Dem Auferstanden begegnen und ihn erkennen - Predigt zu Lukas 24,13-35 von Mira Stare
Dem Auferstanden begegnen und ihn erkennen
Liebe Glaubende,
jedes Jahr neu bekennen wir mit einem besonders feierlichen Ton am Ostertag: „Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!“ Seit seiner Auferstehung ist er unsichtbar gegenwärtig auch unter uns. Er lässt sich begegnen und erkennen, auch jeder und jedem von uns. Was würden Sie erzählen, wenn man Sie jetzt nach Ihren Erfahrungen mit dem Auferstanden fragen würde? Könnten Sie sofort über konkrete Begebenheiten erzählen, oder ist es für Sie auf diese Frage nicht so einfach zu antworten?
Im heutigen Evangelium geht es um solche Erfahrungen der zwei Jünger Jesu, die sich jedoch zunächst auch schwer tun. Denn sie erkennen den Auferstanden, der ihnen begegnet lange nicht.
Es ist der Ostertag. Die zwei Jünger sind bereits auf dem Weg nach Emmaus, weg von Jerusalem, weg von der Gemeinschaft Jesu, weg von den Ereignissen der letzten Tage. Nicht eine Aufbruchsstimmung ist auf ihrem Weg spürbar, sondern Resignation und Verzweiflung. Sie müssen die Ereignisse der letzten Tage in Jerusalem, das Geschehen um Jesus und sein Sterben, noch verarbeiten.
Sie bleiben jedoch nicht lange allein. Der auferstandene Jesus ergreift die Initiative, begegnet ihnen und fragt sie nach den Dingen, die sie beschäftigen. Er hört ihnen zu, wie sie über ihn und über sein Leben, Wirken und Sterben und sogar über sein leeres Grab reden. Das Leiden und das Sterben des Messias, das für die Jünger der Grund ihrer Enttäuschung ist, deutet nun Jesus ihnen im Licht der Heiligen Schrift. Er legt ihnen die Schriften so aus, dass ihr Herz zu brennen beginnt. Nun möchten sie ihren noch unbekannten Wegbegleiter nicht mehr loslassen und bitten ihn, mit ihnen auch am Abend in Emmaus zu bleiben.
Am Tisch ergreift der Auferstandene noch einmal die Initiative. Er nimmt das Brot, sprich den Lobpreis, bricht das Brot und gibt es beiden Jüngern. Nun gehen ihnen die Augen auf. Denn sie kennen bereits diesen Brotritus. Sie haben ihn schon in der Gemeinschaft mit dem irdischen Jesus erfahren. Nun sind sie sicher: Ihr Begleiter ist niemand anderer als Jesus. Der Auferstandene ist kein anderer als Jesus von Nazaret, der Gekreuzigte. Obwohl sie ihn anschließend nicht mehr sehen, ist diese Begegnung Grund genug, dass sie noch in derselben Stunde nach Jerusalem in die Gemeinschaft zurückkehren. Dort legen sie das Zeugnis für den auferstandenen Jesus und für die Begegnung mit ihm ab.
Liebe Glaubende, die Emmauserzählung fordert auch uns heraus und stellt uns vor die Frage: Wohin gehen wir? Sind auch wir immer wieder auf dem Weg nach Emmaus, weg von anderen Menschen, resigniert und verzweifelt? Wann sind unsere Augen und unsere Herzen blind, so dass wir nicht mehr hoffen und glauben können?
Weiter gibt uns diese Erzählung die Gewissheit, dass der Auferstandene selbst die Initiative ergreift und zu uns kommt, auch wenn wir von ihm weggehen. Er lässt uns nicht zugrunde gehen. Der Auferstandene vermag auch unsere Augen zu öffnen und unsere Herzen zum Brennen zu bringen. Sein Wort hat zündende Kraft, das Teilen des Brotes schenkt uns das tiefere Sehen und Erkennen seiner Person.
Die Emmauserzählung lädt uns ein, den Auferstandenen in unserer Gegenwart und in unserem eigenen Leben zu erkennen und sich von ihm anstecken zu lassen – durch das Wort der Schrift und das Teilen des Brotes. Der Tisch des Wortes und der Tisch des Brotes sind wichtige Stütz- und Stärkungspunkte auf unserem Weg. Weiter kann man sie auch mit der Funktion eines Kompasses vergleichen. Denn an diesen zwei Tischen, die uns der Auferstandene deckt, können wir unseren Weg immer wieder neu von Emmaus nach Jerusalem ausrichten und unsere Schritte in die Gemeinschaft zu unseren Mitmenschen – zu unseren Schwestern und Brüdern – lenken. So wird unser Klagen und Jammern, unsere Resignation und Verzweiflung, durch die Begegnung mit dem Auferstandenen am Tisch des Wortes und am Tische des Brotes in österliche Hoffnung und Freude verwandelt. Auch wir werden nicht mehr still sein können, sondern voll Freude Jesus, den auferstandenen und erhöhten Herrn in der Gemeinde und in der Welt mit brennendem Herzen und offenen Augen verkünden und über unsere Erfahrungen mit ihm erzählen.