Z-U-K-U-N-F-T - Predigt zu Matthäus 2, 1-18 von Pfarrer Christoph Maier
Z-U-K-U-N-F-T
Z wie Zeit
U wie Unvorhergesehenes
K wie Kinder
U wie Ungewissheit
N wie Neugierde
F wie Freude
T wie Träume
Was wird die Zukunft bringen? Zwischen den Jahren ist mancher schon dabei Bilanz zu ziehen. In den ruhigen Tagen zwischen den Jahren ist Zeit die guten Vorsätze für das neue Jahr zu bedenken. Was wird die Zukunft bringen? Wie wird das mit der Gesundheit weiter gehen? Was werden die Kinder brauchen? Wo will ich Dinge ändern? Was sollte auf jeden Fall so bleiben, wie es ist? Was werden die politischen Entwicklungen bringen? (In Sachsen werden 2019 Landtagswahlen sein).
Zukunft – sie kommt. Mal freudig erwartet, mal von sorgenvollem Blick begleitet. Manche nehmen die Herausforderung, die Zukunft zu gestalten, gerne an und manche schwelgen lieber in der Vergangenheit, wo alles viel, viel besser war.
„Maria, wach auf! Es geht um unsere Zukunft. Wir müssen weg von hier. Jetzt! Sofort! Unser Baby, unser Kind, unsere Zukunft ist in Gefahr.“
Eine böse Ahnung, ein schlechter Traum, ein Engel Gottes treibt die heilige Familie zur Flucht. Der Evangelist beschreibt den Fluchtgrund so: ... damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Hosea 11,1): „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ Ob diese Story der Glaubwürdigkeitsprüfung deutscher Asylverfahren standhalten würde? Ich wage es zu bezweifeln.
Aber darum geht es nicht. Es geht um Zukunft. Darum überhaupt eine Zukunft zu haben. Kinder sind Zukunft. Sie zu bewahren ein angeborener Reflex der Elternschaft.
Es geht auch um unsere Zukunft. Daran erinnert der Evangelist Matthäus, wenn er die Geburt Jesu mit der Prophetie des ersten Testaments zusammen spricht. Der Evangelist erinnert an die Propheten der Vergangenheit, um zu zeigen, dass auch in Zukunft Vertrauen möglich sein wird; trotz Ungewissheit, trotz schlechter Prognosen, trotz widriger Umstände.
Und noch ein anderer bangt um seine Zukunft. Herodes. Er fühlt sich um seine Zukunft betrogen. Die fremden Gelehrten haben ihn hinters Licht geführt. Herodes begnügt sich nicht damit, darauf zu vertrauen, dass die Zukunft kommt. Er nimmt seine Zukunft lieber selbst in die Hand, denn es soll alles so bleiben, wie es ist. Zumindest für ihn. Und damit alles so bleibt, wie es ist, muss er vielen Anderen die Zukunft nehmen.
Der Kindermord von Bethlehem steht für die geraubte Zukunft. Ein Kind zu töten ist ein ungeheuerliches Verbrechen. Ein Kind steht für das Vertrauen in die Zukunft, die sich erfüllen wird. Wer ein Kind tötet, tötet die Zukunft. Ein Kind ist die Frucht der Liebe. Zwei Menschen haben sich aufeinander eingelassen und sind bereit Ungewissheit und Entbehrung, schlaflose Nächte und andere Sorgen auf sich zu nehmen, um eine gemeinsame Zukunft zu haben. Der Kindermord von Bethlehem soll diese Zukunft ausrotten. Einer allein möchte sich der Zukunft bemächtigen, sie bestimmen und prägen.
Aber so funktioniert die Zukunft nicht. Wer die Zukunft bestimmen möchte, wird sie verlieren. Wer möchte, dass alles so bleibt, wie es ist, wer meint sich vor Veränderungen schützen zu können, begeht ein Verbrechen an der Zukunft.
Die Vorlage für den Kindermord aus Bethlehem findet der Evangelist Matthäus im 2. Buch Mose. Zu viele Ausländer lebten in Ägypten. Das macht Angst, verändert die Zusammensetzung der Bevölkerung, bringt eine fremde Religion ins alte Ägypten. Die gehört da nicht hin. So kann das nicht weitergehen. Also befiehlt der Pharao, alle Neugeborenen der Hebräer umzubringen.
Damit alles so bleibt, wie es ist, muss er vielen Anderen die Zukunft nehmen. Mose entkommt im Weidenkörbchen und wird die Zukunft dieses Volkes und dieser Religion herausführen zu einer Zukunft, die bis zu uns heute reichen wird.
Der Evangelist Matthäus ist ein konservativer Theologe. Er erinnert mit dem Beginn seines Evangeliums an die Vergangenheit. Historisch lässt sich der Kindermord von Bethlehem kaum plausibel machen. Herodes war zwar bekannt dafür nicht zimperlich zu sein, auch vor der Ermordung seiner eigenen Kinder und Thronfolger schreckte er nachweislich nicht zurück, um sich seiner eigenen Zukunft zu bemächtigen. Aber hinter dem Kindermord von Bethlehem steckt eher die theologische Aussageabsicht des Evangelisten, als die historischen Fakten.
Wahr bleibt allerdings: Wer die Zukunft bestimmen möchte, wird sie verlieren. Wer möchte, dass alles so bleibt, wie es ist, wer meint sich vor Veränderungen schützen zu können, begeht ein Verbrechen an der Zukunft.
Konservativ bedeutet bewahren. Wer die Zukunft bewahren möchte, muss bereit sein zur Veränderung. Die Erinnerung an die Vergangenheit, wie Matthäus sie seinem Evangelium aufprägt, führt zum Vertrauen in die Zukunft. Mit der Erinnerung an die Vergangenheit, an Mose und die Geschichte seiner Geburt, gewinnt Matthäus die Verheißung für die Zukunft seiner christlichen Gemeinde. Die Zukunft – sie kommt. Mal freudig erwartet, mal von sorgenvollem Blick begleitet. Wir dürfen die Herausforderung annehmen, die Zukunft zu gestalten. Dabei muss auch der Evangelist eingestehen: Etwas Besseres, oder mehr Sicherheit als die Verheißung hat er nicht zu bieten. Wir sind ohnmächtig beim Heraufführen der Zukunft und können im besten Falle nur vertrauen, dass sie kommt und Gutes bringen wird. Wir begeben uns auf die Flucht ins Ungewisse, auf die Flucht nach vorne. Wir müssen weiter, es hilft ja nichts, sonst ist unsere Zukunft in Gefahr! Mit uns geht die Verheißung.
Die Erinnerung an die Verheißung ist aber nicht zu verwechseln mit dem Festhalten des Bewährten. Das Festhalten an dem, was schon immer so war verspielt die Zukunft. Wer Besitzstand wahren, Herrschaft sichern und Dynastien bewahren will, wie Herodes, verspielt die Zukunft. Diese Spielart konservativ zu sein, führt eben gerade nicht zum Vertrauen, sondern zur Skepsis gegenüber der Zukunft und dem, was sie an Herausforderung bringt. Diese Spielart, konservativ zu sein, hat einen Hang zur Bemächtigung, zum Beherrschen der Zukunft. Hier verwandelt sich die Verheißung in Versuchung. Hier droht die Gefahr, Anderen mit Gewalt die Zukunft zu nehmen, damit alles bleiben kann, wie es ist. Was bleiben will, muss sich ändern, muss aufbrechen, muss die Flucht in die Zukunft antreten.
Was bleiben will, muss sich ändern …
von Inge Müller
Wie das Meer,
das bleibt
in Ebbe und Flut.
Der Baum im Wechsel
der Jahreszeiten.
Die schwingende Brücke.
ein Klang …
Was bleiben will,
muss sich ändern.
Das Leben.
Einatmen und Ausatmen.
Das, woraus ich
Kraft schöpfe.
Meine Wurzeln.
Meine Wege.
Was bleiben will,
muss sich ändern.
Liebe,
die ihre Gezeiten hat
wie das Meer.
Freundschaft.
Glück.
Eine Aufgabe.
ein Erfolg …
Was bleiben will,
muss sich ändern.
Meine Bilder
von der Vergangenheit
von der Zukunft
vom Sinn
von Gott
Meine wichtigsten Bilder.
Ich will, dass sie bleiben
Was bleiben will,
muss sich ändern.