Wir ernten, was wir säen? - Jesaja 58; 7-12 von Katrin Berger
Man erntet, WIE VIEL man sät. Wer viel sät, erntet mehr, wer zu viel säht, erntet immer noch viel, nur wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten (2. Kor 9,6-15).
Oder?
Man erntet, wie viel man sät! Wer viel ernten will, muss viel säen, muss etwas weg-, ab-, verlorengeben, um zu gewinnen.
Säen und Ernten, Geben und Nehmen. Ernten und säen. Nehmen und geben. Wenn-Dann. Ein Kreislauf. Des Jahres, des Lebens.
Man erntet, WO man sät. Im eigenen Garten, auf dem Boden, den man kennt. Man erntet, wo man sät. Das ist Leistungsgesellschaft. Das ist Gerechtigkeit.
Oder?
Auf dem beackerten Feld, nicht irgendwo in der fremden Welt. Nicht da wo die Steine und die Disteln sind und der Wind die Saat davonweht. (Mk 4,3-20).
Man erntet, WAS man sät. Aus Weizenkörner erwachsen Weizenähren. Aus Liliensamen werden Lilienblüten. Wer Vertrauen wagt, gewinnt Hoffnung. Wer Liebe lebt, bringt Frieden auf die Welt.
Wer barmherzig handelt, heilt. Regelmäßiger Gottesdienst bewirkt Gottesnähe.
Oder?
Man erntet, WIE VIEL und WO und WAS man sät! Zumindest wenn man die gewünschte Pflanzen mit rechtem Maß auf den geeigneten Boden sät … und dann alles nach Plan gedeiht.
Aber es gedeiht ja nicht immer nach Plan. Manchmal kommen doch Vögel und picken die Saat weg. Manchmal bleibt der Regen aus oder die Sonne scheint zu stark.
ERNTEKLAGE.
Manchmal gedeiht das Leben nicht nach Plan. Und die Saat der Nachbarn geht in deinem Garten auf. Und deine trägt bei unbekannten Menschen Früchte (aber weder sie noch du bemerken es)
Manchmal gedeiht das Leben nicht nach Plan. Und man erntet, was andere gesät haben. Vor Jahren.
ERNTEDANK.
Manchmal gedeiht das Leben nicht nach Plan. Und man erntest nicht, wie man gesät hast. Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. (Psalm 126, 5) Manchmal gedeiht das Leben nicht nach Plan.
ERNTEPROPHETIE.
Manchmal gedeiht das Leben nicht nach Plan, Dann wird Vertrauen missbraucht, auf dem Weltmarkt mit Nahrungsmitteln spekuliert, Dann wird Liebe getötet,
und dem Selbstschutz geopfert. Dann wird Barmherzigkeit ausgenutzt - obwohl sie wird wohl eher beneidet in diesen Tagen- , wenn Asyl gewährt wird, und dadurch die Angst wächst.
Dann dient der Gottesdienst leider „nur“ einem selbst, im Sprechen des Gebets, das die eigenen Nöte auswendig wiederholt, im Singen des Liedes, so gewohnt,
im Lesen der eigenen Überzeugungen in den heiligen Büchern und vielleicht sogar im Verzicht auf die Welt und das Leben da draußen. So wächst Gemeinde selten.
ERNTEKLAGE.
Und doch haben wir in Levern so viel geerntet. Wir haben so viel geerntet, das wir nicht gesät haben, soviel hat uns Menschen und unsere Gemeinde am Leben gehalten.
Erntedank feiere ich heute für meine drei Jahre in Levern. Ich habe hier einen Garten geschenkt bekommen,und manchmal unter Tränen gesät. Ich habe geerntet, was andere gesät haben,
aber auch dort gesät, wo Gott allein weiß, ob und wann eine Saat aufgeht. Aber wirklich mehr als manchmal gedieh das Leben nach Plan.
ERNTEDANK.
Aber auch: Soviel haben wir gesät, und doch so wenig geerntet. Manchen guten Boden haben wir verloren, manche Menschen allein gelassen und enttäuscht. Ich auch.
Nur wenig neuen Boden haben wir beackern können, manchmal hat uns einfach die Kraft gefehlt, manchmal auch die Struktur, die Richtung und Perspektive.
Gott hat uns gefehlt, glaube ich. „Wo warst du und wo bist du, Gott?“
ERNTEKLAGE.
Dann haben wir weiter gemacht, wie vorher. So dass es irgendwie noch ganz gut weiterging mit uns. Wir haben gehofft, dass das reicht. Aber mit den anderen sind wir nur kleine Schritte weitergekommen.
Wir haben „gemacht und getan“1, aber die Ernte ist kärglich! Wie viel mehr Menschen engagieren sich ehrenamtlich in unserer Kirche? Wie viel mehr Menschen besuchen unsere Gottesdienste und Veranstaltungen?
Wie viel mehr haben wir als Gemeinde Levern der Region Stemwede und ihren Menschen gedient im letzten Jahr? Es ist nicht mehr, manchmal sogar weniger. Oder?
ERNTEKLAGE in Levern,
eine Woche nach der Wahl in Deutschland.
Wie vor vielen Jahren in Jerusalem, wie in Jesaja steht:
,,Warum haben wir „gemacht und getan“, aber du siehst es nicht an? Wir haben uns gedemütigt, aber du erkennst es nicht an!" (Jes 58, 3)
Und Gott antwortet beim Propheten Jesaja:
„Soll das etwa ein „Machen und Tun“ sein, wie ich es mir aussuche: Ein Tag, an dem sich die Menschen demütigen? Sollen sie den Kopf hängen lassen, sich in Sack und Asche betten? Wird etwa so etwas ein „Machen und Tun“ genannt und ein Tag, der Gott gefällt? (Jes 58, 5). Ist nicht eher dies ein „Machen und Tun“, wie es mir gefällt:
Fesseln des Unrechts öffnen, (…), Misshandelte als Freie entlassen, (…)? Geht es nicht darum? Mit Hungrigen dein Brot zu teilen, umherirrende Arme ins Haus zu führen! Wenn du Leute nackt siehst, bekleidest du sie, vor denen, die zu dir gehörten versteckst du dich nicht“ (Jes 58, 5-7)
ERNTEPROPHETIE.
Wenn du so säst, dann erntest du meine Nähe.„Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen, eilends wächst deine Wunde zu.
Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen, der Glanz Gottes sammelt dich auf.
Dann wirst du rufen, und Gott wird dir antworten. Du schreist um Hilfe, und Gott wird sagen: ,,Hier bin ich!" (Jes 58, 8-9)
Wenn du so säst, dann erntest du Gottes Nähe.
„Wenn du aus deiner Mitte das Joch wegräumst, das Fingerzeigen und die üble Nachrede, und wenn du dich ganz den Hungrigen hingibst und die Niedergedrückten sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufstrahlen, deine Dunkelheit wird wie der Mittag sein. Dann wird dich Gott beständig leiten, den unbändigen Durst deiner Lebenskraft stillen und deine müden Knochen wieder munter machen. Dann wirst du wie ein bewässerter Garten sein und wie eine Wasserquelle, deren Wasser nicht täuschen. Dann werden deine Leute die Trümmer der Vorzeit aufbauen und die Grundmauern von Generationen wieder aufrichten. Du wirst heißen: ›Lückenschließerin‹ und ›die die Pfade wiederherstellt zum Bleiben‹. (Jes 58, 9-12)
ERNTEPROPHETIE.
Wenn du so säst, erntest du Gottes Nähe.
Immer noch: Säen und Ernten, Aber anders: Geben und Nehmen. Ernten und sähen. Wieder Wenn-Dann. Ein Kreislauf, aber anders. Und mit Unterbrechung.
Wieder: Säen und ernten, aber nicht im eigenen Garten, nicht auf dem eigenen Feld, sondern wirklich bei den anderen in ihrer Welt. Dort wo Unrecht passiert:
Land enteignet, Menschen entrechtet werden. und wie Sklaven gehalten auf Plantagen. Um unseren Kaffee, unsere Schokolade, unser Coltan aus den Bergen für unsere Smartphones zu ernten, während drum herum der Krieg tobt und die Vergewaltigungen. Wenigstens ein wenig FairTrade säen. Die Menschen dort sind nicht nur Jesu Brüder und Schwestern, es sind auch unsere. Wieder säen, aber etwas anderes ernten. Lichtwerden und Heilsein.
Strahlend vor Glück und ganz und gar. „Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen und der Glanz Gottes sammelt dich auf.“ (Jes 58, 8)
Wieder: Säen und ernten, aber ohne zu berechnen, wieviel man säen muss, um genügend Ernte zu haben im nächsten Jahr. Säen, ohne zu wissen, was man erntet, weil Gott beim FairTrade alles verwandelt.
Die Grundmauern von Gottes Stadt wieder aufbauen, Grundrechte säen für alle für sehr lange. Lücken in diesen Mauen ausbessern, jedes Leben schützen vor den Angriffen derer, die mehr Gott, mehr Stadt, mehr Land, mehr Rechte, mehr Geld, mehr „Ich und meine Angst“ für sich wollen. Die Wege in Gottes Land ausbessern und nie damit aufhören. Immer wieder, im Frühling, im Sommer, im Herbst, im Winter. Denn es gibt viele Wege und nicht nur eine Einbahnstraße. Und jeder Weg ist kompliziert und verschlungen, weil man aus unterschiedlichsten Richtungen in die Stadt kommen muss, sonst ist der Weg für manche zu lang und für manche zu kurz.
Gottes Gerechtigkeit mit einzusäen, heißt, säen in Ewigkeit und manchmal auch schnell Spott und Schmerz zu ernten. Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. (Psalm 126, 5).
Ein Kreislauf, aber anders, sehr lang, und mit Unterbrechung.
Gottes Gerechtigkeit mit einzusäen geht nicht ohne Gemeinschaft,
nicht immer wieder Sonntags schon davon zu ahnen, schon davon schmecken und sich daran stärken. Die Verheißung gilt, Gott ist da, in jedem Gottesdienst.
Ohne Wenn-Dann, ohne Bedingung.
,,Weil es dann nicht auf dich ankommt, nicht auf uns, sondern nur auf Gott." (Jes 58, 13-14)
Mögen wir so leben: Sie und ihr hier, ich woanders. Leben, in Glück und mit Gott und ganz und gar mehr ernten wollen als Existenzsicherung. Säen ohne Angst vor Verwandlung,
ohne den Boden oder die Pflanze besitzen zu wollen, ohne die schnellen Ernte zu erwarten. Säen auch mit Klage manchmal, aber auch mit Dank und Unterbrechung und nicht ohne der Prophetie Jesaja zu glauben:
„Dann wird dein Licht wie die Morgenröte hervorbrechen, eilends wächst deine Wunde zu.
Dann wird deine Gerechtigkeit vor dir hergehen, der Glanz Gottes sammelt dich auf.
Dann wirst du rufen, und Gott wird dir antworten. Du schreist um Hilfe, und Gott wird sagen: »Hier bin ich!«. Dann wird dich Gott beständig leiten, den unbändigen Durst deiner Lebenskraft stillen und deine müden Knochen wieder munter machen.
Dann wirst du wie ein bewässerter Garten sein und wie eine Wasserquelle, deren Wasser nicht täuschen. (Jes 58, 8-10)
In diesem Säen und Glauben stärke und bewahre euch Gott.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.
1 ! Statt Fasten kann man unsere religiöse Praxis m. E. besser als „Machen und Tun“ beschreiben. Deshalb ersetze ich im Folgenden „Fasten“ durch „Machen und Tun“.
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Begründete Hoffnung – Predigt zu Jesaja 29, 17-24 von Martin Weeber
Kann man ohne Hoffnung leben? Kann man leben ohne die Aussicht, dass sich die Dinge, die schwer sind und belastend, irgendwann und irgendwie zum Besseren kehren? Es ist auf jeden Fall furchtbar traurig, ohne Hoffnung leben zu müssen. Menschen brauchen Hoffnung.
Von einer großen Hoffnung redet der heutige Predigttext aus dem Buch des Propheten Jesaja:
Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, so soll der Libanon fruchtbares Land werden, und was jetzt fruchtbares Land ist, soll wie ein Wald werden. Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen; und die Elenden werden wieder Freude haben am HERRN, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels. Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten, welche die Leute schuldig sprechen vor Gericht und stellen dem nach, der sie zurechtweist im Tor, und beugen durch Lügen das Recht des Unschuldigen. Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen. Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner Hände – ihre Kinder – in ihrer Mitte, werden sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten.Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen. (Jes, 29,17-24)
Alles wird besser, alles wird gut werden. Der Prophet spricht diese Worte in eine hoffnungslose Zeit hinein. Er redet zu Landsleuten, die furchtbar leiden unter schlimmen Zuständen:
Tyrannei, Krieg, Unterdrückung, Unrecht, Not. Ich könnte jetzt erklären, wie die damalige Situation war im Lande Israel. Aber das ist gar nicht nötig: Tyrannen, Spötter, Unheil, Unrecht.
Das gibt es auch heute noch in so vielen Gegenden der Welt. Und alle, die leiden unter den Tyrannen und Spöttern, unter dem Unheil und dem Unrecht, die hoffen darauf, dass sich die Dinge zum Besseren wenden, dass die Tyrannen und Spötter ihre Macht verlieren und dass heilvolle und gerechte Verhältnisse einkehren.
Hoffnung vermag Menschen eine unglaubliche Energie zu verleihen. Ich stelle mir vor:
Ein junger Mensch in Afrika. In seiner Heimat hat er schlechte Aussichten. Er macht sich auf den Weg durch die Wüste, Richtung Mittelmeer. Er weiß ziemlich genau, welche Gefahren ihn erwarten.
Er weiß, dass er sich auf Menschen verlassen muss, die an ihm als Person überhaupt kein Interesse haben. Sie sind nur an seinem Geld interessiert. Es rührt sie nicht, wenn er beinahe verdurstet.
Protestiert er, setzt es Schläge. Und geht die Überfahrt schief – es ist ihnen egal: „So what?“ „Was soll’s?“ Und trotzdem macht er sich auf den Weg: Wochenlang, manchmal monatelang unterwegs.
Was ihn antreibt, ist die Hoffnung. Die Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa.
Hoffnung gibt uns Menschen Kraft. Hoffnungslosigkeit macht uns schwach.
Wenn eine keine Hoffnung mehr hat, dann gibt sie sich auf. Manche sagen, Depressionen seien die Krankheit unserer Zeit. Und die Hoffnungslosigkeit gehört zu den markantesten Gesichtszügen der Depression: „Es wird ja doch nicht mehr besser.“
Der Prophet sieht die Lage anders:
„Es wird alles besser werden. Es wird alles gut werden.“
Das ist für ihn eine Botschaft, die von Gott selber herkommt:
„Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen.“
Es ist Gott selber, der die Dinge in die Hand nehmen wird. Gott selber zeigt sich dem Propheten Jesaja als Grund der Hoffnung. Gott ist kein Gott, vor dem man Angst haben müsste.
Respekt: ja, aber keine Angst. Wir sollen auf Gott hoffen. Gott will die Dinge zum Besseren wenden.
Gut ist es, wenn man das von Gott erwartet, wenn man Gott das zutraut. Der Apostel Paulus im Neuen Testament findet eine wunderschöne Formulierung: Er bezeichnet Gott als „Gott der Hoffnung“.
Ein Leben ohne Hoffnung ist ein trauriges Leben. „Guter Hoffnung sein“: Das war einmal ein Ausdruck für’s Schwanger sein. Vor lauter Untersuchungen und Kontrollen und Diagnosen fällt es heute manchmal gar nicht mehr so leicht, einfach „guter Hoffnung“ zu sein.
Ohne Hoffnung können wir kaum leben.
Freilich: Hoffnung kann auch enttäuscht werden. Wer hätte das nicht schon erlebt:
Man erhofft sich irgendetwas Schönes – und dann stellt es sich als enttäuschend heraus.
Der Urlaub nicht so schön wie erhofft. Das Essen nicht so gut wie erwartet.
Oder viel gravierender: Der Mensch, von dem ich mir so viel erwartet habe, erfüllt diese Erwartungen in keiner Weise. Das gehört auch zu den Lektionen des Lebens: Dass man lernt, mit enttäuschten Hoffnungen umzugehen.
Weil sie enttäuscht werden kann, hat die Hoffnung einen zweischneidigen Ruf:
Einerseits sagt man: „Du darfst die Hoffnung nie aufgeben.“ Andererseits heißt es im Sprichwort:
„Hoffen und Harren hält manchen zum Narren.“
Gar nicht so einfach ist das mit der Hoffnung.
Ich denke noch einmal an die hoffnungsvollen Worte des Predigttextes – und wieder fällt mir der Apostel Paulus ein: „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“ (Römer 15, 13)
Gott ist ein „Gott der Hoffnung“: Heißt das auch, dass Gott selber Hoffnungen hat und Hoffnungen hegt? Und können Gottes Hoffnungen auch enttäuscht werden? Was erhofft Gott sich selber? Was erhofft Gott sich von uns Menschen? Und wie geht Gott damit um, dass wir seine Hoffnungen so oft enttäuschen? Es gibt Zeiten, da gönne ich es mir, keine Nachrichten anzuschauen oder anzuhören.
Auch die Zeitung lese ich dann nicht. Wenn ich es dann wieder tue und es mir vor Augen führe, was in der Welt so alles an Bösem geschieht, dann ist die Sache für mich ziemlich klar:
Wir Menschen werden den Hoffnungen nicht gerecht, die Gott in uns setzt.
Andererseits ist mir aber durch den Verzicht auf den Konsum der Nachrichten auch wieder vor Augen getreten, wie viel Grund wir doch haben, ein hoffnungsvolles Leben zu führen:
Kinder werden geboren und wachsen heran. Der Wechsel der Jahreszeiten geschieht in großer Ruhe:
Auf den Winter folgt der Frühling, auf die Finsternis der Morgen. Die Generationen folgen aufeinander – und die jungen Leute sind sympathisch, freundlich und wohlwollend. Es wird beileibe nicht alles immer schlechter. Ich höre den Erzählungen alter Menschen zu und erfahre, unter welchen Grobheiten und Herzlosigkeiten sie einst gelitten haben. Froh und dankbar bin ich dann, dass man sich heutzutage doch sehr viel mehr darum bemüht, freundlich mit den Schwächen der Menschen umzugehen. Ich lebe gerne in unserer Zeit (auch wenn ich es durchaus sehe, wo die Probleme liegen). Es gibt doch viele Gründe, unsere Welt grundsätzlich hoffnungsvoll zu betrachten.
Begründete Hoffnung.
Interessanterweise führt auch Gott Gründe dafür an, dass wir uns seine hoffnungsvolle Sicht auf die Welt zu eigen machen sollen. Er verweist nicht einfach nur darauf, dass er alles lenkt und in Händen hält. Er verweist auf ein ganz spezielles „Werk seiner Hände“.
Wenn wir dieses Werk betrachten, dann soll uns das davon überzeugen, dass wir Grund haben, Gottes Zusagen zu vertrauen.
Darum spricht der HERR, der Abraham erlöst hat, zum Hause Jakob: Jakob soll nicht mehr beschämt dastehen, und sein Antlitz soll nicht mehr erblassen. Denn wenn sie sehen werden die Werke meiner Hände – ihre Kinder – in ihrer Mitte, werden sie meinen Namen heiligen; sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten. Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen.
Auf die Kinder sollen wir schauen!
Dann wird unser Herz voller Hoffnung werden.
Die Kinder sind dasjenige Werk der Hände Gottes, auf dessen Überzeugungskraft Gott am meisten setzt, wenn er uns zur Hoffnung anstiften will:
Jedes Kind sollen wir betrachten als einen Beweis der Güte Gottes.
Gut, wenn uns am Anblick der Kinder dann aufgeht, dass es durchaus noch andere Hinweise darauf gibt, dass die Hoffnung auf Gott eine begründete Hoffnung ist.
Und wunderbar, wenn eine Hoffnung in uns aufkeimt, die es wagt, sich vorzustellen, dass Gottes Güte hinausreicht über das Leben, wie wir es kennen.
Ein letzter Gedanke: Ich rechne damit, dass etlichen unter Ihnen das alles nicht einleuchtet.
Sie bleiben skeptisch. Wie wäre es dann mit folgender Überlegung: Lasst uns einfach um unserer Kinder willen die Welt hoffnungsvoll anschauen. Und lasst uns unsere Kinder möglichst lange verschonen mit unserem Wissen über all das Leid und Unglück in der Welt. Es gibt meines Erachtens eine moralische Pflicht dazu, die Welt hoffnungsvoll zu betrachten. Sonst wird man verrückt.
Noch besser ist’s freilich, wenn es Gott gelingt, eine wirklich starke Hoffnung in unser Herz zu pflanzen!
„Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“
Amen
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Ich werde weiter träumen – Predigt zu Jesaja 29,17-24 von Stephanie Höhner
Ich will nicht aufhören zu träumen. Von einer Welt, in der es anders ist.
Doch es fällt mir schwer, damit nicht aufzuhören.
Ich hoffe auf eine Welt, die anders ist als diese hier:
Dann sollst du erniedrigt werden und von der Erde her reden und aus dem Staube murmeln, dass deine Stimme sei wie eines Totengeistes aus der Erde, und deine Rede wispert aus dem Staube. (Jes 29,4)
Er hat alles verloren. Das schöne Haus mit dem lauschigen Innenhof. Die Teller mit den blaugrünen Ornamenten. Seine Lieblingsschürze, seine Backstube und den täglichen Weg dorthin. Seine Freunde und Nachbarn und die geselligen Abende mit ihnen bei Wein und Oliven.
Er hat noch viel mehr verloren. Seinen Glauben an Gerechtigkeit. Seine Hoffnung auf Hilfe. Seine Zukunft.
Er hat den Boden unter seinen Füßen verloren. Jetzt wohnt er auf fremdem Boden, weit weg von Zuhause.
Neues Land. Neue Sprache. Neue Nachbarn. Am Anfang ist alles fremd. Die Nachbarn. Die Wohnung. Das Essen. Die Sprache.
Denn wie ein Hungriger träumt, dass er esse – und wenn er aufwacht, so ist sein Verlangen nicht gestillt; und wie ein Durstiger träumt, dass er trinke – wenn er aber aufwacht, ist er matt und durstig. (Jes 29,8)
Sie hat alles verloren. Das gemeinsame Kaffeetrinken morgens im Stehen. Den Urlaub am Gardasee, in dem kleinen, gelben Haus. Das Seriengucken an verregneten Samstagen. Die Grillabende mit den Nachbarn auf dem Balkon. Die Weihnachtsgans der Schwiegermutter. Das Aufregen über seine Socken in der Küche. Ihr Zuhause. Ihre Liebe. Ihr Leben.
Jetzt sitzt sie allein in einer neuen Wohnung, auf einem neuen Sofa. Die Nachbarn kennt sie nicht. Urlaub macht sie dieses Jahr im Harz. Morgens wacht sie alleine auf und abends schläft sie alleine ein. Sie hat den Glauben an die Liebe verloren. Die Liebe ihres Lebens.
Starrt hin und werdet bestürzt, seid verblendet und werdet blind!
Ich habe das Staunen verloren. Den Glauben an gute Nachrichten. Ich habe verlernt, entsetzt zu sein. Elendsradiomeldung. Kriegszeitungsberichte. Terrorbildschirm. Jeden Tag auf´s neue. Ich habe meinen Zorn verloren. Bin taub geworden für die Elendsradiomeldung, blind für Kriegszeitungsbericht und Terrorbildschirm. Hinter Schleier ziehen die Nachrichten an mir vorbei. Ob gute oder schlechte – ich höre sie nicht mehr. Ich sehe sie nicht mehr. Ich glaube nicht mehr an sie.
Die Welt liegt in Trümmern, die Stadt, das Leben, die Liebe.
Unter all dem Schutt sind die Träume begraben. Der Glaube und die Hoffnung – ich finde sie nicht mehr.
Ich habe schon so manches verloren und einiges davon wieder gefunden. Manches wurde ersetzt. Irgendwo blieb eine Lücke.
Es tut weh, etwas zu verlieren. Es war nicht die eigene Entscheidung, etwas aufzugeben oder zurück zu lassen. Andere haben entschieden, dass es nicht mehr geht. Oder es passiert einfach so. Manchmal schleichend. Und dann ist es weg. Dann sind Zuhause und Freunde verloren, die Hoffnung und das Mitgefühl.
Ein Haus kann ersetzt werden, aber es ist nicht mehr sein Haus.
Eine neue Liebe kann wachsen, aber es ist nicht mehr diese Liebe, es ist eine andere.
Und irgendwo bleibt immer eine Lücke.
Es geht nicht nur das Haus verloren, die Nachbarschaft, der tägliche Weg zur Arbeit. Es geht nicht nur der gemeinsame Urlaub verloren, die Familienfeiern. Es geht das Leben verloren, das Leben, wie es gerade war. Es geht das Vertrauen verloren. Das Vertrauen, dass das Leben beständig und sicher ist. Dass die Liebe ewig bleibt. Dass es gut werden wird in der Zukunft.
Und manchmal geht auch die Hoffnung verloren. Darauf, dass es wieder gut werden kann. Darauf, dass sich die Lücke schließt. Darauf, dass ich etwas Neues finde.
Dann liegen Hoffnung, Glaube, meine Träume unter Schutt vergraben, dicke Steine und Platten erdrücken sie.
Ich möchte wieder träumen können. Von einer Welt, in der jemand wieder zu Hause ist, auch wenn es ein fremdes Land ist. In der er wieder Nachbarn hat und mit ihnen isst und trinkt und von morgen träumt und das kein Alptraum ist.
Ich möchte wieder träumen können. Von einer Welt, in der jemand wieder lieben kann, auch wenn sie die eine Liebe verloren hat. In der sie wieder lebt, auch wenn es allein ist.
Ich möchte wieder träumen können. Von Radiomeldungen über grenzenlose Länder, Zeitungsbildern, auf denen aus Trümmern Häuser gebaut werden, in denen Menschen leben und lieben.
Ich möchte träumen können wie Jesaja, als er alles verloren hat: Seine Nachbarn, sein Haus, sein Land. Er hat den Boden unter seinen Füßen verloren, lebt jetzt auf fremden Boden.
Doch er hört nicht auf zu träumen:
Wohlan, es ist noch eine kleine Weile, so soll der Libanon fruchtbares Land werden, und was jetzt fruchtbares Land ist, soll wie ein Wald werden.
Im Schatten der Bäume werden sie sitzen bei Wein und Oliven, sein frisch gebackenes Brot essen. Brot aus dem Weizen der eigenen Felder. Obst von den Bäumen im Garten. Abends werden sie in ihren neuen Häusern schlafen, ohne Bombenhagel und Kriegsgetöse.
Zu der Zeit werden die Tauben hören die Worte des Buches, und die Augen der Blinden werden aus der Dunkelheit und Finsternis sehen; und die Elenden werden wieder Freude haben am Herrn.
Sie werden sehen in die Gesichter fröhlicher Menschen, die zusammen feiern, an langen Tischen im Garten mit bunten Lampions. Sie werden Hand in Hand am Fluss entlang spazieren und morgens lange bei Kaffee und Toast zusammen sitzen. Sie werden liebe Worte hören, ein zartes „Gute Nacht“ und „Ich bin für dich da.“
Und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels.Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten.
Bomben und Gewehre werden verstummen, Machthaber werden Macht verlieren und Soldaten ihre Helme ablegen. Aus den Trümmern von gestern werden Häuser von morgen gebaut. Auf den Schlachtfeldern weiden Schafe. Das Schlauchboot auf dem Mittelmeer gehört zum Badeurlaub. In den Klassenzimmern lernen Mädchen und Jungen zusammen das Einmaleins. Zeitungen schreiben Geschichten vom neuen Leben. Richter sprechen Recht nach den Gesetzen. Nachbarn feiern zusammen, alle bringen etwas mit: Ihre Sprache, ihr Essen, ihre Geschichten.
Und ich werde wieder hinsehen und hinhören, ich werde gerne hinsehen und hinhören und mich berühren lassen vom Leben. Von meinem eigenen und dem anderer. Egal woher sie kommen, wo sie wohnen, wen sie lieben.
Bis dahin halte ich die Augen offen und versuche aus dem Dunkeln jetzt schon kleine Triebe der neuen Wälder zu entdecken.
Und ich sehe ihn mit seinen neuen Freunden an einem Tisch sitzen, er hat Brot gebacken und sie essen es einfach aus der Hand.
Ich sehe sie im lichten Fichtenwald wandern, Rast machen in einem Café bei Milchkaffee und Käsekuchen. Ihr neues Sofa zu Hause hat bereits den ersten Rotweinfleck und daneben stapeln sich die Krimibücher.
Im Radio höre ich immer noch Elendsmeldungen, sehe Terrorbilder. In all dem Nachrichtenrausch halte ich inne und werde traurig.
Ich will nicht aufhören zu träumen von einer Welt, die anders ist als diese.
Darum spricht der Herr, der Abraham erlöst hat: Wohlan, es ist noch eine kleine Weile. Amen.
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03.09.2017 - 12. Sonntag nach Trinitatis
Was wäre wenn… - Predigt zu Jesaja 2,1-5 von Rainer Claus
Putin hat gute Laune. Soeben hat er sich mit dem ukrainischen Präsidenten getroffen und vereinbart: alle Waffen werden verschrottet.
Stattdessen will man zusammenarbeiten besonders in der Landwirtschaft.
Die russische Panzerproduktion soll umgewandelt werden in Traktorenbau.
Auch Assad sitzt neben Putin am Tisch und unterzeichnet den Friedensvertrag. Die Waffen werden schweigen in Syrien. Neuwahlen sind angesetzt. Zwei Drittel der Waffen sind schon von den Vereinten Nationen eingesammelt worden. Endlich Frieden. Schon nächsten Monat wird das Aufbauprogramm beginnen und viele Menschen auf der Flucht können zurückkehren.
Auch Donald Trump zückt seinen Stift. Amerika wird Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Die Autoindustrie wird umgebaut. Null-Emission statt Dreckschleuder, hat Trump getwittert. Great!
Erdogan ist gerade beschäftigt. Er gibt eine Pressekonferenz und erläutert dem Korrespondenten der Welt gerade seine neue Linie. Der freie Journalismus soll gestärkt werden. Alle inhaftierten Journalisten sind schon frei gelassen worden. „Das war Unrecht“, sagt Erdogan selbstkritisch, „das müssen wir jetzt wieder in Ordnung bringen.“ Angela Merkel guckt nachdenklich aus dem Fenster. Soeben hat Deutschland alle Waffenexporte verboten. Auch Kleinfeuerwaffen, Pistolen, die so oft in falsche Hände geraten oder sogar von Kindersoldaten verwendet werden, dürfen nicht mehr exportiert werden. Stattdessen soll Bildung exportiert werden. Ein globales Schulprogramm wird aufgebaut.
Sie guckt aus dem Fenster und blickt hinab vom Berg. Unten wird gefeiert. Statt brennender Autos und Steinewerfer sieht man Lagerfeuer und Kinder mit Stockbrot. Die Menschen feiern den Frieden. Das wurde aber auch mal Zeit, denkt Angela. Ich war schon urlaubsreif.
Wäre das nicht schön? Ein Friedensgipfel oben auf dem Berg und alles wird gut.
Wir haben uns an die schlechten Nachrichten gewöhnt, an Krisenmanagement, das nur noch das Schlimmere verhindert, aber keine wirklichen Schritte zum Frieden bringt.
Die Realität sieht gerade anders aus.
Was wäre wenn…
Es tut gut, sich eine andere Wirklichkeit vor Augen zu malen.
Was wäre, wenn Du morgen aufwachst und alles ist anderes.
Mit diesem Satzanfang fängt ein neuer Blick an.
Das Mögliche durchzuspielen, sich inspirieren zu lassen, die Zukunft neu zu erfinden.
Diese Welt braucht große Panoramafenster mit einem Weitblick.
Es braucht Menschen, die einen Möglichkeitssinn haben, die mehr sehen, weiter blicken und tiefer. Menschen, die sehen, was möglich sein könnte. Die zurückblicken an den guten Anfang, als Gott sagte: Siehe alles ist gut. Der Blick auf die Anfänge ist in der Bibel immer auch ein Blick auf das Morgen.
Es braucht Möglichkeitsmenschen.
Die nicht nur das Hier und Jetzt sehen, sondern auch die Tage, die kommen werden. Am Ende aller Zeit. An Tagen wie diesen werden wir unendlich sein. Möglichkeitsmenschen glauben: Bei Gott ist mehr möglich, als wir uns vorstellen können.
Diesen Blick hatten die Propheten. Sie haben gesehen, was kommen wird, hatten Träume und Visionen. Sie haben großartige Bilder beschrieben, die Menschen seit Jahrtausenden zu Suchenden und Sehnenden macht.
Hören wir Worte von Jesaja.
Dies ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, schaute über Juda und Jerusalem. Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN! (Jes 2,1-5)
Eine Völkerwallfahrt auf den Berg, wo sich alle treffen, Frieden schließen, Recht sprechen und gemeinsam nach Wegweisung fragen.
Wo Gott keine Chiffre für Trennung und Gewalt ist, sondern ein Licht für die Suchenden. Ein Gott, der die Vielfalt der Menschen liebt und zusammenhält.
Was für ein grandioses Panorama.
Das ist unmöglich, sagen die einen.
Vieles ist möglich, sagte sich Stefan Nau. Er war Kunstschmied und hat im September 1983 ein Schwert genommen und zu einer Pflugschar um-geschmiedet. Schwerter zu Pflugscharen. In Wittenberg, im Hof des Lutherhauses und viele Menschen waren dabei. Wer hätte es für möglich gehalten, dass daraus ein Symbol für die friedliche Revolution wird.
Wer hätte es für möglich gehalten, dass Mauern verschwinden.
Schwerter zu Pflugscharen – das ist möglich. In Deutschland heißt es an vielen Orten: Campus statt Kaserne. Alte Kasernen werde in Orte der Bildung umgewandelt. Besonders in Rheinland-Pfalz hatte man es erst nicht für möglich gehalten, dass man den Abzug der Amerikaner verkraftet. Aber jetzt sind aus den Kasernen moderne Universitäten geworden. Campus statt Kaserne. Das könnte man ja auch für unser Gymnasium am Mühlenweg sagen. Dort wurden mal junge Leute für den zweiten Weltkrieg gedrillt. Heute werden sie auf Beruf und Leben vorbereitet. Geht doch.
Geht doch, sagt auch Malala. Das pakistanische Schulmädchen wurde von den Taliban in den Kopf geschossen, weil sie ihr Recht auf Bildung wahrnehmen wollte. Sie überlebte und kämpft seither für das Recht auf Bildung. Ihr Ausspruch ist um die Welt gegangen. Sie sagte: „Ein Kind, eine Lehrkraft, ein Stift und ein Buch können die Welt verändern.”
Sollte es da nicht auch möglich sein, dass Deutschland seine Waffenexporte verbietet oder jedenfalls deutlich einschränkt?
Wäre es nicht möglich dass wir nicht Weltklasse sind beim Verkauf von Waffen, sondern das für uns die Welt eine Klasse ist, in der wir gemeinsam den Frieden lernen?
Vielleicht fragen wir einmal unsere Bundestagsabgeordneten vor der Wahl, was sie für möglich halten.
Jesaja malt mit seinen Worten ein Friedensbild vor unseren Augen.
An Tagen, die kommen werden, wird es so sein. Am Ende der Zeit.
Das könnte auch nach Vertröstung klingen, nach Verschieben und Flucht aus der Wirklichkeit.
Aber Jesaja endet sein Bild ganz praktisch mit einer Aufforderung:
Kommt und lasst uns nun wandeln im Licht des Herrn. (Jes 2,5)
Jesaja blickt auf das große Finale und das gibt Kraft für den nächsten Schritt. Schon jetzt ist vieles möglich. Jesajas großes Bild endet mit der Aufforderung:
Kommt und lasst uns jetzt wandeln im Licht des Herrn.
Ich will mein Schwert umschmieden.
Meine Worte sind gelegentlich scharf und schneidend, ich merke gar nicht, wie tief mein so dahin gesagtes Wort eindringt in deinem Herzen.
Ich will achtsam sein, behutsam Worte sagen, die wie Samenkörner wachsen können, Worte, die etwas zum Blühen bringen, die Dich stärken und Dir Mut machen.
Ein „Danke“ sagen oder einen Moment, den ich mit dir erlebt habe, in Worte fassen und ihn ins Licht halten. Das macht ihn wertvoll, diesen Moment. Das pflanzt den Frieden.
Schwerter zu Pflugscharen. Ich fang schon mal an. Mit meinen Gedanken und Worten, mit meiner kleinen Welt.
Als Jesus unterwegs war mit den Menschen, da hat er geheilt, getröstet, geliebt und Gott blitzte auf in jedem seiner Worte. Da dachten die Menschen: Jetzt ist es soweit. Jetzt sind die Tage da, von denen Jesaja und die anderen gesprochen haben.
Ja, sagt Jesus, aber anders als gedacht. Der Friede Gottes ist schon da. Er ist mitten unter euch.
Also machen wir mit. Jesaja setzt uns ein Bild in den Kopf und ins Herz.
Schwerter zu Pflugscharen.
Oder auch: Hassworte zu Liebeserklärungen, „fake news“ zu „good news“, Kasernen zum Campus, Bauen anstatt Bomben, Gitarre anstatt Knarre, Tee trinken anstatt in Angst versinken, im Kanon singen anstatt Parolen brüllen, Bleistiftminen anstatt Landminen, Gespräche suchen anstatt Feinde verfluchen.
Euch fällt bestimmt noch mehr ein oder…?
Amen.