Predigt zu 2.Thessalonicher 3,1-5 von Heinz Behrends

Predigt zu 2.Thessalonicher 3,1-5 von Heinz Behrends
3,1-5

„Fußball ist mein Ding“, sagt er mir letztes Wochenende. „Ich habe fast alle Spiele der WM angeschaut“. Ich versteh ihn. Fußball. Da ist das ganze Leben drin. Begeisterung, Spannung, Überraschungen , Glück, Helden, tragische und fröhliche, von Neymar bis Schweinsteiger, von Messi bis Götze. Sieg und Niederlage. Tränen vor Freude und vor Traurigkeit. Spieler und Fans weinen, Männer umarmen sich. Fußball ist mein Ding.

„Und der Glaube?“ „Der Glaube ist nicht mein Ding“, sagt er. Ich sage: „Beim Glauben geht es doch auch um Freude und Leid, um Sieg und Niederlagen. Spieler beten und zeigen zum Himmel. (Ein) Götze erlöst Deutschland,  hieß es in den Zeitungen“.- „Nee, das ist was anderes“.

„Der Glaube ist nicht jedermanns Ding“, sagt der Apostel. Mich wundert das nicht. Geht es doch im Glauben nicht um ein Spiel. Vor 4 Jahren sagt der Arzt nach der Biopsie zu mir: „Es ist Krebs“. Zwei Jahre später sagt er dasselbe zu meiner Frau. Es geht nicht mehr um Sieg oder Niederlage. Es geht um Leben oder Tod. Mein Glaube wurde durchgeschüttelt. Ich konnte nicht mehr beten. Meiner Frau ging es genauso. Gott wird das Wachsen der kranken Zellen nicht stoppen. Ich verschone ihn mit meinen Bitten, dachte ich. Das Vertrauen war gestört. Glaubst du nur, wenn es dir gut geht? Fragte ich mich selbstkritisch.

Ich habe nach vertrauten Worten gesucht. „Gott wird dich stärken und bewahren vor dem Bösen“. Aber der Trost legte sich nicht beruhigend auf meine Seele.

Nicht Worte, sondern Musik wurde mein Trost. Gesungene Worte, in Harmonien gesetzt. Sie heben mich wie mit einer unsichtbaren Hand aus den schweren Gedanken. „Denn er hat seinen Engeln befohlen über Dir“ höre ich die Kantorei singen. Ich sehe mich in Taize im Gottesdienst auf dem Boden sitzen und „Laudate omnes gentes“ singen. Ich singe mit Ihnen „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Meine Seele findet Frieden. Wenn gesprochene Worte versagen, treten die gesungenen an ihre Stelle.

Die vertrauten Texte, die zu Melodien geworden sind. Sie wohnen in mir. Sie klingen in mir, ich höre sie, sofort rühren sie mich an.
Sie machen stark für das Sterben und für das Leben. Der Glaube wird schön in der Musik.

Aus der Schönheit wächst eine unglaubliche Stärke zum Handeln. Beides gehört zusammen.
„Wer gregorianisch singt, muss auch für die Juden schreien“, hat Dietrich Bonhoeffer gesagt, als er ahnte, dass Menschen sich mit Musik verstecken können.

Das lateinische „bonum“ hat eine doppelte Bedeutung. „Gut und schön“. Aus dem Schönen wächst das Gute. (Das Hässliche erzeugt Hass). Selbst die griechische Sprache spielt mit dem Gedanken. Zwei Fremdworte zeigen das auch in unserer Sprache. Ästhetik und Ethik. Aus der Ästhetik, dem Schönen, wächst die Ethik, das Tun des Guten. Darum ist es wichtig, das Schöne zu genießen.

Ich stehe kurz vor Ende meiner Dienstzeit. Aber schon als Abiturient vor 47 Jahren habe ich mich mit dem 20. Juli beschäftigt, es war mein Abi-Thema. Im Studium waren die Texte von Bonhoeffer mir die wichtigsten. Die Entschiedenheit der anderen Männer und Frauen.

„Betet, dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen“, sagt der Apostel. Böse Menschen gibt es, denen zu widerstehen ist. Sie haben es sich nicht leicht gemacht, damals vor 70 Jahren. Sie kannten das 5. Gebot: „Du sollst nicht töten“. Sie waren sich ihrer Verantwortung bewußt, sie haben sich nicht mit ihrer Tat, Hitler zu töten, gebrüstet. Sie haben die Schuld auf sich genommen. Sie haben bewußt ihr Leben eingesetzt für das Ende des Krieges, für ein neues, anderes Deutschland.

Als Schüler kannte ich alle ihre Namen, noch heute erinnere ich viele. Graf Stauffenberg, Oster, von Dohnanyi, Klaus Bonhoeffer, von Moltke, Goerdeler, Mierendorf, Delp.  Einer von ihnen ist Adam von Trott zu Solz. Er machte sein Abitur ganz  in unserer Nähe, in Hannoversch Münden, er studierte in Göttingen und zog durch viele Reisen ein enges Netz des Widerstandes mit dem Ausland, vor allem in England und Schweden, sogar in China  Er war enger Freund des Attentäters Graf von Stauffenberg.

Er wurde am 20. Juli verhaftet, am 26. August mit 35 Jahren wie viele von ihnen in Plötzensee gehängt. Er handelte wie andere aus tiefem Glauben. An seine Frau schrieb er.

„Liebes Claritchen, Vergib mir den tiefen Schmerz, den ich dir verursachen musste. Sei gewiss, ich bin in Gedanken auch weiter mit dir und sterbe in tiefer Zuversicht und Glauben. Gott behüte dich, ich weiß, du wirst dich nicht unterkriegen lassen. Gott segne dich und die Kleinen“.

Und an seine Mutter schrieb er:

„Liebste Mutter, Du bist mir immer, auch jetzt, nahe. Ich halte dankbar alles fest. Gott ist mir in diesen Wochen gnädig gewesen und hat mir frohe klare Kraft zu fast allem geschenkt. Er hat mich gelehrt, wo und wie ich fehlte. Ich bitte dich um Vergebung für allen großen Schmerz“.

Seine Frau, später seine Tochter haben den Familiensitz in Imshausen bei Bebra im Hessischen zu einem Zentrum der Begegnung gemacht, eine Kommunität gegründet, Gastgeber für viele Menschen, die dort Frieden finden.

Ich weiß nicht, ob ich seinen Weg gehen könnte. Aber ich möchte eindeutig sein. Wenn es um Schutz und Würde von Menschen geht, darf es für uns Christen kein Wenn und aber oder sowohl als auch geben.

In den Briefen und Tagebüchern der Widerstandsleute wird deutlich. Sie haben im Gefängnis stark von der Poesie, den Gedichten und den gesungenen Worte gelebt. Aus dem Schönen wächst die Kraft gegen das Böse.

Gerade weil ich das Schöne liebe, hasse ich das Böse.

Die Schönheit der Musik, der Einsatz gegen die Tyrannen, kommt schließlich in einem sehr bekannten Text zum Ausdruck, den  Bonhoeffer, selbst am 20. Juli beteiligt, als seinen letzten an seine Familie geschrieben hat. Der Glaube macht ihn unabhängig von der Macht der Bösen. Mit seinem vertrauten Text, der zur Melodie geworden ist, schließe ich.

„Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“


 

Perikope

Euch wird Großes zugetraut! - Predigt zu 2. Thessalonicher 3,1-5 von Dieter Splinter

Euch wird Großes zugetraut! - Predigt zu 2. Thessalonicher 3,1-5 von Dieter Splinter
3,1-5

Euch wird Großes zugetraut!

1 Weiter, liebe Brüder (und Schwestern), betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch 2 und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding. 3 Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. 4 Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. 5 Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi.

I.

Liebe Gemeinde!

„Elf Freunde müsst ihr sein!“ So lautet der Titel eines Büchleins, das ich einmal als Kind gelesen habe. Es wurde von Sammy Drechsel geschrieben. Er war damals ein bekannter Sportreporter. „Elf Freunde müsst ihr sein!“ Sammy Drechsel schildert in diesem Büchlein, wie ein Fußballmannschaft von elf Buben zusammenwächst. Der eine profitiert von den Stärken des anderen – und gemeinsam gleicht man die Schwächen der jeweils anderen aus. Und selbst der herausragende Einzelspieler, der immer alles allein machen will und nur so zum Erfolg zu kommen meint, stellt sich am Ende in Dienst der Mannschaft. Er hat gelernt: nur gemeinsam sind wir stark. Im entscheidenden Spiel schießt im Büchlein „Elf Freunde müsst ihr sein!“ am Ende nicht der stürmende Star das entscheidende Tor. Vielmehr gelingt dem das Traumtor zum Sieg, von dem man es eigentlich am wenigstens erwartet hat.

Natürlich geschieht das nicht von allein. Die Mannschaft der Jungen hat einen Betreuer, einen Trainer. Der führt Gespräche mit ihnen. Er baut sie auf. Er sagt ihnen aber auch, was er von ihnen erwartet. Er macht ihnen klar, was sie verändern müssen, um zu einer erfolgreichen Mannschaft zusammenzuwachsen. Dabei hat er Autorität und setzt sie ein. Er gibt die Taktik vor. Er schreibt vor, wie sie auszuführen ist. Zugleich traut  er seiner Mannschaft etwas zu. Er vertraut ihr.

II.

In den Worten des 2. Thessalonicherbriefes hört sich das so an: „Wir haben aber das Vertrauen zu euch..., dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten.“  „Gebieten“ - dieses Wort weckt Widerstände. „Gebieter“ - das waren einst jene, die über ein Gebiet herrschten: die „Landesherren“, Fürsten und Könige. Ihnen wurde die Autorität zugeschrieben. Sie hatten die Macht. Wo Macht im Spiel ist, ist Vorsicht, ja Misstrauen angeraten.

Wir Deutsche wissen leider nur zu genau, was dabei herauskommen kann, wenn man diese Vorsicht nicht an den Tag legt. Man kann dann den falschen Autoritäten hinterherlaufen. Heute, am 20. Juli, jährt sich zum 70. Mal das Attentat auf Adolf Hitler. Es war von jenen unternommen worden, die ihrem Gewissen mehr gehorchten als Befehlen. Aber auch für sie war klar: ohne Autorität, ohne Führung geht es nicht. Keine Gemeinschaft kommt ohne sie aus. Allerdings kommt es auf das „Wie“ an. Es kommt darauf an, wie die Autorität fundiert ist.

III.

Der Schreiber des 2. Thessalonicherbriefes weiß das ganz genau. Er nimmt Autorität für sich in Anspruch, weiß aber um ihre Grenzen. Zwar gibt er als Absender den Namen des Apostels Paulus an. Doch schon die Adressaten des Briefes wussten, dass das nicht stimmen konnte. Paulus war längst tot als sie diesen 2. Brief an die Thessalonicher (heute Saloniki) in Händen hielten. Die Adressaten wussten: Hier führt einer das Anliegen des Paulus weiter. Er will, dass Christus im Mittelpunkt steht, und sein Wort, „das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch...“.  Damit dies überhaupt geschehen kann, werden die Thessalonicher um ihre Fürbitte gebeten: „Weiter, liebe Geschwister, betet für uns...“.

Leitung einer Kirche, Führung einer Gemeinde, kann nur geschehen, indem die Glaubenslehren der Mütter und Väter fortgeführt werden. Sie kann nur geschehen, indem man auf dem Boden der Heiligen Schrift steht. Sie braucht das Gebet. Und: Autorität in der Kirche, in der Gemeinde ist dann überzeugend, wenn sie klar und eindeutig ist – und zugleich in Demut um die eigenen Grenzen weiß.

IV.

Führung, Leitung und Autorität in der Kirche, in der Gemeinde, sind besonders in schwierigen Zeiten nötig. Der Schreiber des 2. Thessalonicher-briefes deutet diese schwierigen Zeiten so an: „... betet für uns, … dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding.“

Wer damals im einzelnen die „falschen und bösen Menschen“ waren, wissen wir nicht. Was wir aber wissen, ist dies: Die frühen Christen kamen aus allen Schichten. Reiche waren unter ihnen ebenso wie Bettelarme, unbescholtene Menschen ebenso wie jene, die zuvor einen eher fragwürdigen Lebens-wandel hatten. Allen war aber etwas gemeinsam: Sie waren zuvor Juden gewesen oder hatten, was häufiger der Fall war, römische, griechische oder sonstige Gottheiten verehrt. Sich taufen zu lassen, bedeutete häufig eine Trennung vom bisherigen Leben. Bisweilen ging damit eine Ächtung einher. Immer wieder waren damit Drangsalierung und Verfolgung verbunden. Da hatten die frühen Christen Ermutigung und Zuspruch nötig. Der 2. Thessalonicherbrief formuliert das so: „Der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen.“

Noch immer sind Christen heutzutage Drangsalierung und Verfolgung ausgesetzt und haben es – aus ihrer Sicht – mit „falschen und bösen Menschen“ zu tun. Ich erinnere nur an die Christinnen und Christen in Syrien und im Irak. Sie verlassen zu Tausenden ihre jeweiligen Länder. Wir werden mit ihrem Schicksal konfrontiert. Nicht nur in den Nachrichten, sondern weil sie unter anderen Ländern auch in dem unsrigen Schutz suchen.

Gott sei Dank sind wir hierzulande als Glaubende keiner Verfolgung ausgesetzt. Gleichwohl kennen wir das: „... der Glaube ist nicht jedermanns Ding“. Das äußerst sich in Gleichgültigkeit, Ablehnung – und bisweilen in Anfeindung. In manchen Gemeinden macht sich wegen der verbreiteten Gleichgültigkeit gegenüber dem christlichen Glauben Resignation breit. „Wie werden immer weniger!“ heißt es dann. Doch des Herrn Wort läuft nicht von allein. Es braucht Boten, die es unter die Leute bringen. Das kann durchaus anstrengend sein. Den Einsatz für das Evangelium vergleicht der tatsächliche Paulus (1. Korinther 9, 24-27) darum einmal mit einem sportlichen Wettkampf. Ob das eingangs erwähnte kleine Büchlein da weiterhelfen kann?

V.

In „Elf Freunde müsst ihr sein!“ wird der Sieg deshalb errungen, weil der Trainer mit großer Autorität seinen Jungs dies beibringt: Tretet füreinander ein! Gleicht die Schwäche des anderen aus! Der Starke stelle sich in den Dienst der Gemeinschaft! Und der, der vermeintlich am Rand steht, der, der von sich sagt, „ich bin nicht so wichtig“, leistet den entscheidenden Beitrag zum Sieg. Auf alle kommt es an. Das Miteinander ist entscheidend. Traut euch Großes zu! Gemeinsam seid ihr stark!

In der Sprache des Glaubens und für die Gemeinde gesagt, klingt das beim echten Paulus so: „Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt alles in allen.“ In der Sprache des Glaubens wird man zudem hinzufügen: Begeisterung für den Glauben ist keine menschliche Leistung, sondern ein Geschenk. Doch das Seine kann man dafür allemal beitragen: „Weiter, liebe Brüder und Schwestern, betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch...“

VI.

Das alles hat ein Ziel. Im 2. Thessalonicherbrief wird es so benannt: „Der Herr aber richte eure Herzen auf die Liebe Gottes und die Geduld Christi.“ Im Lukasevangelium (5, 1-11) gibt es dazu eine wunderbare Geschichte.

Diese Geschichte berichtet von der Berufung des Petrus. Wie immer waren er und seine Gefährten nachts auf den See Genezareth hinausgefahren, um zu fischen. Doch sie hatten nichts gefangen. Er war also erfolglos gewesen. Wer keinen Erfolg hat, droht mutlos zu werden. Wer keinen Mut mehr hat, hat bald keine Geduld mehr mit sich selbst: „Ich kann es ja doch nicht!“ lautet dann das traurige Fazit. Jesus aber hat Geduld mit und für Petrus. Er schickt ihn noch einmal hinaus auf See. Auf das Wort Jesu hin macht er sich noch einmal auf – und siehe da: Petrus und seine Gefährten füllen die Boote so voll mit Fischen, dass sie fast sinken. Von so viel Zutrauen angetan, lässt Petrus Fische Fische sein und folgt Jesus nach. Viele haben es ihm nach getan.

In der Nachfolge Jesu kann man dabei bisweilen von den „Kindern der Welt“ viel lernen. Christen wirken dann begeisternd, wenn sie miteinander und nicht gegeneinander arbeiten, wenn die Herausragenden sich in den Dienst aller stellen und einer des anderen Schwächen ausgleicht. Sage dabei keiner. „Ich werde nicht gebraucht!“ Schließlich gelten für uns alle die Worte Jesu, die uns wahrhaftig viel zutrauen: „Ihr seid das Salz der Erde!“ „Ihr seid das Licht der Welt!“

Und so bewahre der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

 

Perikope

Willkommen im Leben, Christenheit! - Predigt zu 2. Thessalonicher 3,1-5 von Helmut Dopffel

Willkommen im Leben, Christenheit! - Predigt zu 2. Thessalonicher 3,1-5 von Helmut Dopffel
3,1-5

Willkommen im Leben, Christenheit!

„Weiter, liebe Brüder, betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei euch und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding. Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten. Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und die Geduld Christi.“ (2. Thes. 3, 1-5)

Liebe Gemeinde,

diese Sätze wurden mindestens 50 Jahre nach Jesus geschrieben. 50 Jahre sind eine lange Zeit. Das merkt man diesen Sätzen an. Sie klingen karg, nüchtern und ziemlich farblos. Da ist kaum mehr etwas zu spüren von der freudigen, hochgestimmten Erwartung, von der Begeisterung, die wir in Jesu Worten und Gleichnissen finden: „Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz! Das ist nun erfüllt vor euren Ohren.“ – Das ist alles lange her. Die Wirklichkeit, die Gegenwart, der Alltag sieht anders aus. Ernüchtert sind die Christen 50 Jahre nach Jesus, manchmal müde und ein bißchen enttäuscht. „Der Glaube ist nicht jedermanns Ding.“ Willkommen im Leben, Christenheit!

Man kann das bedauern und kritisieren. Denn natürlich leben wir, lebt unser Glaube, unsere Liebe und unsere Hoffnung von den großen, hochfliegenden Worten der Bibel, die seligpreisen, was man irdisch nicht preisen und wünschen kann, und genau dadurch unsere Welt verändern. Natürlich leben wir von den großen Erlösungsbildern der Bibel, die uns den Garten Eden zeigen und die neue Welt Gottes, und die die Hoffnung wachhalten, dass diese neue Welt auf eine geheimnisvolle Weise auch hier und heute schon gegenwärtig ist, gegen allen Augenschein.

Dagegen fallen die nüchternen Worte des Predigttextes ab. Und manches erscheint mir sogar gefährlich, vor allem der Satz: „Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten.“ Wenn das heute ein religiöser Führer sagen würde, würden unsere Weltanschauungsbeauftragten zu recht vor einer autoritären Sekte warnen. Hier zeigen sich ja durchaus Probleme und möglicher Missbrauch von Religion, wie wir ihn nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Christenheit und manchmal sogar unserer eigenen Kirchen kennen.

Und doch: Trotz all dieser Einwände gefallen mir diese Sätze aus dem 2. Thessalonicherbrief, je länger ich sie betrachte und bedenke. Denn sie sind unserer eigenen Situation doch in vielem näher als die großen und überirdischen Bilder. Sie machen ganz schlicht deutlich, wie Christsein in der Realität und Banalität des Lebens geht, und mit welchen Problemen wir dabei zu kämpfen haben. Da kann man schon mal müde werden. Die Christenheit in der Großstadt Thessalonich hat schon einiges erlebt mit sich und ihrem Glauben und weiß, wie schwierig das manchmal zusammengeht. Und doch: Das Feuer glimmt noch, und tut es bis heute.

Finden wir hier so etwas wie ein Grundmodell christlichen Lebens?

Da ist zum Beispiel ganz selbstverständlich von „falschen und bösen Leuten“ die Rede. Natürlich kann auch solch eine Aussage missbraucht werden, um andere zu diskreditieren oder die Welt in schlichtem Schwarz-Weiß zu malen: Wir die Guten, und die anderen die Bösen. Aber wenn wir von dieser Verzerrung Abstand nehmen: Ist es nicht in erster Linie einfach eine realistische Wahrnehmung, dass diese Welt nicht nur nicht erlöst ist, sondern tief im Sumpf des Bösen steckt? Wenn man diesen kurzen Brief im Ganzen liest wird deutlich, dass die Menschen damals etwas wussten davon, dass es in dieser Welt schreckliche Zustände und Situationen gibt, Ungerechtigkeit, die zum Himmel schreit, Böses auf der Haut und unter der Haut, das einen fassungslos zurücklässt. Es sind eben nicht nur die großen Naturkatastrophen und rätselhafte Krankheiten, die Menschen überfallen, Existenzen zerstören, Schmerzen zufügen und Menschen vernichten. Es sind auch nicht die Systeme dieser oder jener Couleur. Es sind am Ende immer Menschen, die das tun, kaltblütig oder jähzornig, von Gier oder Hass oder sonst einer Bosheit getrieben. Das Böse ist real, und es hat Macht über Menschen. Und ganz am Ende gibt es dafür auch keine Begründung und keine Entschuldigung mehr, müssen die Übeltäter und Verbrecher benannt werden und sich verantworten. „Dieser Mensch verdient es, böse genannt zu werden“, hat mir ein Freund einmal vor vielen Jahren gesagt, und der Satz ist mir immer noch im Ohr, weil ich mich immer gegen ihn gewehrt habe und er mir doch zugleich immer wahr erschien. Es gibt sie, die falschen und bösen Menschen. Es gibt das Geheimnis der menschlichen Bosheit. Und manches davon steckt in uns allen. Das ist die Welt, von der unser Text spricht, die kennt er und hat sie wohl schon schmerzlich erfahren. Von „Bedrängnis“ ist in diesem Brief häufig die Rede. Und auch wenn es ein altertümliches Wort ist, es zeichnet doch genau, um was es geht: Jemand macht die Welt eng für uns.

Ist das zu schwarz gesehen? Sicher, es gibt sie, Gott sei Dank, die schönen Dinge des Lebens. Aber unsere Gefahr, liebe Gemeinde, im friedlichen, prosperierenden Mitteleuropa, ist doch viel mehr, dass wir uns die Welt schön reden. Und wenn dann doch einmal „das Böse“ hereinbricht über uns, sind wir fassungslos, als dürfe das nicht passieren. Aber in weiten Teilen der Welt ist das Böse alltäglich. In den Pausen zwischen den Spielen der Fußballweltmeisterschaft wurden die Nachrichten aus Israel und Palästina ausgestrahlt, sahen wir Raketen und Bomben, tote Menschen und weinende Kinder zwischen Trümmern. Ich gestehe, dass ich diesen Kontrast nicht ausgehalten habe. Ich habe mich zum Fußball geflüchtet, und vermutlich ging es vielen anderen ebenso.

Das Böse, das Menschen einander antun, zu sehen und nicht schönzureden sondern nüchtern zu benennen und dem stand zu halten, auch das gehört zum Christsein dazu.

Und ich bewundere, dass in diesem Brief 50 Jahre nach Jesus keine billigen Auswege und Ausflüchte angeboten werden. Die Welt wird nicht schön geredet. Die Christen und Kirchen erheben aber auch nicht den Anspruch, sie hätten die Rezepte und Ressourcen, um dem Bösen abzuhelfen oder es zu heilen. Die haben wir nicht. Sie erliegen auch nicht der Versuchung, die Gegenwart künstlich religiös aufheizen, mit Zeichen und Wundern, mit genauem Wissen über Gottes Heilsplan, mit der feurigen Verkündigung des nahen Endes, das wir alle noch erleben werden. Und sie legen nicht den Generalmissionierungsplan für den Planeten Erde auf. „Der Glaube ist nicht jedermanns Ding.“ Unser Wirken hat Grenzen.

Was die Christenheit aber anzubieten hat, ist das, was sie selber trägt. Letztlich ist es das Vertrauen, dass Gott gegenwärtig ist und wirkt und schützt, mitten im Leben, mitten im banalen Alltag, und auch mitten in einer Welt, die unsicher und gefährlich und oft böse ist. „Der Herr ist treu.“

Und damals wie heute wirkt er durch das Wort und durch Menschen. Das Wort läuft. Das Wort eben, dass Gott treu ist, dass er uns nicht alleine lässt. Dass uns vergeben ist, was wir aus Vergangenheit und Gegenwart mit uns schleppen. Dass wir deshalb frei sind und uns und anderen nichts beweisen müssen. Dass wir Gottes geliebte Kinder sind - und der und die andere neben uns und weit weg am anderen Ende der Erde auch. Es ist ganz unspektakulär, das Wort, das läuft, und eigentlich erstaunlich, dass es 2000 Jahre nun schon überlebt hat und immer noch weitergegeben wird. Und zwar in unseren Worten, im Gottesdienst, erzählt, gebetet, gesungen, und, ja, auch gepredigt. Laut oder nur geflüstert. Und das Wort läuft nicht nur, es erreicht auch die Herzen der Menschen und verändert sie: Was ich getan habe, kann ich nicht wieder gutmachen. Aber ich muss es auch nicht wieder gut machen. Mir ist vergeben. Ich bin frei. Ich bin Gottes Kind. Und die Flüchtlinge, die zu uns kommen, sind in gleicher Weise Gottes Kinder.  Deshalb geht es gar nicht anders, als dass wir sie aufnehmen und willkommen heißen. Wir können doch nicht sagen: ihr seid zwar unsere geliebten Schwestern und Brüdern, aber wir lassen euch nicht rein, lieber ersauft ihr im Mittelmeer oder sterbt an einer Infektion im Lager!  Wer sind wir denn dann, wenn wir das sagen?

Das Wort, das läuft, sagt uns wer wir sind, und wer die anderen sind.

Und damit ist ja bereits klar, dass Gott auch durch Menschen wirkt. Menschen, die die Liebe Gottes erfahren haben und deshalb gar nicht anders können als diese Liebe auszuteilen an andere.  Menschen, die die Geduld Christi kennen.  Und Geduld Christi  meint nicht, fünf gerade sein zu lassen: Komm ich heute nicht komm ich morgen. Es ist viel eher der lange Atem gemeint, die Fähigkeit des Langstreckenläufers, die konzentrierte Vorbereitung auf das Finale, das Warten auf das erlösende Tor.

Unsere Kirche brennt gerade keine großen Feuer ab, die Begeisterung ist mäßig, die Fragen viele und manchmal die Verunsicherung groß. Aber das Wort hat immer noch Füße und läuft, Menschen öffnen ihre Herzen und Türen für andere, teilen Zeit und Geld, stehen immer wieder auf, lassen sich nicht entmutigen. Das Tröstliche liegt ja nicht darin, dass es damals in Thessalonich nicht anders war. Das Tröstliche liegt darin, dass Gott auf diese Weise bei uns ist und wirkt.

Amen.

Perikope

Betet für uns - Predigt zu 2. Thessalonicher 3,1-5 von Kathrin Nothacker

Betet für uns - Predigt zu 2. Thessalonicher 3,1-5 von Kathrin Nothacker
3,1-5

Betet für uns

2. Thess 3, 1-5    
Weiter, liebe Brüder, betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde wie bei
euch und dass wir erlöst werden von den falschen und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht jedermanns Ding.
Aber der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen. Wir haben aber das Vertrauen zu euch in dem Herrn, dass ihr tut und tun werdet, was wir gebieten.
Der Herr aber richte eure Herzen aus auf die Liebe Gottes und auf die Geduld Christi.

Liebe Gemeinde,

das Gebet ist seit der Fußballweltmeisterschaft wieder ins Bewusstsein von Millionen gerückt. Es war frappierend zu beobachten, wie viele Fußballspieler, vor allem die südamerikanischen, mit Gebetsgesten und –haltungen einer breiten und weiten Weltöffentlichkeit gezeigt haben, wie sehr Ihnen die Verbindung zu Gott im Gebet vor und nach dem Spiel oder auch während des Spiels wichtig und substantiell ist. Wir wissen nicht, was die Spieler gebetet haben, wofür sie ihre Stoßgebete zum Himmel gerichtet haben, ob für sich selbst, für andere, für den eigenen Sieg im Spiel oder wofür auch immer.  Wesentlich erscheint mir an dieser Beobachtung, dass das Gebet eine große Bedeutung im Leben vieler
Spieler hat.

„Betet für uns“, damit beginnt auch der Apostel Paulus seinen Briefabschnitt an die junge Gemeinde in Thessalonich, die er zusammen mit Silvanus und Timotheus gegründet hat. Die Apostel selbst leben schon nicht mehr in der Gemeinde, sondern mussten weiterziehen, weil man sie als Unruhestifter angesehen und wohl auch zum Weiterziehen gezwungen hat.
Aber das Füreinander-Beten ist die Brücke zwischen den abwesenden Aposteln und der Gemeinde und scheint also etwas zu sein, was die christliche Gemeinde schon in ihren Anfängen auszeichnete und ganz existentiell war.

Wir nehmen anderes wahr: Aus unseren Familien und häuslichen Kontexten ist das Gebet schon fast verschwunden. Am Tisch wird kaum noch gebetet und das Gute-Nacht-Gebet mit den Kindern ist vielen Eltern nicht mehr vertraut.
Umso mehr erstaunt es, dass in vielen unserer Kirchen Gebetswände stehen, an die Menschen, die die Kirchen besuchen, ihre persönlichen Gebete heften können. Diese Wände sind immer voller Zettel beschrieben mit den unterschiedlichsten Bitten und Fürbitten, formuliert von Kindern und Erwachsenen, von Kirchennahen und Fernstehenden. Vielerorts stehen inzwischen auch Kerzenleuchter, die dazu einladen, eine Kerze zu entzünden und dabei in der Fürbitte an einen Menschen zu denken.
Offensichtlich ist dabei, dass das Gebet zu Gott in Bitte und Fürbitte doch nur scheinbar aus unserem Alltag verschwunden ist. Tief in den Menschen drin lebt es und kommt immer wieder einmal spontan zum Ausdruck, ob an einer Gebetswand oder im Fußballstadion.

„Betet für uns“, so beginnt die Bitte des Apostels an die christlichen Brüder und Schwestern in Thessalonich. Diese Bitte bleibt nicht allgemein, sondern wird sehr konkret, wenn sie weitergeführt wird:
„Betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde und dass wir erlöst werden von den verkehrten und argen Menschen.“
Mir sind vor allem bei diesen letzten Worten spontan die Christen im Irak eingefallen, über deren Schicksal wir immer wieder erfahren, wenn auch nur punktuell und wie zufällig aufblitzend im Getümmel des Weltgeschehens. Wie wohl in keinem anderen Land in der Welt sind die Christen im Irak in einer ganz besonders bedrängten Situation, vor allem seit die Isis-Terroristen den kompletten Norden des Landes erobert und mit Terror überzogen haben. Menschen, vor allem solche anderen Glaubens werden gnadenlos verfolgt und ermordet. Die Christen fliehen in Scharen, weil sie ihres Lebens nicht mehr sicher sind und schon so viele dem Terror zum Opfer fielen. Es gibt nur noch ganz wenige Orte, an denen sie sich versammeln können. Und dort bleibt ihnen in der Tat nur das Gebet. Ihr Gebet wird nicht zuerst um die Ausbreitung des Evangeliums kreisen, sondern vor allem anderen die Erlösung von dem Bösen herbeiflehen.  Das Gebet ist ein letzter Hoffnungsort für die geschundenen und verfolgten christlichen Brüder und Schwestern im Irak.

Das Thema des heutigen Sonntags ist die Nachfolge. Wie schwer das ist, dem Glauben treu zu bleiben und trotz großer Bedrängnis an Christus festzuhalten, wird uns am Beispiel der Christen im Irak ungeheuer drastisch vor Augen geführt. Sie brauchen unsere Fürbitte, sie brauchen unser Gebet, sie brauchen unsere Gemeinschaft, damit in allem Elend und aller Not nicht auch ihre Hoffnung stirbt.
Menschen in der Nachfolge Christi, so verstehe ich die Worte des Apostels, sollen eine Gebetsgemeinschaft sein, in der miteinander und füreinander gebetet wird über alle Grenzen hinweg. Und in dieser Gebetsgemeinschaft, unter Menschen, die dem Gebet eine Kraft und Macht zutrauen, kann der Glaube – vielleicht nicht Berge – aber doch in einen Raum der Hoffnung versetzen.

Von der Situation der Christen im Irak herkommend ist es schwer, die Situation und Realität von uns Christen hier zu bedenken. Und doch hilft uns das Predigtwort dazu. Der Apostel bittet nicht nur darum, vor dem Bösen oder den bösen Menschen bewahrt und erlöst zu werden. Sondern er bittet auch um die Ausbreitung des Evangeliums: „dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde.“
Dieses ist nun wirklich etwas, was uns auch in unseren (württembergischen) Gemeinden beschäftigt. Wie schaffen wir das, dass das Evangelium wieder und neu unter die Menschen gebracht wird und wie stemmen wir uns einem scheinbar übermächtigen Trend der Entkirchlichung und der Glaubensindifferenz entgegen? Das beschäftigt uns und macht uns nicht selten ratlos.
Die jüngste Untersuchung zur Kirchenmitgliedschaft bringt dies auch zum Ausdruck, dass es immer mehr Menschen gibt, die zwar noch zu unserer Kirche gehören, aber nicht mehr wissen warum; und die das, was uns Christenmenschen prägt und trägt, nicht mehr kennen und verstehen. Es ist ein schwacher Trost, dass der Apostel auch schon den Thessalonichern fast schon ein wenig resignativ mitteilt, „dass der Glaube nicht jedermanns Ding ist“.
Wir wollen doch anderes, dass das Evangelium läuft und es Menschen als Kraftquelle entdecken und mit diesem Evangelium von der Liebe Gottes im Leben und Sterben getröstet sind. Aber begegnen doch immer wieder dem anderen: dass sich Menschen abwenden, die Schultern zucken und noch nicht einmal bösartig, aber gleichgültig diesem Evangelium gegenüber stehen.

Auch für diese Situation braucht es die große Gebetsgemeinschaft der Christen auf der ganzen Welt. Das Gebet hat Kraft und Macht, die Herzen von Menschen zu bewegen und die Angefochtenen zu stärken.
Es ist, so meine ich, wesentlich für den Lauf des Evangeliums wie auch für die Bewahrung vor dem Bösen, dass wir diesem Gebet, und vor allem dem gemeinschaftlichen Gebet, etwas zutrauen. Und dann liegt es nicht an uns, was wir tun und lassen, sondern an Gott, dem wir zuerst und vielleicht auch allein den Bestand und die Erbauung und das Wachsen unserer christlichen Gemeinde zutrauen.
Es ist ein tröstlicher Gedanke, dass betende Menschen ob allein oder in der Gemeinschaft, ob in den alten Worten der Tradition, im freien Gebet oder einfach nur in einem Stoßseufzer zum Himmel einen Raum der Hoffnung schaffen und eben auch zum Wachstum der Gemeinde beitragen.

Ich erinnere mich an eine Begegnung mit einer sehr betagten und hinfälligen Frau in der Gemeinde, in der ich meine ersten Schritte im Pfarrdienst tat. Sie sagte mir: Frau Pfarrer, ich bete jeden Tag für Sie und Ihren Dienst bei uns!
Diese Worte berühren mich bis heute, weil sie für mich einen großen Raum öffneten, den ich bis dahin nicht wahrgenommen hatte. Ich fühlte mich in einer großen Gemeinschaft aufgehoben und getragen und merkte, dass es nicht an meinem Tun und Lassen liegt, ob das Evangelium läuft und gepriesen wird, sondern an Gott und seiner Gnade. Und ich realisierte, dass die Kraft der Gebete anderer uns in diesem Glauben trägt und erhält.

Und nicht zuletzt ist von der Treue Gottes zu uns zu reden. „Aber der Herr ist treu; er wird euch stärken und bewahren vor dem Argen.“ Das ist an einem Sonntag, an dem es um die Nachfolge geht, wesentlich. Dass es Gott ist, der durch alle Zeiten uns treu ist, ob wir nun schwach und angefochten oder stark und mutig sind.
Die Treue Gottes zu uns ist der Grund unserer Hoffnung, der Grund unserer Gemeinschaft, der Grund unseres Lebens.
Die Treue Gottes zu uns, seinen Menschen, ist auch der Zielpunkt unserer Gebete.

Und ich bin überzeugt, dass all die Menschen, die ihre Gebete an die Gebetswände heften oder spontan auf dem Fußballfeld auf die Knie fallen, dass all diese Menschen in der Tiefe ihres Herzens sich an die Treue Gottes klammern und erinnern. Weil er uns Menschen treu ist und bleibt, dürfen wir uns mit allem, was uns bewegt, immer wieder vertrauensvoll an ihn wenden. Und dürfen ihn immer wieder auch um die Kraft bitten, dass wir ihm treu bleiben.

Darum:
Gelobt drum deine Treu,
die jeden Morgen neu
uns deine abgrundtiefe Liebe zeigt!
Wir preisen dich und bringen
dir unser Lob mit Singen,
bis unser Mund im Tode schweigt.

Amen.
 

Perikope