Liebe Gemeinde,
die neue Bundesregierung ist an die Arbeit gegangen und auch das Referat „Heimat“ im Innenministerium ist zu einer ersten Sitzung zusammengekommen. Durch eine Indiskretion gelangten erste Ergebnisse an die Öffentlichkeit. Die Frage war: Wie kann die Stimmung in der Heimat besser werden; so dass die Menschen auch wieder näher zusammenrücken. Der erste Referent schlug vor: Wir geben Geld aus für eine millionenfache Kampagne auf Facebook, soll ja bei der Wahl von Donald Trump geholfen haben. Der Einwand dagegen war: Facebook ist im Moment kein gutes Thema, die Nachhaltigkeit ist zu bezweifeln. Der zweite Referent schlug vor: Wir senken während der Fußball-Weltmeisterschaft die Alkoholsteuer und treten als Sponsoren für unsere Jungs auf. Auch hier gab es Einwände: Das letzte Spiel haben sie verloren, ein gutes Abschneiden der Deutschen ist nicht garantiert. Außerdem: Wie nachhaltig kann diese Aktion sein? Alle blickten dann auf die dritte Referentin, die bisher noch nichts gesagt hatte: Plötzlich glitt ein Strahlen über ihr Gesicht: „Wir übertragen die Feier einer Osternacht im Fernsehen“, rief sie. „Ostern verbreitet Freude, Zuversicht und Zusammenhalt seit 2000 Jahren. Nichts ist nachhaltiger!“
Immerhin, liebe Gemeinde, das ist nicht zu bezweifeln: Die Botschaft von Ostern ist wirkmächtig bis in unsere Zeit. Und ohne die Botschaft, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, wüssten wir nichts von Jesus, gäbe es den christlichen Glauben nicht.
Der Evangelist Matthäus erzählt auf seine Weise, was für ein weltbewegendes Ereignis an Ostern geschah: Ein Erdbeben erschüttert die Region, ein Engel erscheint wie ein Blitz und wälzt den Stein vom Grabe weg. Die Wachen erbeben vor Furcht und fallen um, als wären sie tot. Deutlicher kann Matthäus es gar nicht sagen: Gott selber ist am Werk. Er weist den Tod und die Wächter des Todes in die Schranken. Er ist es, der Jesus von den Toten auferweckt hat.
Dabei aber bleibt das Eigentliche den menschlichen Augen verborgen: Matthäus schildert uns nicht den Vorgang der Auferstehung. So machtvoll und weltbewegend Gottes Handeln auch ist, es entzieht sich menschlicher Beobachtungsgabe und menschlicher Vorstellungskraft.
Stattdessen beschreibt der Evangelist zwei Frauen auf dem Weg, die einem lieben Menschen den letzten Liebesdienst erweisen wollen: Sie wollen seinen Leichnam salben. Ganz früh am morgen sind sie unterwegs. Schon durch die Zeitangabe will Matthäus uns damit nahe bringen: Ostern ist die Geburt des Lichts aus tiefster Dunkelheit.
Im Zentrum unserer Geschichte stehen zwei Begegnungen: erst die Begegnung der Frauen mit dem Engel und dann die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus selbst.
Fürchtet euch nicht! So geht es los. Der Engel verweist auf Jesus den Gekreuzigten, der nicht mehr im Grab sei. Geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, dass er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen.
Der Engel lädt die Frauen ein, das leere Grab anzuschauen, aber dies tut er mehr nebenbei. Kein Wunder. Ein leeres Grab an sich sagt gar nichts. Entscheidend ist vielmehr die Aussage: Jesus der Gekreuzigte ist von Gott auferweckt worden. Die Frauen hören die Verheißung, dass der Auferstandene ihnen erscheinen wird. Und damit verbindet sich die Aufforderung, die Osterbotschaft den Jüngern Jesu weiter zu sagen, also selber gewissermaßen zu Osterengeln zu werden.
Eine besonders schöne Umsetzung von dem, was Matthäus wichtig ist mit seiner Geschichte, habe ich im letzten Jahr in Ravenna bewundert. Ich meine damit das Mosaik in der Basilica di Sant’Apollinare Nuovo. Man sieht auf der rechten Seite der Darstellung, wie die beiden Marien mit traurigem Gesichtsausdruck mit ihren rechten Armen auf das Innere des Grabes weisen. Noch sind sie der alten Welt, der düsteren Vergangenheit verhaftet. Auf der linken Seite der Darstellung sitzt der Engel mit munterer Miene auf dem Grabstein und grüßt mit seiner rechten Hand; fast so, als wollte er ein Kreuzeszeichen schlagen!1 – Denn darauf läuft es ja hinaus: Der Gekreuzigte lebt und mit ihm verbindet sich Segen: Gottes Kraft für Liebe und Leben auch über den Tod hinaus!
Die Frauen laufen vom Grab weg mit Furcht und mit großer Freude. Eine nie gehörte und erfahrene Botschaft wie die von der Auferweckung Jesu, die muss ja Verunsicherung und daher Furcht auslösen, aber zugleich auch Freude wecken; Freude darüber, dass das Grab Jesu nicht das Ende aller Hoffnung ist. – Und die Worte des Engels bewahrheiten sich, die Frauen begegnen dem Auferstandenen und fallen vor ihm als vor ihrem Heiland nieder. Und Jesus sendet sie wie zuvor der Engel zu seinen Jüngern und verheißt sein Erscheinen in Galiläa.
Und wir liebe Gemeinde? Riskieren wir es mit der Osterbotschaft? Ich gestehe: Auch mich überfallen beim Hören Furcht und große Freude!
Furcht, dass die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi zu groß ist: für meinen engen Kopf, für mein kleines Herz, für meine schweren Beine.
Aber mich erfüllt auch große Freude: Wenn Gott den hält, den alle fallen gelassen haben, welche Mächte der Sünde, der Hölle und des Todes halten dann noch stand? Wer soll mich abhalten von einem Leben, das auf die Liebe Gottes in Christus Jesus setzt? Wer will mir die Hoffnung auf Zukunft ausreden?
Ich komme dann doch nicht mehr auf die Idee, meinen engen Kopf, mein kleines Herz, meine schweren Beine für das Maß aller Dinge zu halten! Die Welt und mit ihr ich selber kann mir jede Menge Vorhaltungen machen. Aber was soll mich da verunsichern, wenn Christus mein Heiland lebt und nachhaltig hält? Sich an den halten, der dich hält. Dann kannst Du
Mut behalten,
Ängste fernhalten,
Sorgen abhalten,
Treue einhalten
Leid aushalten
an Hoffnung anhalten,
weil der Auferstandene dir Leben erhält.
AMEN
1 Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament I/4, Ulrich Luz, Das Evangelium nach Matthäus (Mt 26-28), Düsseldorf 2002, S.410.