Bloß nicht nichts tun! - Predigt zu Mt 25, 14-30 von Olaf Waßmuth

Bloß nicht nichts tun! - Predigt zu Mt 25, 14-30 von Olaf Waßmuth
25, 14-30

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! Amen.

 

Liebe Gemeinde,

 

wer von Ihnen zu den Glücklichen gehört, die etwas auf der hohen Kante haben, kennt das Problem: Was tun mit dem Ersparten? Angeblich – so sagt es die Untersuchung einer Versicherung – verstecken bis zu 46% aller Bundesbürger*innen Bargeld zu Hause. Und jetzt raten Sie mal, wo?!

 

4% haben ihr Geld im Schuhschrank, 5% in der Spardose und 7% allen Ernstes im Spülkasten der Toilette. 10% verstecken das Ersparte unter der Matratze, 11% im Kleiderschrank; 22% unter dem Sofapolster. Der Spitzenreiter unter den Geldverstecken, wer hätte das für möglich gehalten, ist aber der Kühlschrank: 24% der deutschen Sparer deponieren ihr Geld dort. 

 

Seit diesem Jahr hilft, Gott sei's geklagt, auch das Verstecken nicht mehr: Ein unsichtbarer Räuber stiehlt unsere Rücklagen – die Inflation. Natürlich hätten einem die Finanzexperten schon vor Jahren gesagt: Geld zurücklegen ist gut, Geld anlegen ist besser. Und obwohl die Bibel, anders als die Zeitung, keinen Wirtschaftsteil hat, ist genau das die vordergründige Pointe des heutigen Predigttextes. Jesus erzählt die Geschichte von drei Untergebenen, denen der Chef Geld anvertraut hat. Zwei legen das Geld an, investieren in irgendwelche Unternehmungen, womöglich mit Risiko. Wir wissen nicht genau, wie und wo. Der dritte Angestellte aber hat Angst vor dem Chef, hat Angst vor dem Risiko –und was macht er mit dem Geld? Er versteckt's. Nicht im Kühlschrank und nicht unter dem Sofapolster, sondern irgendwo draußen, wo er es an geheimer Stelle vergräbt. Sicher ist sicher. Oder?

 

Die Währung, um die es in der Geschichte geht, hat einen bekannt klingenden Namen: Die Silberzentner, von denen die Lutherübersetzung spricht, heißen im griechischen Original: talanta– Talente. Die drei Knechte werden also mit "Talenten" ausgestattet. Talanta waren eine Gewichtseinheit, so wie sie hinter vielen Währungen, man denke nur an das Pfund, steht. Die Übersetzung "Zentner" macht deutlich, dass es in diesem Fall um sehr viel Geld geht. (Das Loch, das Knecht Nr. 3 gräbt, muss groß gewesen sein!). 

 

Ich finde es faszinierend, dass die Bibel mit dem Wort "Talent" in unsere Alltagssprache eingedrungen ist. Für uns alle ist klar: Mit einem Talent ist eine besondere Begabung gemeint, eine ausgeprägte Fähigkeit. Unsere Sprache hat da also nicht nur eine biblische Parabel aufgenommen, sondern zugleich die Deutung dieser Parabel. Die lautet: Es geht Jesus gar nicht ums Geld. Er redet nicht davon, wie man seinen Reichtum vermehrt. Er spricht über das, was einem Menschen an Möglichkeiten und Fähigkeiten geschenkt ist. Daraus gilt es etwas zu machen.

 

Das ist eine Lebensaufgabe. Ich denke an unsere große Tochter, die aufs Abitur zugeht. Kürzlich brachte sie dieses grüne Buch mit, das schon meine Generation in der Schule bekam: den Führer zur Studien- und Berufswahl (vom Arbeitsamt herausgegeben). Er ist ein bisschen dünner geworden, weil man viele Informationen jetzt auch im Internet bekommt. Aber die Möglichkeiten haben sich eher vermehrt. Es gibt Hunderte von Studiengängen und Ausbildungen, die man heute nach der Schule machen kann. Was ist das Richtige? Für welchen Weg passen meine Begabungen am besten? Ich merke im Gespräch mit jungen Leuten, dass diese Frage auch mit Ängsten verbunden ist: Ich kann mir dies und das vorstellen – aber bin ich dafür auch gut genug? Und umgekehrt die Angst, nicht das Beste aus dem eigenen Leben herauszuholen. Ich will ja auch nichts machen, was mich unterfordert oderlangweilt. YOLO - you only live once! Du lebst nur einmal! Und die Angst, etwas zu verpassen, ist groß.

 

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Auch die Geschichte, die Jesus erzählt, handelt letztlich von der Angst. Es ist schade, dass ihr Schluss selbst so furchteinflößend geraten ist: Der Knecht, der aus seinen Talenten nichts macht, wird am Ende furchtbar bestraft. Aber eigentlich geht es ja darum, nicht Angst zu erzeugen, sondern Angst zu nehmen: Trau dich etwas anzufangen mit dem, was Dir gegeben wurde, lass Dich von Risiken nicht schrecken! Darauf will das Gleichnis Jesu letztlich hinaus: Jetzt, im Anbruch des Reiches Gottes, muss gehandelt und investiert werden! Jetzt kommt Veränderung und Erneuerung. Alles Abwarten und Aussitzen ist unangemessen, ja Ungehorsam gegenüber Gott. 

 

Vielleicht trifft uns das heute, im Jahr 2022, wieder mehr als frühere Generationen: Fast in allen Bereichen unserer Gesellschaft werden Talente gesucht. Menschen, die bereit sind, sich einzusetzen und besonders: Verantwortung zu übernehmen. Aber es wird immer schwerer, Schulleiter oder Bürgermeisterinnen zu finden. Und das liegt nicht daran, dass es keine Menschen mit Begabungen gäbe. Sondern daran, dass sich viele sagen: Das tue ich mir nicht an. Einer ganzen Generation wird inzwischen nachgesagt, sie habe keine Lust mehr auf Leitungsaufgaben. Die Millenials – oder Generation Y – heißt es, zögen sich zurückin Private; konzentrierten sich auf ihr persönliches Glück und die rechte work-life-balance. So fehlt es an vielen Stellen an Nachwuchs. nicht zuletzt da, wo ehrenamtliches Engagement gefragt ist.

 

Ich bezweifele, dass sich das Phänomen einer einzelnen Generation anlasten lässt. Aber die Gefahr des Rückzugs ist da – bei uns allen. Seit der Corona-Pandemie hat sich das meinem Gefühl nach massiv verstärkt. Da haben wir uns ja gewissermaßen zu Hause vergraben – weil es geboten und nötig war. Jetzt kommen viele von uns nur schwer wieder raus. Konzertsäle, Theater und auch Kirchen sind immer noch leerer als vor der Pandemie. Manche haben sich daran gewöhnt nirgendwo erwartet oder gargebraucht zu werden. Zu Hause ist es ja auch schön. 

 

Der Rückzug von Menschen aus dem öffentlichen Leben gefährdet unsere Gesellschaft, unser Zusammenleben. Mich beunruhigt das mehr als die Inflation, die derzeit die Nachrichten beherrscht. Manches geht auch mit weniger Geld. Aber eine Gesellschaft, in der Menschen ihre Gaben und Talente zurückhalten, kann nicht funktionieren. Für die Kirche gilt das genauso: Menschen, die sich einbringen und engagieren, brauchen wir nötiger als alles Geld.

 

Was kann man tun?

Die Antwort des Gleichnisses ist klar: Talente nicht verstecken, sondern anlegen. Entdecken und anlegen. Denn erst mal muss man natürlich wissen, welche Talente man hat. Vielen ist gar das nicht klar. Mit dem Wort „Talent“ haben sich hochtrabende Erwartungen an künstlerische Fähigkeiten oder handwerkliches Geschick verbunden. Die wirklich wichtigen Gaben sind dagegen oft einfach: Genauigkeit oder Phantasie, Einfühlungsvermögen oder Ausdauer; ein persönliches Hobby oder Zeit für andere.

 

Warum fragen Sie nicht mal jemanden, der Sie schon lange kennt: „Was glaubst Du eigentlich, was ich gut kann?“ Oder: „Welche Eigenschaft an mir schätzt Du besonders?“ Suchen Sie sich Ihren persönlichen Anlageberater – und fragen Sie gleich weiter: „Wo, glaubst Du, könnte man meine Fähigkeiten gebrauchen? Wo gibt es eine gute Sache, für die ich meine Gaben investieren kann?“

 

Der zweite Schritt ist dann: keine Angst zu haben. Keine Angst, nicht zu genügen – aber auch keine Angst, die eigene Zeit und Kraft zu verschwenden. Wenn es um das Reich Gottes geht, ist keine Anstrengung zuviel. Wenn es um das Reich Gottes geht, braucht es auch Mut zum Risiko. Beides macht Jesus mit seinem Gleichnis klar. Bloß nicht nichts tun.

 

Eine Risikoanlage im Namen des Gottereichs: Etwas sagen, bei dem man nicht sicher sein kann, dass alle zustimmen. Jemanden einladen, der womöglich anstrengend ist. Kraft investieren in eine Veranstaltung, ein Projekt, das vielleichtwenig Zuspruch findet – einfach, weil es richtig ist. Tun, was die Liebe gebietet – und Räume schaffen, in denen der Geist wehen kann.

 

Für die eine mag das leichter sein, für den anderen schwerer – aber keiner ist da, der nichts bekommen hat. Keiner ist da, der nicht noch unentdeckte Möglichkeiten hat. Wo sind Ihre? Finden Sie es heraus!

Bleiben Sie nicht zu Hause – und legen Sie Ihre Talente bitte nicht in den Kühlschrank!

 

Amen.

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pfarrer Dr. Olaf Waßmuth

1.​Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?

Ein traditioneller Sonntagsgottesdienst in einer gut bürgerlichen Gemeinde im historischen Zentrum der Stadt. Nach der Corona-Pandemie kommen die Menschen durchaus wieder zum Gottesdienst in die große gotische Hallenkirche – und doch ist in vielen Bereichen der Gemeinde noch Zurückhaltung zu spüren. Die Predigt bezieht sich darauf.

 

2.​Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?

Der Gedanke, dass gute Leute und ihre Gaben das eigentliche Potential unserer Kirche, ja unserer ganzen Gesellschaft sind – nicht das Geld. Das halte ich für eine äußerst aktuelle und wichtige Botschaft in die derzeitige Nachrichtenlage hinein.

 

3.​Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?

Ich ertappe mich beim Rückzug ins Private selbst – ich habe seit Corona aufgehört, im Kirchenchor mitzusingen… Wir müssen es irgendwie schaffen, den „Risiko-Vermeidungs-Modus“ der Corona-Zeit als Einzelne und als Kirche wieder hinter uns zu lassen. Und die Bequemlichkeit auch.
 

4.​Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?

Mit Hilfe der Predigtcoach habe ich einige Stellen getilgt bzw. umformuliert, die zu distanziert oder belehrend klangen. Den Absatz, der sich auf den Rückzug ins Private in der Corona-Pandemie bezieht, fand die Beraterin störend. Mir war er wichtig, weil mich der Bibeltext an dieser Stelle selbst kritisch in Frage stellt. Ich habe ihn stehen gelassen – man kann den Absatz aber tatsächlich gut weglassen.

Perikope
14.08.2022
25, 14-30

Ich möchte nicht allein sein - Predigt zu Mt 26,36-46 von Andreas Schwarz

Ich möchte nicht allein sein - Predigt zu Mt 26,36-46 von Andreas Schwarz
26,36-46

36 Da kam Jesus mit ihnen zu einem Garten, der hieß Gethsemane, und sprach zu den Jüngern: Setzt euch hierher, solange ich dorthin gehe und bete. 37 Und er nahm mit sich Petrus und die zwei Söhne des Zebedäus und fing an zu trauern und zu zagen. 38 Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet mit mir! 39 Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht, wie ich will, sondern wie du willst! 40 Und er kam zu seinen Jüngern und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Konntet ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen? 41 Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach. 42 Zum zweiten Mal ging er wieder hin, betete und sprach: Mein Vater, ist's nicht möglich, dass dieser Kelch vorübergehe, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille! 43 Und er kam und fand sie abermals schlafend, und ihre Augen waren voller Schlaf. 44 Und er ließ sie und ging wieder hin und betete zum dritten Mal und redete abermals dieselben Worte. 45 Dann kam er zu den Jüngern und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist da, dass der Menschensohn in die Hände der Sünder überantwortet wird. 46 Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät.

Herr, segne dein Wort an unseren Herzen. Amen.

Wenn wir aus der Schule nachhause kamen, stand das Essen fertig auf dem Tisch. Unsere Mutter hatte es nicht nur zubereitet. Kartoffeln, Zwiebeln und Gemüse kamen aus dem eigenen Garten. Das Obst für den Nachtisch ebenso. Sie war halt so gern im Garten. Das war ihr Leben. Da fühlte sie sich wohl. Das war ihr Zuhause.
Da ist man mitten drin im Leben. Im Säen und Ernten, im Wachsen und Reifen, im Sterben. Bei Wind und Wetter, allem ausgesetzt, was gut tut und nötig ist, was bedroht und zerstört. So ist das Leben. Der Garten als die kleine eigene Welt, die einen lehrt, wie das Leben ist. Sich einsetzen und mühen, arbeiten und warten. Angewiesen sein. Alles tun, was nötig und möglich ist, aber doch nichts wirklich selbst in der Hand haben. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. So verspricht Gott es Noah und allen Menschen. Der Garten als Bild für das Leben. Der Anfang und die Ernte. Die Hoffnung und die Enttäuschung. Alles ist so direkt, so natürlich, erdverbunden. Schöpfung. Die alte Schöpfung, dem Tod geweiht, als Ort eines neuen Anfangs. Des Anfangs der neuen Schöpfung zum ewigen Leben. Auf einem schmerzhaften und einsamen Weg.

Da kam Jesus mit ihnen zu einem Garten und fing an zu trauern und zu zagen.

Der Garten – so schön ist er, voller Ölbäume, voller Früchte als Erfüllung göttlicher Verheißung; er ist ein Garten der alten Schöpfung, dem Tod noch geweiht. Die Vorboten des Todes bestimmen diesen Abend. Trauer und Angst prägen die Gefühle im Herzen und in der Seele.

Meine Seele ist betrübt bis an den Tod.

Wenn einer spürt, es geht auf den letzten Weg, es geht hier in diesem Garten zu Ende, dann kommt die Trauer hoch. Natürlich, das Leben war doch ein Geschenk, es war schön. Was jetzt noch kommt, wird nicht mehr schön werden. Unangenehm, schmerzhaft und vor allem furchtbar einsam. Das ist vielleicht das Schlimmste an diesem Weg, dass man ihn tatsächlich allein gehen muss. So lange Menschen da sind. Am Bett stehen, die Hände falten, singen, beten. Mitgehen können sie nicht. Es ist der Weg eines anderen. Irgendwann gehen sie dann ihren eigenen. Aber jetzt einen fremden Weg mitgehen können sie nicht. Ehrlicherweise möchte ich ihn auch nicht gehen.
Muss es – so – sein? Geht es nicht anders? Einfacher, harmonischer, friedvoller? Gibt es keine andere Möglichkeit? Muss es dieser bittere, schmerzhafte, demütigende, entwürdigende Weg sein? Kannst du die Menschen nicht anders retten, erlösen? Wenn es nach mir ginge, … Aber es geht um deinen Willen. Dann aber bitte, solange es irgend geht, sollen sie dabei sein, bei mir bleiben, mitfühlen, mitleiden, mitbeten, wach bleiben. Wenigstens das. Das Gefühl möchte ich haben, die Freunde sind nah, sie teilen, was zu teilen geht. Ich war immer für euch da, ich habe für euch gesorgt, für eure Seele, euer Herz und euren Leib. Jetzt, dies eine Mal, wo es zu Ende geht, da wünsche ich mir bloß, dass ihr wach bleibt, mit euren Gedanken bei mir und im Gebet für mich bei Gott. Aber es geht nicht. Beim besten Willen geht es nicht. Einmal nicht, zweimal nicht, dreimal nicht. Nicht einmal in Gedanken und im Gebet ist der Weg des anderen auszuhalten, nur wach sein, beten und nahe sein, das kann doch nicht zu viel verlangt sein, von den besten Freunden. Doch – es ist zu viel. Das ist ein großes Stück der Traurigkeit, wenn es darauf ankommt, doch alleine zu sein. Den schwersten Weg allein gehen zu müssen.

Jesus wünscht, was jeder wünscht: dass der Weg einfach wäre. Dass er nicht allein sein müsste. Dass andere an ihn denken, in Gedanken bei ihm sind, für ihn beten, Gott an seine Seite beten. Das ist die zweite der doppelten Traurigkeit. Neben der, dass die Jünger schlafen und ihn alleine lassen. Der Vater schweigt. Jetzt, wo ein Wort gut täte. Jetzt, wo es immer enger und bedrohlicher wird. Wo die Angst von Stunde zu Stunde größer wird. Entlastung. Befreiung. Oder wenigstens Trost. Zusage. Ein spürbares Zeichen der tiefen inneren Verbundenheit. Zwischen Vater und Sohn. Zwischen Gott und dem, der verzweifelt betet. Vater unser, führe uns nicht in Versuchung, erlöse uns von dem Bösen. So hat er selbst seine Jünger beten gelehrt. Wir sprechen es ihm nach. In der Not vor Augen besonders, wenn Leben und Glauben angefochten sind, wenn die Angst sich ausbreitet. Jetzt betet Jesus selbst so. Spürt die Versuchung, ahnt das Böse, das auf ihn zukommt. Er möchte bewahrt werden, erlöst werden davon. Das sagt er seinem Vater. Aber in dieser Nacht schweigt der Vater. Kein Wort. Kein Trost, keine Zusage. Das tut weh; Schweigen tut weh. So weh, dass Jesus am Kreuz schreien wird: Mein Gott, warum hast du mich verlassen? Diese Nacht im Garten bleibt ohne Lichtblick. Da kündigt sich in der tiefsten Stunde kein heller Morgenschein an. Da ist nicht demnächst einfach alles wieder gut. So wird gar nichts gut. Im Gegenteil. Es wird immer schlimmer. Die Dinge nehmen ihren Lauf. Er hat es gewusst, von Anfang an.

Nicht das Schicksal schlägt unbarmherzig und blind zu. … sondern wie du willst. Es geschehe dein Wille. Unvorstellbar schwer kann das auf einem Menschen liegen. Leiden und Angst haben. Die Diagnose ist aussichtslos. Inständig betet er um Bewahrung, um Erlösung. Kein Freund ist mehr da. Und der Vater schweigt. Es geschehe dein Wille? Wer kann das sagen? Siehe, die Stunde ist da. Es ist unausweichlich. Es kommt, was kommen musste. Irgendwann. Aber jetzt ist es soweit. Der Tod spielt sein grausam-machtvolles Spiel.
Der Garten der Erholung und Entspannung, der Garten der Schöpfung und des Genusses von Öl und Wein war zum Garten der Angst und der Trauer geworden, zum Garten der Einsamkeit. Jetzt wird er der Garten des Verrates. Und der Verhaftung. Im Garten fängt das Elend von Folter und Todesqualen an.

Siehe, die Stunde ist da, dass der Menschensohn in die Hände der Sünder überantwortet wird. Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, er ist da, der mich verrät.

Jetzt nehmen die Sünder die Sache in die Hand. Der Verrat löst das Unheil aus. Das Böse siegt. Und mit ihm der Tod. Predigen und Wirken Jesu sind zu Ende. Endgültig. Jetzt. Offenkundig. Die Jünger, verschlafen und ohne Orientierung, müssen das so sehen. Nun ist es vorbei. Was soll noch Gutes kommen? Wo ist das Evangelium? Wo die frohe Botschaft des Lebens? Hoffnung, Zuversicht, Ausblick. Nichts davon zu sehen und zu hören. Nur noch finstere Nacht. Ohne die Aussicht auf einen neuen Morgen. Den Weg geht Jesus. Alle Menschen gehen ihn. Den Weg in die Nacht, aus der es kein fröhliches Erwachen mehr gibt. Weiter kann niemand sehen. Keiner weiß, was dann kommt.

Die Jünger ahnen nichts davon, dass zwei Nächte später wieder etwas geschieht, womit sie nicht gerechnet hatten. Vermutlich haben sie wieder geschlafen. Als sie aufwachen, ist der Ort des Todes Jesu leer. Das Grab im Garten wird zum Beginn des neuen Lebens. Das ist Gottes Wille: das Leben. Für ihn, Jesus Christus. Für seine Jünger. Für alle. In dieser Nacht ist es nicht zu sehen. Darum bleibt der Weg so schwer, wenn die Freunde schlafen und der Vater schweigt. Aber sein Schweigen ist nicht sein letztes Wort. Am Ende wird sein Sohn Jesus wieder sagen: Steh auf. Ins Leben. Amen.

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pfarrer Andreas Schwarz

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Im Zentrum gottesdienstlicher Gemeinde ist es in den vergangenen Wochen zu einigen Todesfällen gekommen. Lebenslang gelebter Glaube, gerade auch in äußerlich schwierigen Zeiten, viel familiäre Nähe bis in die letzten Stunden, Gebet und Gesang am Sterbebett waren Ausdruck dieses Vertrauens. Das alles angenehm begleiten zu dürfen hat die Erfahrung nicht verdrängt, dass jeder Mensch seinen letzten Schritt allein geht. Diese Spannung war in der Vorbereitung ständige Begleiterin.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Ein Bibelvers, der in jedem Traugespräch und in allen Konfirmandenjahrgängen eine Rolle spielt, kommt in dieser Perikope neu ans Licht: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Dies in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen zu entdecken, gerade am Ende, war motivierend.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Dass Jesus Christus, von dem ich glaube, dass er Gott und mein Herr ist – in Anlehnung an Luthers Erklärung zum 2. Glaubensartikel – die tiefste und schwerste Einsamkeit erleben musste. Und darunter gelitten hat, wie Menschen darunter leiden. In dieser Erzählung rückt Jesus Christus nahe an uns (Menschen) heran. Ich erhoffe mir dadurch für Predigthörer bzw. -leser und  für mich selbst Trost und Kraft in eigener persönlicher Erfahrung.

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Der Coach hat mir sehr geholfen, die Struktur meiner Predigt zu sehen und zu korrigieren. Sie hat mich auf sprachliche Beobachtungen hingewiesen – Füllwörter z.B. – die dem Verständnis hinderlich waren und meiner eigenen Idee auch gar nicht entsprachen. Mit ihrer Hilfe konnte ich meine eigene Predigt besser verstehen und habe z.B. einen künstlichen, eher formellen, Schlusssatz gestrichen und so den jetzigen Schluss markanter werden lassen.

Perikope
13.03.2022
26,36-46

Der Seegang des Lebens - Predigt zu Mt 14,22-33 von Christiane Quincke

Der Seegang des Lebens - Predigt zu Mt 14,22-33 von Christiane Quincke
14,22-33

1. Allein sein

Sofort danach drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen.
Sie sollten an die andere Seite des Sees vorausfahren.

Er selbst wollte zuerst noch die Volksmenge verabschieden.
Als die Volksmenge weggegangen war, stieg er auf einen Berg,
um in der Einsamkeit zu beten.
Es war schon Abend geworden, und Jesus war immer noch allein dort.
(Mt 14, 22-23)

Es gibt den Moment, da willst du allein sein - musst dich zurückziehen. Nur mit dir und Gott. In den Wald. Ins Kloster. Oder die Bettdecke über den Kopf.
Jesus geht in die Wüste oder auf einen Berg oder in den Garten Gethsemane.
Rückzug sogar für den Gottessohn.

Ja, klar: ist verständlich. Und doch merkst du, wie sich alles in dir dagegen sträubt.
Ich brauche ihn doch gerade jetzt, denkst du. Hier an meiner Seite. In dieser Zeit, wo ich nicht weiß, was nächstes Jahr sein wird. Oder übernächstes.

Und die Jünger?
Eben noch mit 5000 Leuten zusammen gewesen. Brot geteilt. Wunder erlebt.
Und jetzt? Als ob nichts gewesen wäre? Zurück ins Boot, wie früher als Fischer.
Zurück in den Alltag, in die Nacht - aber ohne ihn. Ohne Jesus.

Es gibt Momente, da bin ich allein. Aber ich will dann nicht allein sein.

 

2. Zuviel

Das Boot war schon weit vom Land entfernt.
Die Wellen machten ihm schwer zu schaffen, denn der Wind blies direkt von vorn.
(Mt 14, 24)

Der Wind hat sich gedreht - bläst ihnen ins Gesicht. Der Himmel heult. Hohe Wellen stürzen von Tal zu Tal. Plötzlich wird aus ruhigen Handgriffen Hektik. Eigentlich sind die Jünger erfahrene Fischer. Sie kennen die Tücken des Sees. Aber ob es diesmal gut ausgeht?

Es gibt den Moment, da wird alles zu viel. Du verlierst den Überblick, die Kontrolle.
Wenn bei dir zuhause alle Kinder gleichzeitig krank werden und du nicht mehr zum Schlafen kommst. Wenn du den Führerschein abgeben musst, aber eine wichtige Dienstreise vor dir hast und nicht weißt, wie du es deiner Chefin sagen sollst. Wenn du nicht weißt, wie du die vielen Klausuren in der Schule schaffen sollst.
Es gibt Momente, da geht gar nichts mehr.

Wo ist Jesus? Wo ist Gott? Stellst du dann überhaupt diese Frage?
Oder bist du dann nicht viel zu sehr damit beschäftigt, das Richtige zu tun - das, was jetzt ansteht? Ein Schritt nach dem Anderen. Versuchen, doch noch klar zu denken. Irgendwie aus dieser Situation raus kommen. Egal wie, Hauptsache heil. Musst alleine klar kommen…. Und merkst, dass das nicht geht.
Kennst du das?

 

3. Wenn gar nichts mehr geht

Um die vierte Nachtwache kam Jesus zu den Jüngern.
(Mt 14, 25a)

Die Jünger haben schlimme Stunden hinter sich. „Ich kann nicht mehr!“, ruft jede Zelle und jeder Muskel. Und das Gehirn will endlich endlich zur Ruhe kommen. Die vierte Nachtwache - das ist tiefste, dunkelste Nacht. Eine Nacht, die kein Ende nehmen will. Wer im Krankenhaus eine Nachtschicht hat, hat dann die größten Kämpfe. Die vierte Nachtwache ist die Zeit, wo viele Menschen wach werden und nicht mehr einschlafen können. So gegen 3 Uhr oder 4 Uhr nachts.

Und genau jetzt kommt Jesus. Dann, wenn es am dunkelsten ist. Wenn ich richtig am Ende bin. Gar nichts mehr will. Den Kopf ausschalten. Das Kreisen abstellen. Genau jetzt, in diesem Moment kommt Jesus.

 

4. „Fürchtet euch nicht!“

Jesus lief über den See.
Als die Jünger ihn über den See laufen sahen, wurden sie von Furcht gepackt.
Sie riefen: »Das ist ein Gespenst!« Vor Angst schrien sie laut auf. Aber sofort sagte Jesus zu ihnen: »Fürchtet euch nicht! Ich bin es. Ihr braucht keine Angst zu haben.«
(Mt 14, 25b-27)

Es gibt diesen Moment, da kannst du nicht mehr klar sehen.
Du hast den Tunnelblick und erkennst den Ausweg nicht. Du weißt nicht mehr, wo oben und unten ist. Funktionierst nur noch mechanisch, weil die Augen brennen und die Ohren dröhnen. Alles, was jetzt noch dazu kommt, macht dir Angst. Gespenster, die frei rum laufen.

Jesus versteht das. Und darum sagt er sofort: Ich bin es. Ihr braucht keine Angst zu haben!
Dringt er damit durch? Durch das Dröhnen, das Brennen, das Funktionieren?
Ich bin es. Der, der mit euch gegessen hat und 5000 andere auch. Der euch aus eurem bisherigen Leben gerissen hat, und dem ihr eigentlich alles zutraut. Ich bin es.

Es gibt Momente, da hörst du eine leise Stimme - in dir oder von außen, manchmal weißt du das nicht. Aber du hörst sie. Und sie sagt dir: Fürchte dich nicht! Es wird gut. Du schaffst es. Ich bin ja bei dir. Du bist nicht allein.

Momente auf dem Mittelmeer. Ein Schlauchboot auf dem Mittelmeer. Der Motor ist ausgegangen, die Babies schreien, Öl ist ausgelaufen, es stinkt und die Wellen heben sie bedrohlich auf und ab. Und auf einmal ist da ein Schiff. Groß ist es und die Scheinwerfer hell! Ob das Rettung ist? Oder nicht doch ein libysches Schiff, das sie beschießen wird oder zurückschleppt in die libysche Hölle, der sie ja gerade entrinnen? Die Menschen im Schlauchboot ducken sich, verstecken ihre Kinder, weinen vor Angst. Und dann die Stimme: Wir sind es. Die SeaWatch. Habt keine Angst. Wir retten euch!

Ja, es gibt diesen Moment, da möchtest du dieser Stimme glauben, aber du kannst es noch nicht. Zu müde, zu erschöpft, zu viel durchgemacht, als dass da ein einfaches „Fürchte dich nicht!“ genügen könnte. Aber jede Faser in dir sehnt sich nach diesen Worten.

 

5. Mutmacher

Petrus sagte zu Jesus:
»Herr, wenn du es bist, befiehl mir, über das Wasser zu dir zu kommen.«
Jesus sagte: »Komm!«
Da stieg Petrus aus dem Boot, ging über das Wasser und kam zu Jesus.
(Mt 14, 28-29)

Es gibt den Moment, da hat dir jemand Mut gemacht.
Du steigst aus dem Boot aus. Aus der sicheren Schale, die dich trägt, die dir Schutz gibt. Du überwindest deine Angst und wagst etwas Neues, etwas ganz Neues. Denn da ist jemand, der traut es dir zu und sagt: „Komm!“ Und dieser jemand ist Jesus.

Du fängst eine neue Stelle an. Gehst in einen neuen Verein. Du ziehst in eine andere Stadt. Du sprichst die Frau an, die dich interessiert. Du sagst deinem Nachbarn, dass er deine Kinder nicht so anbrüllen soll. Du steigst in ein Boot, das dich übers Mittelmeer in Sicherheit bringen soll.

 

6. Wellen

Aber auf einmal merkte er, wie stark der Wind war.
Da bekam er Angst. Er begann zu sinken und schrie: »Herr, rette mich!«
(Mt 14, 30)

Kennst du ihn, diesen Moment? Da löst sich der Mut in Luft auf. Das Wasser ist zu unruhig. Du bekommst Angst. Der Schatten, über den du springen wolltest, ist zu groß.

Mir passiert das immer wieder - in den sozialen Medien zum Beispiel. Da entdecke ich vor kurzem, wie eine Kollegin im Netz fertig gemacht wird. Ein Shitstorm fällt über sie herein. Menschen beschimpfen sie und bespucken sie, so wie früher die Pranger vor einer Kirche oder auf dem Marktplatz. Und das nur, weil sie offen von sich und ihrer Familie gesprochen hat und wie sie das Problem mit der Scheidung und der gemeinsamen Tochter gelöst hat. Aber damit war sie auf einmal keine Heilige mehr…
Ich springe ihr bei. Diskutiere mit den Leuten, stelle mich vor sie. Ich wage mich auf das Wasser. Aber die Wellen werden zu groß. Der Strudel reißt mich mit. Ich verstricke mich in die Argumentationen, komme nicht mehr hinterher. Und es dauert nicht lange und mich überfällt die Angst. Jetzt greifen sie mich an. Beschimpfen mich. „Wie können Sie als Kirchenfrau sowas sagen!“ Ich gehe unter. Weiß nicht mehr weiter. Verzweifelt, weil mir nichts mehr einfällt. Warum habe ich mich auch darauf eingelassen? Diese Wasser sind zu tief, zu wild. Herr, rette mich!

Kennst du das?

 

7. Jesus mittendrin

Sofort streckte Jesus ihm die Hand entgegen und hielt ihn fest.
Er sagte zu Petrus: »Du hast zu wenig Vertrauen. Warum hast du gezweifelt?«
(Mt 14, 31)

Durchatmen. Dieser Moment, wenn dir jemand die Hand entgegen streckt, dich aufrichtet. Zieht dich aus dem Wasser. Du bist nicht allein, sagt diese Hand. Ich halte dich fest, egal wie hoch die Wellen sind. Und auch wenn dein Glaube gerade sehr klein ist.

Die Seawatch im Mittelmeer.
Die Mail, in der eine alte Frau sich für meine Worte bedankt.
Der Schüler, der mir eine WhatsApp schickt, weil er sich so freut, dass ich auf der Fridays-for-Future-Demo sprechen werde.
Die Karte von meiner Schwester. Da steht drauf: Lächle, du kannst sie nicht alle töten.
Und ich lächle - auch über mich und meine Angst und mein Um-mich-selber-kreisen.

Jesus ist mitten drin in den Wellen. Mitten im Sturm. Gerade dort, wo alles unsicher ist.
Trau dich, sagt Jesus. Zweifle nicht. Ich bin ja da.

 

8. In diesem Moment

Dann stiegen sie ins Boot und der Wind legte sich.
Die Jünger im Boot warfen sich vor Jesus nieder.
Sie sagten: »Du bist wirklich der Sohn Gottes!«
(Mt 14, 32-33)

Es gibt den Moment, da ist alles klar und eindeutig.
Und ich erkenne: diese Mail, diese WhatsApp, diese Karte, die Seawatch - Jesus spricht da. Es streckt seine Hand aus.
Sieht meine Angst, meinen kleinen Glauben und hält mich.

Ja, Jesus, du bist da.
Auch wenn die Wellen hochschlagen und die Gespenster frei herum laufen und toben. Und sogar wenn die libysche Miliz im Meer ihr Unwesen treibt oder eine wütende Meute mir böse Mails schreibt - du bist da. Und ich lass mich davon nicht einschüchtern. Nicht von den Mails und dem ganzen anderen Mist. Denn du bist da.
Es ist dieser Moment, dieser eine Moment:
Ich steige aus dem Boot. Es genügt, dass du mir mehr zutraust als ich.
Da draußen. Und hier. Mit dir. In diesem Moment.

Amen.

(Liedvorschläge: „Ich möcht‘, dass einer mit mir geht“ – „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ – „Vertrauen wagen“ – „Stay with me / Bleib mir nah“)

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Christiane Quincke

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ich werde diesmal nicht in der Stadtkirche predigen (wie sonst), sondern „draußen“ auf dem Land. Ich kenne die Gemeinde dort kaum, gehe aber davon aus, dass das Gefühl des „Alles ist zu viel“ und „ich gehe unter“ den meisten sehr vertraut sein wird. Corona hat das Gefühl der Überforderung ja eher noch verstärkt.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Es hat mir geholfen, die Struktur vom Text bestimmen zu lassen (Homilie). Daraus ist dann das Strukturelement „Es gibt Moment(e)“ entstanden.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Die Jünger und Petrus durchleben im Boot und auf dem Wasser etwas sehr Existenzielles: allein sein, überfordert sein, Angst haben, etwas wagen, von der Angst wieder eingeholt werden, die Stimme und die Hand, die mir hilft, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Aber wie ist die Frage Jesu „Warum hast du gezweifelt?“ zu verstehen? Ist es Vorwurf oder Sorge? Wieso fragt er das überhaupt? Das wird mich noch weiter beschäftigen.

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Meine Coach deckte die innere Struktur der Predigt auf, was mir half, noch konsequenter das Motiv „Es gibt Momente“ als roten Faden zu gestalten. Dank ihres Blicks auf meinen Entwurf trennte ich mich auch von 2 kleinen Abschnitten. Dabei half mir ihre Visualisierung, Abschnitten bestimmte Farben zu geben. Ich schnitt die Abschnitte dann aus und legte sie untereinander und nebeneinander. Das half mir, eine klarere Struktur und die Konzentration auf das Wesentliche zu finden. Danke!

Perikope
06.02.2022
14,22-33

Frieden oder Schwert, Leben oder Tod - Predigt zu Mt 10,34-39 von Andreas Schwarz

Frieden oder Schwert, Leben oder Tod - Predigt zu Mt 10,34-39 von Andreas Schwarz
10,34-39

Jesus sprach zu seinen Jüngern:
Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.

Unser Predigtlehrer im Studium hat uns mit auf den Weg gegeben:
Wenn Sie die Kanzel betreten, haben Sie der Gemeinde den Friedensgruß des Herrn zu verkündigen. Wie Jesus selbst nach Ostern seine erschrockenen Jünger grüßt: Friede sei mit euch.
Das tut gut, zu hören. Es ist genau das, was wir brauchen. Weil wir es so oft vermissen und uns darum so sehr danach sehnen. Mitten in unsere Sehnsucht nach Frieden hinein wird das Evangelium von Jesus Christus verkündigt. Und der spricht vom Schwert.
Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
Das Schwert ist wie ein Symbol für Gewalt. Für grausamstes Blutvergießen. Es trennt, messerscharf, in zwei Teile. Salomo, der weise König des Volkes Israel, hat das gewusst. Er wollte das Schwert benutzen, um ein kleines Kind zu teilen. In zwei gleichgroße Teile. Damit jeder der beiden Frauen, die behaupteten, Mutter des Kindes zu sein, je ein gleiches Teil bekommt. Allein die Drohung hat gereicht, damit es zu der Bluttat nicht kommt. Grausam, ein solches Schwert.
Jesus findet das auch gar nicht so hilfreich. Jedenfalls hören die Jünger seine Einstellung dazu. Am Abend im Garten Gethsemane, als er gefangen genommen wurde, nahm einer seiner Jünger ein Schwert, um den Herrn und Meister gewaltsam zu verteidigen. Aber Jesus verhindert das und sagt: Wer das Schwert nimmt, soll durchs Schwert umkommen. Also: Vorsicht. Lieber kein Schwert in die Hand nehmen. Am Ende wirst Du selbst ein Opfer werden.
Und nun redet Jesus vom Schwert. Und zwar von einem, das er bringt. Denn seine Worte sind so scharf wie ein Schwert. Jesus, der Friedensstifter, der Friedefürst. Der ohne Gewalt lebte und handelte. Der bringt das Schwert, das trennt. Das Menschen entzweit, sie voneinander trennt. Den Vater von seinem Sohn. Die Tochter von ihrer Mutter. Die Schwiegertochter von ihrer Schwiegermutter. Feindschaft im eigenen Haus, in der eigenen Familie. Weil Jesus gekommen ist.
Ich denke dabei an die brutalen Konfliktherde in der weiten Welt. Mein Blick geht aber auch in unsere Gesellschaft und in unsere Gemeinden hinein.
Die Frage, wie wir uns zu dem Thema Pandemie und dem Umgang mit ihr positionieren, war lange Zeit eine Meinungsfrage. Die einen so, die andern halt anders. Jetzt geht es ums Handeln. Lässt du dich impfen oder nicht? Und dann stehen sich diese Gruppen gegenüber, argwöhnisch, vorwurfsvoll, uneins, zerstritten. Die Dynamik nimmt zu. Die Geimpften ärgern sich, dass Rechte deswegen weiter eingeschränkt bleiben, weil zu viele sich nicht impfen lassen wollen. Die Werbung dafür, sich impfen zu lassen, empfinden viele als unangemessenen Druck. Manche unversöhnlichen Debatten finden in den Familien statt. Da, wo Menschen sich besonders nahe sind. Wo unterschiedliche Haltungen ungeschützt aufeinanderprallen. An den Orten, die doch Zuhause bieten sollen, Geborgenheit, Sicherheit, Gemeinsamkeit. Um des lieben Friedens willen schweigen vielleicht manche Söhne und Töchter. Oder Schwiegertöchter und Schwiegermütter schreien sich an, verletzen einander. Wie belastend, wenn Menschen gerade der Boden entzogen wird. Welche Sicherheiten haben wir denn, wenn Familien zerstritten sind? Wenn sie nicht Orte des Friedens, sondern des Schwertes sind. Gespalten, zerstritten. Und womöglich mit ganz viel Gewalt. Weil das Virus trennt, wie ein Schwert. Messerscharf. Die einen von den anderen. Unversöhnlich stehen sie einander gegenüber.

Jesus Christus spricht: Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

Nicht Frieden, sondern das Schwert. Weil Jesus gekommen ist. Ich hätte das Gegenteil erwartet. Wie es hier zugeht, wie Menschen miteinander umgehen, das erlebe ich schon genug. Von der frohen Botschaft erwarte ich etwas anderes. Dass sie sich gegen unsere Erfahrungen stellt, gegen unsere Möglichkeiten, gegen unseren Egoismus, unsere Neigung zu Gewalt und Hass. Und auch gegen das tödliche Schweigen. Weil bloß niemand wissen soll, dass der Mann seine Frau geschlagen hat. Sie hat sich halt gestoßen. Weil unter der Decke bleiben soll, wenn ein Kind missbraucht wird. Es ist eben still geworden. Und das Elend geht weiter.
Jesus bringt das Schwert und keinen Frieden. Das verunsichert mich. Ich bin mir so sicher, Jesus zu kennen, zu wissen, was Jesus denn jetzt wirklich will, wofür er steht, was er bringt. Und höre die Botschaft vom trennenden Schwert.
Die Jünger sind mitgegangen. Jesus hat sie bei ihrem Namen gerufen und sie sind ihm gefolgt. Ohne wirklich zu wissen, was auf sie zukommt. Er hat sie beschenkt mit Gaben und Fähigkeiten. Menschen von bösen Geistern zu befreien, sie von Krankheiten zu heilen. Das ist die Welt, in die Jesus gekommen ist.

Jesus sagt: Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.

Menschen sind unfrei. Sie können nicht, wie sie gern möchten. Sie sind gefangen in Strukturen und Ängsten. Sie sind gefesselt von Traditionen und Denkmustern. Da kommen sie alleine nicht raus. Sie sind bedroht von Krankheiten. Von Viren und Bazillen. Unter manchen leiden sie. Andere spüren sie nicht und halten sie für eine Erfindung.
Aber noch mehr werden die Jünger erleben, wenn sie zu den Menschen gehen. Verleumdungen, Anklagen, Verurteilungen. Ablehnung, Gewalt. Das ist die Welt, in die sie geschickt wurden. Das ist die Welt, in der wir leben. Menschen sind entzweit. Wie mit einem Schwert geteilt. Unversöhnlich, unvereinbar. Dann kann einer eine Waffe nehmen und sein Gegenüber erschießen, weil ihm dessen Meinung nicht passt. Das Schwert hat gewirkt. Menschen sind voneinander getrennt, in zwei Hälften geteilt. Die Bereitschaft, Gewalt auszuüben oder sogar zu töten, steigt. „Ich weiß, was richtig und gut ist.“ „Ich lasse mir nicht vorschreiben, was ich denken und tun soll.“ Und wenn das im Frieden nicht funktioniert, dann halt mit dem Schwert. Oder mit der Faust oder mit der Pistole.

Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

Nicht, dass Jesus das Schwert in die Hand nimmt. Aber er kommt als Schwert ist in die Welt. Seine Worte trennen Menschen voneinander. In die, die ihm folgen. Und die, die ihn ablehnen. Das können die Jünger mit dem Schwert nicht verhindern. Aber sie müssen erleben, dass es ihn trifft. Das Schwert, das mit Jesus in die Welt gekommen ist, trifft ihn selbst. Persönlich. Tödlich. Der stört. Haben sie damals gedacht und gesagt. Die das Sagen hatten im Volk. Die verantwortlich waren für den Glauben. Der ist uns im Weg. Der hält sich nicht an unsere Traditionen. Der verunsichert uns. Auf einmal soll nicht mehr gelten, was immer galt? Ich will mir den Zugang zu Gott mit meiner Frömmigkeit verdienen. Ich will das nicht geschenkt. Ich will nicht vertrauen, sondern handeln. Ich will nicht mit leeren Händen zu Gott kommen, sondern das vorweisen, was mir gelungen ist und gut war.

Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

Das trennt. Das Vertrauen vom Anspruch. Das Geschenk von der Leistung. Die Vergangenheit von der Zukunft. Das Leben vom Tod.
Die Jünger machen diese Erfahrungen, als Jesus sie zu den Menschen schickt. Sie erleben, wie das Schwert wirkt, wie es trennt und gerade nicht Frieden bringt. Einen Frieden, in dem egal wäre, was jemand denkt und glaubt. Wo jeder nach seiner Einstellung einen Weg zu Gott findet. Diese Harmonie bringt Jesus nicht. Er ruft zu sich. Ihm zu vertrauen. Die Jünger erleben, wie gut er den Menschen tut. Wie gerne sie hören, was er zu sagen hat. Wie sehr Menschen sich freuen, wenn er sie befreit und heilt. Wie sie ihm danken, ihm Loblieder singen. Ihm nachfolgen. Sie ahnen nichts von dem Schwert, das sich zeigen wird. In Ablehnung und Widerstand. Und schließlich am Kreuz.
Es sieht so aus, als spräche das Kreuz eine deutliche Sprache. Und das Kreuz behielte bis zum Schluss die Oberhand. Aber mit Jesus ist es nie so, wie es scheint. Am Ende lacht er über die, die dachten, ihn beseitigt zu haben. Und die ihm vertrauen, denen blüht das Leben. Ohne Gewalt und Schwert. Aber mit Frieden. Den er schenkt. Als Auferstandener grüßt er sie: Friede sei mit euch!

Amen.

 

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pfarrer Andreas Schwarz

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Die Pandemie belastet weiterhin Gemeindeleben und Gottesdienst. Hinzu kommt die schärfer werdende Auseinandersetzung zum Thema ‚Impfen‘. Diese Spannung und z.T. Gereiztheit ist ein Hintergrund für die Formulierungen.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Zwei Erfahrungen waren für mich wichtig, auch wenn nur eine davon direkt in die Predigt eingeflossen ist. Die erste: Ich habe über diesen Text während eines halbjährigen Gemeindepraktikums im Ruhrgebiet gepredigt, meine zweite Predigt überhaupt. Kurz zuvor fand in Bonn die größte Demo gegen den Nato-Doppelbeschluss statt. Es gab heftige Reaktionen der Hörer, es sei zu politisch. Die andere war der Ratschlag meines Homiletikprofessors in Heidelberg zum Friedensgruß.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Wir werden auch weiterhin mit Spannungen leben, die dadurch entstehen, dass es sehr verschiedene Positionierungen in Sachfragen gibt. Im aktuellen Fall ‚Impfen‘ fällt es mir sehr schwer, das zu akzeptieren. Das Zweite, dass ich erneut lernen muss: Jesus steht mir nicht zur Verfügung, er ist nicht, wie ich erwarte, er bleibt auch fremd. Verwirrung und Neugier werden mich weiter begleiten.

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Es fiel mir schwer zu predigen. Das machte meine Predigt unausgewogen und sprunghaft. So wie es mir persönlich mit dem Text und seiner Fremdheit ging. Bessere Struktur, Verzicht auf ‚Darlings‘ haben mir zu einem besseren Verhältnis zu meiner eigenen Predigt geholfen. Unklare Behauptungen konnten durch persönliche Botschaften ersetzt werden. Ich bin meinem Coach von Herzen dankbar.

Perikope
24.10.2021
10,34-39

Sandiger Boden - Predigt zu Mt 7,24-27 von Vanessa Bührmann

Sandiger Boden - Predigt zu Mt 7,24-27 von Vanessa Bührmann
7,24-27

Es ist ein verrücktes Bild: Ein Haus, das von einem Auto quer durch die Wüste gezogen wird. Da fährt es auf einer breiten Straße vorbei an anderen Häusern und Bäumen. Ein Mann erzählt mir in die Kamera: Wir leben in einem Tornadogebiet. Und wenn ein schlimmer Tornado angekündigt ist, dann hängen wir das Haus an unser Auto und ziehen einfach weiter. – Warum nicht einfach direkt an einem sicheren Ort bauen? – Na, weil es doch hier so schön ist.
Ich musste lachen, als ich das damals im Fernsehen gesehen hab. Die verrückten Menschen. Warum nicht direkt an einem sicheren Ort bauen? Warum haben sie nicht auf Fels gebaut?

Wer diese Worte von mir hört und sie befolgt,
ist wie ein kluger Mann:
Er baute sein Haus auf felsigem Boden.
Dann kam ein Wolkenbruch.
Die Flüsse traten über die Ufer,
die Stürme tobten und rüttelten an dem Haus.
Doch es stürzte nicht ein,
denn es war auf felsigem Untergrund gebaut.

Warum nicht direkt an einem sicheren Ort bauen?

Gerade ist mir nicht nach Lachen. Wenn ich die Bilder sehe; Geschichten höre von geretteten Fotoalben: Lebensgeschichten in Bildern – überzogen von Schlamm.
Diese Menschen haben an sicheren Orten gebaut. Und die Häuser haben Jahrzehnte, Jahrhunderte gehalten. All die Jahre lang schien es, als hätten sie auf Fels gebaut. Bis zu diesem einen Tag. Und den Menschen der Boden unter den Füßen wegbrach. Im übertragenen Sinne und im echten Leben.

Ein Haus auf einem Fels, das ist ein so schönes Bild. Stolz steht es da. Die Tür offen – und egal, was am Tag war: Ob ich mich in ein Wellenabenteuer gewagt habe, ob der Regen mich bis auf die Haut nass gemacht hat… Ich gehe abends zurück in dieses Haus. Bin sicher und bin warm.

Ich glaub, anders geht es ja gar nicht im Leben. Ich muss doch auf etwas bauen können.
Ich muss mir sicher sein, dass etwas hält. Und nicht gleich wegbricht.
Mein Leben besteht aus diesem Urvertrauen.
Dass das Haus hält, in dem mein Bett steht.
Dass die Menschen, die ich lieb hab, auch morgen noch da sind.
Dass die Demokratie dieses Land trägt.
Felsen, auf die ich mein Lebenshaus baue.

Und ich merke: alles das ist doch unsicher.

Und so gerne würd ich es machen wie diese witzigen Menschen mit ihren Häusern: Mein Lebenshaus nehmen, ein Auto dranpacken und es einfach woanders hinziehen.
Da, wo es sicher ist.

Aber ich lerne immer mehr im Leben, dass ich einen solchen Felsen, einen solchen Ort im Grunde nicht finde. Nicht auf dieser Welt, nicht in diesem Leben.
Und ich kämpfe mit diesem Haus, mit dem Felsen. Denn das Bild will nicht passen. Nicht zu dem, wie ich das Leben erlebe. Und erst recht nicht zu den Bildern, die ich gerade sehe. Und genau genommen auch nicht zu dem, was ich sonst von Gott, von Jesus lese. Denn er hat ja auch nur ein Zelt in der Welt aufgeschlagen. Er stammt von Vorfahren, die ebenfalls in Zelten lebten. Wir Menschen leben in dieser Welt auf sandigem Boden. Da geht nur zelten.
Zelte, die sind ja auch fast wie diese Häuser auf Rädern. Sie bieten einen gewissen Schutz. Vor allem, wenn man in der Gruppe zeltet. Heringe, wie ein Ankerpunkt, die mein schützendes Dach in der Welt festhalten.

Ich höre Berichte von Menschen, die überwältigt sind von so viel Hilfe und Liebe. Fremde Menschen kommen quer durch Deutschland gefahren, weil sie sich berühren lassen von dem Leid anderer. Bauen ihre Zelte auf unter denen, die Hilfe brauchen. Arme breiten sich aus, wo anderen die Kraft zum Stehen fehlt.
Heringe, die das schützende Dach in der Welt festhalten. Andere Zelte, die unser einzelnes fragiles Zelt schützen.

Und vielleicht, vielleicht ist da doch mehr als sandiger Boden: Die Liebe, die da ist. Trotz allem. Die Liebe, die den Kaffee kocht. Die Liebe, die den ganzen Lebensschutt wegkehrt. Zur Not auch fremden. Das ist kein großer sicherer Fels. Aber es sind viele kleine Heringe, die das Dach festhalten, wenn der große Sturm kommt.

Die Liebe, die Gott unter uns Menschen verteilt.
Mit ihr kochen wir den Kaffee,
Mit ihr halten wir Tränen aus,
Mit ihr schleppen wir den Schutt.

Es ist die Hoffnung, dass da immer jemand ist, der da ist. Der sich berühren lässt.
Von der Liebe. Von Gott – für andere.

Das könnte er dann doch sein. Der Fels.

Und der steht zwar in einer anderen Welt. Aber er ragt in meine Welt hinein. Und auf den will ich bauen. Für mich. Und für die anderen.

Amen.

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pfarrerin Vanessa Bührmann

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Während ich diese Predigt schreibe, stehen mir noch ganz aktuell die Bilder der Flutkatastrophe vor Augen. Menschen, die durch Schlamm waten, übereinanderstehende Autos, vollgelaufene Keller. Geflutete Heimat.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Mich hat die Antwort auf die Frage beflügelt, was denn eigentlich trägt in diesem Leben. Was kann ich Menschen mitgeben, die ihre Existenzgrundlage verloren haben? Was den Menschen, die andere verloren haben, die sie lieben.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Mir scheint, die oberflächlich einfachen Texte sind die, die die größte Herausforderung bergen. Dieser Text ist in erster Linie eine Aussage. Er trägt aber für mich die drängende und existentielle Frage mit sich, was es ganz konkret heißt, auf Gottes Wort zu bauen.

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Den Mut, mich dem Text entgegen zu stellen.

Perikope
01.08.2021
7,24-27