Mit Gottes Liebe unsere wahre Liebe finden – Predigt zu Jeremia 23, 16-29 von Rainer Kopisch
23,16-29

Mit Gottes Liebe unsere wahre Liebe finden – Predigt zu Jeremia 23, 16-29 von Rainer Kopisch

Liebe Gemeinde,

die Bezeichnung falsche Propheten ist schon sehr alt, aber auch in unserer Zeit in Gebrauch. Damit wird eine Erscheinung bezeichnet, die seit Menschengedenken ernste Gefahren für das Leben von Menschen heraufbeschwören kann. Der Predigttext des heutigen Sonntags führt uns in die Lebenszeit des Propheten Jeremia. Er weist mit Gottes Wort auf die Gefahr der falschen Propheten seiner Zeit hin. Sie führen die Menschen fern von Gott in die Irre.

Doch hören sie selbst aus dem Kapitel 23 des Buches Jeremia die Verse 16 bis 29:

Ich lese den Text in der aktuellen Luther-Übersetzung.

so spricht der Herr Zebaoth: hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch, sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Mund des Herrn. Sie sagen denen, die das Herren Wort verachten: es wird euch wohlgehen –, und allen, die im Starrsinn ihres Herzens wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen. Aber wer hat im Rat des Herrn gestanden, dass er sein Wort gesehen und gehört hätte? Wer hat sein Wort vernommen und gehört? siehe, es wird ein Wetter des Herrn kommen voll Grimm und ein schreckliches Ungewitter auf den Kopf der Gottlosen niedergehen. Und des Herrn Zorn wird nicht ablassen, bis er tue und ausrichtet, was er im Sinn hat; zur letzten Zeit werdet ihr alles klar erkennen. Ich sandte die Propheten nicht, und doch laufen sie; ich redete nicht zu ihnen, und doch weissagen sie. Denn wenn sie im Rat gestanden hätten, so hätten sie meine Worte meinem Volk  gepredigt, um es von seinem bösen Wandel und von seinem bösen Tun zu bekehren. Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist? Meinst du, dass sich jemand so heimlich verbergen könne, dass ich ihn nicht sehe? spricht der Herr. Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt? spricht der Herr. Ich höre es wohl, was die Propheten reden, die Lügen weissagen in meinem Namen und sprechen,: Mir hat geträumt, mir hat geträumt. wann wollen doch die Propheten aufhören, die Lüge weissagen und ihres Herzens Trug weissagen und wollen, dass mein Volk meinen Namen vergesse über ihren Träumen, die einer dem andern erzählt, so wie ihre Väter meinen Namen vergaßen über dem Baal? ein Prophet, der Träume hat, der erzähle Träume; wer aber mein Wort hat, der predige mein Wort recht. Wie reimen sich Stroh und Weizen zusammen?, spricht der Herr. Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?

Wir bekommen eine Schilderung des Jeremia über die Zustände seiner Zeit. Wir hören von falschen Propheten, die ihre eigenen Träume zu Weissagungen machen. Denen, die das Wort Gottes verachten, sagen sie Wohlergehen voraus und denen, die starrsinnig auf den egoistischen Wünschen ihres Herzens verharren, sagen sie, dass kein Unheil über sie kommen wird. Wir hören nichts über die Beweggründe und die Absichten dieser falschen Propheten. Gott macht auf die mangelnde Legitimation aufmerksam. Wer hat im Rat des Herrn gestanden, dass er sein Wort gesehen und gehört hätte? Wer hat sein Wort vernommen und gehört?
Gottlos sind sie und es wird sie ein schreckliches Unwetter treffen bis allen klar sein wird, was der Wille Gottes ist. Wenn diese falschen Propheten wirklich von Gott gesandt wären, hätten sie das Volk mit Gottes Worten von seinem bösen Wandel und seinen bösen Taten bekehrt. So aber haben sie all das Böse und Schlimme noch dadurch unterstützt, dass sie sich als Propheten Gottes ausgegeben haben. Gott stellt durch Jeremia klar, dass er unabhängig und nicht zu vereinnahmen ist, wie nahe er auch den Menschen kommt, denn seine Größe reicht bis in die unerreichbare Ferne. Gott ist eben nicht und für niemand verfügbar.
Jeder Mensch aber, wo er auch ist, wird von Gott gesehen, weil Gott allumfassend ist.
Gott kennt die falschen Propheten. Er hört, wie sie als Propheten auftreten und  was sie weissagen. Er kennt ihre Lügen, mit denen sie die Menschen betrügen und verführen. Er klagt sie mit Recht an, dass sie sich bemühen, Gottes Namen vergessen zu machen. Was die falschen Propheten träumen, erfahren wir nicht, aber die Verbreitung ihrer Träume bereitet den Boden für die Willkür und die Herrschaft des widergöttlichen Bösen. Eine Scheinwelt ist entstanden, in der Betrüger und Betrügerinnen mit den Betrogenen wie in einer gemeinsamen großen Seifenblase von Selbstbetrug leben. Gottes Wort wird aus dieser Scheinwelt ausgeschlossen, weil es diese Welt in Frage stellt. Es wäre entlarvend für Verführer und Verführte in der gottfernen Scheinwelt. Gott selbst spricht von seinem Wort wie von einem Feuer oder einem Hammer, der Felsen auseinanderbrechen lässt.

Uns betrifft dieses gewaltige Wort Gottes scheinbar nicht, solange wir das Prophetenwort des Jeremia auf seine Zeit begrenzen. Ich fühle mich Jeremia und seinem schweren Prophetenamt verbunden und sage frei heraus: Dieses Gotteswort im heutigen Predigttext ist hoch aktuell. Es beschreibt einen bösen Teil der Lebenswirklichkeit in unserem Land, Europa und der Welt sehr genau. Es wird ein Geheimnis der Menschheit bleiben, dass es in dieser Welt immer wieder zu diesen menschenunwürdigen Zuständen der Verführung durch falsche Propheten kommt. Als menschunwürdig bezeichne ich sie deshalb, weil Gott den Menschen als sein Ebenbild erschaffen hat. Die Würde Gottes sollte sich in der Würde des Menschen spiegeln. Einen Blick in unsere Verfassung könnte Hoffnung wecken.

Damit keine unnötigen Zweifel aufkommen, will ich noch eine wichtige Voraussetzung dieser Predigt nennen: Gottes Liebe gilt allen Menschen. Sie zu erfahren, sollte allen Menschen ermöglicht werden. Das heißt auch: Diese Liebe kennt keine Grenzen, wie wir Menschen sie auch immer ziehen könnten.

Die Botschaft der Liebe Gottes ist durch Jesus erneut in die Welt gekommen. In der Liebe zu sein und die Botschaft Jesu ernst zu nehmen, bedeutet auch die Botschaft Gottes in den Worten des Propheten Jeremia deutlicher zu erkennen.

Die Aktualität dieses Gotteswortes lässt uns fragen, wer uns heutige Menschen mit ausgedachten Geschichten - auf neudeutsch: fakenews – verführt und wie es möglich ist. Botschaften wie „Es wird euch wohlgehen“ hören wir gern, weil wir das auch wünschen. Unsere Wünsche gehen in Erfüllung, wenn  wir den wörtlichen und bildlichen Versprechungen der Werbung folgen. Menschliche Schwächen aus den verstecktesten Ecken der Seele werden angesprochen und mobilisiert. Gott will nicht, dass wir mehr auf das Haben und Besitzen achten als darauf, wie wir als Menschen und Christen die Gabe der Liebe Gottes in dieser Welt leben.  Der Mangel an wirklicher Liebe und die inneren Nöte der Menschen können zu Fluchten in verschiedene Irrwege und Süchte führen.

Wo liegt der Grund die Anfälligkeit der Menschen für die Botschaften falscher Propheten? Jesus benennt im Johannesevangelium Kapitel 16 Vers 33 einen Grund:

In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost: Ich habe die Welt überwunden. (Joh 16,33). Jesus hat mit der Liebe Gottes die Macht der Angst in der Welt gebrochen. Deshalb haben wir als Christen die Möglichkeit, die Angst in unserem Leben auf ihre ursprüngliche Aufgabe zu reduzieren, uns auf aktuelle Gefahren zeitnah aufmerksam zu machen. Wenn wir in der Nachfolge Jesu durch unser Leben gehen, werden wir der Liebe Gottes in unseren Herzen folgen können und alles, was uns begegnet, in ihrem Licht sehen. Mit diesem Licht können wir auch die Schatten in unserer Seele erkennen. Wir sind Menschen, die anfällig sind für Neid und Eifersucht, für Habgier und Geiz, für Machtgier und für die Angst, die uns zu Eitelkeit, Hochnäsigkeit, verletzendem Gehabe, Machtgier und aggressivem Verhalten führen kann.

Tiefsitzende Unzufriedenheit und Existenzängste machen Menschen für die Botschaften und Worte falscher Propheten empfänglich. Empfindungen, Opfer von Ungerechtigkeit zu sein, machen Menschen traurig oder aggressiv. Allein die Aufmerksamkeit und der Beistand liebender Menschen können hier beistehen.
Als Christen brauchen sie unseren Herrn nicht zu fragen. Sie wissen, dass sie zwei Aufgaben haben, die sie nacheinander abarbeiten können, wenn sie bereit sind. Die erste Aufgabe ist: Der Liebe Gottes in sich selbst Raum geben und langsam selbst Liebe zu werden. Wenn sie sich wundern sollten. Sie haben richtig gehört. Liebe hat nichts mit Machen sondern mit Sein zu tun. Die zweite Aufgabe ist: Andere Menschen mit der Liebe Gottes anzustecken. Gott hat ihnen genug gesunden Menschenverstand, Fantasie und Vertrauen in die Kraft der Liebe geschenkt.
Sie werden auch andere Menschen für diese Aufgabe gewinnen können. Warten Sie dabei nicht auf Initiativen von Pfarrerinnen, Pfarrer oder Mitglieder der Kirchenvorstände oder anderer Gremien. Haben Sie keine Furcht eine falsche Prophetin oder ein falscher Prophet zu werden.
Das können sie gar nicht schaffen, wenn Sie die Liebe Gottes sind. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie wie Jeremia auf Ablehnung oder Schlimmeres stoßen. Was soll Ihnen passieren? Sie werden in der Liebe Gottes Verständnis für jeden Menschen entwickeln, sie werden aber auch Geduld mit sich und anderen brauchen.

Amen