Ich bin das Erbe angetreten – Predigt zu 1.Petrus 3,8-17 von Stephanie Höhner
Seid stets bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.
Ein weißer Schreibtisch, darauf Stapel mit Unterlagen und ein paar Aktenordner.
Davor sitzt Farid und steht Rede und Antwort. Hinter dem Schreibtisch sitzt der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde und stellt die Fragen.
Warum haben Sie sich taufen lassen? Was ist die Taufe genau? Warum haben Sie jetzt zum christlichen Glauben gefunden? Und: Würden Sie in ihrer Heimat zu ihrem Glauben stehen, auch wenn sie dann sterben müssten?
Der Sachbearbeiter fordert von Farid Rechenschaft. Das muss er, weil Flüchtlinge, die sich hier in Deutschland taufen lassen, verdächtig sind. Verdächtig, dass die Taufe ihnen den Aufenthalt in Deutschland ermöglicht.
Mich hat noch nie jemand gefragt, warum ich getauft bin und ob ich für meinen Glauben sterben würde.
Den Schrecken, den sie verbreiten, fürchtet nicht, und lasst euch nicht irremachen! Den Herrn aber, Christus, haltet heilig in euren Herzen. Seid stets bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.
Petrus sitzt an seinem Tisch, neben ihm ein Stapel von Briefen. Vor ihm liegt ein leeres Stück Papyrus. Er muss Rede und Antwort stehen. So viele Fragen, die seine Freunde ihm stellen, aus allen Ecken des Landes. Sie klagen Petrus ihr Leid, sind verzweifelt und brauchen Rat, was sie tun sollen. Immer wieder werden sie auf der Straße beschimpft, weil sie mit ihren Sklaven gemeinsam am Tisch essen. Sie werden ausgelacht, weil sie sich nicht gegen das Anpöbeln wehren. Sie werden von Festen ausgeladen, weil sie den halbnackten Kellnerinnen Tücher mitbringen, damit sie sich verhüllen können. Und sie oft noch einen armen Nachbarn mitbringen, weil ja genug Essen da sei.
Petrus kennt das nur zu gut. Er selbst ist gestern wieder auf der Straße bespuckt worden, weil er einen fremden Mann, der Hunger hatte, mit nach Hause genommen hat. Die Beleidigungen auf der Straße hat er einfach überhört. Es kommt ihm ein altes Gebet in den Sinn, Verse aus den Psalmen:
Denn wer das Leben lieben will, und gute Tage sehen möchte, der halte seine Zunge im Zaum, fern vom Bösen, und seine Lippen rein, dass sie nichts Heimtückisches sagen. Er gehe aber dem Bösen aus dem Weg und tue Gutes, er suche Frieden und jage ihm nach. Denn die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten und seine Ohren ihrer Bitte zugewandt; das Antlitz des Herrn aber steht gegen die, die böses tun.
Das hat er oft gebetet, als er noch jünger war. Als er in der kalten, dunklen Zelle saß und sein Rücken schmerzte von den Peitschenhieben. Und auch, als sie seinen Freund einfach umgebracht haben, ohne langen Prozess. Als er geweint hat um seinen Freund und es sich anfühlt, als ob sein Leben jetzt auch zu Ende ist.
Petrus muss Rede und Antwort stehen. Er schreibt:
Seid alle eines Sinnes, voller Mitgefühl, liebt einander, übt Barmherzigkeit, seid demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht üble Nachrede mit übler Nachrede. Im Gegenteil: Segnet, denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erben.
Alle Drei sitzen um den kleinen Glastisch im Wohnzimmer. Der Vater ist gerade abgeholt worden. Frank hat ein letztes Mal seine Hand berührt, sie war schon kalt. Jetzt sitzen sie zu Dritt um den Glastisch und starren auf das Papier vor ihnen. Vaters Testament. Alle Drei sind als Erben eingesetzt für das Haus und die zwei Konten. Ein kleines Aktiendepot ist auch dabei.
Neben dem Testament liegt ein Stapel an Briefen: Mahnungen von Firmen, denen der Vater Geld schuldet.
Der erwartete Geldsegen, den sie sich erhofft haben, bleibt wohl aus. Auf dem Haus lasten noch Schulden. Vielleicht sind auch die Konten leer. Dafür aber ein Schuhkarton voller Rechnungen – unbezahlt.
Vielleicht sollte Frank das Erbe ausschlagen. Aber er hängt an dem Haus. Sein Elternhaus, in dem ist er groß geworden. Auf dem Hof hat er Radfahren gelernt und im Herbst mit dem Vater die Äpfel vom Baum im Garten gepflückt. Jetzt stehen noch die letzten weißen Blüten. Es könnte eine gute Ernte werden dieses Jahr.
Der Bruder sieht die Rechnungen durch und überschlägt die Schulden. Er kommt auf eine fünfstellige Summe. Die Schwester telefoniert mit der Bank. Sie möchte einen Termin, um Klarheit über Schulden und Vermögen des Vaters zu bekommen.
Frank schaut in den Garten und erinnert sich an die gemeinsamen Grillabende. Ein guter Grillmeister wendet die Wurst nur einmal, hat der Vater immer gesagt. Frank grillt bis heute gern.
Einer stirbt und Drei werden erben. Die Namen stehen im Testament. Zu erben gibt es Vermögen, aber auch Schulden. Die zierliche Nase und Krankheiten. Die schöne Stimme und das „sofort auf 180“ bei jeder Kleinigkeit.
Manche werden das Erbe ausschlagen – zu groß die Pflichten. Manches muss man nehmen, ob man will oder nicht. Der erhoffte Geldsegen bleibt aus.
Einer stirbt und viele werden erben. Auf der Namensliste ist noch Platz. Manche werden das Erbe ausschlagen – zu groß die Pflichten.
Ich entdecke auch meinen Namen auf der Liste. Ich nehme das Erbe an, ohne an die Pflichten dabei zu denken. Der erhoffte Segen – immer wieder suche ich ihn.
Ich bin das Erbe angetreten. Mich hat nie jemand gefragt. Aber ich kann es jeden Tag ausschlagen.
Ich bin das Erbe angetreten, wie die Freunde von Petrus.
Petrus steht für mich Rede und Antwort:
Seid alle eines Sinnes, voller Mitgefühl, liebt einander, übt Barmherzigkeit, seid demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht üble Nachrede mit übler Nachrede. Im Gegenteil: Segnet, denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erben.
Den Herrn aber, Christus, haltet heilig in euren Herzen. Seid stets bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist. Tut es jedoch mit Sanftmut und Ehrfurcht, mit einem guten Gewissen. Denn es ist besser, Gutes zu tun und – wenn es der Wille Gottes ist – zu leiden, als Schlechtes zu tun und zu leiden.
Ein schweres Erbe, das ich antrete und das viele vor mir schon angetreten haben.
Die Freunde von Petrus werden beschimpft, später verfolgt, ins Gefängnis gesperrt. Viele sind für das Erbe gestorben.
Für Farid ist es ein schweres Erbe. In seiner Unterkunft möchte er nur von seinem Glauben sprechen, wenn er gefragt wird. Auch ihm drohen Beschimpfungen und vielleicht mehr. Bisher hat noch niemand gefragt.
In seiner Heimat Afghanistan müsste er für das Erbe sterben.
Es ist ein schweres Erbe.
Seid alle eines Sinnes, voller Mitgefühl, liebt einander, übt Barmherzigkeit, seid demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem, nicht üble Nachrede mit übler Nachrede.
Beiß dir auf die Lippe, wenn jemand einen blöden Spruch über dich macht.
Habe Verständnis, wenn mehr Arbeit an dir hängen bleibt, weil die Tochter vom Kollegen wieder krank ist.
Ärgere dich nicht über das Auto, das deine Einfahrt zuparkt.
Tröste deine Freundin, wenn sie wieder einmal Liebekummer hat – auch wenn dein Kalender voll mit Terminen ist.
Gib eine warme Decke und heißen Tee für Menschen, die ihr Zuhause verloren haben.
Ein schweres Erbe.
Ein schweres Erbe, das Frank antritt. Sein Bruder macht eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Ergebnis: zu viele Schulden, zu wenig Vermögen. Er schlägt das Erbe aus.
Frank erinnert sich: als er als Student knapp bei Kasse war, hat der Vater seine Miete bezahlt. „Andere sollen nicht auf ihrem Geld sitzen bleiben, nur weil du zu wenig verdienst“, hat er gesagt.
„Du wirst Fehler machen, aber du musst dafür auch gerade stehen“, war eine andere Weisheit vom Vater. Vater kann nicht mehr für seine Fehler gerade stehen, aber Frank. Andere sollen nicht auf ihrem Geld sitzen bleiben, nur weil der Vater gerne Kreuzfahrten auf dem Mittelmeer gemacht hat. Also wird Frank das Erbe antreten. Es ist ein schweres Erbe, der Geldsegen bleibt aus. Aber schon lange vor den Schulden und dem Haus hat Frank geerbt, es ist ganz leicht: er macht den besten Apfelkuchen und wendet die Grillwurst nur einmal. Er bezahlt seine Miete pünktlich und lässt dafür die neue Jeans einen Monat warten. Er träumt davon, seinem Sohn das Radfahren hier auf dem Hof beizubringen.
Einer stirbt und viele erben. Ich trete das Erbe an. Ein schweres Erbe.
Seid stets bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.
Farid ist bereit und steht Rede und Antwort vor dem Sachbearbeiter im Ausländeramt. Er erzählt seine Geschichte, von der Angst, die er hatte, als er mit 16 Jahren von zu Hause weglaufen muss, alleine, weil die Taliban ihn abholen wollten. Von der Angst auf dem Boot und vor jedem Polizisten. Von dem Gestank in den Camps und dem ständigen Geschrei.
Von dem Glück, bei einer Familie ein Zimmer zu bekommen. Wie er dort Geschichten von Jesus gehört hat. Farid sagt: „Da ist Jesus in mein Leben gekommen. Er hat mich vom Dunkeln ins Licht gebracht.“ Farid steht Rede und Antwort, warum er getauft ist, was das ist, eine Taufe. Er erzählt von seinem Leben mit Jesus. Und er sagt auch, dass er für seinen Glauben sterben würde.
Ich bin so etwas noch nicht gefragt worden und ich weiß nicht, was ich antworten würde. Die Worte von Farid sind nicht meine Worte. Seine Geschichte ist nicht meine Geschichte. Aber es ist unser gemeinsames Erbe.
Ich versuche, Rede und Antwort zu stehen, wenn ich nach meiner Hoffnung gefragt werde. Auch jetzt. Ich hoffe, dass nach dieser Welt eine andere Welt kommt. In der ist alles anders. Kein Leid, kein Schmerz, keine Beschimpfungen, kein Töten, kein Rede-und-Antwort-Stehen. Da sind Fehler vergeben und Wunden geheilt. Das ist ein Versuch, hier Rede und Antwort zu stehen.
Und doch fehlen mir oft die Worte und die Taten. Oft verfehle ich das Erbe.
Ein schweres Erbe und doch manchmal ganz leicht. Denn das Erbe selbst macht es leicht.
Segnet, denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erben.
Ich sage: „Es tut mir leid, ich war ungerecht zu dir.“
Frank bezahlt die Schulden seines Vaters und bringt seinem Sohn Radfahren bei.
Petrus schreibt Briefe an seine Freunde und macht ihnen Mut, das Anpöbeln auszuhalten.
Farid wird Konfi-Teamer und Experte für den Gasherd in der Gemeindeküche – der hat so seine Tücken.
Eine Lehrerin im Ruhestand bringt fünf mal in der Woche jungen Frauen Deutsch bei.
Der Nachbar klingelt nebenan und bittet darum, seine Einfahrt frei zu halten.
Eine Familie gibt das Gästezimmer frei für einen Studenten aus Syrien.
Die Kirchengemeinde macht ein faires Frühstück und alle werden satt – auch ohne Geld.
Ich bin das Erbe angetreten. Manchmal ist es ein schweres Erbe. Manchmal ganz leicht. Ich habe die Hoffnung, dass ich es schaffe: Segnet, denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erben.
Amen.
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Halbzeitpause. Oder: Die Seele ist kein Oktopus – Predigt zu 1. Petrus 1,8-12 von Christina Costanza
I Zwischen Einatmen und Ausatmen
Es ist Halbzeit. Das Jahr 2018 ist auf seiner Höhe angelangt. Fast ein halbes Jahr ist seit Neujahr vergangen. Und genau ein halbes Jahr seit Weihnachten.
Die Tage werden wieder kürzer. Es wird nicht mehr heller, sondern dunkler. Und auch das Wachsen draußen in der Natur hat seinen Höhepunkt erreicht. Was auf den Feldern und in den Gärten wächst, schießt nicht mehr in die Höhe und Weite, sondern legt seine Kraft in die Früchte und Körner. Erdbeeren, Himbeeren, Spargel, Johannisbeeren. Die Gerste auf den Feldern.
Es ist, als ob für einen Moment alles stillsteht. Für das Jahr 2018 ist jetzt der Moment zwischen Einatmen und Ausatmen.
Nicht immer weitermachen, mehr und schneller. Die Halbzeit ist Pausenzeit, wie beim Fußball.
Das Jahr ist auf seiner Höhe angelangt. Zeit sich umzuschauen, zurückzublicken auf die letzten Monate, nach vorne zu schauen.
Zeit auch, um nach innen zu schauen, auf das, was unsichtbar ist. Was im Dunkeln, im Verborgenen liegt und doch mein Leben zusammenhält, auf geheimnisvolle Weise, durch Jahr und Tag hindurch.
II Seelenseligkeit
Was das ist, das Verborgene, Unsichtbare, was mein Leben zusammenhält, dafür gibt es im Predigttext für heute ein Wort. Über dieses Wort und was es für mein Leben heißt, möchte ich heute mit Ihnen nachdenken. Genauer gesagt sind es zwei Wörter, die aufs Engste zusammengehören.
Im ersten Kapitel des ersten Petrusbriefes steht:
Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude,
wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.
Nach dieser Seligkeit haben gesucht und geforscht die Propheten, die geweissagt haben von der Gnade für euch,
und haben geforscht, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutet, der in ihnen war und zuvor bezeugt hat die Leiden, die über Christus kommen sollten, und die Herrlichkeit danach.
Ihnen ist offenbart worden, dass sie nicht sich selbst, sondern euch dienen sollten mit dem, was euch nun verkündigt ist durch die, die euch das Evangelium verkündigt haben durch den Heiligen Geist, der vom Himmel gesandt ist, – was auch die Engel begehren zu schauen.
Das Ziel eures Glaubens und damit allen Lebens ist: der Seelen Seligkeit. Ein jahrhundertealtes Wort, das Geschichte atmet. Das aber auch ein bisschen altmodisch klingt. Fast wollte man es deshalb noch mal anders übersetzen. Zum Beispiel mit: „Rettung des Lebens“. Das steht da wörtlich im griechischen Text: soteria psychon, Rettung des Lebens. Und um Lebensrettung geht es auch.
Aber nicht um eine Rettung aus akuter Lebensgefahr durch beherzte Sanitäter geht es, nicht um die Verlängerung meiner Lebenszeit durch Krisen und Krankheiten hindurch. Es geht nicht um Verlängerung, sondern um Vertiefung. Und das hat Martin Luther gewusst und deshalb die Wortverbindung „der Seelen Seligkeit“ ausgedacht.
Das Wort „Seelenseligkeit“ trägt den Klang der Unendlichkeit in sich. Ein bisschen klingt es auch nach einem Lied oder nach einem Traum. Davon, wie es sein könnte, wenn alles gut ist. In meinem Leben. Mit meiner Psyche, meiner Seele.
Ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit…
III Die Seele ist kein Oktopus
Die Seele. Kein Mensch hat sie je gesehen. Über ihre Existenz wird seit Jahrtausenden gestritten, schon lange bevor der Brief des Petrus geschrieben wurde. Wie stelle ich mir die Seele vor?
Ist die Seele ein Teil des Körpers? Ist sie zum Beispiel wie ein Oktopus? Eine Frage, die ich mir hätte stellen können, wenn ich im dritten Jahrhundert vor Christus in Athen gelebt hätte. In der philosophischen Denkschule der Stoiker wurde die Seele als Oktopus gedacht. Das Zentrum der Seele vermuteten die Stoiker im Herzen, von dort aus strecke die Seele acht Arme in verschiedene Körperregionen, jeder Arm nehme eine andere Aufgabe der Seele wahr.
Ist die Seele als Teil des Körpers unsterblich, verlässt sie den Körper nach seinem Tod? Das wollte ungefähr zweitausend Jahre später, im Jahr 1907, der amerikanische Arzt Duncan MacDougall in Massachusetts herausfinden. Er war überzeugt, dass die Seele im Gehirn Raum beanspruche. Wenn sie zum Zeitpunkt des Todes den Körper verlasse, müsse deshalb ein Gewichtsunterschied messbar sein. Deshalb hatte MacDougall sterbende Menschen vor, während und nach dem Eintreten des Todes zu wiegen versucht. Die Gewichtsabnahme beim Tod veranschlagte er auf rund 21 Gramm und erklärte diesen Substanzverlust als Gewicht der Seele.
Das Gewicht der Seele wiegt aber noch viel mehr, wenn man biblische Texte liest. Denn was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? (Mk 8,36)
In der Bibel ist die Seele das, was den lebendigen Menschen ausmacht. Kein Teil von ihm, sondern der Mensch als Ganzer. Eine Seele von Mensch, sozusagen. Also das im Menschen, was ihn liebenswert macht und einzigartig. Das, was man sieht, wenn man einem Menschen in die Augen schaut. Da sehe ich ja nicht nur Wimpern und Iris und Pupille, sondern noch etwas anderes, Tieferes. Da sehe ich, manchmal, so etwas wie das Innen dieses Menschen, das was sie ausmacht, ihm am Herzen liegt.
Die Seele ist das, was im Menschen glaubt und hofft und liebt. Gott, du bist mein Gott, den ich suche. Es dürstet meine Seele nach dir… (Ps 63,2) Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen…“ (Ps 103,1)
Deshalb stelle ich mir die Seele weniger als einen Oktopus vor, der mit seinen langen Armen auf alles in seiner Umgebung zugreifen kann, alles im Griff hat. Sondern eher wie eine Geige, die in Schwingung versetzt wird – vom Bogen, der sie streicht, von einem anderen Instrument im selben Raum.
Meine Seele, das ist das in mir, was mitschwingt, wenn sich jemand anderes freut oder traurig ist. Meine Seele ist das in mir, was auf geheimnisvolle Weise mit der Welt da draußen in Verbindung ist und mehr hören kann als mein Ohr und mehr sehen kann als mein Auge.
Meine Seele ist wie ein Raum für Resonanz – etwas da draußen kann sie in Schwingung bringen, und dann ist der Johannisbeerstrauch plötzlich nicht mehr nur ein Strauch und das Getreidefeld in der Abendsonne nicht mehr nur eine landwirtschaftliche Nutzfläche. Sondern geheimnisvoll, wie ein Zeichen für etwas anderes, ein Hoffnungszeichen, das so etwas wie Glück ankündigt. Und manchmal ist es dann da, das Glück selber, wogt es in diesem Getreidefeld in der Abendsonne.
Kein Teil des Menschen ist die Seele, nichts, das ich in Gramm abwiegen könnte. Und zugleich kann ich sie mir wie ein Organ vorstellen. Ein Organ für das Unsichtbare zwischen Erde und Himmel, ein Organ für das, was größer ist als alles in der Welt. Die Seele kann das Unendliche schmecken, inmitten des Alltags.
IV Wer’s glaubt, wird selig
Ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit…
Seele und Seligkeit gehören zusammen. Nicht unbedingt sprachlich – da verführt der ähnliche Klang der beiden Wörter zu orthographischen Fehlern. Die Seligkeit muss ja ohne das doppelte ‚e‘ der Seele auskommen. Selig hat sprachlich nichts mit Seele zu tun, sondern kommt von einem anderen Wort her, vom althochdeutschen sälig. Das heißt überglücklich und gesegnet.
Und so hat die Seligkeit mit einem ‚e‘ dann doch ganz viel mit der Seele mit Doppel-‚e‘ zu tun: Weil die Seele ein übergroßes Glück empfinden kann, das nicht von dieser Welt ist. Weil sie wahrnehmen kann, wie sich Segen anfühlt. Seele und Seligkeit gehören zusammen.
Wer’s glaubt, wird selig. In dieser Redensart, die ja manchmal zynisch, ironisch noch die letzte Hoffnung austreibt, liegt Wahrheit. Denn ich weiß ja, das Glück und den Segen, von dem ich hier rede, das kann ich nicht festhalten. Die Seele muss lange Durststrecken überstehen. Seligkeit ist nichts, was immer zur Seele gehört. Seelenseligkeit ist ein Ziel, etwas, das mir noch vorausliegt, von dem ich nur ahne, hin und wieder, wie sich das anfühlt.
Seligkeit ist das, von dem die Seele begreift, dass nur Gott das geben kann. Und das alles andere übertrifft.
V Licht, das durch die Finsternis bricht
Heute ist Johannistag. Der Geburtstag von einem Menschen, den ich mir nicht als allzeit glücklichen Menschen vorstelle. Der aber gesegnet war, von Mutterleib an, dessen Seele erfüllt war vom heiligem Geist. Johannes, der als erwachsener Mann Jesus im Jordan getauft hat. Ihm vorangegangen ist und den Weg bereitet hat.
Wie Johannes der Täufer ein Wegbereiter ist, so ist der Johannistag ein Wegzeichen. Weist uns sechs Monate voraus auf die Nacht des 24. Dezember.
Wenn die Nächte am längsten sind. Wenn Gott zur Welt kommt, auch zu mir, bis in das Tiefste meiner Seele.
Licht, das durch die Finsternis bricht.
Freude, die nicht in Worte zu fassen ist. Nach der sich sogar die Engel sehnen.
Ein Gefühl, wie es sein könnte, wenn ich am Ziel bin.
Ich sehe es noch nicht, dieses Ziel.
Aber sie haben mir davon erzählt: die Propheten, die Wegbereiter, die auf dieses Licht hinzeigen.
Und die Männer und Frauen, die dieses Licht gesehen haben als es in tiefster Nacht erschienen ist.
Amen.
Predigtlied EG 74,1-4 Du Morgenstern, du Licht vom Licht
PS: Neben GPM 72 (2018) und den Predigtstudien 2. Halbbd. (2017/18) finde ich ein Essay anregend, das kurz vor dem letzten Weihnachtsfest im ZEIT-Magazin erschienen ist: https://www.zeit.de/zeit-magazin/2017/53/seele-psychologie-existenz-suche
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Ein Knigge für Christenmenschen – Predigt zu 1. Petrus 3, 8-17 von Helmut Dopffel
Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber sieht auf die, die Böses tun« (Psalm 34,13-17).
Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Ehrfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.“
Liebe Gemeinde,
diese Worte klingen wie ein Knigge für Christinnen und Christen. Also wie ein Anstands- und Benimmbuch. Der alte Knigge ist heute ziemlich aus der Mode gekommen. Weil seine Regeln die persönliche Freiheit einschränken? Weil anderes wichtiger ist? Es gibt doch die großen Probleme der Menschheit, von den Kirchen seit dreißig Jahren bündig formuliert: Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung. Unbestreitbar sind das die großen Fragen der Ethik, an denen unser Überleben hängt. Aber neben der großen Ethik gibt es eben auch die kleine Moral des Alltags. Oder sollte sie geben. Natürlich klingt der alte Knigge heute in manchem komisch, und vieles ist entbehrlich. Aber sein Buch ist überschrieben mit „Über den Umgang mit Menschen“. Und es liegt vielleicht nicht nur am historischen Interesse, dass es jüngst – 2016 – wieder erschienen ist. Zum einen spiegeln sich die großen Fragen der Menschheit sehr wohl in unserem Alltag. Was heißt spiegeln: sie haben ihren Ort im Alltag, gerade im Alltag geht es um Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung; ja, hier entscheidet sich, wo die Reise hingeht. Im Alltag verändert sich die Welt, so oder so. Und da ist dann auch jeder und jede gefragt. Außerdem leben wir Normalsterbliche eben in unserem Alltag und nicht auf der Weltbühne, hier geht es um unser eigenes Wohl und Wehe und das der Menschen, mit denen wir täglich zu tun haben. Die Veränderung, die wir für die Welt hoffen und wollen: Wir gestalten sie, jeden Tag und über den Gartenzaun. Wir leben nicht global, sondern vor Ort.
Alltagsmoral, Anstand: Brauchen wir das? Vielleicht nicht die Benimmregeln, die unser ziemlich steifer Tanzlehrer uns vor vielen Jahren in der Tanzstunde versuchte beizubringen. Aber in der Straßenbahn und öffentlichen Parks, im Internet, zwischen Nachbarn und Familien, und inzwischen auch in unseren Parlamenten und auf der großen weltpolitischen Bühne: Da wünsche ich mir oft wieder mehr davon, mehr Anstand, mehr Benimm, mehr Alltagsmoral, mehr Rücksicht.
Der Umgangston in unserer Gesellschaft hat sich verändert. Ich finde das beunruhigend. Eine Achtlosigkeit hat sich eingeschlichen, eine Rücksichtslosigkeit, eine Gewalttätigkeit, zumeist verbal, aber nicht immer bleibt es dabei. Das Internet zeigt es am krassesten: Anonyme Beschimpfungen die kein Maß mehr kennen, Pöbeleien, Cybermobbing, shitstorm, Todeswünsche und Todesdrohungen. Natürlich werden die Probleme medial noch einmal aufgeblasen, aber sie sind kein Fake, sie sind real. Wir haben ein Problem und zwar ein veritables. Das zeigt sich schon daran, das neue Worte in Umlauf kommen und sich durchsetzen: dissen, Cybermobbing, shitstorm...
Das macht was mit uns. Wir spüren, wie das uns und unsere Gesellschaft verunsichert. Es betrifft uns ja durchaus auch selbst, verbale Gewalt und Übergriffe finden auch in der Kirche statt, – denken Sie nur an die heißen Eisen Gender oder Homosexualität. Und ich habe den Eindruck, dass wir ziemlich ratlos sind gegenüber dem Wandel des gesellschaftlichen Klimas. Es wird rauer. Es wird kälter, gegenüber Menschen und ihrem Leid, und heißer in Aggressivität. Diese Verächtlichmachung geht inzwischen bis in unsere Parlamente und die große weltpolitische Bühne hinein. Und sie ist als Methode erfolgreich. Was können wir tun?
Versuchen wir‘s einmal mit den alten Worten aus dem alten Buch. Und zwar richtig verstanden, nicht mit erhobenem Zeigefinger gegenüber den anderen. Und auch nicht als Mahnung an uns selbst. Hören wir die Worte als Worte der Hoffnung. Die Hoffnung, die in uns ist. Das steht da, einfach so. Es ist die Hoffnung auf die Verbesserung der Welt. Und die Hoffnung auf die Überwindung des Todes. Beides gehört zusammen. Denn die Welt endet nicht am Horizont unseres irdischen Lebens. Diese Hoffnung ist nicht ablesbar aus dem Gang der Dinge, aus irgendeinem der Welt eingeschriebenen Fortschritt. Diese Hoffnung wächst aus unserem Glauben. Gott liebt diese Welt. Er lässt sie nicht fallen. Gott liebt mich. Er lässt mich nicht fallen. Gott hat uns eine Mission anvertraut. Erwählt, nennt Petrus die Christen. Priester, Könige. Licht und Segen. Gott liebt die anderen, auch die die unachtsam und voller Aggression sind. Er lässt auch sie nicht fallen. So soll es sein. So wird es sein. Ein anderes Leben ist uns und aller Welt versprochen. Daran glauben wir, darauf hoffen wir, daraus leben und handeln wir.
Es ist die Hoffnung, die alles gebiert, die Liebe und den Mut und die Achtsamkeit und die Klugheit und die rechten Worte, und, wenn es sein muss, auch die Fähigkeit einzustecken – von Leiden ist da ja auch die Rede. Das macht den christlichen Glauben attraktiv, und nur das. Ohne diese Hoffnung ist alles nichts. Und in dieser Hoffnung ist vieles möglich.
Die Hoffnung, die in uns ist: Sie lebt aus der Gottesbeziehung, aus Glauben und Vertrauen in den, der uns erschaffen und erlöst hat und uns nun vorangeht. Das gibt inneren Halt und Freude und Mut und Liebe. Und da hat sich bereits etwas verändert.
Diese Worte sind also keine Mahnung und schon gar kein Befehl. Sie umschreiben den Lebensstil der Hoffnung. Das, was Christen abstrahlen. Einfach so. Und immer wieder. Und wenn diese Hoffnung uns nicht beseelt, dann – haben wir dieser Welt nichts zu sagen und nichts zu bringen. Doch wenn diese Hoffnung in uns ist, dann segnen wir diese Welt und ihre Menschen.
Das heißt nicht, dass wir perfekt sein sollen oder gar perfekt sind. Gar nicht. Aber dass da etwas in uns ist, das uns unterscheidet von vielen Menschen. Und das manchmal daran erkennbar wird, wie wir auftreten, was wir sagen, was wir tun. Und vor allem: Wie wir es sagen und wie wir es tun.
Wer dann einstecken muss, leiden, den Kürzeren zieht: Selig, glücklich ist sie oder er. Denn nichts kann ihr oder ihm schaden. Auf eine geheimnisvolle Weise sind wir unverwundbar, wenn uns die Hoffnung erfüllt und trägt und wir ihr treu bleiben. Natürlich spürt man den Schmerz, im Körper und in der Seele, den eine solche Niederlage, eine solche Zurückweisung, ein solches Misslingen auslösen. Aber da gibt es etwas in uns, das stärker ist, und heller, und fester. Das kann man in solchen Situationen auch spüren. Oder danach.
Es geht also zuerst einmal um uns selbst: Ist die Hoffnung in uns? Spüren wir sie? Trägt sie uns? Strahlen wir sie ab? Oder sind wir nicht doch in den Sog der Depression geraten, der Lust an den schlechten Nachrichten, gerade über die Kirche, über uns selbst?
Dann ist in diesen Worten viel von Gut und Böse die Rede. Damit wird aber nicht die Welt in Gut und Böse eingeteilt, in schwarz und weiß, Freund und Feind. Und es wird uns auch nicht eine allgemeine Definition von Gut und Böse serviert, an die wir uns zu halten hätten. Das ist immer kompliziert und umstritten. Aber etwas ganz anderes ist es, wenn es im Alltag darum geht, Gutes zu tun und Böses nicht zu tun. Da ist klar, dass es das eine und das andere gibt, und meistens wissen wir auch genau, was jetzt gut wäre und was böse. Tut das Gute. Tut das Böse nicht. Stehen wir davor oder mittendrin, dann wissen wir es. Ich mach es ganz einfach und krass: Jemanden, der am Boden liegt, ins Gesicht zu treten, ist böse. Den Arzt zu rufen, wenn jemand gestürzt ist und liegen bleibt, ist gut. Selbst wenn der das dann gar nicht will. Oder wenn auch der Arzt nicht mehr helfen kann.
Übrigens: Gutes tun wir nicht, weil Gott es geboten hat, nicht um Gottes Willen zu erfüllen. Sondern um Menschen zu gewinnen, und diese Welt nicht vor die Hunde gehen zu lassen. Das ist, ganz nebenbei gesagt, die eigentliche Art, Mission zu treiben, niederschwellig und über den Gartenzaun. Der Lebensstil der Hoffnung ist unsere Mission.
Dieser Lebensstil der Hoffnung wird im Predigttext umschrieben mit: Gleich gesinnt, einig sein, an einem Strang ziehen; mitleidig, geschwisterlich, barmherzig, demütig. Das sind alles Worte, die Wärme ausstrahlen, Zugewandtheit. Das heute gängige Wort Achtsamkeit trifft es ziemlich genau – auch Modewörter haben manchmal ihre Wahrheit. Es geht da nicht darum, sich selbst klein zu machen, wie es vielleicht „demütig“ nahelegt. Es geht nicht darum, sich klein zu machen, sondern andere groß zu machen, sie zu sehen, wahrzunehmen, gelten zu lassen, anzuerkennen. Das kann man übrigens nur, wenn man selbst innerlich groß ist. Nur das Starke kann sich beugen, das Kleine muss sich wehren, sagte einmal Theophil Askani.
Aber viel schwieriger ist das andere: Was tun angesichts der Aggression, der Übergriffe, verbal und manchmal auch nicht nur verbal? Da finden wir nun klare Worte: Vergeltet nicht Schimpfwort mit Schimpfwort, shitstorm mit shitstorm, Kränkung mit Kränkung, Pöbelei mit Pöbelei. Schlagt nicht zurück, weder mit Worten noch mit Fäusten. Keine Vergeltung. Klingt gut. Ist schwer.
Und dann wird man noch als Schwächling oder Gutmensch belächelt.
Erstaunlich, wie unaufgeregt der 1. Petrusbrief auf diese Vorfälle eingeht. Vertrauen in die Macht des Guten könnte man das nennen. Vertrauen in die Macht des Segens. Vertrauen in die Macht Gottes. Ja, Menschen lassen sich davon beeindrucken, einnehmen, und manchmal sogar gewinnen. Und ja, manchmal misslingt das, und man muss Aggression und Benachteiligung und Spott in Kauf nehmen und steht mit leeren Händen da.
Warum ist das der Weg? Richtig: Der grobe Klotz zieht den groben Keil magisch an. Aber es ist eine teuflische Magie. Das ist die große Versuchung von uns allen, unser heimlicher Vertrag mit dem Kreislauf des Bösen. Wir bleiben drin, anstatt auszusteigen.
Deshalb: Lasst euch nicht provozieren. Wie den Hass aus der Welt treiben, wenn nicht so? Wie weit sind wir bereit zu gehen? Aus diesem Stoff ist der Segen gewebt. Dann prägt uns das Bild Jesu. Seine Worte, sein Leben, sein Lebensstil der Hoffnung ziehen sich durch das Neue Testament: Liebet eure Feinde.
Aber diese Hoffnung und diese Liebe sind nicht verwaschen. Da steht auch: Gebt Rechenschaft jedem. Man könnte auch sagen: Zeigt in der Sache klare Kante. Sagt, um was es geht. Sagt die Wahrheit. Aber so, dass der andere eure Hoffnung spürt, eure Liebe, vielleicht sogar eure Freude, und nicht euren Zorn. Der Stil, darauf kommt es an. Er ist das Argument. Er kann überzeugen und Bewegung ins Erstarrte bringen. Und an einer Stelle wird dieser Text nahezu überschwänglich: Segnet. Dazu seid ihr berufen. Segnet, stellt die Menschen unter Gott, schaut sie an als Kinder Gottes, über denen Gottes Augen leuchten. Damit gebt ihr den Menschen das, was sie ausmacht: Würde, Menschenwürde.
Was passiert dann, wenn die Hoffnung in uns ist und wir uns davon leiten lassen? Ganz nüchtern nennt der Text verschiedene Möglichkeiten. Wir bewirken etwas, wir verändern einen Menschen. Oder es bleibt wie es ist, wir ziehen den Kürzeren, die Arschkarte. Das Böse aber wird so oder so entmächtigt. Denn besser Böses erleiden als Böses tun. Das ist für uns besser, für die Welt besser. Es hält die Hoffnung hoch. Amen.
Liedvorschläge:
322,1-4 Nun danket all und bringet Ehr
495,1-3.5 O Gott du frommer Gott
428,1-5- Komm in unsre stolze Welt
322,5-9 Er gebe uns ein fröhlich Herz
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Mit dem Navi den Siegeskranz finden – Predigt zu 1. Petrus 5,1-4 von Jens Junginger
„Welche Adresse gebe ich in das Navi ein“ fragte mich kürzlich eine auswärtige Redakteurin, „wenn ich zur Stadtkirche kommen will?“ Ich musste Ihr zur Antwort geben: „Man kann nicht direkt hinfahren geschweige denn parken! Die Kirche liegt in der Fußgängerzone. Für Nichtortsansässige, für Leute, die von weiter herkommen oder mit Kirche nicht vertraut sind, ist das schwierig.“
Um zu Kirche zu gelangen bräuchte es eine konkrete Wegbeschreibung. Und noch mehr: Es bräuchte eine nähere Beschreibung was ich dort antreffe. Man könnte auch sagen. Man müsste dem religiös und kirchlich Unmusikalischen sagen: Was ihm oder ihr dort geboten oder angeboten wird.
Was gebe ich in das Navi ein, wenn ich zur Kirche will? Das ist in der Tat eine sehr viel tiefergehende und weitreichendere Frage, als man zunächst denkt. Vor allem, wenn man sich in den Standpunkt dessen hineinversetzt, der null Ahnung hat, was Kirche ist oder sein könnte. Allenfalls vielleicht, dass es ein Gebäude ist.
Es lohnt sich diese Perspektive der Ahnungslosigkeit, des Nichtwissens oder der Unberührtheit einzunehmen. Sie ist viel realer und normaler, als wir uns (auch im Südwesten Deutschlands) eingestehen. Den Hauch einer Ahnung wie es tatsächlich ist, bekommt man in größeren Innenstädten, im Osten Deutschlands, in der Schweiz oder in Berufsschulklassen! Kirche? Was ist das für ein Verein? Worum geht’s da? Wo kommen die her? Warum gibt’s die? Wie ticken die Leute, die da drin sind? Und was treibt die um, die diesen Verein leiten, der über so besondere Gebäude verfügt?
Eine wichtige, eine berechtigte, eine gute Frage für die Kirche, die auf eine zweitausendjährige Geschichte zurückblickt und – zumindest in Deutschland und Europa – im dritten Jahrtausend ihres Bestehens dramatisch an Bindung, an Bedeutung, an Überzeugungs- und an Anziehungskraft verliert.
Bereits in der dritten christlichen Generation machte sich einer seine Gedanken über den Zustand einiger kleiner Gemeinden in Kleinasien, vor allem über die Haltung und die Art und Weise ihrer Leitung. Er gab sich den nach einer prominenten Autorität klingenden Namen „Petrus“ und wandte sich mit einigen Überlegungen und Anregungen in einem Schreiben an die Gemeindeleitungen. Er schrieb an die Auserwählten, verstreut in der Fremde, im Gebiet der heutigen Türkei:
in Pontus, Galatien, Kappadozien, in der Provinz Asien und in Bithynien:
(Ich lese aus dem 1. Petrusbrief Kapitel 5 die Verse 1-4 nach der Übersetzung der Basisbibel)
Auch ich bin ja Gemeindeältester und Zeuge für die Leiden von Christus. Als solcher habe ich ebenso Anteil an der Herrlichkeit, die bald offenbar werden wird.
Deshalb bitte ich euch eindringlich:
Leitet die euch anvertraute Gemeinde Gottes wie ein Hirte seine Herde. Kümmert euch um sie, nicht weil ihr euch dazu gezwungen seht, sondern freiwillig – so wie es Gott gefällt. Handelt dabei nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Hingabe. Spielt euch nicht als Herrscher auf in eurem Verantwortungsbereich, sondern seid ein Vorbild für die Herde. Wenn dann der oberste Hirte erscheint, werdet ihr den unvergänglichen Siegeskranz empfangen, der in der Herrlichkeit besteht. Genauso gilt für euch Jüngere: Ordnet euch den Gemeindeältesten unter. Und für euch alle: Euer Umgang miteinander soll von Demut gekennzeichnet sein. Denn: »Den Überheblichen stellt sich Gott entgegen, aber den Demütigen schenkt er seine Gnade.«
Ein leicht erhobener Zeigefinger ist nicht zu überhören. Gehen wir also davon aus, der Verfasser dieses Schreibens hatte manches gehört oder erlebt, was ihn veranlasst hat seine Impulse und Empfehlungen so zu formulieren. Ich fasse die von ihm empfohlenen Eigenschaften und Merkmale für eine verantwortlich geführte Gemeinde zusammen. Wenn man die in einem Navi eingeben könnte, müsste man – genau genommen – bei jenen Leitungen von Kirche bzw. Kirchengemeinden herauskommen wo man Folgendes antrifft
Hingebungsvolle, ehrenamtliche Kümmerer. Selbstlos bescheiden und freiwillig sorgen sie sich wie gute Hirten/innen um Menschen, vornehmlich um die Verlorenen, Vergessenen. Demütig, ohne jegliches Machtgehabe und finanzielles Eigeninteressen gehen sie miteinander um. Das zeichnet ihre vorbildliche Art und Kunst der Gemeindeleitung aus. So wie es Gott gefällt.
Mag sein: Der Vergleich zwischen den Gemeindeleitungen damals und der Gemeinde- und Kirchenleitung heute hinkt. Damals waren es kleine, gefährdete, freiwillige Bekenntnisgemeinden. Heute haben wir es in vielen Teilen des Landes (Südwesten) mit immer noch gut situierten, staatlich legitimierten, privilegierten Großorganisationen zu tun – auch vor Ort.
Kann man an beide die gleichen Maßstäbe anlegen und die gleichen Ansprüche stellen? Gerade weil es so unterschiedliche Gegebenheiten und Zeiten sind, ist es spannend zu überprüfen: Skizziert der Briefschreiber treffende, zeitgemäße, erstrebenswerte oder kritisch zu beurteilende Kriterien? Oder: Müsste man sie gar wieder ernster nehmen und mehr beherzigen?
Höchst empfindlich und äußerst kritisch wird heute wahrgenommen, wenn aus kirchlichen Schatzkammern oder durch das Gebaren der Amtsträger ein Hauch von Luxus oder gar der Gestank von Gewinnsucht hervortrinkt. Wenn sich der Verdacht auftut, da werden Schätze gesammelt aber nicht verteilt. Predigen und eigenes Handeln fallen auseinander. Schwer vermittelbar ist aber auch, dass die Kirche höhere Steuereinnahmen verbucht und zugleich einen Pfarrplan einführt um Stellen einsparen.
Und ist es denn gerechtfertigt, dass die Kirchen erzieherische, soziale und pflegende Dienstleistungen erbringen, dafür vom Steuerzahler Geld bekommen. Dass sie damit zugleich ihre kirchlichen religiösen Eigeninteressen verfolgen können?
Christliche Gemeinden und ihre Leitungen standen damals in Kleinasien unter kritischer Beobachtung und sie stehen es heute wieder. Und zwar deutlich mehr als noch vor ein paar Jahrzehnten. Doch das gesellschaftliche Umfeld der Gemeinden, an die sich das Schreiben richtete, stand nicht nur unter kritischer, sondern auch feindseliger Beobachtung. So wie es heute aus manchen arabischen Ländern berichtet wird.
Christen und besonders die Verantwortlichen hatten mit Repressionen und Unannehmlichkeiten zu rechnen. Sie waren aufgrund ihres ethisch- sozialen Selbstverständnisses und Umgangs miteinander so etwas wie „religiös und soziale Fremdlinge“2.
Und davon klingt ja im Schreiben dieses Petrusbriefes etwas an: Der Verfasser unterstützt eben diese Haltung ausdrücklich, wenn er hingebungsvolle, ehrenamtliche Kümmerer erwartet, die sich selbstlos, bescheiden und freiwillig wie gute Hirten/innen um Menschen sorgen.
Die Erfahrung und alle Umfragen zeigen: Bei der Eingabe eben solcher Stichwörter würde das Navi auch heute Menschen zu den kirchlichen Stellen und ihren Verantwortungsträger führen und leiten. Auch bei der Eingabe des Stichworts „Demut“ würde das Navi in Richtung Kirche weisen. Demut, das wurde dort über lange Zeit gepredigt, erwartet. Und! Kirchen fordern mehr Demut von anderen ein und dies durchaus immer wieder zu Recht. Man trifft aber mitunter in kirchlichen Zusammenhängen auch auf eine geheuchelte Demut und damit auf ein Glaubwürdigkeitsproblem. In einer vordergründig demütig erscheinenden Haltung lächelnd aber knallhart hinten herum Interessen durchsetzen, das hat mit Demut wenig zu tun. Und wenn Stellen gestrichen werden, Gemeinden zusammengelegt werden sollen und Gebäude zur Disposition stehen, da will doch keiner demütig zugunsten anderer verzichten.
Demut ist dennoch geboten, nach wie vor – auch wenn das Wort verstaubt klingt. Demut der Leitungsverantwortlichen ist geboten, anders wie damals in den jungen kleinasiatischen Gemeinden. Nicht von Seiten der Jüngeren gegenüber den Leitenden. Sondern umgekehrt!
Die Jüngeren repräsentieren Gegenwart und der Zukunft. Sie geben zu verstehen, was sie jetzt, heute unmittelbar angeht. Darauf gilt es aus der Perspektive der Leitenden zu achten, genau hinzuhören, den Anschluss nicht noch mehr zu verlieren. Demut ist geboten, gegenüber Heranwachsenden, was Ihnen mitgegeben werden kann. Wofür es sich zu leben lohnt – außer für den beruflichen und materiellen Erfolg.
Demut ist geboten, vor den Fragen und Anfragen von Menschen überhaupt, an Kirche, Bibel, Glaube, Religion. Sie fragen nach dem Sinn, nach Plausibilität. Sie sollen Offenheit erleben und Bereitschaft, dass sie Antworten erhalten, Erklärungen und authentische Überzeugungen.
Demut ist geboten – für alle Verantwortlichen auf den unteren und oberen kirchenleitenden Ebenen, gerade bei der Glaubensbildung selbst glaubwürdig zu bleiben, offen, überzeugend und aufrecht.
Ich bin überzeugt, man muss sich gerade als christliche Kirche und Gemeinden auch immer wieder den Spiegel vorhalten lassen und sich im Sinne des Briefverfassers fragen lassen: Kirche „Wo bist du?“3 Gemeinde und ihr, die ihr sie leitet „Was macht ihr?“ „Wie und woran erkenne ich euch, außer an euren Gebäuden?“ „Wie find ich euch?“ „
Man wird sich sagen lassen müssen: “Wie werde wir wahrgenommen? Welche Impulse werden erwartet? „Welche setzt ihr oder eben nicht?“ „Wo sind wir unbequem – aus gutem Grund und wo zu seicht und viel zu profillos?
Und von Zeit zu Zeit wird man zu überprüfen haben: Wie passt die eigene Haltung, das eigene Gebaren und Verhalten zu jenem Oberhirten, auf den wir uns gründen und den wir verkünden? Der blieb sich treu als entschiedener und sorgsamer Kümmerer. Er blieb sich treu, im Leiden, bis zur letzten Konsequenz, um der Menschen willen. Er trug das Risiko. Für sich selbst. Und für die Ungewissheit, ob sein Wirken weiter als bis zu seinem Tod reichen würde.
„Der Hirte wurde zum Lamm und das Lamm wieder zum Hirten“. Was für ein Wechsel! Verwunderlich, geheimnisvoll, aber entscheidend! 4
Er hat etwas ausgelöst, eine Bewegung ins Rollen gebracht, Menschen in seine Nachfolge gerufen, die - als christliche Gemeinden – wie es der Briefschreiber ausrückt, den unvergänglichen Siegeskranz empfangen sollen.
Es war nicht der Siegeskranz des Kaiser Konstantin gemeint, mit dem die christliche Religion dann staatlich etablierte und Privilegien bekam. Privilegien, die uns heute eine vermeintliche Sicherheit und Akzeptanz der von Kirche vermitteln. Privilegien, die uns von der Wirklichkeit entfernt haben.
Der Siegeskranz, den die Gemeinde und Kirchenleitungen heute zeigen dürfen und sollen, der wird - im Gegensatz zum kaiserlichen Lorbeerkranz – an Leitlinien erkennbar, die sich im 3ten Jahrtausend an die aus der Zeit der dritten christlichen Generation anlehnen. Sie sind immer noch relevant. Sie lauten: Kümmern, Demütiges Orientieren, was die Jungen umtreibt, was sie prägen möge, auch im Blick auf die Zukunft, Hingabe um der Menschen und der Menschlichkeit willen Klarer Wille Verantwortung zu übernehmen, auch für die Bildung des Glaubens Bereitschaft, da wo es gilt, auch gesellschaftlich Vorreiter zu sein.
Mit diesen Eingaben wir das Navi hoffentlich den Weg zur Kirche finden und damit zum Ziel.
Amen
1 Ich danke den inspirierenden Ausführungen und zum Gedanken der „Navigation“ von OKRin DR. Christina-Maria Bammel, in den GPM 1/2018, S.243-252
2 aaO, S 246
3 Vgl. Christian Nürnberger, Kirche wo bist Du, München 2000.
4 aaO S.250
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Teuer erkauft! – Ein neues Leben – Predigt zu 1. Petrus 1,18-21 von Maximilian Heßlein
Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt war, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, sodass ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt. 1 Petr 1,18-21
Liebe Gemeinde,
„Erlöst seid Ihr!“ Freigekauft. Eine neue Zukunft. Ein neues Leben. Allein durch Jesus Christus. So sagt das der Apostel. Nur, wie geht denn das?
„Geld macht nicht glücklich.“ So heißt es in einem sehr bekannten Sprichwort, das ich zugegebenermaßen nicht besonders schätze. Ich traue ihm nicht. Vielmehr halte ich es für eine Verteidigungsrede der Reichen. Es ist leicht zu sagen und auszusprechen, wenn ich viel Geld habe. Es ist aber schwierig und falsch, wenn ich tagtäglich um das materielle Überleben kämpfe und versuche, meine Kinder durch die Schule zu bringen, sie ordentlich zu kleiden oder zu ernähren. Sich dabei die Freude am Leben zu erhalten, ist ein schwieriges Unterfangen.
Sehr viel näher war mir in diesem Zusammenhang schon immer die Ehrlichkeit der Comicfigur Dagobert Duck. Das ist der steinreiche Onkel Donald Ducks. Er besitzt mehrere Phantastillionen Taler. Oder einfacher ausgedrückt drei Kubikhektar Geld. Er hortet es in einem Geldspeicher. Dort schwimmt er wortwörtlich darin. Er lässt es über seinen Kopf rieseln oder gräbt sich wie ein Maulwurf in es hinein. Das Geld ist ihm so vertraut, dass er sich sogar von einem Sprungturm aus hineinstürzen kann, ohne sich an den harten Münzen den Kopf zu stoßen. Der Reichtum und seine Person sind eins. Geld ist das einzige, das er zum Leben braucht. Sonst nichts. Sein ein und alles.
Dieser reiche Onkel Dagobert sieht mit großer Abschätzigkeit auf seinen vom Pech verfolgten Neffen Donald. Der hat es nie zu irgendeinem Reichtum gebracht. Donald sucht stattdessen ständig nach seinem Auskommen. Hier ein Job und da eine Arbeit. Manchmal sind es auch zwei oder drei gleichzeitig. Die alten Geschichten spiegeln in bedrückender Weise die Lebensrealität unserer heutigen Zeit. In Deutschland haben heute etwa 3,2 Millionen Menschen mehrere Jobs, weil einer allein zum Leben nicht reicht.
Das eine oder andere Mal geht Donald auch beim geizigen Onkel betteln. Schließlich hat der ja genug. Geschätzt hat der reiche Dagobert das nicht besonders. Denn von seinem Reichtum wollte er nichts abgeben. Dagoberts Lieblingslied war, wenn ich mich richtig erinnere:
[Singen] Gold und Silber lieb ich sehr. / Kann's auch gut gebrauchen, / Hätt' ich doch ein ganzes Meer, / Mich hinein zu tauchen / 's braucht nicht grad geprägt zu sein, / Hab's auch so ganz gerne, / Sei's des Mondes Silberschein, / Sei's das Gold der Sterne, / Sei's des Mondes Silberschein, / Sei's das Gold der Sterne.
So war und ist das nicht nur in Entenhausen. Nein, so sind wir Menschen.
Diese netten und zugleich sehr weisen Geschichten aus der Entenhausener Comicwelt haben einen ernsten Hintergrund. Was es nämlich heißt, plötzlich auf der reichen Seite zu stehen, und was es heißt, ohne Geld durch das Leben zu gehen, davon habe ich einige Erfahrungen machen können, als ich vor einiger Zeit in Äthiopien waren. Es tat sich vor meinem Auge der Riss auf, der zwischen dem afrikanischen Kontinent und Europa existiert und der heute in bedrückender Weise dazu führt, dass so viele Menschen ihr Glück in der gefährlichen und häufig aussichtslosen Reise nach Europa suchen.
Geld macht nicht glücklich?
Die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba war mein Ziel. Die Armut der Vielen war erdrückend. Und der Reichtum der Wenigen war es auch. Das Leben der meisten Menschen war geprägt vom ständigen Suchen nach Nahrung oder den Mitteln dazu. Da waren verstümmelte und verkrüppelte Kinder bettelnd am Straßenrand, Kriegsversehrte und Mütter mit Säuglingen, die um jeden Cent froh gewesen wären. Cents, die wir im reichen Deutschland häufig achtlos liegen lassen. Ein kleiner Junge, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, von augenscheinlich freundlichem Wesen lief immer wieder an meiner Seite und rief „Birr, Birr, Birr“. Das ist die äthiopische Währung.
Ein geregeltes Einkommen hätte diese Menschen auf jeden Fall glücklicher machen können. Es hätte ihnen ein kleines Stück ihrer Freiheit und ihrer Würde wieder gegeben. Sie hätten sich selbst herauskaufen können aus ihrem Elend, in dem sie gefangen waren und blieben. Denn bezahlt werden muss in dieser Welt, damit das Leben bleiben kann. So haben wir sie gebaut. So halten wir sie auch fest und tun alles, um die Maschinerie am Laufen zu halten. Wer das nicht kann, verliert: Auskommen, Achtung, Freiheit und Würde. Letztlich verliert der Mensch das Leben, ganz und gar.
„Der nichtige Wandel nach der Väter Weise“, nennt das der Apostel im Petrusbrief. Das Leben wird nicht geachtet und geschätzt. Das Werk unseres Gottes aber wird zutiefst missachtet. Das gilt übrigens nicht nur in Äthiopien, sondern ebenso in unserem Land. Es ist hier nur viel besser versteckt und tritt bestenfalls zutage, wenn sich wie in Essen dieser Tage die Ärmsten der Armen, Deutsche und Migranten, um ein Stück Brot mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum streiten.
Das Lied, das die Armen dieser Welt anstimmen, ist kein solch ein fröhliches, wie es der reiche Onkel aus Entenhausen singt und in das ich so gern einstimme. Es hat den gleichen Text. Aber leider eine andere, eine düstere Melodie. Dieses Lied wird ein trauriges. Angestimmt von einem Chor, der weltweit immer größer wird. Gold und Silber lieb ich sehr. / Kann’s auch gut gebrauchen…
Ich frage noch einmal: Geld macht nicht glücklich? – Und ich antworte: Doch. Ob gerecht oder nicht. In der Welt macht Geld glücklich. Es ist das Lebenselixier unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung. Aus der Ungerechtigkeit dieser Ordnung aber können wir uns nicht befreien und erlösen. Jedenfalls nicht mit Gold und Silber.
Deswegen setzt Gott ein anderes Zeichen. Der Apostel greift nun auf den menschlichen Erfahrungsschatz und die menschliche Realität zurück und überführt sie in Gottes Welt und Handeln, damit wir das verstehen und nachvollziehen, was da geschieht. So nimmt er ein Wort, das Martin Luther mit „ihr seid erlöst“ übersetzt hat. Dieses Wort aber lautet im Griechischen Original lytroomai und heißt in seiner ursprünglichen Bedeutung „etwas gegen ein Lösegeld freikaufen“. Die Erlösung der Menschen ist also eigentlich ein Handel. Gott macht ein Geschäft. Dieses Geschäft heißt: Ich gebe etwas, damit ihr die Freiheit und das Leben erlangt, damit ihr glücklich seid in Würde und Achtung für das Leben. Gott spricht: Ich kaufe Euch los aus dem nichtigen Wandel der Väter. Gott aber profitiert selbst davon.
Gottes Währung nämlich ist weder Euro noch Dollar, kein Taler und auch kein Birr. Gottes Währung ist sein eigenes Leben. Es geht an seine Existenz, weil er vom ersten Schritt unserer Mütter und Väter sein Leben an das der Menschen geknüpft hat. Er tat das, ehe der Welt Grund gelegt war.
War er es denn nicht, der uns mit so großer Kunst aus Erde geformt hat? – Doch er war es! Keiner sonst. Gott hat uns das Leben geschenkt und uns frei in seinen Garten gesetzt. Er hat uns begabt mit allem, was wir können, damit wir dem Leben der gesamten Schöpfung dienen, ihm und den Menschen verbunden bleiben.
Es folgt das erste Paradoxon dieser Geschichte. Denn die von Gott geschenkte Freiheit führt auf direktem Weg in die Gefangenschaft. Der Mensch ist nicht in der Lage, seine Gier nach Leben und damit sein Besitzstreben zu zäumen. Im Zweifel entscheidet sich der Mensch für sich selbst, für seine eigene Macht. Ich kann alles. Ich will alles. Ich mache alles. In den ethischen Debatten unserer Zeit spielt genau das immer wieder eine Rolle. Und die Geschichte lehrt, dass die Menschen immer alles tun, was möglich ist.
Wunderbar aufgenommen und illustriert ist das schon in der Sündenfall-Geschichte, die ja nicht zufällig jedes Jahr wieder am Beginn der Passionszeit steht. Die Frucht des Baumes ist verlockend und schön. Eva muss das besitzen. Adam muss das besitzen.
Ein Gegensatz tut sich auf zwischen Gott und Mensch, zwischen seiner Heiligkeit und meiner Freiheit. Der Riss ist tief. Gottes Blick auf das ganze Leben, auf Bedürfnis und Not, steht gegen den Blick des Einzelnen auf sich. Da ist kein Zusammenkommen.
Solange der Mensch von Gold und Silber singt, ist die Tür zum Garten des Paradieses geschlossen. Er hat sich gleichsam selbst hinausgestellt. „Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen“, spricht Jesus Christus. Kein menschlicher Handel, kein menschliches Handeln kann das Tor wieder öffnen. So bleiben wir draußen vor der Tür und singen weiter unser Lied. Die Freiheit des Menschen führt in die Begrenzung und die Abhängigkeit der Erfordernisse dieser Welt.
Gott aber wäre nicht Gott, hielte er nicht an seinem Lebenswillen fest. Gott wäre nicht Gott, änderte er nun seinen Blick auf die Welt. Gott wäre nicht Gott, zöge er sich nun zurück auf sein Altenteil und ließe uns Menschen hier machen.
Und so kommt es zum zweiten großen Paradoxon dieser Geschichte: Gott lässt sich auf den Menschen so ein, dass er die Läufe der Welt annimmt, wie sie sind, und dabei doch Gott bleibt. Er macht einen Handel. Gott dealt um unsere Zukunft. Die nämlich soll sicher sein.
Sein Ziel ist klar. Das Tor zum Garten des Paradieses soll offen stehen, damit wir vom Baum des Lebens kosten und in Ewigkeit mit ihm vereint werden.
Gott tut das, indem er selbst Mensch wird. Jesus Christus. Er ist Gott ganz und gar und geht so an die äußerste Grenze seiner Existenz. Als er im Garten Gethsemane um sein eigenes Leben bettelt, das schon unter den Herrscher- und Machtgelüsten der Menschen zerbricht, ist diese Grenze erreicht. Gott wird so sehr Mensch, dass er in einem kleinen Augenblick seiner Existenz nur noch sich selbst sieht. „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen!“, spricht er.
Genau in diesem Moment aber vollzieht sich der Deal, der Handel, der uns, Gott und Mensch, wieder zusammenbringt. In der Selbstaufgabe Gottes sind wir vereint. So sagt der Apostel: Gold und Silber dienen euch nicht. Sondern ihr seid ausgelöst mit dem heiligen und teuren Blut, mit Zittern, Zagen und Verzweiflung Gottes. Ihr seid wahrlich teuer erkauft. Im Garten Gethsemane wird das Paradies neu gepflanzt und hergerichtet.
Ein ungeheuerlicher Vorgang und ein neues Leben.
Darin aber entsteht auch eine große Verpflichtung. Denn wenn Gott nun den Graben überwindet, weitet sich mit ihm an meiner Seite mein Blick wieder auf das Leben der gesamten Schöpfung und das Leben aller Menschen. Wir sind wieder Teil des Paradieses und hören den alten Auftrag: „Bebaue und bewahre!“ Der hat sich nicht geändert, sondern bleibt in dieser Welt, bis Gott uns ruft und sein Geschenk an uns vollendet.
Es ist ein Kunststück der eigenen Art, dieses Geschenk Gottes anzunehmen und es schon in dieser Welt zu pflegen, den alten Gelüsten des Besitzes und der Macht zu entsagen. Denn der alte Wandel der Väter lässt mich ja nicht so einfach los. Aber es geht. Schritt für Schritt.
Dass wir gerettet sind und von Gott in ein neues Leben gestellt sind, eine neue Kreatur, sagt uns der Glaube. Deswegen hoffen wir auf die bleibende Versöhnung und das gemeinschaftliche Leben bei ihm. Aus diesem Glauben und dieser Hoffnung aber leben wir bis dahin dafür, dass diese Welt ein besserer Ort wird.
Dann übrigens ändert sich auch unser Lied. Wir singen nicht mehr von Gold und Silber, sondern schwärmen und loben den Gott, der unser Leben neu schafft und uns das Paradies uns öffnet:
[Singen] Du schöner Lebensbaum des Paradieses, gütiger Jesus, Gottes Lamm auf Erden, du bist der wahre Retter unseres Lebens, unser Befreier.
So gehen wir also diesen Weg der Versöhnung und des Lebens Gottes. Allein ihm zur Ehre und im Dienst für die Menschen. Amen.
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Oculi – nach vorne schauen – Predigt zu 1. Petrus 1,18-21 von Christoph Hildebrandt-Ayasse
Liebe Gemeinde,
wir hören am heutigen Sonntag Okuli auf einen Abschnitt aus dem 1. Petrusbrief; es sind hier im ersten Kapitel die Verse 18-21:
„Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt wurde, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn auferweckt hat von den Toten und ihm die Herrlichkeit gegeben, damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt.“
Liebe Gemeinde,
Nennen wir sie: Mary. Mary ist Wanderarbeiterin von den Philippinen. Sie arbeitet als Haushaltsangestellte in Hong Kong. Sie ist als Wanderarbeiterin dorthin gegangen, damit ihre Kinder eine gute Ausbildung bekommen. Das kostet viel Geld. Geld, das Maries Familie nicht hat. Mary tritt mit ihrer Arbeitskraft und ihrer eigenen Lebensplanung ganz für ihre Kinder ein. Sie nimmt die Trennung von ihrer Familie und die Ungewissheit eines Lebens in einem fremden Land auf sich. Mary weiß, dass sie Glück gehabt hat, eine Stelle in Hong Kong zu finden. Hier hat sie einen Arbeitsvertrag und ein garantiertes, festes Gehalt. Die Familie, für die sie arbeitet, hält sich an das Arbeitsrecht und die Gesetze. Sollte es einmal anders kommen, so ist sie entschlossen zur Missionsgesellschaft für Wanderarbeiterinnen (http://www.migrants.net/) zu gehen. Dort wird sie juristischen Beistand bekommen. Und man wird ihr Recht verschaffen.
Sonntags geht Mary in die Kirche. Das tut ihr gut. Im Gottesdienst bekommt sie das Gefühl, dass sie wertvoll ist. Wenn sie Gottes Wort hört, weiß sie, dass sie mehr ist als das Geld, für das sie arbeitet. Und dann betet sie für ihre Familie auf den Philippinen, die sie so schrecklich vermisst. Und für ihre Freundinnen und Bekannten, die nicht so viel Glück haben wie sie. Sie kennt die Schicksale von Wanderarbeiterinnen, die Gewalt und Ausbeutung erfahren, die ausgenutzt werden. Sie betet für die Wanderarbeiterinnen in der Welt.
Und wenn sie das „Christe, du Lamm Gottes“ zum Abendmahl singt, dann versucht sie ihre Sorgen und das, was sie belastet, los zu lassen und los zu werden. Ohne Glauben und Hoffnung könnte sie ihr Leben als Wanderarbeiterin nicht aushalten.
Liebe Gemeinde,
Menschen wie Mary verstehen den 1. Petrusbrief ganz unmittelbar; auch wenn er nun schon fast zweitausend Jahre alt ist. Unter den Christen, an die der 1. Petrusbrief gerichtet ist, waren damals zahlreiche Sklaven. Sie wurden für „Silber oder Gold“ verkauft von einer Herrschaft in die andere. Wenn man Glück hatte, bekam man eine anständige oder erträgliche Arbeit. Und wenn man unverschämt viel Glück hatte, dann konnte es passieren, dass jemand mit einem guten Herzen einen Sklaven freikaufte. Dann konnte man endlich sein eigenes Leben führen.
Millionen von Menschen können heute nicht ihr eigenes Leben führen. Sie sind als Wanderarbeiter unterwegs, eine Art moderner Sklaverei: Arbeitskraft und Leben verkauft für „Silber oder Gold“.
Nennen wir ihn Tarek. (nach: „Ökumenischer Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit 2017“; Gemeinsame Texte Nr. 25; S. 53) Tarek kommt aus Tunesien. Seit drei Jahren lebt er in Deutschland und kämpft um sein Bleiberecht, denn in seiner Heimat ist sein Leben bedroht. Tarek hat sich vor einigen Jahren heimlich dem Christentum zugewandt. Sein Weg dahin hat lange gedauert. Drei Jahre hat er im Verborgenen die Bibel gelesen und gebetet. Die Biblische Botschaft der Nächstenliebe wurde ihm wichtig. Vom Glauben seiner Vorfahren hat er sich abgewandt. Ein guter Freund, dem er sich anvertraute, aber sagte es seiner Familie, dass Tarek sich dem christlichen Glauben zuwandte. Er wurde daraufhin beschimpft und bedroht. Er floh nach Deutschland. Er nahm an einem Glaubenskurs teil und ließ sich taufen.
Liebe Gemeinde,
Menschen wie Tarek verstehen den 1. Petrusbrief ganz unmittelbar; auch wenn er nun schon fast zweitausend Jahre alt ist. Und so wie bei Tarek wurden die Christen damals verleumdet, beschimpft, bedroht. Und auch ermordet. Damals gab es noch keine großen Gemeinden. Vereinzelt wandten sich Menschen dem Glauben an Jesus Christus zu. Die Christen waren eine kleine Minderheit. Es waren Sklaven, Frauen und einige angesehene Bürger. Hier und da eine kleine Schar, die sich sicher war, dass Gott schon immer, hier steht: „ehe der Welt Grund gelegt wurde“, also.: seit Ewigkeit für sie da sein will. Das machte ihnen Mut und gab ihnen Hoffnung. Wir gehen nicht verloren, so schwer das Leben auch wird. Und wenn wir sterben, dann sind wir in Gottes Hand geborgen und gehen in seine Herrlichkeit. Wenn wir verfolgt werden, wenn wir als Christen angepöbelt werden, dann sind wir ganz nah bei Jesus Christus. Das galt damals, und das gilt heute.
Mit dem Bild vom Opferlamm versuchten die Christen damals zu fassen, was Jesus für sie bedeutete. Für uns heute ist dieses Bild vom Opferlamm ziemlich fremd. Damals waren Opfer in den verschiedenen Religionen einfach üblich. Und vor allem: die Opfer im Tempel in Jerusalem, die Worte der Propheten: alles war ganz nah und einsichtig: „erlöst … mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes“. Das entsprach dem, was der Prophet Jesaja sagt: „4 Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. 7 Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm“ (Jes. 53). Das, was belastet, drückt; das wo wir schuldig geworden sind: all das können wir am Kreuz Jesus ablegen und es dort loslassen. So formulieren wir es heute eher. Und ähnlich formuliert findet es sich auch an anderer Stelle im 1. Petrusbrief (3, 24): „Der unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden.“ Es geht beim Glauben an Christus, das wisst ihr, schreibt der 1. Petrusbrief, ums Freiwerden und ums Aufatmen, um das sich Aufrichten können und um neue Orientierung.
Liebe Gemeinde,
„Occuli“ heißt der heutige Sonntag. Er hat seinen Namen aus dem Psalm 25 auf Latein: Occuli mei semper ad Dominum - Meine Augen sehen stets auf den Herrn. Und Sie haben bestimmt noch die Schriftlesung im Ohr und den Wochenspruch zum Sonntag Occuli, der daraus stammt: „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für Reich Gottes.“ (Lk. 9,62)
Es geht also um das nach vorne Schauen. Und damit zugleich um ein Absehen von etwas und um ein hinter sich Lassen von etwas. Den „nichtigen Wandel nach der Väter Weise“ sollen wir hinter uns lassen. So formuliert es der Petrusbrief. Das meint nicht die schlechten Gewohnheiten unserer Väter oder auch Mütter, die wir übernommen haben; vielleicht das auch. Manchmal entdeckt ja bei sich, dass man das Kind seiner Eltern ist; auch wenn man meint, alles ganz anders als sie zu machen. Der Petrusbrief meint hier vielmehr einen radikalen Wechsel; eine völlige Neuausrichtung. Für die Menschen damals hieß es, ihren traditionellen Glauben zu verlassen und sich ganz neu Jesus anzuvertrauen. Das heißt es auch für Tarek heute. Und Mary vertraut Jesus das an, was sie belastet. Und sie bringt vor ihn, dass heute weltweit Wanderarbeiterinnen für „Silber und Gold“ verkauft werden.
In einer anderen Übersetzung fand ich folgende Formulierung: Wir sollen eine nutzlose Lebensweise, eine inhaltslose Lebensorientierung hinter uns lassen.
Die Passionszeit ist eine gute Gelegenheit, einmal darüber nachzudenken, auch ernsthafter uns zu prüfen, was uns daran hindert, uns an Jesus Christus aus zu richten. Dabei geht es nicht um das Grübeln über Vergangenes, Geschehenes oder Verpasstes. Es geht um den Blick nach vorne. Es geht, so die Stichworte aus dem 1. Petrusbrief, um Erlösung, Herrlichkeit, Auferstehung, Glaube und Hoffnung. Alles große Worte, die aber nichts anderes sagen wollen als: ihr wisst, ihr könnt viel mutiger, viel froher, viel positiver, viel gelöster auf das Leben vor euch schauen.
Darin sollten wir uns üben. Occuli: Meine Augen sehen stets auf den Herrn.
Amen.