wie ein Pfingstwunder für mich. Manchmal passieren Dinge, die wir uns kaum erklären können. Ist es reiner Zufall? Oder ist es Fügung und hat etwas von einem Wunder?

Mit Trauer und Freude hat auch Pfingsten zu tun. Denn an Himmelfahrt hatte Jesus endgültig die Jünger verlassen. Was sollte nun aus ihnen werden ohne ihren Herrn und Meister? War die Geschichte des Christentums zum Ende gekommen? Immerhin war es nach Hinrichtung und Tod Jesu nun ein gutes Ende. Aber dass Jesus nun die Jünger für immer verlassen hatte, hat sie das ganz sicher verunsichert. Sie trauerten der gemeinsamen Zeit mit Jesus nach. Sie fragten sich, was jetzt kommt, wenn es denn überhaupt noch weitergeht. Eine Möglichkeit schien für sie zu sein, dass die Zeit nun erfüllt ist und das von Jesus angekündigte Reich Gottes auf Erden verwirklicht wird. Das war auch die letzte Frage der Jünger an Jesus, bevor er sie verlassen hat. Soll das Reich Gottes nun kommen? (Vgl. Apg 1,6) Jesus antwortete darauf, dass niemand den Zeitpunkt des Kommens des Reiches Gottes wissen könne. Er verheißt ihnen aber: Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein. Apg 1,8 An seine Stelle tritt der Heilige Geist. Die Geschichte geht als weiter. In ihre Trauer kann sich Freude mischen. Der Auferstandene teilt den Jüngern mit, dass sie Jerusalem nicht verlassen sollen. Er sagt ihnen wie folgt Pfingsten voraus: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen. Apg 1,5 Dies zeigt, dass die Taufe im Christentum mit dem Geschehen an Pfingsten fest verbunden ist. Vorher gab es nur die Taufe mit Wasser. Jetzt aber gibt es die Taufe mit dem Heiligen Geist.

Wenn wir heute im Gottesdienst die Taufe eines Kindes erleben, dann vertrauen wir in der Nachfolge von Pfingsten darauf, dass der Heilige Geist in der Taufe wirkt. Pfingsten schärft unseren Blick dafür, dass Wunder gar nicht so weit weg von uns sind. Die Geburt eines Kindes wie die von Jonathan am 4. März ist schon wie ein Wunder. Vorher war das Kind vor allem durch das Strampeln oder auch durch den Schluckauf im Bauch zu spüren. Wie groß ist die Freude, wenn man es in den Händen hält. Die Dankbarkeit für dieses Glück ist wohl mit ein Grund dafür, dass Sie, liebe Eltern, Ihr Kind zur Taufe bringen. Für sein Leben erbitten wir Gottes Segen.

Wir sagen dann, dass etwas wie ein Wunder war. Dass es ein Wunder war, getrauen wir uns kaum zu sagen. Das hat natürlich auch mit unserem modernen Weltbild zu tun, nach dem alles wissenschaftlich erklärbar ist. Das Wunder an Pfingsten besteht darin, dass Menschen in fremden Sprachen sprechen und doch verstanden werden. Die Fremden, die nach Jerusalem zum Fest gepilgert sind, hören die Jünger in ihren eigenen Sprachen reden. So hören sie vertraute Worte und sind einander nicht mehr fremd. Damit war für sie in der Fremde überhaupt nicht zu rechnen. Entsprechend sind sie erstaunt und entsetzt, was da geschehen ist. Es ist nicht zu erklären, was da passiert. Deshalb meinen nun einige, dass sie zu sehr dem Alkohol zugeneigt waren und sich mit Wein verköstigt haben. Das ist eine naheliegende Erklärung für das Stimmengewirr, das zu hören ist. Erst Petrus kann ihnen die verwirrende Situation deuten, indem er erklärt, dass es ja erst 9 Uhr morgens nach unserer Zeit ist. Das ist wirklich zu früh für einen Umtrunk. Denn so früh morgens war auch am Himmelfahrtstag, der landläufig als Vater- oder Herrentag bezeichnet wird, noch niemand berauscht. Vielmehr verweist Petrus auf den Propheten Joel, der die Ausgießung des Heiligen Geistes vorausgesagt hat. Die Pfingstgeschichte ist die Gegenschichte zu Erzählung vom Turmbau zu Babel. Nachdem Gott die Menschen wegen ihres Hochmuts in viele Sprachen getrennt hat, sind sie nun im Geist Gottes vereint.

In Gottes Geist vereint zu sein, das ist ja der tiefere Sinn von Pfingsten. Es war für mich im letzten Jahr wie ein Wunder, dass wir zum ersten Mal mit den vier christlichen Gemeinden in unserer Stadt am Pfingstmontag nicht nur Gottesdienst gefeiert haben, sondern auch ein gemeinsames Gemeindefest. Mit Begeisterung haben viele mitgewirkt. Bei allen Diensten gab es am Ende mehr Helfer als nötig waren. Wenn sich Christen auch mit unterschiedlichen Bekenntnissen verstehen können, dann ist es, als würden sie in einem Geiste sprechen. Auch wenn freikirchliche, katholische oder evangelische Christinnen und Christen in manchen Standpunkten wie bei der Taufe getrennt sind, kommen sie an diesem Tag vereint zusammen. Morgen soll es wieder so sein.

Bei manchen Ereignissen sagen wir gern: „Das war für mich wie ein Wunder.“ Es bleibt dann der Vorbehalt, dass es eigentlich kein Wunder war. Wir können es auch anders erklären. Es war nur Zufall oder einfach etwas Besonderes. Mehr nicht. Pfingsten lädt uns aber dazu ein, die Wunder Gottes zu sehen. Manchmal ist es mehr als nur Zufall – oder eben etwas ganz Besonderes. Vertrauen wir auf Gottes Geist, dann können wir mit Wundern rechnen – auch heute.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Lied: Jauchz Erd, und Himmel, juble hell, 127,1-2