Beten. Bringt das was? – Predigt zu Kolosser 4,2-6 von Christian Stasch
Liebe Gemeinde,
Ein Text aus den frühen Zeiten des Christentums, ein Ausschnitt aus einem Brief. Vielleicht geht ja vieles von damals einfach nahtlos weiter bis heute. Kolossä damals, Winzlar heute, wie aus einem Guss. „Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung! Betet zugleich auch für uns, auf dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue.“ Seid beharrlich im Gebet – vielleicht sagen Sie: Ja bin ich doch, ich bete regelmäßig, z. B. abends. Sie könnten sagen: Danksagung. Ja, mache ich doch, ich danke für das Grün dieses Frühlings, für meine Familie, für meine Gesundheit. Und Sie könnten sagen: Für andere beten, ja, das mache ich auch. Immer wieder mal. Vielleicht ist das so. Ich behaupte aber dennoch: Insgesamt ist das Beten in die Krise gekommen. Viele Fragezeichen und kritische Anfragen: Beten nützt doch nichts, es bewirkt nichts. Oder: Wenn denn Gott unveränderlich ist, wieso sollte er sich dann durch menschliche Bitten beeinflussen lassen? Oder: Beten macht Menschen passiv. Anstatt sich aktiv für Veränderungen auf Erden einzusetzen, flüchten Sie sich zu ihrem Gott. Und, noch radikaler: Da der Gottesgedanke brüchig geworden ist, ist auch das Beten zurückgegangen und vielen Menschen abhandengekommen.
Beten ist nicht selbstverständlich. Daher möchte ich mit Ihnen zusammen schauen, wer heutzutage wie betet: Menschen im Sport (1), in der Politik (2), in der Kirche (3). Und so mit Ihnen darüber nachdenken, was es mit dem Beten auf sich hat.
1. Sport
Sportler beten. Besonders: Fußballer beten. Sie bekreuzigen sich, sie blicken nach einem Torerfolg mit geöffneten Händen zum Himmel, viele haben religiöse Tattoos auf der Haut. Ich wundere mich darüber. Fast scheint es so, dass in der Gesellschaft über Glaube und Gebet immer weniger gesprochen wird, dafür aber auf den Spielfeldern der Fußballstadien umso mehr. Sollen die Siegchancen erhöht werden durch das Gebet? Dafür beten, dass Hannover 96 in der Bundesliga bleibt? Sieg gegen Hertha? Das wären ja wirklich egoistische Gebete, die auf Sieg beten. Und was soll das bringen? Fans der Gegenseite beten vielleicht auch so, und was dann? Gebet gegen Gebet? Ich halte davon nichts. Viele Fußballer beten aber gar nicht so egoistisch, sondern durchaus mit mehr Weitblick. David Alaba von Bayern München zum Beispiel. Oder auch der mexikanische Stürmer Chicharito, er spielte lange für Leverkusen. Der sagt: „Es tut mir unheimlich gut zu beten, deswegen spreche ich mit Gott, so oft es geht, wie mit einem besten Freund. Zum Beispiel auch kurz vor Anpfiff des Spiels, wenn ich mich hinknie und Gott um Bewahrung bitte für beide Mannschaften, denn Verletzungen sind mit das Schlimmste, was ich in meiner Karriere erlebt habe.“
Und solche Sportlergebete werden nicht nur an den dreieinigen Gott adressiert, sondern auch an Allah, so z.B. von Mesut Özil, dem deutschen Nationalspieler mit türkischen Wurzeln, einem gläubigen Muslim. Er betet sogar direkt während der Nationalhymne. Auf türkisch. Es gibt ihm Kraft und Zuversicht.
Für einen fairen Sport zu beten und dafür, dass es keine Verletzungen gibt, das kann ich gut nachvollziehen. Ich spiele Basketball (unterste Spielklasse) und mache das ähnlich. Ich bitte Gott darum, dass alle gesund bleiben – und spiele dann auch selber nicht so ruppig und gefährde keinen. Da wirkt sich mein Gebet direkt auf mein Verhalten aus. Allerdings bete ich im Stillen. Große fromme Gesten auf dem Spielfeld finde ich deplatziert.
2. Politik
Politik und Religion sollen grundsätzlich getrennt sein. In einem Gottesstaat möchte ich nicht leben, sondern bin dankbar, hier zu leben, in unserem modernen, demokratischen, säkularen Staat, wo die Religion ermöglicht und geschützt wird, aber nicht vorgeschrieben ist. Z.B. ist jede Ministerin oder Minister beim Leisten des Amtseides frei, noch die Formel „so wahr mir Gott helfe“ anzufügen, oder eben nicht! Und dass hier Freiheit herrscht, ist ein Segen.
Aber es gibt sie, gläubige und betende Volksvertreter in allen Parteien. Der grüne Ministerpräsident Winfrid Kretschmann sagt: „Das Vaterunser ist für mich das Gebet schlechthin. (…) In diesem Gebet fühle ich mich immer aufgehoben. Bei Gott bei Jesus, bei den Menschen, die mir nah und fern sind. Und es „passt“ immer.“
Die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig ist ohne Kirche, Glauben, Beten aufgewachsen. Später aber hat sie Menschen kennengelernt, die sich aus dem Glauben heraus für die Wende 1989 in der DDR stark gemacht haben und sich für Gerechtigkeit und Nächstenliebe eingesetzt haben. Schwesig sagt, dass sie sich heute dieser Werte vergewissern kann: im Gebet. Und außerdem betont sie: „Beten erdet mich. (…) Beten kann Kraft geben, uns mit anderen Menschen zu verbinden und gemeinsam etwas zu verändern.“
Für die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verbindet sich mit dem Beten auch eine Erinnerung aus ihrer Kindheit: „Als meine kleine Schwester mit 11 Jahren starb, haben wir an ihrem Bett Totenwache gehalten mit Kerzen und Gebeten. Ich war damals 13. Diese Nacht mit meiner Familie half mir, das Unfassbare zu akzeptieren, keine Angst mehr zu haben und im Gespräch mit Gott halt zu finden.“
Schließlich der Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow, der sich wundert: „Es ist schon seltsam, dass die Gebete anderer Religionen, etwas der Muslime, die sich gen Mekka verneigen, als anstößig angesehen werden, ausgerechnet von denen, die gerne vom „christlichen Abendland“ sprechen.“ Und über sich selbst sagt Ramelow: „Ich bete nicht deshalb, weil ich den Kinderglauben hätte, dass der liebe Gott herabsteigt und meine Probleme löst. (…) Ich akzeptiere schlicht, dass es mehr gibt als das, was menschlicher Geist alleine zu fassen vermag. Daraus will ich Kraft schöpfen.“
Hätten Sie das gedacht? Ich bewerte PolitikerInnen nicht nach ihrem Glauben, sondern nach ihrer Politik und ihrer Glaubwürdigkeit. Dennoch muss ich gestehen: Diese gerade genannten Politikerinnen und Politiker finde ich mutmachend. Weil sie sich zum Glauben und zum Beten bekennen und vielleicht auch manchen blöden Spruch oder abschätzige Bemerkung in Kauf nehmen. Sie zeigen deutlich: Im Glauben gegründet sein und zugleich eine rationale vernünftige Politik zu machen, das ist kein Wiederspruch.
3. Kirche
Wir beten in jedem Gottesdienst. Nicht nur hier, aber auf jeden Fall hier. Alle Gebetsformen kommen im Gottesdienst vor, geradezu exemplarisch: Danken und Loben, Klagen Bitten, und Für-Bitten (also für andere bitten). Wir danken dafür, überhaupt Gottesdienst feiern zu dürfen. Wir loben Gott in der Liturgie: „Ehre sei Gott in der Höhe.“ Wir klagen Gott die Zerrissenheit und den Unfrieden auf Erden, bitten für uns selbst um inneren Frieden und wir beten für die Welt.
Auch wer gerade nicht betet und selbst der, der niemals betet, benutzt diese fünf Formen im Grunde ständig: Überprüfen Sie mal ihren Alltag, das Gespräch mit der Nachbarin, das Telefonat mit den Kindern. Selbst in kleinen Floskeln kommen sie vor. Der Dank: „Danke, mir geht´s gut.“ Das Lob: „Ich bin überwältigt, ich könnte die ganze Welt umarmen.“ Oder ganz schlicht: „Gut siehst du aus!“. Die Klage: „So ein Mist!“. Die Bitte: „Ich hoffe, das wird schon wieder!“ Und die Fürbitte: „Ich wünsche dir gute Besserung!“
Wir Christen bedenken unser Leben vor Gott, unseren Alltag, die Welt, das was uns umtreibt, mal laut gesprochen, mal singend, mal im inneren Gespräch. Hier in der Kirche tun wir es mit Worten, bei denen sich möglichst viele wiederfinden können. Deshalb sind Gebete in der Kirche, auch wenn wir PastorInnen uns noch so bemühen, meist etwas allgemeiner, manche sagen auch „formelhafter“ oder sogar: „langweiliger“. Richtig ans Eingemachte geht es im persönlichen Gebet. An ganz unterschiedlichen Orten gesprochen: still für sich in der Kirchenbank, aber auch ganz woanders, beim Radfahren, oder beim Musikhören, oder bei der Gartenarbeit, oder beim ruhigen Blick auf das Steinhuder Meer oder die Nordsee, oder in einer schlaflosen Nacht.
Der Leipziger Dichter und Theologe Christian Lehnert ist mal zum Thema Gebet interviewt worden. Auf die Frage, was denn ein gutes Gebet ausmacht, antwortet er: „Ein Gebet ist dann ein gutes Gebet, wenn es auf eine offene Gottsuche ausgerichtet ist. (…) Ein gutes Gebet ist ein wirkliches, ein ehrliches Gebet.“
Und? Bringt das Gebet dann was? Nützt es?
Ja. Ehrlich.
Amen.
Mitverwendete Literatur: publik-forum 24 / 2016
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Machtbeschneidung - Predigt zu Kolosser 2,9-15 von Dr. Matthias Loerbroks
Wie geht es weiter nach Ostern? Wie geht es mit uns weiter nach Ostern? Das ist die Frage an diesem Sonntag und an den nächsten Sonntagen auch. Es sind ja große Dinge, wovon wir zu Ostern singen und sagen. Er hat dem Tod zerstört sein Macht, hat zerstört der Höllen Pfort; sein Raub der Tod musst geben her, das Leben siegt und ward ihm Herr, zerstöret ist nun all sein Macht; es war ein wunderlicher Krieg, da Tod und Leben rungen; das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod bezwungen; ein Spott aus dem Tod ist worden. Große Worte, große Töne. Und wir? Leben wir diesen revolutionären Liedern zum Trotz weiter, als wäre nichts geschehen?
Das Kirchenjahr, liebe Gemeinde, versucht, uns davon abzuhalten, uns dazu zu bringen, Anderes einzuüben. Der Name des heutigen Sonntags deutet an, dass wir Teilnehmer, Teilhaber am neuen Leben sind, am Leben des Auferweckten; dass wir bei seiner Auferweckung neu geboren wurden und darum nun wie die Neugeborenen, quasimodo geniti, leben. Neugeborene sind ganz besonders auf Zuwendung angewiesen, darauf, dass sich jemand ihrer erbarmt, sie behütet und hütet. Und alle Neugeborene müssen und wollen dann erst einmal sprechen lernen – und sprechen, das heißt in diesem neuen Leben: Jubeln, Singen, Beten und Fragen. Und wer durch eine solche Sprachschule gegangen ist, wünscht und fordert dann auch, gehört zu werden: Exaudi! Audi! Horch!
Bei unseren jüdischen Geschwistern werden männliche Neugeborene am achten Tag nach der Geburt beschnitten. Das ist schon seit Abrahams Sohn Isaak so. Auch von Jesus wird das erzählt (Lk 2,21), und Paulus sagt es über sich selbst in einem seiner Briefe (Phil 3,5). So passt es gut, dass wir heute, am achten Tag nach Ostern, einem Text nachdenken, in dem im Blick auf unser neues österliches Leben ein Vergleich gezogen wird zwischen der Beschneidung und der Taufe:
In ihm, im Christus, wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. In ihm seid auch ihr Erfüllte; er ist das Haupt aller Herrschaft und Macht. In ihm seid auch ihr beschnitten durch eine nicht mit Händen gemachte Beschneidung, indem ihr in der Beschneidung des Christus den Leib des Fleisches ausgezogen habt.In ihm seid ihr mitbegraben in der Taufe, mit ihm auch auferweckt durch die Treue, die wirksam, die energisch wurde, als Gott ihn aus den Toten auferweckte. Auch euch, die ihr Tote wart in den Übertretungen und der Unbeschnittenheit eures Fleisches, hat er mitlebendig gemacht mit ihm, hat uns gnädig alle Übertretungen erlassen. Ausgestrichen hat er die uns betreffende Handschrift mit den Bestimmungen, die uns entgegenstanden, hat sie aus der Mitte geräumt, hat sie ans Kreuz genagelt. Ausgezogen hat er die Herrschaften und Mächte, sie öffentlich zur Schau gestellt, sie im Triumphzug mitgeführt – in ihm.
In ihm – das ist, Ihr habt es gehört, Leitwort dieses Abschnitts. In ihm, in diesem einen Menschen Jesus Christus, wohnt die ganze Fülle der Gottheit, und zwar leibhaftig – nicht bloß irgendwie geistig, sondern in seinem Leib. Und weil in diesem Einen diese Fülle ist, darum ist er nicht nur Haupt, Oberhaupt der Kirche, der kleinen Schar der Jesusjüngerinnen und -jünger, sondern Haupt, Kopf, Herr auch all der Herrschaften und Mächte, die doch nach wie vor so wirken, so agieren und regieren, als wären sie völlig herrenlos und unbeherrscht. Oft auch kopflos.
So sehr der Briefschreiber die Einzigartigkeit dieses Einen betont – er redet uns zugleich an als Menschen, die in diesen Leib buchstäblich eingegliedert wurden, Glieder dieses Leibs geworden sind, und so sagt er uns zu: in ihm, in diesem Leib, seid auch ihr Erfüllte, sind auch wir mit dieser Fülle erfüllt. Und nun legt er großen Wert darauf, dass es sich bei diesem Leib um einen jüdischen, einen beschnittenen Leib handelt: in ihm seid auch ihr beschnitten. Warum ist ihm das so wichtig?
Die Beschneidung, brit mila, ist neben dem Schabbat ewiges Zeichen des Bundes zwischen Gott und seinem Volk Israel – und beide Zeichen lassen sich auch außerhalb des verheißenen Landes, auch im Exil praktizieren. Doch vor ein paar Jahren gab es Streit darum. Ein deutsches Gericht hatte befunden, dass Beschneidung den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt. Und dieser Streit wurde in jenem behäbig selbstgewissen Ton geführt, der immer zu hören ist, wenn über Juden und Jüdisches gestritten wird: wir trauen uns, was zu sagen, was doch auf der Hand liegt, andere aber, die meisten sich nicht zu sagen trauen. Der Bundestag hat damals das Strafrecht geändert, um diesen Eingriff zu erlauben. Nun gibt es denselben Streit in Island, wo freilich sehr viel weniger Juden und Muslime leben als hier, und die dortige Debatte facht auch den hiesigen Streit wieder neu an.
Auch unabhängig von diesem Streit ist nachdenkenswert, dass die Entfernung der Vorhaut bei männlichen Kindern ein Zeichen dieses Bundes ist. Es handelt sich um das Zeugungsglied – und es fällt auf, dass das erste wie das letzte Buch der Hebräischen Bibel – Genesis und die Chroniken – durch lange Listen von Zeugungen gegliedert ist. Dieser Rahmen der Bibel macht deutlich, dass es sich bei diesem Volk jedenfalls auch um eine Abstammungsgemeinschaft handelt. Das erste Buch des Neuen Testaments nimmt diesen Faden auf: Matthäus beginnt mit einem Buch der Zeugungen von Abraham bis Jesus.
Es handelt sich nun auch um das Organ, das für viele Männer Inbegriff dessen ist, was sie für ihre Männlichkeit halten, und die entsprechende Protzerei – ich hab den größeren – hat ja inzwischen auch das Gebiet internationaler Politik erreicht, das früher Betätigungsfeld für die Kunst der Diplomatie war. Nicht erst die MeToo-Debatte unserer Tage zeigt die verheerenden Folgen der Vermischung von männlicher Sexualität und Machtausübung, in der Sexualität nichts mehr mit Lust und Liebe zu tun hat, sondern nur noch mit Terrorherrschaft, Gewalt und Demütigung. Beschneidung als Zeichen des Bundes ist darum auch eine symbolische Demonstration gegen diesen Männlichkeitskult, die Phallokratie, eine Beschneidung männlicher Macht und Herrschaft.
Magnifikat heißt das revolutionäre Lied, das Lukas Maria in den Mund legt, als sie mit Jesus schwanger geht, weil es auf Latein mit den Worten beginnt: magnifikat dominum anima mea – meine Seele macht den Herrn groß, und der Zusammenhang zwischen dem darin besungenen Herrschaftssturz und jenem Männlichkeitskult wird deutlicher, wenn wir einige seiner Wendungen auf Latein hören: Der, der mächtig ist – qui potens est – übt Macht aus – fecit potentiam –, indem er Mächtige vom Thron stürzt und Erniedrigte erhöht – deposuit potentes de sede et exaltavit humiles.
Ähnlich übermütig wie Marias Lied verkündet auch unser Text die Entmächtigung, die Depotenzierung der Mächte und der Mächtigen: Gott hat sie ausgezogen, entkleidet, die Herrschaften und Mächte, sie öffentlich zur Schau gestellt, sie im Triumphzug mitgeführt – in ihm, im Christus; die Mächtigen stehen nackt da. Ausgezogen, entkleidet sind freilich auch wir, die Glieder am beschnittenen Leib des Christus, des Messias: In ihm seid auch ihr beschnitten, indem ihr in der Beschneidung des Christus den Leib des Fleisches ausgezogen habt. Ihr habt den alten Menschen ausgezogen, heißt es an anderer Stelle im selben Brief (3,9f.), und den neuen Menschen angezogen – wir sind quasi neugeboren.
Da wir in ihm, im Christus, beschnitten sind, müssen sich Männer aus der Völkerwelt, die Christen werden, nicht beschneiden lassen – dafür hat Paulus gekämpft, denn er meinte, Jesus wäre umsonst gestorben, wenn Nichtjuden erst Juden werden müssen, um zum Gott Israels zu gehören, statt gerade als Nichtjuden, als gojim, Bundesgenossen dieses Gottes und seines Volkes zu werden. Auch bei Paulus ist freilich in diesem Kampf und Streit die Bedeutung der Beschneidung als zeichenhafte Entmannung, Entmächtigung deutlich hörbar, wenn er über seine Gegner, die von den Neuzugängern die Beschneidung fordern, grummelt und knurrt: sollen sie sich doch gleich alles abschneiden lassen (Gal 5,12).
Das neue Leben, die Mit-Gliedschaft in ihm, im Leib des Christus, in dem die Fülle Gottes leibhaftig, leibhaft wurde, beginnt hingegen mit der Taufe. Neuzugänger aus den Völkern, Männer und Frauen, vollziehen mit diesem Tauchbad das Ritual, das Frauen aus der Völkerwelt praktizieren, wenn sie Jüdinnen werden. Der Verfasser des Kolosserbriefs, ein Paulusschüler, hält die Taufe für genauso einschneidend wie die Beschneidung, obwohl sie sich leichter verheimlichen, auch vergessen lässt. Wer sich taufen lässt, identifiziert sich mit Jesus Christus: beim Untertauchen mit seinem Tod und begraben werden, beim Wiederauftauchen mit seiner Auferweckung von den Toten. Tot waren wir freilich, sagt uns der Briefschreiber, schon zuvor, weil wir getrennt waren vom Gott Israels, der Quelle des Lebens, und von seinem Volk, wofür die Unbeschnittenheit das Zeichen ist. Die Taufe ist der Beginn dieses Lebens in ihm, im beschnittenen Leib des Christus. Getaufte haben eine geliehene, eine verliehene Identität. „Ein Mensch“, so sagt es Karl Barth in seiner Tauflehre, „tritt in seiner Taufe als tätiges Glied hinein in das heilige Volk Israel, das nach Jesaja 42,6 zum ‚Bundesmittler unter den Völkern‘ bestellt ist.“
Was Gott zusammengefügt hat, so sagt der Tora-Lehrer Jesus, soll der Mensch nicht scheiden. Genauso wichtig ist für die Tora aber das Umgekehrte: was Gott geschieden hat, soll der Mensch nicht vermischen. Die Scheidungen und Unterscheidungen Gottes zwischen dem Schabbat und den übrigen Tagen, zwischen der Pessachnacht und allen anderen Nächten, zwischen Milchigem und Fleischigem, zwischen Wolle und Leinen, zwischen Israel und den Völkern sind in der Bibel wichtig. Doch unser Briefschreiber sagt in einem seltsamen Bild: mit der Kreuzigung des Juden, des beschnittenen Jesus wurden die Bestimmungen, die Juden und Nichtjuden voneinander trennen, mit ans Kreuz genagelt. Der Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden bleibt, wird nicht verwischt, ist aber nicht mehr trennend.
Aus dem Mund der Kinder, der Neugeborenen hast du eine Macht gegründet, heißt es in Psalm 8, und viele Eltern werden seufzend bestätigen, dass Kindermünder durchaus Macht ausüben können. In Hans Christian Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern ist es ein Kind, wenn auch kein ganz neu geborenes, das mit seinem Mund befreiende Macht ausübt, indem es verkündet: Er hat ja gar nichts an; der ist ja nackt. Das beschreibt recht genau die Rolle, die uns heute als neugeborenen Kindern im neuen Leben, als Gliedern am Leib des gekreuzigten und auferweckten Juden Jesus zugemutet, zugetraut, zugesprochen wird: mit unseren Worten und mit unseren Taten, mit unserem persönlichen Leben und mit unserem Zusammenleben als Gemeinde zu bezeugen, dass die Mächte und Mächtigen, die Potentaten, ihres Schreckens, ihres Nimbus, ihres Pathos längst entkleidet sind: dass sie nackt dastehen. Und zu diesem neuen Leben und Zusammenleben gehört, dass wenigstens schon unter uns Sexualität nicht mehr ein Mittel der Gewaltherrschaft und der Demütigung ist, sondern Lust und Liebe, Freude und Wonne, Glück an dem, was Gott so wunderbar zusammengefügt hat. Von diesem Glück heißt es zu Beginn der Bibel: sie waren beide nackt, Mann und Frau, und schämten sich nicht.
Amen.
Liedvorschläge
Nach der Begrüßung mit dem Wochenspruch 1. Petrus 1,3: 109,1-4 oder 133,1-4 oder 162,1-3 oder 349. Da der Predigttext ein Briefabschnitt ist, schlage ich als erste Lesung statt der Epistel die AT-Lesung Jes 40,26-31 vor; und danach: 296,1-4 oder 404,3.6-8 oder 325,4.5.7 oder 378. Nach der Evangeliumslesung Joh 20: 358,1-2 oder 157 oder 390. Nach der Predigt: 309 oder 369,5-7 oder 303,2.3. Zwischen Abkündigungen und Gebet: 114,6-9 oder 375. Als Schlussstrophe zwischen Gebet und Segen: 482,5 oder 42,6 oder 200,2.
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Ich fühle mich wie neugeboren - Predigt zu Kolosser 2, 12-15 von Heinz Behrends
Unter der Dusche
Sie steht unter der Dusche, verschwitzt war sie, der Chef hatte sie unter Druck gesetzt, einige Telefonate hatten sie genervt, jetzt ist Feierabend, sie steht unter der Dusche, die Brause erfrischt ihr Gesicht, das Wasser rauscht an ihrem Körper herunter, sie wäscht all den Schmutz des Tages ab. Sie genießt die frische Luft auf ihrer Haut, sie streckt sich und spricht in sich hinein: „Jetzt fühle ich mich wie neugeboren“.
Auch er ist nach Hause gekommen. Der Tag war wie ein langer Marsch mit vollem Gepäck auf den Schultern. Er haut sich hin und schläft so tief wie versunken in eine andere Welt. Am nächsten Morgen, nach 12 Stunden Schlaf, steht er auf und fährt, bevor er zur Arbeit geht, ins Schwimmbad
Eine äußere Reinigung nach der Dusche, eine physische nach langem Schlaf. Eine Vorerfahrung dessen, was das Neue Testament eine Neugeburt nennt. Es ist das Thema am Sonntag nach Ostern. Quasimodogeniti.
In der Alten Kirche war es der letzte von acht Tagen vom Ostersonntag an. In der aufgehenden Sonne des Ostermorgen getauft trugen die Getauften eine Woche lang ihr weißes Taufkleid.
Weiß ist die Farbe von Quasimodogeniti. Weiß, die Farbe der Reinigung, der Vollendung. Quelle und Ziel aller Farben. „Weißer Sonntag“ ist der andere Namen des heutigen Sonntags.
Ein Fest der inneren Reinigung, der Neugeburt.
„Möchtest du neugeboren werden?“ – „Nein, eigentlich nicht“. „Bist du mit dir zufrieden?“ – „Doch, schon“. „Wieso?“ – „Nun ja, ich bin nicht schlecht“. „Fühlst du dich manchmal bedrängt, unfrei, unter Druck?“ – „Ja, das schon eher“. „Möchtest du das loswerden, davon befreit sein?“ – „Ja, das wäre gut“.
Dann musst du schauen, was deinen Lebenskreis einengt. Wovon du dich trennen musst. In der Sprache des Kolosser-Briefes: „Was bei dir absterben muss“. Denn wo neues Leben sein soll, da muss etwas anderes sterben. Wo ich neues Land betreten will, muss ich eine Grenze überschreiten.
Eitelkeit verhindert Beziehung
Die Eitelkeit engt mich ein. Ich bin abhängig vom Lob anderer. Das größte Problem aller Beziehungen. Ich komme nach Hause, es sind nicht sofort alle Ohren auf mich eingestellt, zu hören, was mich beschäftigt. Ich habe Geburtstag, aber drei Freunde lassen nichts von sich hören. Ich bin verunsichert. Haben sie meine mail nicht bekommen? Ich muss nachhelfen, dass man mich beachtet. Das auffällige Auto, die schrille Frisur, die lauten Witze auf der Party. Ich möchte, dass man mir sagt, wie gut ich bin. Ich rede nach dem Mund, gehe jedem Streit aus dem Wege. Der Mensch möchte wahrgenommen werden. Sein Handeln ist davon bestimmt, aggressiv oder zurückgezogen. Mitten im freien Land ein Knecht.
Neid macht abgängig
Der Neid engt mich ein. Ich sehe mich immer in Beziehung zu dem, was der andere hat. Was er hat an Reichtum, an Wissen, das kränkt mich, es macht mich klein. Was hat sie, was ich nicht habe? Neid macht abhängig. Die andere Seite des Neides ist der Geiz. Was ich habe, das habe ich aus meiner eigenen Kraft, das sichert mein Leben, das gebe ich nicht her. Geiz macht abhängig. Der Werbespruch „Geiz ist geil“ hat sich schnell überlebt.
Angst engt ein
Das dritte, was in mir sterben soll, damit ich neu geboren werde, ist die Angst. Sie geht tiefer als Eitelkeit und Neid, sie ist die Mutter aller schlechten Gefühle. Sie sieht in allem ein Problem. Sie sieht Gespenster überall, lässt unsichere Schritte tun oder nötige vermeiden. Sie sieht ihren Weg nur in Sicherungs-Maßnahmen. Sie macht einsam. Ein Lebens-Kampf. Die Briefe von Else Lasker-Schüler sind dafür ein beredtes Zeugnis. Sie schreibt: „Glauben Sie mir, ich bin wie auf einem Schlachtfeld oder im Graben. Ich fasse die Welt nicht mehr, diese Verzwickungen und so alles. Ich glaube, ich habe mir große Mühe gegeben, aber auch vieles verschuldet. Es ist immer die Folge von der Folge“ (Werke und Briefe, Frankfurt. 1998)
So zieht sich ein Leben trotz aller Sensibilität langsam zu und weiß keinen Weg mehr. Else Lasker-Schüler starb vereinsamt in Jerusalem.
Eitelkeit, Neid und Angst. Sie alle machen abhängig. Neugeboren sein aber bedeutet: Befreit sein von aller Knechtschaft. Die Grundmelodie der Bibel schlechthin. Aus Ägypten, dem Land der Knechtschaft durch das Meer in die Freiheit. Reingewachsen von der alten Last. In der Taufe wird es nachempfunden, durch das Wasser ins Leben gezogen. In der Sprache des Apostels Paulus „Sterben und Auferstehen“. Der Schreiber des Kolosser-Briefes nimmt dieses Bild auf und macht es stark.
Wie geht das alles? Nur durch eine Kraft, die sich gegen alle Enge stellt. Es ist dieselbe Kraft, die Christus auferweckt hat. „Auferstanden aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten“. Eitelkeit, Neid und Angst wachsen in der Ferne zu Gott. Der Mensch, der selbst-bestimmt leben will, auf sich bezogen, in sich verkrümmt ist. Der Meister seines eigenes Lebens sein will. Die Gottesferne nennt die Bibel „Sünde“. „Ihr wart tot in euren Sünden“, so der Predigttext.
Bilder der Befreiung
Neugeboren, befreit seid Ihr. Der Autor des Kolosser-Briefes schwelgt in Bildern. Argumentieren kann man da nicht. Es ist der Glaube, der Wirkung zeigt. Er hat den Schuldbrief ans Kreuz geheftet. Da steht in einem Brief, was ich alles versprochen habe, zu tun, zu sein. Vergeblich, nur mit mir beschäftigt war ich. Der Schuldschein wird mit zwei Strichen durchgekreuzt. Es ist noch zu lesen, was drauf stand, aber er ist entwertet. Die Römer richteten ihr T-Kreuz an der Stelle auf, wo sie einen Feind in die Flucht geschlagen hatten. Ans Kreuz hängten sie alle erbeuteten Waffen. Am Kreuz hängen Eitelkeit, Neid und Angst. „Er hat die Mächte öffentlich zur Schau gestellt und einen Triumph aus ihnen gemacht“. Der Autor leiht sich Bilder aus der römischen Welt. Der Kaiser kehrte heim und führte die bezwungenen Mächte im Triumphzug mit sich. So auch ich. Alles was mich eingeengt hat, das ist bezwungen, ich bin frei.
Wie geht das? Wie gerät das vom Kopf ins Herz? Wie wird es zu einer lebensschaffenden Kraft, zu einer Erfahrung „Ich fühle mich wie neugeboren?“
Wie die neugeborenen Kinder
Das Geheimnis ist der Glaube. „Mit ihm seid auch ihr auferstanden durch den Glauben“. Ja, am Ende ist das alles eine Frage des Vertrauens. In der katholischen Liturgie heißt dieser Sonntag „Quasimodogeniti infantes“. Wie die neugeborenen Kinder. In Ostfriesland gehen nach der Geburt eines Kind die Kinder in der Nachbarschaft von Haus zu Haus und rufen „Bi uns is’n lüttje Wicht upstahn“: Bei uns ist ein kleines Mädchen auferstanden“. Eine Geburt ist eine Auferstehungserfahrung. Neues Leben schafft Vertrauen.
Kinder durchschauen alles
In der Beziehung zu Christus bin ich auferweckt, werde ich wachsam. „Er hat alle Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet“. Ich bin nicht mehr mit mir selbst beschäftigt. Wir durchschauen wie Kinder es tun. Darum durchschaue ich die Eitelkeit der Präsidenten dieser Welt. Ich durchschaue den Geiz der Neureichen, ich durchschaue die Angstmacher, das Handwerkzeug der Machthungrigen. Papst Johannes Paul II hat den Sonntag Quasimodogeniti zu einem Sonntag der Barmherzigkeit erklärt. „Selig sind die Barmherzigen“. Daran messen wir uns als Menschen, die zu Christus gehören.
Nach seinem tiefen Schlaf steht er auf, fährt ins Schwimmbad, dreht seine 40 Bahnen, er freut sich am Ab- und Auftauchen. Begraben sein und auferstehen. Wie neugeboren geht er in den neuen Tag.
Liedvorschlag: In dunkler Nacht wollen wir ziehen (Taizé)
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Das Leben lieben – im Vertrauen auf Gottes Nähe Predigt zu Kolosser 2,12-15 von Elke Markmann
Liebe Gemeinde,
noch mal ganz von vorne anfangen – alle falschen Entscheidungen vermeiden, nur das Gute erleben – das wäre doch was! Manchmal in meinem Leben habe ich schon mal darüber gegrübelt, ob ich den ein oder anderen falschen Schritt hätte vermeiden können, wenn ich vorher gewusst hätte, was dabei raus kommt. Hätte ich mich anders entschieden? Und dann denke ich wieder: Was sind denn eigentlich falsche Entscheidungen? Was würde ich heute wirklich anders machen?
Nur selten stehen wir Menschen wirklich bewusst an Scheidewegen des Lebens. Meistens sehen wir erst hinterher, dass sich an einer bestimmten Stelle, mit einer besonderen Entscheidung etwas in meinem Leben verändert hat. Bewusste Wegkreuzungen gibt es aber auch. Es können beispielsweise bestimmte Fragen sein, ob ich jemanden heirate, ob ich ein Kind bekomme, ob ich eine bestimmte Arbeitsstelle annehme, ob ich auswandere …
Und genau diese Entscheidungen ergeben sich manchmal auch einfach so im Laufe eines Lebens. Der Predigttext für den heutigen Sonntag spricht von besonderen Veränderungen. Er spricht von der Veränderung durch die Taufe. Wir hören auf Worte aus dem Brief an die Gemeinde in Kolossä im zweiten Kapitel:
Mit ihm seid ihr begraben worden in der Taufe; mit ihm seid ihr auch auferweckt durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten. Und Gott hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden. Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn aufgehoben und an das Kreuz geheftet. Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus.
(Luther 2017)
Die Taufe wird hier als etwas so Einschneidendes wie der Tod beschrieben. Mit Jesus Christus sind wir aus dem Tod ins Leben gekommen. Begraben in der Taufe, auferweckt durch den Glauben aus der Kraft Gottes. Diese Ausdrucksweise irritiert mich zunächst. Gerade wenn ich einen kleinen Täufling ansehe, will ich nicht davon sprechen, dass er oder sie in der Taufe begraben worden ist, um durch den Glauben aufzuerstehen. Um besser zu verstehen, worum es geht, müssen wir ein wenig über die damalige Zeit wissen. Als der Brief an die Gemeinde in Kolossä geschrieben wurde, wurden Menschen nicht als kleine Kinder getauft. Sie entschieden sich als Erwachsene für diesen Schritt.
Die Gemeinde in Kolossä stand allerdings vor einer ganz besonderen Frage:
Sie war von Paulus gegründet worden. In all ihren Schwierigkeiten hatten sie sich immer wieder in Briefen oder direkten Fragen an Paulus wenden können. Nun war Paulus gestorben und die Gemeinde ohne Instanz, die in strittigen Fragen Entscheidungshilfen und Ratschläge geben konnte. Freundinnen und Freunde des Paulus haben daraufhin der Gemeinde im Namen des Paulus geschrieben. Dieser Brief ist uns überliefert. Die Hauptaussage: durch Jesus Christus sind wir gestorben und auferstanden. Unser alter Mensch, unser altes Leben, die alten Regeln – all das ist überwunden. Mit der Entscheidung zum Christentum sind wir andere Menschen geworden. Damals hieß das: Wenn ich mich entscheide, zur christlichen Gemeinde zu gehören, lasse ich mich taufen. Die Taufe ist der bewusste Schritt weg von den alten Regeln und Lebenszusammenhängen hin zu einer neuen Gemeinschaft. Den alten Menschen gibt es nicht mehr. Die Taufe ist sein Ende – und gleichzeitig der Beginn des neuen Menschen in der christlichen Gemeinde. In dieser Gemeinschaft gibt es keine besseren oder schlechteren Menschen. Nicht nur Paulus wusste, was christliches Leben bedeutet. Jede und jeder ist mit Christus auferstanden. Jede einzelne kann Auskunft geben, was wirklich zählt und wichtig ist im Leben. Jeder einzelne kann sich auf Christus verlassen. Gemeinsam ist die theologische Grundlage.
Das gemeinsame Fundament steht im Brief als Eingangstext. Dort wird ein Loblied auf Christus gesungen:
Auszüge aus Kol 1, 15-20:
Und er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, auf dass er in allem der Erste sei. … Auch euch, die ihr einst Fremde wart und feindlich gesinnt in bösen Werken, hat er nun versöhnt durch seinen sterblichen Leib, durch seinen Tod, auf dass er euch heilig und makellos und untadelig vor sein Angesicht stelle; wenn ihr nur bleibt im Glauben, gegründet und fest, und nicht weicht von der Hoffnung des Evangeliums, das ihr gehört habt und das gepredigt ist allen Geschöpfen unter dem Himmel.
(kann evtl. ausgelassen werden oder vorher im Gottesdienst als Lesung aufgenommen werden, auf die hier noch einmal Bezug genommen wird.)
Die Gemeinde wird aufgefordert, sich nicht zu zerstreiten und sich nicht auseinanderbringen zu lassen. Die gemeinsame Grundlage ist das Wissen um Jesus Christus und seine Auferstehung.
Wenn wir heute Kinder taufen, stehen wir vor ganz anderen Fragen. Die kleinen Mädchen und Jungen, die wir taufen, haben nicht ihrem alten Leben abgeschworen, um nun in der christlichen Gemeinde ein neues Leben zu beginnen. Vielmehr leben sie oft in guten Familien, haben Eltern, Großeltern und manchmal Geschwister, die für sie da sind, die sie lieben und ihnen alles Gute wünschen. Zu allem Guten gehört dann auch die Taufe, das Versprechen Gottes, da zu sein. In der Taufe feiern wir heute Gottes Versprechen an den Täufling: Ich bin da!
Darauf vertrauen wir als Eltern und Paten, als Pfarrerin und Gemeinde: In der Taufe verspricht Gott den Täuflingen: Ich bin da für Dich! Ich begleite dich auf deinem Weg durch das Leben. Vertrau auf mich, dann wirst Du leben, egal, was Dir passiert.
Darin besteht genau die Gemeinsamkeit der Menschen damals in Kolossä und der Menschen heute:
Die Taufe ist die Zusage Gottes, in das besondere Heilsversprechen mit aufgenommen zu sein. Jesus Christus lebte und lehrte. Er machte sich mit seinen Worten und Taten auch Feinde, so dass er hingerichtet wurde. Er starb den Tod eines Verräters, eines Volksfeindes. Aber dieser Tod hat nicht das letzte Wort. Christus ist auferstanden. Das durften Jesu Freundinnen und Freunde erleben. Daran glaubten die Menschen in den christlichen Gemeinden in Kolossä und anderswo. Daran glauben wir heute. Der Tod hat nicht das letzte Wort! Es geht weiter.
Diese Gewissheit wollen wir unseren Kindern gerne mit auf den Lebensweg geben. Egal, was passiert, Gott ist für Dich da! Egal, welche Entscheidungen im Leben vielleicht nicht ganz richtig waren: Das Leben geht weiter! Aus jeder Erfahrung kann Neues entstehen. Jesus starb und stand wieder auf. So können auch wir immer wieder neue Wege finden. Dabei vertrauen wir darauf: Gott ist da! Das hat er uns allen in der Taufe versprochen. Das verspricht er heute in der Taufe, wie schon vor fast 2000 Jahren.
Amen.
Vorschläge zur Liturgie:
Lieder:
EG RWL 560, 1+4 O herrlicher Tag
Manchmal feiern wir mitten am Tag (z.B. „Singen von Deiner Gerechtigkeit – Gesangbuch in gerechter Sprache“. Hrsg. Domay, Jungcurt, Köhler. Gütersloh 2005)
Gottes Liebe ist so wunderbar (Lobt den Herrn – neues Schwerter Liederbuch 2011)
EG 171 Bewahre uns Gott, behüte uns Gott
Psalm 1 nach Hanns Dieter Hüsch
Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit,
mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
das Elend und die Zärtlichkeit.
Was macht, dass ich so fröhlich bin
im meinem kleinen Reich?
Ich sing und tanze her und hin
vom Kindbett bis zur Leich.
Was macht dass ich so furchtlos bin
an vielen dunklen Tagen?
Es kommt ein Geist in meinen Sinn,
will mich durchs Leben tragen.
Was macht, dass ich so unbeschwert
und mich kein Trübsinn hält?
Weil mich mein Gott das Lachen lehrt
wohl über alle Welt.
Aufforderung zum Kyrie
Wir kommen zu Dir Gott, mit allem, was uns schwer fällt, was uns belastet und auf der Seele drückt. Wir kommen damit zu Dir, weil wir auf Deine Erlösung hoffen. Erbarme Dich!
Zuspruch
Gott verspricht uns: Ich habe Dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein.
Auf dieses Versprechen Gottes können wir uns verlassen und Gott dafür loben:
Eingangsgebet / Kollektengebet
Gott, wir kommen zu Dir. Wir sind hier mit allem, was wir können und wünschen und hoffen und fürchten. Wir sind hier, wollen singen und loben, danken und fragen, denken und beten. Komm Du zu uns, Gott! Lass Dich hören und spüren, fühlen und sehen. Amen.
Fürbitten
Gott, wir kommen zu Dir mit allem, was uns bewegt, mit schönen und mit schweren Erfahrungen. Wir bringen sie vor Dich und hoffen auf Klärung.
Wir denken vor Dir an die Verstorbenen. (Namen nennen) Nimm sie bei Dir auf und lass sie ihren Frieden bei Dir finden. Lass die Angehörigen nicht allein in ihrer Trauer. Zeige ihnen Wege ins Leben.
Wir denken vor Dir an die Getauften. Die neu getauften Menschenkinder begrüßen wir in unserer Gemeinschaft. Wir wünschen ihnen und uns, dass wir Deine Nähe, Gott immer wieder spüren und erfahren.
Wir denken vor Dir an die Menschen, die es schwer haben im Leben. Sei ihnen nahe. Lass für sie ein Licht von Ostern aufstrahlen, damit sie das Leben sehen – in aller Lebensschwere.
Wir denken vor Dir an die Menschen, die uns wichtig sind. In der Stille bringen wir unsere Sorgen und Ängste, unseren Dank und unsere Freude vor Dich.
Stille
Wir vertrauen auf Dich, Gott! Amen.
Lesung: Mk 16, 9-14
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Statt „Epiphanie“ sag: „Zusammenkunft“ (Handke) - Predigt zu Kolosser 1,24-27 von Eberhard Schwarz
Liebe Gemeinde,
am Abend vor dem Erscheinungsfest feiern die arabischen Christen im Heiligen Land. Epiphanias ist dort ein großes Fest: Man isst und trinkt schon am Vorabend. Um Mitternacht darf sich jede und jeder etwas wünschen. Woran werden sie wohl denken? In dieser Nacht, so der Glaube, sind die Pforten des Himmels geöffnet. Auch die Muslime feiern mit.
Im arabischen heißt Epiphanias „Id ul-Ightás” und bedeutet übersetzt das "Fest des Eintauchens". Damit wird auf die Taufe Jesu durch Johannes im Jordan angespielt – Christus, der sich hinein tauchen lässt in dieses wilde Wasser Leben. In manchen Gegenden, vor allem in den orthodoxen Kirchen, wird deshalb in öffentlichen Prozessionen das Taufwasser geweiht und es werden die Flüsse gesegnet.
Gottes Eintauchen in die Welt. Ist er denn da? Ist er auch dort: In Haifa, in Bethlehem, in Amman, in Beirut und Kairo und an den anderen Orten, an denen heute Christinnen und Christen – Orthodoxe, Kopten, Maroniten – ihr Weihnachten feiern? In diesem Jahr - mehr als sonst – unter bedrohlichen Vorzeichen – und mehr als sonst – mit der Sehnsucht nach einem stabilen Frieden und nach einem sicheren Leben?
Es ist dieser fremdartige Predigttext aus dem Anfang des Kolosserbriefes, der darauf eine Antwort wagt. Er sagt: Ja, Gott ist da! Und wir sind da! Und Gott ist mit uns und auch durch uns da! Gottes Eintauchen in die Welt! Die Antwort heißt: Christus ist in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit – er ist in euch! Er ist in Euren Ohren und, so Gott will, auch in euren Herzen und dann in eurem Leben.
Wer im Kolosserbrief liest, entdeckt: Dieser Antwort voran geht unmittelbar der große Hymnus, den wir zum Eingang gebetet haben. Es ist ein frühchristliches Lied, das in kosmischer Weite und mit starken dichterischen Bildern davon singt, wie Christus in die Welt kommt: Als der, in dem die Fülle der Gottheit wohnt. Als der, in dem sich Himmel und Erde miteinander versöhnen. Als der, der selber versöhnt und der Frieden stiftet.
Und dann steht in diesem Hymnus plötzlich ein nahezu surrealistisches Bild vor unseren Augen. Wir sehen, wie dieser Mensch, Christus - das Ebenbild des unsichtbaren Gottes -, zugleich das Haupt eines Leibes ist. Er hat einen Körper. Einen Leib, durch den er handelt und sich bewegt und lebt. Und dieser Leib, so hören wir die Deutung, der Leib, das ist die Gemeinde.
Liebe Gemeinde: Das sind wir!
Christus das Haupt und wir sein Leib. Wir sind der Leib Christi. Das ist ein ungeheurer, kühner Gedanke, der uns eigentlich schon beim Hören überfordern müsste! Wir kennen ihn auch aus anderen biblischen Texten. Aber verstehen wir ihn in seinen Konsequenzen?
Gottes Eintauchen in die Welt? Die Antwort, die der Kolosserbrief gibt, heißt: er taucht auch in uns ein. Oder noch einmal anders: Wir sind in ihn hineingetauft. Wir als Glaubende und als Kirche in sein Leben. Und das Leben eines Apostels ist es auf eine ganz besondere Weise. Denn der Apostel ist dazu beauftragt, nicht nur Menschen das Evangelium zu bringen, sondern auch mit ihnen diese Welt auszuhalten und zu gestalten. Er ist derjenige, der weiß, dass unsere Hoffnung nicht in der Hoffnung dieser Welt aufgeht. Er weiß auch, dass das Leiden Christi an dieser Welt noch nicht vorbei ist! Er weiß schließlich, dass wir alle auf Hoffnung hin leben.
Am Abend vor dem Erscheinungsfest feiern die arabischen Christen im Heiligen Land. Epiphanias ist dort, wie gesagt, ein großes Fest: Man isst und trinkt schon am Vorabend. Zalábye, das ist eine süße Delikatesse, in Olivenöl gebacken, wird in Mengen verzehrt. Und um Mitternacht darf sich jede und jeder etwas wünschen. Woran werden die Menschen gestern Abend gedacht haben? An den Frieden im Nahen Osten? An ihre persönlichen Lebensdinge? An die Arbeit, die sie vielleicht suchen? An ihre Familien? An ihre Gesundheit? An das Glück oder an die Liebe? Manche Wünsche werden nicht sehr weit von unseren entfernt sein.
Heute ist Epiphanias. Für uns westliche Christinnen und Christen ist Weihnachten schon Teil der Vergangenheit. In den Zeitungen lesen wir, wo die Sammelstellen für unsere Weihnachtsbäume sind. Bald werden die Weihnachts- und Neujahrskarten mit ihrem guten Wünschen, die Geschenke, die Erinnerungen an unsere festlichen Tage ihren Ort in unserem Alltagsleben gefunden haben.
Ob wir sie in ein paar Wochen überhaupt noch entschlüsseln können als das, was sie waren? Als Zeichen der Liebe, der Versöhnung. Zeichen des Vertrauens und des Entgegenkommens. Entschlüsseln als mitmenschlichen Ausdruck für das Fest der Geburt Jesu Christi? Als menschliche Antworten auf das Ereignis der Menschwerdung Gottes? Ob wir uns dann noch erinnern, dass wir selber Versöhnungsarbeit geleistet, vielleicht sogar Frieden gestiftet, Menschen einander nähergebracht haben und dadurch Zeuginnen und Zeugen der Hoffnung geworden sind? Wir, der Leib Christi?
Statt „Epiphanie“ sag: „Zusammenkunft“ – hat Peter Handke in seinen Reisenotizen festgehalten. Epiphanias – Zusammenkunft; der lebendige Christus und unser Leben – Sie wollen Nicht nur einmal im Jahr zusammenkommen. Sie wollen zusammenbleiben. Die Taufe steht dafür sakramental.
Die Freiburger Schriftstellerin und Dichterin Ingrid Würtenberger hat dazu notiert, wir müssten uns im Horizont dieser Verheißungen immer wieder selber auf den Weg machen wie die Heiligen Drei Könige, dass Gott und unsere Welt zusammenkommen. Gott auf dem Weg zu uns. Und wir auf dem Weg zu Gott.
„Drei Männer — nicht Könige, auch nicht heilig — Staatsmänner mit irdischer Macht wollen wir entsenden“. So schreibt sie. „Beschwerlich soll ihr Weg sein, wie damals. Dem Stern unbeirrt folgen mögen sie, vorüber an Gewalt und Ruinen; Hunger und Durst begegne auch ihnen. Wenn ihre Augen verzagt sind von vergeblichem Schauen, ihre Kehlen rauh von vergeblichem Rufen, ihre vornehmen Gewänder verstaubt und verschlissen, wenn sie alle Not dieser Welt selber gespürt, sich vor der verlassenen Krippe tief gebeugt haben, dann wird Versöhnung beginnen.“
Vielleicht, Liebe Gemeinde, vielleicht hat sie darin recht: dass wir der Zusammenkunft dort am nächsten sind, wo wir am weitesten in die Welt hineingegangen sind. Als die, die darauf vertrauen, dass wir dort Gott am nächsten sind.
Das zumindest war einer der zentralen Gedanken von Dietrich Bonhoeffer. Als ganz junger Mann hat er seine Doktorarbeit über die Gemeinde, über die Gemeinschaft der Heiligen, wie es im Glaubensbekenntnis heißt, über die Communio Sanctorum geschrieben. Und er hat darin erklärt, dass Gott an Weihnachten selber aus sich heraustritt und frei für den Menschen wird. Darin läge die Würde der Gemeinde als Leib Christi: frei zu werden für einander und für die Welt.
Denn, so Bonhoeffer an einer anderen Stelle: „Die Welt gehört zu Christus und nur in Christus ist sie, was sie ist. Sie braucht darum nichts Geringeres als Christus selbst. Alles wäre verdorben, wollte man Christus für die Kirche aufbewahren, während man der Welt nur irgendein, vielleicht christliches, Gesetz gönnt. […] Seit Gott in Christus Fleisch wurde und in die Welt einging, ist es uns verboten, zwei Räume, zwei Wirklichkeiten zu behaupten: Es gibt nur diese eine Welt.“
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
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Dietrich Bonhoeffer, Werke (DBW) in 17 Bänden, Bd. 6, S. 53, 12. Auflage 1988, S. 208ff.
Peter Handke, Gestern unterwegs, Salzburg und Wien 2005, S. 22
Ingrid Würtenberger, Epiphanias, in: Wem gehört die Erde, hg. v. Paul Konrad Kurz, Mainz 1964, S. 164
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Gott kommt zu uns - Predigt zu Kolosser 1,24-27 von Rainer Stahl
„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen!“
Liebe Leserin, lieber Leser!
Liebe Schwestern und Brüder!
Heute feiern wir „Epiphanias“, das Fest der „Erscheinung des Herrn“, übersetzt in ein allbekanntes deutsches Wort: Wir feiern wieder „Weihnachten“. Denn den Tag der Geburt von Jesus aus Nazareth kennen wir nicht. Wir wissen, dass die Entscheidungen für konkrete Termine etwas mit der Ersetzung früherer, andersreligiöser Termine zu tun hatten – also mit dem Sieg des Christentums über vorherige Religionen. Deshalb feiern wir in der Westkirche meisthin Weihnachten zum früheren Fest der „siegreichen Sonne“, des „Sol invictus“, am 25. Dezember. Der ostkirchliche Weihnachtstermin, mit dem die Erinnerung an die Taufe Jesu und an das Weinwunder von Kana verbunden ist, wurde vielleicht bewusst auf einen Termin des Dionysos-Kultes gelegt und wird deshalb am 6. Januar gefeiert. Aber im Tiefsten und Wesentlichsten geht es zu beiden Terminen – am 25. Dezember und am 6. Januar – um dasselbe: das Kommen dessen in unsere Welt, der göttliche Qualitäten trägt, um das Kommen Gottes zu uns.
Ich muss bekennen, dass ich erst beim dritten oder vierten Lesen unseres Predigttextes den Zusammenhang zu diesem großen Thema begriffen habe! Wo kommt in diesem Abschnitt des Briefes eines Paulusschülers an die Gemeinde in Kolossä, der ganz unter der „Maske“ seines Lehrers schreibt, das Kommen Gottes in unsere Welt, das Kommen Gottes zu uns vor? Ich bin zusammen mit der gesamten christlichen Kirche der Überzeugung, dass Gott im gekreuzigten Jesus aus Nazareth zu uns gekommen ist. Wer in Form dieses Glaubens auch im Jahr 2018 sein Kommen zu uns erwartet und erhofft, diejenigen ahnen: In unsere gebrochene Welt kommt er auch als Auferstandener nur – weil er ja der auferstandene Gekreuzigte ist (!) – im Zusammenhang mit Leiderfahrungen. Deshalb schreibt unser Briefschreiber – und ich nehme jetzt den Hauptgedankengang auf:
„Nun freue ich mich in meinen Leiden für euch und fülle an meinem Fleisch stellvertretend auf, was an Mängeln der Leiden / der Drangsale Christi an seinem Leib, nämlich dem Kreis der Herausgerufenen / der Gemeinde / der Kirche (noch) besteht. Sein / ihr [des Kreises der Herausgerufenen / der Gemeinde/ der Kirche] Diener bin ich geworden [...], um das Wort Gottes zum vollen Missionserfolg zu bringen.1 Das apokryph gebliebene / das geheim gehaltene Geheimnis [...] ist nun seinen Heiligen offenbart [...] – nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kolosser 1,24.25aα.b.26aα.b.27b).
Dieses Bibelwort gehört nicht zu denjenigen, denen ich mich öfter aussetze, sondern es ist für mich eher ein „fremdes Wort“. Aber aus römisch-katholischem Bereich bei Lektüre oder Predigthören, war mir dieses Wort schon bekannt. Und bei einer Gelegenheit bin ich direkt mit ihm konfrontiert worden – und das war mir sofort gegenwärtig, als ich diesen Text las: Am 17. und 18. September 1994 habe ich als Persönlicher Referent des damaligen Landesbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen meine Kirche bei den Feierlichkeiten zur Errichtung des Bistums Erfurt vertreten. Lebhaft erinnere ich mich an den großen Gottesdienst auf den Domstufen und dem Domplatz am Sonntag, dem 18. September, in dem der Apostolische Nuntius dem bisherigen Apostolischen Administrator, Bischof Dr. Joachim Wanke, zum Zeichen dafür, dass er nun Diözesanbischof ist, den Bischofsstab überreichte. Am Tag vorher gab es einen Ökumenischen Gottesdienst im Dom, bei dem Erzbischof Dr. Johannes Degenhardt, Paderborn, ein bewegendes Grußwort gesprochen hat – und die Gläubigen des Gebietes Erfurt nun in das selbständige Bistum entließ. Dieses Grußwort beendete er in römisch-katholischer Weise mit dem Hinweis auf den ersten Satz unseres Predigtwortes, dass der Apostel „an seinem Fleisch erstatte, was an den Leiden Christi noch fehle – für seinen Leib, das ist die Gemeinde“. Ich fragte mich sogleich, ob hier das Leiden Christi für uns als doch nicht ausreichend angesehen werde, und habe Erzbischof Degenhardt in einem langen Schreiben meine Fragen dargelegt. In seiner Antwort hat Erzbischof Degenhardt, der übrigens im Jahr 2001 zum Kardinal erhoben wurde, eindeutig festgehalten:
„Wir sind uns völlig darin einig, daß die Endgültigkeit des Opfers Christi nicht geschmälert werden darf. Wahrscheinlich wird aber unsere Auffassung in folgendem Punkt differieren:
Wir Christen sind als Mitarbeiter Gottes und Mitarbeiter Jesu Christi berufen, auch an seinem Heilswerk mit ihm und in ihm und durch ihn beteiligt zu sein. Jesus Christus will – jedenfalls nach katholischer Auffassung – nicht alles allein tun. Deshalb ist das Mittleramt Jesu nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr zeigt sich der am Kreuz gestorbene, auferstandene und erhöhte Herr als Haupt der Kirche und die Gemeinschaft der Glaubenden als sein Leib. Wir Katholiken sind der festen Überzeugung, daß sowohl die Heiligen der Kirche als auch die Getauften und Gefirmten und mit der heiligen Eucharistie Gestärkten am Erlösungswerk Christi in ihrer Weise und zu seinem Lob und Ruhm teilnehmen, Anteil bekommen.“
Auch Bischof Wanke, dem ich natürlich meinen Briefwechsel zur Kenntnis gegeben habe, hat mir großartig geantwortet: „Kol 1,24 verstehe ich übrigens auch nicht als satisfaktorische Leiden, sondern als ‚ädifikatorische‘ Leiden. Wer wahrhaft in dieser Welt Christi Jünger sein will, muß auch in den παθήματα seinem Herrn ähnlich werden.“ Diese Antwort darf ich ein wenig übersetzen: In Kolosser 1,24 geht es nicht um rettende, rechtfertigende Leiden, aber es geht in dieser Bibelstelle um auferbauende, die Gemeinschaft stärkende Leiden, insofern eine an Christus glaubende Person auch im Leiden diesem Christus ähnlich wird.
Da ist mir bewusst geworden, wie wichtig es ist, dass wir von der ausschließlichen Frage nach der Bewertung des Weges und Handelns Jesu Christi weggeführt werden und uns aufmerksam machen lassen darauf, dass das Reden, Handeln und Leiden von jeder Christin und jedem Christen heute auch – vielleicht geheimnisvoll – Wirkungen für die Gemeinschaft dieser Christinnen und Christen, dieser Herausgerufenen, dieser Gemeinde, dieser Kirche hat. Kirche ist mehr als nur eine Versammlung, sie ist eine Schicksalsgemeinschaft! Und ist es nicht so, dass genau dahin auch der Gedankengang unseres Briefschreibers zielt? Lassen wir uns darauf ein!
Als Herausforderung des diesjährigen Epiphaniasfestes liegt also auf dem Tisch: Wir setzen uns als Christinnen und Christen dem Erscheinen des leidenden Christus aus und werden darauf hingewiesen zu befragen, zu prüfen, auszuloten, inwiefern unsere Leiden im Zusammenhang stehen mit dem Weg der Gemeinschaft der Herausgerufenen, der Gemeinde, der Kirche heute. Können wir alle unsere Leiden in diesen Horizont einstellen? Oder nur einige? Wenn ja, dann welche? Dieses große Feld kann ich nicht abschreiten. Aber zwei Hinweise seien mir erlaubt:
Auch unsere ganz persönlichen Leiden können geheimnisvolle Wirkungen für die Gemeinschaft der Glaubenden und über sie hinaus haben. Als ich am 21. August 2012 zur dritten und letzten Hochdosis-Chemotherapie, nach der dann die Transplantation meiner eigenen Stammzellen anstehen würde, ins Krankenhaus kam und mein Zimmer bezog, fiel dem pflegenden Studenten auf, dass ich mir das Losungsheft der Herrnhuter bereit legte. Er meinte: „Ah, die Losungen!“ und fügte noch hinzu: „Man freut sich auf der Station, dass Sie kommen.“ ...
Die eigentliche Zuspitzung wird im Text selber gegeben: Leiden und Dienst haben das Ziel, „das Wort Gottes in seiner Fülle zu predigen“, oder wie Hans Hübner übersetzt –: „um das Wort Gottes zum vollen Missionserfolg zu bringen“ (Vers 25b). Es geht also um die Leiden, die sich aus unserer Treue zum Glauben, aus unserer Bereitschaft ergeben können, anderen von unserer Glaubensgewissheit zu berichten. Wenn dies auf Ablehnung und Verächtlichmachung stößt – „Du mit Deiner Kirche. Nur Verbrechen hat sie begangen. Es ist ihr doch immer um Macht gegangen, und auch jetzt kungelt sie mit dem Staat.“ Wenn dies zu Vereinsamung und Isolation im Nachbar- und Freundeskreis führt – „Ich will auch an der Jugendweihe teilnehmen wie alle anderen. Warum soll das neben meiner Konfirmation, die keiner sonst in meiner Klassengruppe mitfeiert, nicht möglich sein?“ Die konkrete Entscheidung angesichts solcher Leiderfahrungen – einmal als Vorwurf seitens der Kritiker, dann als Frage seitens der Betroffenen zur Sprache gebracht – kann ich nicht vorschreiben. Das tut auch der Briefschreiber nicht!
Aber, es ist mein Auftrag, Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, die Augen dafür zu öffnen, dass solche Leiderfahrungen geheimnisvoll der Stärkung der Gemeinschaft der Herausgerufenen, der Gemeinde, der Kirche dienen.
Es sei mir erlaubt, es dabei bewenden zu lassen. Über Leiderfahrungen, die ich vom Hören-Sagen her kenne und die viel zu oft ungleich größer sind, möchte ich jetzt nicht theoretisieren. Für sie gilt gewiss um vieles mehr, was schon für unsere Leiderfahrungen gilt und was dieses Epiphaniasfest uns deutlich macht: In diesen Unsicherheiten, in diesen Zweifeln, in diesem Leid ist der leidende Christus an unserer Seite und stärkt uns und baut geheimnisvoll seine Kirche, seine Gemeinde, seinen Kreis der Herausgerufenen.
Amen.
„Und der Friede Gottes,
der höher ist als unsere Vernunft,
bewahre Eure Herzen und Sinne bei Christus Jesus, unserem Herrn!“
1 I Vgl. zu dieser Übersetzung: Hans Hübner: Art. πληροω, EWNT III, 1983, Sp. 261.
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Christusklänge – oder: Hat Jesus eigentlich gesungen? - Predigt zu Kolosser 3,16f. von Jochen Arnold
Christusklänge – oder: Hat Jesus eigentlich gesungen?
Hat Jesus eigentlich gesungen? Diese Frage hat der jüngst verstorbene Autor Umberto Eco in seinem Roman Der Name der Rose leider nicht gestellt. Er fragte ja bekanntlich, ob Jesus gelacht hat – ein Thema, das im Mittelalter übrigens einiges an Sprengkraft hatte. Denn am Lachen erkannte man den Narren, nicht den Weisen…
Was denken Sie? Hat er nun oder hat er nicht!?
Nun, keiner von uns war dabei. Viel können wir mit Sicherheit nicht sagen. Das liturgische Lob des Passa hat er noch kurz vor seinem Tod mit seinen Jüngern feierlich begangen. Das wissen wir aus der Passionsgeschichte. Und natürlich hat er immer wieder Gott „gedankt“ oder sogar Gott feierlich gepriesen. Aber was Jesus ein Sänger? Hier schweigen die Evangelien. Und doch singen wir in der Kirche, bei Katholiken und Protestanten, Orthodoxen und in Freikirchen… in Dur und Moll, klassisch und Pop. Alte und Junge, Männer und Frauen. Gespielt und auf Instrumenten wird nicht überall, aber das Singen verbindet alle. Woher kommt das? Gibt es eine Art Dienstanweisung?
Hören wir dazu heute ein biblisches Wort, das über Jesus und die Musik spricht. Luther hat den zentralen Vers, um den es heute gehen soll, 1534 so übersetzt:
• Lasset das Wort Christi unter euch reichlich wohnen
• In aller Weisheit lehrt und ermahnt euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen, lieblichen (das ist tröstlichen, holdseligen, gnadenreichen) Liedern
• und singet dem Herrn in eurem Herzen.
Man hat den Eindruck, dass es aus Luther förmlich heraussprudelt. Das Adjektiv geistlich wird gleich vierfach übersetzt: lieblich, tröstlich, holdselig, gnadenreich. Was hier beschrieben wird, das ist eine Quelle der Schönheit und der Kraft, die einen schwärmen lässt…. Christus bringt sich musikalisch „unters Volk“.
Die „Einsetzungsworte der Kirchenmusik“, wie ich sie gerne nenne, beantworten unsere eingangs gestellte Frage in einer überraschend anderen Perspektive: Ganz egal, ob Jesus von Nazareth nun gesungen hat: der gekreuzigte und auferstandene Christus kommt zu uns, wird in seiner Gemeinde damals wie heute lebendig durch Musik. Sein Wort bekommt ein Gewand von Tönen und Rhythmen, das wir uns anlegen können. Dieses Bild entnehme ich den vorigen Versen, wo von den Kleidern der Sanftmut und Freundlichkeit die Rede ist. Du und ich, wir sind beide in der Lage, religiös musikalisch zu werden. Das was unseren Glauben trägt und inspiriert, was unser Leben mit Gott schön und reich macht, dürfen wir weitersingen…. An Anderen weitergeben, „kommunizieren“ – ganz positiv.
Damit ist noch nichts über die Art des Singens oder über seine Qualität gesagt. Wichtig ist zunächst der Christusbezug. Logos tou christou, das Wort, das von Christus erzählt, aber auch das Wort, das Christus selbst unter uns lebendig werden lässt, ist damit gemeint. Dieser Gedanke ist unerhört und übertrifft alles, was im Alten Testament von der Musik gesagt wird. Gott (Christus) selbst kommt zu uns und nimmt musikalische Wohnung bei uns. Unser Herz und unser Gottesdienst werden zum Konzertsaal des Evangeliums, zum Resonanzraum des Glaubens.
Schon bei den ersten Christen war das Singen übrigens ein Markenzeichen. Der Schriftsteller Plinius berichtet in einem Brief an den Kaiser Trajan von seiner kritischen Inspektion der Christen: „Sie beteuerten jedoch, ihre ganze Schuld oder auch ihre Verirrung habe darin bestanden, daß sie gewöhnlich an einem fest gesetzten Tag vor Sonnenaufgang sich versammelt, Christus als ihrem Gott im Wechsel Lob gesungen und sich mit einem Eid (sacramentum) [dazu] verpflichtet hätten.“
Hier wird das Dialogische der Gesänge ebenso deutlich wie der Mut der frühen Gemeinde, die mit ihren Gesängen ein klares Bekenntnis abgegeben haben. An ihrem Gesang hat man sie als Christen erkannt… Das Christuslob war fester Bestandteil ihrer Feier. Und zugleich eine Absage an den Kaiser. Ich behaupte: Christus selbst war bei ihnen und machte sie stark und widerstandskräftig. In den Katakomben in Rom kann man das auf den Bildern ahnen: Da singen die drei Freunde Daniels auch noch in der Glut des feurigen Ofens und Jona jubelt schon von der Rettung im Fischbauch. Das ist der „spirit“ der ersten Gemeinde.
Damit ist schon einiges zu unserer Stelle gesagt:
Das Singen ist grundsätzlich allen Christen aufgetragen. Es hat eine öffentliche Dimension. Es geschieht nicht nur in geschlossenen Kirchenmauern oder im stillen Kämmerlein… Singende Christenmenschen haben bis heute einen prominenten Anteil an der Verkündigung der Kirche. Sie haben ein Bekenntnis auf den Lippen loben damit Christus, wie Plinius es interpretiert.
Welche Lieder sind es, was wissen wir darüber:
Drei Gattungen werden erwähnt: Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder (Oden).
A Zum einen sind da die Psalmen. Sie stehen für die Verbindung der frühen Kirche mit dem auserwählten Volk Israel. Singet dem Herrn, denn er tut Wunder. Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Diese Formen werden von der jungen Gemeinde übernommen, etwa im Lobgesang der Maria: Meine Seele erhebt den Herren und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes.
B Was sind Hymnen? Vielleicht der griechische Typus, der auch in neutestamentlichen Christusliedern zu greifen ist. Man denke an den Anfang des Johannes-Evoder an den Hymnus im Kolosserbrief, der kurz vor unserem Vers zitiert wird.
Christus ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der Erstgeborene vor aller Schöpfung.
Denn in ihm ist alles geschaffen,
was im Himmel und auf Erden ist,
das Sichtbare und das Unsichtbare,
es seien Throne oder Herrschaften
oder Mächte oder Gewalten;
es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.
Und er ist das Haupt des Leibes,
nämlich der Gemeinde.
Er ist der Anfang,
der Erstgeborene von den Toten,
damit er in allem der Erste sei.
C Was sind die geistlichen Lieder (pneumatische Oden)? Das könnten auch spontan gedichtete Lieder sein. Man denke an kleine Singsprüche oder Chorusse, wie wir sie auch heute noch singen. Eine zeitgenössische jüdische Quelle von Philon aus Alexandria beschreibt: Nach dem Mahl bilden sie zwei Chöre, den einen von Männern, den andern von Frauen. Zum Führer und Vorsänger wird für jeden Chor der geachtetste und musikalischste gewählt... Bald singen sie voller Begeisterung Lieder, die für feierliche Aufzüge bestimmt sind, bald Lieder, die vom Chor vorgetragen werden.
Vielfalt ist also angesagt, Männer und Frauen sind beteiligt, Chor und Gemeinde musizieren im Wechsel. Altes und Neues erklingt unter guter Anleitung. Heute würden wir sagen: Anything goes, fast alles ist musikalisch möglich im christlichen Gottesdienst. Choräle und Kantaten, Gospels, Worship und Rap. Sofern sie Gott loben und Menschen aufbauen.
Doch nun kommt noch das Beste. Der Verfasser des Kolosserbriefs hört hier nicht auf, der Gottesdienst geht bei ihm weiter. Er setzt sich fort im Alltag:
Alles was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen Jesu! Und preist Gott, den Vater durch ihn.
Das Singen und Klingen inspiriert zum Handeln. Mit dem Ohrwurm auf den Lippen lässt es sich leichter glauben und leben, bezeugen und helfen. Die Eucharistia, die Dankbarkeit Gott gegenüber, ist der cantus firmus des christlichen Lebens. Wer mit den Lippen Gott lobt, ist auch mit Händen und Füßen bei den Menschen, in einer Welt die Gott nicht fallen lässt.
Deshalb können wir auf die Kirchenmusik in all ihren Facetten nicht verzichten. Ja mehr noch, das „neue Lied“ von Christus ist ein Markenzeichen der Kirche. Nur als klingende&singende Kirche sind wir eine einladende, gewinnende Kirche. Sie singt das Lied von Ostern, auch dann wenn es im Alltag dunkel wird und die Welt über uns zusammenbricht.
Hat Jesus gesungen!? Wir können es nur vermuten. Aber das neue Lied von Jesus klingt in uns und durch uns weiter, am Sonntag und im Alltag. Wir bekommen so viel geschenkt, wenn eine Schwester oder ein Bruder für uns ein Lied des Glaubens singt. Dann werden sie uns zum Christus. Kirche wird erhoben und gestärkt, wenn unsere Chöre musizieren, wenn Orgeln zum Lob Gottes klingen. Nicht immer im Fortissimo, auch im Piano kann das sein: Das klagende Kyrie ist so wertvoll wie das jubelnde Gloria. Und erst recht dann ist Christus da, wenn ein „Fürchte dich nicht“ oder „Ich bin bei euch“ zum Klingen kommt.
J.S. Bach vereinte diese drei Aspekte in seinem Schaffen in eindrücklicher Weise. Über seine Partituren schrieb er JJ, Jesu Iuva, Jesus hilf. Am Ende stand bekanntlich immer das SDG, Soli Deo Gloria, Gott allein die Ehre. Und in seine Bibel notierte er zur Tempelweihe Salomos (2 Chronik 5), bei der Gott selbst unter Gesang, Trompeten- und Saitenspiel mit seiner Wolke Wohnung bei den Menschen nimmt: „Nota bene. Bey einer andächtigen Musique ist Gott allezeit mit seiner Gnaden=Gegenwart!“