(Der Predigttext wird vorher als Epistel gelesen.)
Da machte sich einer auf den Weg.
Zielsicher.
Selbstsicher.
Mit innerer Landkarte sozusagen.
Unterwegs anhalten und nachfragen, wie es denn weitergeht – nicht nötig. Ihn trieb sein Feuereifer an.
Den Segen der Oberen hatte er.
Er war nicht allein. Rechnete er doch mit reichlicher menschlicher Beute. So viele würde er aufstöbern können. Allein würde er es keinesfalls schaffen, sie mit sich zu nehmen.
Endlich – das Ziel vor seinen Augen.
Eine große Stadt.
Voller Leben.
Mit Schwierigkeiten rechnete er nicht. Im Gegenteil: seine Zuversicht wuchs.
Was sollte ihn noch hindern? Sein Plan würde aufgehen. Sorgen waren unangebracht.
Plötzlich von einem Moment zum anderen war alles anders. Es traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das hatte er sich nicht einmal im Traum vorstellen können.
Erst dachte er, dass da bloß eine Stimme wäre. Sie hörte er ganz deutlich.
Doch da war mehr: Unvorstellbar. Ungeheuerlich.
Er sah eine Gestalt. Er sah den, der tot war. Nicht erst seit gestern. Tot. Ein Irrtum war ausgeschlossen.
Schweiß brach aus allen seinen Poren aus. Was war das? Keine Halluzination. Dazu war er zu deutlich erkennbar. Wenn er die Hand ausstrecken würde, könnte er ihn berühren.
Die Worte, beinahe liebevoll. Ohne Drohung. Eher werbend. Er ließ ihn seinen Weg fortsetzen. Hieß ihn warten. Auf was? Das erfuhr er nicht.
Dann war es vorbei.
Er schwankte.
Rappelte sich mühsam auf.
Fühlte sich hilflos.
Alles verschwamm ihm vor Augen.
Mehr noch. Er konnte wirklich nichts mehr sehen.
Eben noch zielsicher.
Selbstbewusst.
Mit dem Gefühl, alles im Griff zu haben.
Nun auf Hilfe angewiesen.
Im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln tappend.
Die Orientierung verloren.
Welch eine Zumutung!
Drei Tage lang dauerte dieser Zustand.
Drei Tage im Dunkel gelassen. Nicht zu wissen, was kommen würde. Wie es weitergehen könnte.
Hoffnungslos – so fühlte er sich. Alles vorherige war ihm aus den Händen geglitten.
Kaum auszuhalten!
Doch er tat, was ihm gesagt worden war.
In derselben Stadt an anderer Stelle erneut diese Stimme. Sie sprach zu einem anderen.
Einem Ängstlichen.
Zu Recht! Der gehört hatte, dass sein Leben und das der anderen bedroht war.
Er wehrte sich. Wollte nicht.
Welch eine Zumutung!
Doch er ließ sich schicken.
Zu dem, den er nicht kannte. Nur vom Hörensagen.
Nichts Gutes. nur Böses.
Nannte man das Gehorsam? Oder Leichtsinn!
Er wusste nicht, was auf ihn zukam.
Wie der andere reagieren würde.
Er verstand es nicht.
Die Absicht dessen, zu dem er geschickt wurde, zählte nicht. So, als ob es sie nie gegeben hätte.
Wie konnte das angehen?
Er sollte helfen. Heilen.
Er ging einfach.
Ohne Plan.
Gehorchte.
Vertraute.
Tat, wozu er geschickt wurde.
So trafen die beiden Männer zusammen.
Zufällig?
Auserwählt.
Unterschiedliche Erfahrungen. Erwartungen. Einstellungen. Lebenspläne.
Für beide tat sich der Himmel auf.
Das Dunkel verschwand.
Diese Begegnung machte sie zu Geschwistern.
Zusammengebracht von dem, der zu den Toten gegangen war. Von dem, der nach drei Tagen auferstanden war. Der zu ihnen beiden gesprochen hatte.
Sie erkannten einander.
Vom Geist beseelt.
Von Christus berührt.
Die Taufe, der Wunsch dazu zu gehören – logisch. Konsequent.
Keine Fragen mehr. Kein Warten. Keine Zweifel.
Jetzt hatte der eine ganz andere Pläne.
Ein neues Ziel.
Selbstsicher.
Mit Feuereifer würde er es verfolgen. Als einer von denen, die er verfolgen wollte.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Sonntagvormittag: etwa 30 Gottesdienstbesucher:innen, die meisten werden diese Geschichte kennen.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Mich hat bei der Vorbereitung weniger die Bekehrung des Saulus interessiert. Spannender fand ich das Aufeinandertreffen von Paulus und Jesus, Jesus und Hannanias und von Hannanias und Paulus. Dabei stellte sich die Zumutung, die in diesen Begegnungen steckt, als das heraus, was mich angetriggert hat.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Mich beschäftigt, welchen Mut sowohl Paulus als auch Hannanias brauchten, um sich auf die ungewollte neue Situation einzulassen. Aber auch, dass die Begegnung mit Jesus für beide den entscheidenden Impuls brachte.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Mich hat bei der Schlussredaktion die Frage, die mich schon die ganze Zeit umgetrieben hat, beschäftigt, wieviel Erklärung dieser Text braucht. Ob die Predigt so verständlich ist. Die Entscheidung zu dieser kurzen Predigt bleibt bestehen.