Konfi-Impuls zum Sonntag Jubilate: 22.04.2018 / 2. Korinther 4,16-18 von Thomas Binder

Konfi-Impuls zum Sonntag Jubilate: 22.04.2018 / 2. Korinther 4,16-18 von Thomas Binder
4,16-18

 

A. Die Jugendlichen und der Text

Außen hui, innen pfui. Wenn Paulus in v. 16 mit dem Bild vom inneren und äußeren Menschen nicht einer „Leib-Seele-Unterscheidung“ das Wort redet, sollte das in der Übersetzung deutlich werden. Gute Nachricht: „Die Lebenskräfte, die ich von Natur aus habe, werden aufgerieben; aber das Leben, das Gott mir schenkt, erneuert sich jeden Tag.“

„Lebenskräfte, die ich von Natur aus habe“ verstehen die Jugendlichen als „Hobbys oder Talente, die ich von mir aus habe“. Aber: „Wie kann man jeden Tag ein neues Leben haben?“ - „Ich verstehe nicht, warum man sich erst Mut aufbauen muss und man nicht schon von Beginn an Mut hat.“ Jugendliche tun sich schwer mit der paulinischen Vorstellung einer „inneren geistlichen Resilienz“: Was kann das für eine Kraft sein, die aus dem Glauben kommt; etwas, das „außerhalb von mir“ ist und mich stark macht? Welche Beispiele fallen Ihren Jugendlichen ein?

Jugendliche bauen sich ihr inneres Refugium, das ihnen Kraft schenkt, vor allem dann, wenn die äußeren Umstände nicht gut sind. „Während meine Oma im Krankenhaus war, musste ich immer an den Satz denken ‚Krisen sind auch Chancen‘. Das gab mir damals Kraft.“ Eine Konfirmandin: „Unser Leben ist ein Geschenk Gottes. Zwar haben wir auch manchmal Krisen, aber das sind auch Chancen und durch den Glauben an Gott wird alles gut. Wenn wir ihm vertrauen, bleibt er ewig und steht uns bei.“ Wie kann der christliche Glaube Jugendlichen helfen, Schwächen zu akzeptieren und mit Angriffen und Verletzungen besser umgehen zu lernen?

Der innere Mensch braucht auch Pflege und Heilung: Hinweis einer Konfirmandin auf das Lied „Question marks“ von Sunrise avenue: „Who do you reach to when you never been praying? You're left in the dark Go back to the start with nothing but question marks.“

(https://www.youtube.com/watch?v=NvMEil6TYqc)

 

Leichte(s) Leiden. „Wenn man in einer komplizierten Zeit ist, z.B. Schule oder Freunde, und Gott dir dann die Last abnimmt. So einen ähnlichen Satz hatte ich eine Zeit lang als Lebensmotto.“ - „Man hat zwar immer wieder Lasten, aber wenn die einmal vorüber sind, kommt das Gute wieder.“ - „Aber: „Es muss nicht sein, dass nach einem Leid eine Herrlichkeit kommt! Es gibt auch Leiden, die nicht vorübergehen.“ - Trotzdem: „Mit Gottes Hilfe steht man schlechte Erlebnisse durch, es zu vergessen und wieder glücklich zu werden.“- „Irgendwann nimmt Gott unsere Lasten weg, so wie Jesus die Sünden der Welt auf sich genommen hat.“

 

Vergängliches und Ewiges. „Ich verbinde mit Unsichtbarkeit die Zukunft. Oder Gott. Beides ist unsichtbar.“ - „Wenn etwas unsichtbar ist, weiß man nicht, ob es existiert.“ - „Wenn man an Dinge nicht glaubt, die unsichtbar sind, kann man auch nicht an Gott glauben.“ - „Man muss nicht alles sehen, um zu wissen, dass es existiert.“

 

B. Zur Vorbereitung im Unterricht

 

1. Paulus in Korinth. Aufarbeitung des geschichtlichen Hintergrundes von 2. Korinther. Lektüre von 2. Kor 4,1-15. Dazu den Paulus Film (https://www.zdf.de/kultur/gods-cloud/paulus-104.html, 7 min.)

2. Innerer und äußerer Mensch. Was meint Paulus mit dem äußeren und inneren Menschen? Bilder malen: „Wie ich mich eigentlich sehen (will)! - Was ich bin, kann man mit den Augen nicht sehen.“

3. Schatzkästchen anlegen. Imaginäres Schatzkästchen anlegen mit Ideensammlung: Was oder wer gibt mir Kraft? Wie gab euch der Glaube an Gott oder Jesus schon einmal Kraft oder Mut? Wohltuende Texte sammeln, z. B. „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“ (Psalm 34,9) - Methoden: Wertepyramide (Tool Pool, S. 40), Inszenierte Fotografie (Tool Pool, S. 81; https://www.ejw-buch.de/shop/tool-pool.html).

4. Meine Stärken und Talente. Dazu als Methode: http://www.vielfalt-mann.de/fileadmin/user_upload/mik_hamburg/galerie/P…

5. Meine Grenzen. Wo erleben Jugendliche Grenzen ihrer Kraft und Leistungsfähigkeit, wo die Erfahrung der Endlichkeit? „Woran ich mich festhalten will“ - Lied: „Halt dich an mir fest“ (LB 154) von Revolverheld (https://www.youtube.com/watch?v=0H0cslNgrAc).

6. Vergängliches und Ewiges. Beispiele finden für den Satz: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ (Antoine de Saint-Exupéry).

C. Zur Mitwirkung im Gottesdienst

 

Vorstellung der unter B. angefertigten Bilder - Angebot einer Einzelsegnung am Taufstein

 

Liturgische Texte oder Predigtanregungen:

Glaubensbekenntnis von 1943 (D. Bonhoeffer) http://gebet.evangelisch.de/content/glaubensbekenntnis-von-dietrich-bon…

„Wer bin ich“ (Bonhoeffer) : http://www.dietrich-bonhoeffer.net/predigttext/wer-bin-ich/.

D. Lieder zum Text

Neue Spur (LB 211) - Deine Gnade reicht (LB 28) - Ganz nah (LB 51)  - Befreit durch deine Gnade (LB 137) - Komm und ruh dich aus (LB 139) - Du bist du (LB 144) - Himmel auf Erden (LB 141) - Unterwegs mit Gott (123) - LB = Das Liederbuch.

 

Thomas Binder, Pfarrer in Fürfeld

pfarramt.fuerfeld@elkw.de

 

Perikope
22.04.2018
4,16-18

Gottverlassene Landschaften? – Predigt zu 2. Korinther 6,1-10 von Frank-Nico Jaeger

Gottverlassene Landschaften? – Predigt zu 2. Korinther 6,1-10 von Frank-Nico Jaeger
6,1-10

Mitten auf dem Weg von Istanbul nach Paris stoppt eine Lawine unvermittelt den Orient Express. Kurz davor ist ein Mord geschehen. Niemand kann den Zug verlassen, der Mörder ist also noch an Bord. Aber, Agatha Christie sei Dank, mit dabei ist auch ein ganz besonderer Mann: Hercule Poirot. Der belgische Meisterdetektiv ist zur rechten Zeit, am rechten Ort. Er ist ein tugendhafter Mann. Er ist geradlinig, klar und kommt ohne Umschweife auf den Punkt. Der Mann mit dem überbordend großen Bart mag es einfach, klar und deutlich.

Sein Credo lautet: „Egal was die Menschen sagen: Es gibt richtig, es gibt falsch. Nichts dazwischen.“

Hercule Poirot hat es gut. Er hat nicht nur einen scharfen Verstand, er hat auch ein paar ausgesprochen nützliche Fähigkeiten mitbekommen: Er ist ein kompromissloser Mann. Seine gerade, klare Art bringt ihm nicht nur Freunde ein. Das juckt ihn aber nicht, denn immerhin sei er nun in einem Alter, in dem er nicht mehr allen gefallen will, sondern lieber die Dinge tut, die ihm wirklich Freude bereiten.

Es ist ein Auftritt mit viel Grandezza und in allem was er tut, ist Hercule Poirot so kontrolliert und formvollendet, dass beinahe alles an ihm abperlen kann.

Am Apostel Paulus perlt nicht viel ab. Aber der Meisterdetektiv und er teilen sich die Tatsache, dass es einige Menschen gibt, die ihre Person nicht mögen. Ansonsten ist Paulus weder ähnlich kontrolliert, noch ist er übermäßig einfühlsam. Vielmehr poltert er durch seine antike Welt. Gründet euphorisch Gemeinden und ist doch mehr ein Getriebener als ein Flaneur. Aber was für Hercule Poirot gilt, gilt auch für den wahrscheinlich größten Apostel aller Zeiten: Es ist nicht leicht Paulus zu sein.

Immerhin: Auch der Apostel geht kompromisslos seinen Weg und er ist einer an dem man sich reiben kann, weil er eine Meinung hat und diese auch gerne kundtut. Und so wie der fiktive Meisterdetektiv hat Paulus eben nicht nur Bewunderer.

Das erlebt Paulus schmerzhaft in Korinth. Hier gibt es Enttäuschungen auf beiden Seiten. Verletzte Gefühle, unerfüllte Hoffnungen. Kurzum: Es bröckelt an den Rändern und Paulus ist gezwungen zuzusehen, wie sein Werk seinen Händen entgleitet. Die Zugkraft des Apostels hat deutlich gelitten, der Apostel-Zug steht nicht mehr ganz so unter Dampf wie zu Beginn seines Wirkens. (Beispiele aus unserer Zeit mögen uns spontan einfallen.) Was auch immer man Paulus vorwerfen kann, die Korinther tun es: Seine Gegner glauben ihm nicht, zweifeln an seiner Autorität, werfen ihm auch noch vor, dass er Gelder veruntreut haben soll. Aber am schwersten wiegt wohl der Vorwurf, dass nichts passiert. Die Welt hat sich nicht geändert in Korinth. Das Böse triumphiert nach wie vor und Paulus predigt bloß einen Vertröster. Jesus Christus, Gottes Sohn, ist bloß eine Illusion - so lauten die für viele attraktiven Parolen seiner Gegner.

Das geht natürlich zu weit und der wahrscheinlich größte Apostel der Welt, muss sich zur Wehr setzen: „In großer Geduld, in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, gar in Mühen“ schreibt Paulus, bin ich standhaft gewesen. Warum sollte ich das tun, wenn nicht aus tiefstem Glauben an diesen Gott heraus?

Weiß Gott! Paulus ist nicht perfekt. Er weiß, dass er ein Sünder ist: Er hat im Leben viel falsch gemacht, Menschen verfolgt, sie drangsaliert. Er hat ihnen ihre Würde genommen und zu Tode gebracht. Weiß Gott, Paulus ist kein unbeschriebenes Blatt. Dass er als allererster der Gnade und der Vergebung bedarf, das weiß er. Und er weiß, dass diese Gnade allen zuteilwerden wird und dass das alles verändert. Bis dahin braucht es halt noch etwas Geduld.

Geduld - daran hapert es in Korinth und daran mangelt es jetzt auch im so plötzlich gestoppten Orient Express. Und in dieser erzwungenen Pause fallen nach und nach die Masken der einzelnen Reisenden. Die Euphorie der Abfahrt ist längst zugeschneit. Die Zeit wird zu lang. Alle fallen aus ihren Rollen.

So zurückgeworfen auf sich, inmitten einer gottverlassenen Landschaft, voller Eis und Schnee, ist es nicht leicht, die Hoffnung zu bewahren. Allzumal die verdorbene Welt Einzug in die Welt der Reisenden gehalten hat. Und als wäre die Geduld der Reisenden nicht schon durch die mehr als widrigen Umstände arg genug strapaziert, kommt noch hinzu, dass es wohl nicht mehr gelingen wird andere Züge und Passagen zu erwischen, um an ein ferneres Ziel zu gelangen. Der Geduldsfaden der Reisenden ist arg strapaziert.

Der feststeckende Zug, der im Film kurioserweise mitten auf einer langen Holzbrücke halten muss, die verkommene Welt, die Last mit der Geduld - ähnlich ist es in Korinth.Auch hier bewegt sich nichts mehr, die Gemeinde steckt fest. Die Stimmung gegenüber Paulus und seiner Botschaft ist abgekühlt. Auch hier ist den Menschen der Geduldsfaden gerissen. Nicht zuletzt wird die Zahl derer, die dem Apostel und seiner Predigt glauben, stetig weniger.

Verständlich? Wahrscheinlich schon. Denn das Leben als Christ ist kein Selbstläufer. Es bewahrt nicht vor Leiden, nicht vor Ängsten, nicht vor Bedrängnis. In manchen Gegenden auf dieser Welt schützt es auch nicht vor Gefängnis oder Folter. Es wehrt nicht mal Krankheiten ab oder bewahrt einen davor, dass geliebte Menschen sterben müssen.

Ein Christenmensch zu sein bewahrt mich auch nicht vor Enttäuschungen. Oder davor selbst andere zu enttäuschen.

Als Christ bin ich qua Amt kein besserer Mensch, ich mache weiterhin Fehler, erlebe genauso viele schlechte Tage, wie alle Menschen und spüre nicht immer die Liebe Gottes wie einen Platzregen über mir. Es gibt auch bei Christen Streit unter Freunden, Streit in der Ehe und es gibt Streit unter Kollegen. Die christliche Welt ist nicht einfach nur eine bessere Welt,  weil sie von Christen bevölkert wird.

Christsein ist kein Selbstläufer und wenn man mir bloß Durchhalteparolen verkündigt, dann ist es schwer, bei der Stange zu bleiben. Es braucht gute Beispiele, standhafte Menschen, Leute, an denen man sich ausrichten kann. In schweren Zeiten sind das die Anker, die ein wankendes Glaubensschiff vor dem Kentern bewahren.

Paulus ist so ein Typ. Er hat Ecken und Kanten und redet seinen Gegnern nicht nach dem Mund. Er weiß um die Abgründe, um das Leid. Er hat es selbst erlebt, aber er glaubt diesem Gott immer noch. Er hat Geduld bewiesen. Geduld im Leid und Geduld in der Anfechtung. Gewiss, es wäre bestimmt bequemer gewesen auf einfachere Angebote zu verfallen. So wie die Korinther. Den mühsamen Weg verlassen und es sich gut gehen lassen.In Korinth wollte man auf nichts verzichten: Nicht auf die Huren am Tempel der Aphrodite, nicht auf das Heiligtum des Poseidon, nicht auf die Vielgötterei und schon gar nicht wollte man das eigene Wohlergehen aus dem Blick verlieren (Vgl. Dr. M. Hohmann in: GPM IV. Reihe, 1994, Heft 2, S. 119).Und das Ende vom Lied: Auf so einer Party hat es Paulus naturgemäß schwer, denn das was er da sagt, gehört doch wohl eher zum Sprachschatz eines Spielverderbers.Wer bitteschön möchte denn etwas über Angst, Not und Trübsal hören, wenn gerade eine Orgie am Tempel der Aphrodite steigen soll.Also lieber einfache Antworten auf schwierige Fragen geben und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Wo das endet, kann man in Korinth studieren.

Paulus und Poirot. Zwei sehr gute Beispiele für Beharrlichkeit und Standhaftigkeit auch unter widrigen Bedingungen. Der einzige Haken an der ganzen Sache ist, dass Hercule Poirot nicht existiert, zumindest nicht im wahren Leben. Er ist eine Erfindung der Schriftstellerin Agatha Christie und damit nur ein ausgedachter Einspruch gegen eine schlechte Welt.

Paulus ist nicht erfunden. Er und seine Gedanken lassen sich auch nicht so einfach beseitigen. Die Korinther haben das erfahren und in seinen Briefen verkörpert er weiterhin den Einspruch Gottes gegen eine Welt, die in manchen Teilen fertig ist mit ihm. Der Apostel ist Gottes Art, der alten Welt, mit all der Trübsal, den Nöten, Ängsten und Schlägen und den Mühen und ihren ätzenden Mechanismen zu widersprechen. Er ist das beste Beispiel dafür, dass Widerstand gegen die Gleichgültigkeit und das Festhalten an Gottes Treue nicht sinnlos sind.

Oder wie Hercule Poirot sagen würde, es kommt auf uns an, in dieser Welt den Unterschied zu machen.

Perikope
18.02.2018
6,1-10

Himmlische Höhenflüge und der Boden der Tatsachen – Predigt zu 2. Korinther 2, 1-10 von Katja Albrecht

Himmlische Höhenflüge und der Boden der Tatsachen – Predigt zu 2. Korinther 2, 1-10 von Katja Albrecht
2,1-10

Der Januar war zu grau. „Friederike“ wehte zu heftig. Immer noch räumen wir auf – die Dachziegel, die gefällten Bäume, die eingedrückte Friedhofsmauer. Und dann die Statistik: So viele Sterbefälle – und so wenige Taufen…

Woraus leben wir als Gemeinde? Sind es die herausragenden Gottesdienste, die beglückenden Momente, in denen viel mehr Menschen kamen als wir uns vorgestellt hatten? Gewinnen wir unsere Kraft daraus, dass wir durchhalten? Anpacken und aufräumen? Dass wir manche Gottesdienste in sehr kleiner Zahl feiern, immer wieder. Dass wir erleben – wenn wir uns begegnen, dann sind wir nicht unter uns. Gottes Wort, Gottes Geist kommen dazu und machen das Wesen unseres Miteinanders aus. Oder sind es sogar genau die Momente, in denen wir realisieren: Wenn es nur von uns abhinge, dann könnten wir gleich einpacken. Es menschelt ja auch unter uns. Und jede/r ist den eigenen Befindlichkeiten am nächsten.

Für mich ist es die Einheit aller dieser Erfahrungen, die uns als Gemeinde ausmacht. Dass zu uns das Eingeständnis der Schwäche ebenso gehört wie der Jubel über einen gelungenen, großen Gottesdienst, der die Herzen von vielen erreicht. Wir leben als Gemeinde daraus, dass wir uns innerhalb dieser Pole bewegen – und darauf vertrauen, dass an jedem Punkt Gott mit uns ist.

Predigttext

Gerühmt muss werden; wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn. Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren – ist er im Leib gewesen? Ich weiß es nicht; oder ist er außer dem Leib gewesen? Ich weiß es nicht; Gott weiß es –, da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel. Und ich kenne denselben Menschen – ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es –, der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann. Für denselben will ich mich rühmen; für mich selbst aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit. Denn wenn ich mich rühmen wollte, wäre ich kein Narr; denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand mich höher achte, als er an mir sieht oder von mir hört. Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

Wieder einmal bleibt Paulus nur der Brief nach Korinth. Von dort hört er vernichtende Urteile über sich. Diesem Mann und seinem Weg für die Gemeinde wollt ihr weiter vertrauen? Diesem ehemaligen Christenverfolger? Diesem schwachen Menschen? Über Paulus ist die Gemeinde doch längst hinausgewachsen… So könnten manche der korinthischen Stimmen gelautet haben… Könnten… denn bei diesem Briefverkehr kennen wir jeweils nur die Reaktionen, also das, was Paulus antwortet. In dem Abschnitt, den wir eben gehört haben, geht es ans Eingemachte. Himmlische Höhenflüge führt er an. Auf die ihn niemand Geringerer als Jesus Christus selber mitgenommen hat. Sogar einen Blick in das Paradies hat er werfen dürfen – und dort Dinge gehört und gesehen, für die er im Nachhinein gar keine Worte findet. Das Ganze geschah -  vor vierzehn Jahren… Ist dieser angegriffene Apostel wirklich so bescheiden, dass er so lange über so eine überwältigende Erfahrung schweigt? Warum spricht er dann jetzt darüber?

Genau wissen wir das nicht. Generationen von Auslegern der Paulusbriefe haben versucht durch einen Vergleich der Paulusbriefe und durch Hinzuziehung weiterer Schriften Näheres herauszubekommen. Haben sie aber nicht. So wie Paulus jetzt davon berichtet, möchte er dadurch nur eines: Er lobt Gott für dieses Geschenk an ihn. Himmlische Höhenflüge…

Gleich im nächsten Gedankengang saust er mit Macht wieder dem Erdboden entgegen. Ein Stachel im Fleisch, eine körperliche Einschränkung macht ihm das Leben schwer. Gefleht hat er darum, diesen Makel loszuwerden, aber genützt hat es nichts. So spürt er es am eigenen Leib: Aus meiner eigenen Kraft heraus, weil ich etwa so ein stattliches Mannsbild bin, kann ich dem Lob Gottes kaum dienen.

Woraus leben wir als Gemeinde? Wir leben auch aus den Zeugnissen einzelner Menschen. Und obwohl diese Aussagen des Apostels ihren Ort innerhalb seines Ringens um die Gemeinde in Korinth haben, sind sie doch auch das Zeugnis eines Christen. Eines Christen, dem ein sehr vertrauter Umgang mit Jesus Christus und ein Einblick in uns Menschen eigentlich verschlossene Sphären gestattet wurde. Eine Krafterfahrung, die auch in schweren Zeiten trägt. Und dann schließt sich auch gleich das andere an: Die Klage über die eigene Begrenztheit, den schwachen Körper.

Beides steht an dieser Stelle nebeneinander, beide Pole des geistlichen Erlebens – die Erfüllung und das Angefochtensein.

Himmlische Höhenflüge und eine unsanfte Landung auf dem Boden der körperlichen Tatsachen. Das bleibt alles rätselhaft. Aber es führt uns auch mitten hinein in die Kirchenjahreszeit, die jetzt angebrochen ist – in der wir auf die Passionszeit zugehen. Himmlische Höhenflüge – das ist auch ein schönes Bild für die Weihnachtszeit mit all dem Wunderbaren, was wir gefeiert haben. Und der Weg durch die Passionszeit, das ist ein Weg durch alle Niederungen des menschlichen Lebens. Immer an der Seite von Jesus, dem Christus, Gottes Sohn und unserem Bruder.

Lass dir an meiner Gnade genügen, spricht Gott; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit… In diesem Satz ist schon ein österlicher Hoffnungsschimmer enthalten. Denn in dem Moment, in dem Jesus der Brutalität der Menschen ausgeliefert war, in dem er einen grauenvollen Tod starb, in dem Moment griff Gott ein und holte ihn ins Leben  - als Hoffnung für alle Menschen, die leiden.

Sechzig Tage sind es noch bis Ostern. Zehn Tage noch befinden wir uns in dieser Zwischenzeit. Eine ruhige Zeit im Gemeindeleben. Wir blicken zurück – und blicken voraus. Denken an Glaubensfülle und beklagen Glaubensdürre. Wissen uns getragen auf dem Boden der gemeindlichen Tatsachen – und weit darüber hinausgehoben… Packen an, räumen auf. Schaffen Räume. Hören die Worte: Lass dir an meiner Gnade genügen.

Amen.

Liedvorschlag: Gott hat mir längst einen Engel gesandt (Durch Hohes und Tiefes, 344)

Perikope
04.02.2018
2,1-10

Zeugnistag – „ … ist okay“ – Predigt zu 2. Korinther 12,1-10 von Wolfgang Grosse

Zeugnistag – „ … ist okay“ – Predigt zu 2. Korinther 12,1-10 von Wolfgang Grosse
12,1-10

Mittwoch gab es Zeugnisse. Halbjahreszeugnisse.
Mein Sohn, 17 Jahre alt, 11. Klasse, nächstes Jahr Abitur – so Gott will, und er will -hat natürlich auch eins bekommen. Gesehen hatte ich es bis Freitag noch nicht. Ich konnte nur aus seiner Stimmung und seinen Zwischentönen erahnen: Es schien zumindest für ihn in Ordnung zu sein. Vielleicht mit ein paar Abstrichen. Aber ich war ja neugierig. Freitagmittag sagte ich dann ganz beiläufig: „Sag mal, gab’s nicht Zeugnisse?“ „Jo, alles gut. Sport 14 Punkte, Geo (Geographie, der eine Leistungskurs) 11 Punkte. Der Rest ist okay.“ Okay ist relativ, ich weiß. Aber auch er ist schon darauf getrimmt: Schwächen gibt es nicht in unserer Gesellschaft. Und Schule ist ein Abbild der Gesellschaft.

Die Guten, gegen die keiner eine Chance hat, und die Streber sind sowieso ein Gräuel, und die Speichellecker, die Einschleimer, die schon ganz früh kapiert haben: Es geht in dieser Welt nur darum, die anderen abzuhängen, sie hinter sich zu lassen. Wenn es sein muss, mit ein bisschen Mobbing. Aber so scheint das ja zu sein, schon von klein auf.

„America first“ … „Me first“ … die Worte sind beliebig zu ersetzen in einer Zeit, in der Ausgrenzung, Abschottung und Nationalismus wieder an der Tagesordnung ist. Was für eine egoistische Zeit.

Mit diesem Zeugnis wird das nichts mit einer Lehrstelle! So wird das nie ein akzeptables Abitur; einen Studienplatz kannst du dir abschminken… Wie viele junge Menschen haben sich solche oder ähnliche Sätze in diesen Tagen anhören müssen? Mein Sohn nicht. Aber … auch ich bin nicht frei von solchen Gedanken. Gott sei Dank, ich erinnerte mich rechtzeitig an meine Schulzeit damals, fragte nicht nach sondern fragte mich: Was für ein Zeugnis würdest du wohl bekommen? Heute? Nicht Schulzeugnis. Aber vielleicht so etwas wie ein Halb-Lebenszeugnis. Ich bin 50 Jahre alt. Was für ein Zeugnis würde ich mir selbst ausstellen? Und Gott? Würde Gott okay sagen zu meinem Leben?

„Hmmm, okay … wie meinst du denn das?“ fragte ich meinen Sohn. „Na, okay halt. Passt schon. Willst es jetzt echt sehen, oder was?“ Gewissensfrage. „Nee, ist schon gut. Ich vertraue dir. Wirst es schon wissen.“

Er schaute mich verwundert an. So nach dem Motto: Das meinst du jetzt nicht ernst, oder? Wie bist du denn drauf? Andere Eltern bekommen eine Krise und du … Du sagst einfach: Lass stecken? Alles gut? Ehrlich? „Du bist aber gnädig.“

„Was ist mit dem Rest?“ fragte ich trotzdem. Mein Sohn schaute mich verwundert an. Und er kapierte scheinbar sehr schnell. „Rest ist Rest. Halt die anderen Fächer. Du weißt doch: jeder hat Stärken und Schwächen. Was ist mit dir? Stärken und Schwächen?“ „Willst du jetzt hören wie toll ich bin?“ „Nein, aber bekommst du eigentlich auch mal ein Zeugnis?“

Seine unvermittelte Frage traf mich. Zeugnis? Meine Stärken und Schwächen? Was heißt das in unserer Zeit? Gehöre ich zu den Starken oder zu den Schwachen? Wahrscheinlich ist das gar nicht so leicht zu sagen. Es wird immer noch jemanden geben, der schwächer ist, aber bestimmt auch genug Menschen, die stärker sind. Und, was heißt stark? Was heißt schwach? Geht es um den Geldbeutel? Oder um die körperliche Verfassung, oder die geistige? Um ein Zeugnis oder gar um den Glauben?

Stark und Schwach ist in unserer Gesellschaft klar formuliert. Der Slogan: Mein Haus, mein Auto, meine Familie, mein Boot … etc. … und auch in Variationen … hat sich als Satz dermaßen festgesetzt, da kommen wir nicht umhin. Letztendlich ist er ja auch Realität. Und doch ist er so relativ.

Die allein erziehende Mutter mit ihren drei Kindern - von der die Nachbarn sagen: "Die arbeitet nicht, die ist nur zu Hause." - , ist die stark oder ist die schwach? Der Polizist, der auf den Demonstranten eben nicht einprügelt, - ist der stark oder schwach? Der Banker, der seine Kinder immer nur sieht, wenn sie schon im Bett sind und schlafen, - ist der stark oder schwach? Was zählt also?

„Papa, sag mir: Worüber predigst du kommenden Sonntag?“ „Ich predige über Paulus und die Gemeinde Korinth. Eine blöde Situation damals vor ungefähr 2000 Jahren. In Korinth da zählte Stärke. Schwäche war nicht erlaubt. Das ewige Spiel der Macht. Damals wie heute.
Paulus hatte die Gemeinde gegründet. Mühsam. Aber sie war entstanden. Sie hatten seinen Worten, seinem Zeugnis von Jesus Christus geglaubt. Dann war er abgereist. Aber es gab viele Prediger damals. Auch in Korinth. Große Redner, Charismatiker, Ekstatiker, große Wortführer, die von ihren tollen Taten und Erlebnissen mit Gott erzählten. Wunder! Krankenheilungen. Offenbarungen, Visionen und sog. Zungenreden! Das beeindruckte die Menschen schon. Mein Haus, mein Auto, meine Familie, mein Boot … mein Gott! Paulus war da schnell vergessen. Kein gutes Zeugnis für ihn.

Aber er gab nicht auf. Kämpfte um die Korinther. Kämpfte mit sich. Er schrieb der Gemeinde: (Übersetzung: Gute Nachricht)

Ihr zwingt mich dazu, dass ich mein Eigenlob noch weiter treibe. Zwar hat niemand einen Nutzen davon; trotzdem will ich jetzt von den Visionen und Offenbarungen sprechen, die vom Herrn kommen. Ich kenne einen mit Christus verbundenen Menschen, der vor vierzehn Jahren in den dritten Himmel versetzt wurde. Ich bin nicht sicher, ob er körperlich dort war oder nur im Geist; das weiß nur Gott. Jedenfalls weiß ich, dass diese Person ins Paradies versetzt wurde, ob körperlich oder nur im Geist, das weiß nur Gott. Dort hörte sie geheimnisvolle Worte, die kein Mensch aussprechen kann. Im Blick auf diese Person will ich prahlen. Im Blick auf mich selbst prahle ich nur mit meiner Schwäche. Wollte ich aber für mich selbst damit prahlen, so wäre das kein Anzeichen, dass ich den Verstand verloren hätte; ich würde ja die reine Wahrheit sagen. Trotzdem verzichte ich darauf; denn jeder soll mich nach dem beurteilen, was er an mir sieht und mich reden hört, und nicht höher von mir denken. Ich habe unbeschreibliche Dinge geschaut. Aber damit ich mir nichts darauf einbilde, hat Gott mir einen »Stachel ins Fleisch« gegeben: Ein Engel des Satans darf mich mit Fäusten schlagen, damit ich nicht überheblich werde. Dreimal habe ich zum Herrn gebetet, dass der Satansengel von mir ablässt. Aber der Herr hat zu mir gesagt: »Du brauchst nicht mehr als meine Gnade. Je schwächer du bist, desto stärker erweist sich an dir meine Kraft.« Jetzt trage ich meine Schwäche gern, ja, ich bin stolz darauf, weil dann Christus seine Kraft an mir erweisen kann. Darum freue ich mich über meine Schwächen, über Misshandlungen, Notlagen, Verfolgungen und Schwierigkeiten. Denn gerade wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

Mein Sohn guckte mich verwundert an. „Verstehe ich nicht. Will er nun angeben oder den Schwanz einziehen? Der Typ ist doch völlig abgedreht. Visionen, unaussprechliche Worte und sowas. Naja, Stachel im Fleisch … und Schwäche ist Stärke … ehrlich, das ist doch Quatsch, Papa.“

Eigentlich hatte mein Sohn ja Recht. Was für verrückte Sätze. Völlig gegen unserer Zeit. Sie stellen alles auf den Kopf. „Du hast ja recht. Das mag auf den ersten Blick stimmen. Der Typ Paulus kämpft mit sich und der Gemeinde. Man merkt auch: diese Zeilen sind ihm eigentlich zuwider. Aber er muss sie schreiben. Er muss sich auf die Argumentation der angeblich „Großen“ einlassen bevor er seine eigentliche Botschaft anbringen kann. Denn auch er kennt das Spiel der Macht durchaus.“

„Ach hör‘ mir auf mit Macht. Wir haben doch sowieso keine Chance gegen die „Großen“ … Was soll das? Trump macht doch auch was er will.“

„Stimmt schon. Aber nicht wirklich. Das weiß auch Paulus. Er fängt an zu prahlen, anzugeben mit seinen Visionen, Offenbarungen, dem Paradies und unaussprechlichen Worten. Aber er weiß, dass das eigentlich nichts bringt.“ „Kein Wunder. Blöde Angeberei. Fake News, sozusagen.“ „Naja, ob fake oder nicht sei mal dahin gestellt. Aber du hast recht: Angeberei. Glänzende Seifenblasen, die oft schnell zerplatzen.“

„Und was bringt das dann?“ „Paulus will auf etwas anderes hinaus. Er kommt mit einer völlig konträren Botschaft. Er stellt alles auf den Kopf. Schwäche ist Stärke. Er ist stolz auf die eigene Schwäche. Das ist es.“
„Nee, ne? Das meint er nicht ernst, oder?“ „Doch. Ganz ernst. Er steht zu seinen Schwächen.“ „Versager? Looser?“ „Nein, eigentlich ein Gewinner. Gerade weil er zu seinen Schwächen steht. Sein sog. Stachel im Fleisch, seine wie auch immer geartete Krankheit … er weiß, dass er nicht davon loskommt und akzeptiert sie.“ „Was für eine Krankheit?“ „Keine Ahnung. Aber sie muss ihn sehr belastet haben.“

Ich sah es meinem Sohn an. Es arbeitete in ihm. Schwäche und Stärke. Schwäche in Stärke. Das muss ein junges Hirn erst einmal zusammen bekommen. „Du meinst jetzt aber nicht die 5 Punkte in Kunst, oder?“ „Ist das dein Stachel?“ „Nö, eher … naja … ich geb‘ ja zu, dass ich manchmal völlig verplant bin und nichts auf die Reihe bekomme.“ „Das passt schon eher zum Stachel. Aber ist das nicht vielleicht auch ein Gewinn für dich?“ Mir kam in diesem Moment eine Idee.

„Papa, du sagst doch selbst immer, dass ich nichts auf die Reihe bekomme. Wo soll da also was Positives sein?“ „Naja, dein Chaos bringt doch auch was Kreatives mit sich. Was ist denn mit deiner Fotografie? Die Kamera zwischendurch. Das ist doch echt toll, was du da machst.“ Seine Fotos sind wirklich sehr gut. Eine Perspektive für seine berufliche Zukunft? Was sollen da die 5 Punkte in Kunst, ehrlich? Vatergedanken.

Aber so schnell ließ sich mein Sohn nicht abspeisen. „Okay, aber das meint Paulus ja nicht wirklich, oder?“ „Nein, da hast du recht. Paulus meint etwas ganz anderes.“
„Und was?“ „Wer definiert denn, wer stark und wer schwach ist? Wer oben und wer unten ist? Sagen das die Zeugnisnoten? Oder das Portemonnaie? Oder ob man in Straße oder Stadtteil X oder in Straße oder Stadtteil Y wohne? Ob der Vater Angestellter oder Selbständiger ist? Was sind unsere Maßstäbe?“ Er nickte.

„Paulus sieht auf Gott. Und Jesus, und wie unsere Maßstäbe durchkreuzt wurden. Er sieht, wie Gott seine Macht abgab und Mensch wurde, schwach wurde, verletzlich. Schwach bis zum Tod am Kreuz. Du weißt schon Karfreitag. Und dann Ostern.
diese Erkenntnis gibt Paulus die Stärke zu sagen: ich kann meine Schwäche annehmen. Ich kann mit ihr leben. Ich muss mich nicht angeberisch groß machen und alles Negative an mir vertuschen. Denn Gott macht mich groß, weil er meine Schwächen kennt. Weil Gott in seiner Größe schwach wurde und doch den Tod besiegte.“

„Papa?“ „Ja?“ „Ich kapier‘ das ja schon ein bisschen mit Gott und Stärke und Schwäche. Aber irgendwie ist das so abstrakt …“
Da hatte er mich wohl mal wieder kalt erwischt. Nicht der Papa sondern der Pastor hatte gesprochen. „Hast recht. Vielleicht einfach so: Gott hat dich lieb so wie du bist. Er kennt dich. Mit deinen Stärken und mit deinen Schwächen. Und er ist gnädig.“ „Ehrlich?“ „Ja. Denn das Leben ist wichtig. Glück ist wichtig. Liebe ist wichtig. Nicht die Stärken und Schwächen. Deshalb ist Gott gnädig. Gnade ist wichtig.“

Mein Sohn zögerte. „Willste es jetzt sehen oder nicht?“ „Wie du willst.“ Mein Sohn stand auf und nahm mich unvermittelt in den Arm. „Habe - glaube ich - was kapiert. Bist schon okay, Papa. 11 Punkte mindestens. Hab dich lieb. Ich hol’s mal.“ Er ging in sein Zimmer. Holte sein Zeugnis. Gut, dass er nicht meine kleine Träne sah. Schwäche und Stärke. Was soll’s?
Bisschen stolz war ich aber schon auf mich. Ich weiß, Eigenlob und so. Gott verzeiht auch mir. Meine Schwächen. Meine Stärken. Durch seine Gnade. Das ist okay. Amen.

Perikope
04.02.2018
12,1-10

Konfi-Impuls für den 4. Sonntag im Advent, 24.12.2017 - 2. Korinther 1,18-22 von Ulrich Erhardt

Konfi-Impuls für den 4. Sonntag im Advent, 24.12.2017 - 2. Korinther 1,18-22 von Ulrich Erhardt
1,18-22

Der Kasus

Dieser Sonntag beginnt ja als Vierter Advent und endet als Heiliger Abend. Manche Gemeinden werden im Hinblick auf die Gottesdienste am Abend überlegen, ob am Sonntagmorgen überhaupt Gottesdienst gefeiert werden soll. Doch nach meiner Erfahrung sind viele dankbar für eine Atempause in der Weihnachtsvorbereitung – und vielleicht auch die Konfirmandinnen und Konfirmanden, durch einen gemeinsam gestalteten Adventsgottesdienst am Vormittag der angespannten häuslichen Situation im „Countdown“ für Weihnachten entfliehen zu können.

Der Text

Paulus ringt hier um seine Glaubwürdigkeit: Ist sein Ja wirklich ein Ja und sein Nein wirklich ein Nein? Er führt diesen Gedanken weiter zum „Ja“, das Gott in Christus spricht und das durch das Kommen Jesu Gestalt gewinnt.

Die Konfirmandinnen und Konfirmanden

Jugendliche werden ständig vor Entscheidungen gestellt – nicht nur durch die Angebote einer „Multioptionsgesellschaft“, sondern auch von Eltern, in der Schule, im Freundeskreis … Deshalb habe ich sie im Unterricht aufschreiben lassen, wozu sie Ja und Nein sagen. Sie nennen: Entscheidungen für eine bestimmte Schule, für oder gegen das Erlernen eines Musikinstrumentes bzw. einer Sportart, „Mutproben“ wie der Sprung vom Sprungturm im Hallenbad oder die Achterbahnfahrt. Aber ebenso die Situation, wenn jemand sie um Hilfe bittet,  - und das „Ja“ zu Gott.

Eine weitere Frage war, ob es ein Ja gibt, das sie besonders gefreut hat.  Hier schrieben sie neben der Erlaubnis, die sie für manche Dinge von den Eltern bekommen haben, vor allem vom Ja von Freunden und Freundinnen zur Freundschaft oder Beziehung.

Meine letzte Frage bezog sich auf Jesus. Wozu sagt er „Ja“? Wozu sagt er „Nein“? Hier gab es wenig überraschende Antworten. Ja sagt er zum Tun des Guten, zu Außenseitern, zu Glaubenden. Nein zu Mobbing, Sünde und Dingen, die schaden.

Die Gottesdienstgestaltung

Unter der Überschrift „Unser Leben ist voller Entscheidungen“ können die Konfis Situationen benennen oder darstellen, in denen von ihnen ein Ja oder Nein gefordert wird (s.o.). Insbesondere für das Thema „Freundschaft“ bietet sich ein kurzes Anspiel an. Danach sagen sie, was es ihnen erleichtert oder erschwert, eine klare Entscheidung zu treffen.

Daran knüpft die Predigt an, die deutlich macht, dass unser „Ja“ und unser „Nein“ im Alltag in Gottes „Ja“ zu seinen Zusagen wurzelt. Dieses Ja wird Gestalt in Christus, an dessen Kommen wir im Advent und an Weihnachten erinnern. Dieses führen die Konfis weiter mit ihren Überlegungen zu: „Wozu sagt Jesus ‚Ja‘? Wozu sagt er ‚Nein‘?“

Ein passendes Lied, das das Adventsgeschehen mit dem Ja verbindet, ist „Stern-Kind, Erd-Kind“ (NL 80). Um Gottes „Ja“ geht es in „Suchen und fragen“ (NL 82)

Perikope
24.12.2017
1,18-22