„Zum Fressen gern haben“ – Predigt zu Johannes 6,47-51 von Christian Burandt
6,47-51

Liebe Gemeinde,

eine Mutter mit ihrem Baby taucht vor meinem inneren Auge auf. Das Baby hat eine frische Windel bekommen und liegt auf dem Wickeltisch. Eine sehr gute Freundin der Mutter tritt heran. Da sagt die Mutter mit Blick auf ihr kleines Mädchen: „Ich könnte sie fressen vor Liebe!“ –

 

‚Fressen vor Liebe’. Dieser Wortlaut an sich klingt einigermaßen bedrohlich. Aber Menschenfresserei und Kannibalismus sind nicht zu befürchten. Die Mutter will gegenüber der Freundin nur ihre übergroße Liebe und Freude zu ihrem Baby zum Ausdruck bringen. Und wenn die Freundin sagt, dass auch sie ihr Kind zum Fressen gern hat, wäre auch das kein Grund zur Beunruhigung.

 

Liebe greift aus, sie geht ganz offensichtlich aus sich heraus: und das kann dann in drastischen Redewendungen zum Ausdruck kommen, auch in solchen, in denen von Essen und Verzehren die Rede ist. Wenn wir uns das klar machen, bekommen wir vielleicht einen neuen Blick auf das, was Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens.

 

Groß klingen diese Worte und zugleich elementar. Brot ist Grundnahrungsmittel. Ohne Brot können zumindest wir Deutschen uns kein Leben vorstellen. Und mit Brot kennen wir uns aus. Am letzten Wochenende haben die Konfirmandinnen und Konfirmanden auf der Freizeit mit geschlossenen Augen verschiedene Brotsorten getestet. Da gab es keinen einzigen Fehler beim Raten! Brot ist eben keine Nebensache, sondern stellt einen Grundpfeiler unseres Lebens dar, egal ob jung oder alt.

 

Ist Jesus also eine besondere Brotsorte, was im Geschäft unter Superfood laufen würde? Jesus erklärt das selber. Er sagt zu den Frauen und Männern, die ihm zuhören: Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Gott hat damals für das Volk Israel in der Wüste gesorgt. Damals, als das Volk nach dem Auszug aus Ägypten in die Wüste am Sinai kam. Da hat Gott das Manna regnen lassen, damit die Israeliten nicht verhungerten. Für die Israeliten damals war das „Manna“ ein Gottesgeschenk, sozusagen Brot vom Himmel. Es war lebensrettend! Und auch für uns Christen hat diese Geschichte ihre Bedeutung nicht verloren: Sie ist mit der Figur des Mose als Vignette am Fuß unseres einen Abendmahlskelches festgehalten.

 

Aber natürlich: Wie jede Brotsorte, die wir essen, hat auch das Manna nur eine begrenzte Nährkraft. Irgendwann – trotz allen Brotes - ist das menschliche Leben zu Ende und es kommt der Tod. Die Verheißung, die Jesus Christus gibt, geht aber über das irdische Leben hinaus. Von sich sagt er: Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit wer davon isst nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.

 

Die Verheißung von Jesus wird nur verständlich, wenn wir sie von Ostern her verstehen. Jesus von Nazareth ist gestorben am Kreuz. Er hat den Tod geschmeckt. Aber dann hat Gott ihn von den Toten auferweckt. Und darum begegnet in ihm, im vom Tode auferstandenen Christus Leben in Ewigkeit, Leben, dem der Tod nichts mehr anhaben kann. Jesus Christus lebt zur Rechten Gottes für uns, ist aus Liebe für uns in den Tod gegangen. Dies klingt an, wenn Jesus sagt: Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.

 

Der Tod Jesu am Kreuz war ein gefundenes Fressen für alle, die Jesus nicht mochten und für alle Mächte der Dunkelheit von Sünde und Schuld, die uns nach wie vor zusetzen. Aber gefressen wurden am Ende die Mächte der Dunkelheit: Es war ein wunderlich Krieg, da Tod und Leben rungen; das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod verschlungen, heisst es in einem alten Osterlied [EG 101,4].

 

Weil Jesus Christus lebt, versammeln wir uns in seinem Namen und feiern Gottesdienst. Wir lassen uns stärken durch die Verheißung, dass er das Brot des Lebens ist, das vom Himmel kommt; uns zugute. – Diese Verheißung Jesu begegnet nun uns und will Glauben in uns wecken. Jesus hatte gesagt: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben.

 

Damit ist gemeint: Wenn wir uns im Glauben an Jesus Christus halten, dann leben wir wirklich und gehen nicht verloren. Denn Gott hält uns! Wenn wir uns an Jesus Christus halten, dann ist nicht mehr der Tod das Maß aller Dinge für uns sondern das Leben im Reich Gottes! Wenn wir uns an Jesus Christus halten, dann verschlingen uns nicht die Schatten und Fehler unserer Vergangenheit sondern dann leuchtet uns von vorne das Licht des Ewigen Lebens! Das Licht der Verheißung Jesu hilft uns dann, uns hier und heute zurecht zu finden!

 

Um es noch einmal mit anderen Worten zu sagen: „An Jesus Christus glauben ist leben – denn wer Brot isst, lebt. Und wer das Brot des Lebens isst, lebt ewig. Ewig leben heißt nicht, dass das Leben, so wie es angefangen hat, einfach nie mehr aufhört und immer so weitergeht. Ewiges Leben meint, dass das Leben in Gemeinschaft mit Jesus eine ganz andere Intensität bekommt, eine Intensität, die selbst durch den Tod nicht zunichte gemacht wird. Denn der Tod, den wir vor uns haben, ist der gleiche Tod, den Jesus schon hinter sich hat.“1 Und darum hat der Tod seine angebliche Herrschaftsgewalt über uns verloren!

 

Ich bin das Brot des Lebens, verheißt Jesus Christus. Wenn wir das ernst nehmen, dann müsste Hunger nach wahrem Leben sich in uns rühren. Und dann müssten wir Jesus Christus doch wohl auch zum Fressen gern haben. Oder? Dann müssten wir nach ihm Verlangen haben mindestens so ähnlich wie die Konfirmanden am letzten Wochenende nach Brötchen mit Nutella...

 

Brot will verzehrt werden, damit es sättigt, auch das Brot des Lebens. Manchmal ist auch das freilich hartes Brot. Aber nur wer in das Wasser hineinspringt, kann erfahren, dass das Wasser nass ist, und nur wer die Einladung Jesu annimmt, kann erfahren, dass sie trägt, Leben schenkt und Lebensfreude freisetzt bis hin in Gottes ewiges Reich! Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Wohl dem, der auf ihn traut!

AMEN2

 

 

2 I Wichtig für die Vorbereitung: GPM 73/2, S.198-202 (Karl Friedrich Ulrichs).

Perikope
31.03.2019
6,47-51