Ich bleibe im Wir - Predigt zu Röm 14,(1-6)7-13 von Julia Neuschwander
Bastian Balthasar Bux ist etwa zehn Jahre alt. In der Schule hat er kaum Freunde. Auch leidet Bastian darunter, dass sein Vater nur wenig Zeit für ihn hat und wenig Verständnis. Was auch noch von Bastian zu erzählen ist: Er liest sehr gerne. Eines Tages findet Bastian in einem Antiquariat das Buch „Die unendliche Geschichte“, ein Buch, das ihn fesselt und nicht mehr loslässt. Auf seiner Suche nach Anerkennung und Abenteuer reist Bastian bald schon in seiner Phantasie in ein fernes Land. Es ist das Land Phantasien, das Land, das das Buch beschreibt.
Der Autor Michael Ende erzählt, wie Bastian dort auf ganz viele, kleine Wesen trifft, die ihn sogleich freundlich und vorurteilsfrei als Fremdling in ihrer Mitte aufnehmen. Erfreut stellt Bastian fest, dass er nunmehr als Gleicher unter Gleichen in ihre Gemeinschaft mit aufgenommen ist. Er ist froh. Endlich gehört er dazu. Hand in Hand lebt er mit ihnen, tanzt mit ihnen, isst mit ihnen, ist einer von vielen im ganz großen Reigen der Gleichen. Alle sind ganz und gar gleich. Endlich ist er Teil eines großen Ganzen, einer harmonischen Gemeinschaft. Ist das nicht ein Glück? Nein, denn irgendwann stellt er erschrocken fest: Im großen „Wir“ verliert sein „Ich“ an Bedeutung. Seine Vergangenheit, seine eigene Geschichte, seine Herkunft, sein Unterschieden-Sein von den freundlichen Wesen – dies alles scheint immer mehr zu verblassen. Ja, womöglich vergisst er sich noch im Hier und Jetzt, umso länger er bleibt! Daher fasst er bald schon einen Entschluss: Er zieht weiter. Gleich morgen früh bricht er auf...
Das besondere Ich
Wie war das noch? Begann nicht auch die neue Gemeinschaft um Jesus einst mit einzelnen, mutigen Menschen? Einzelnen, die den Aufbruch wagten? Einzelnen, die ihre alten Gemeinschaften verließen, um mit Jesus ins Unbekannte zu ziehen? Die sich dazu von ihrer Herkunftsfamilie, dem vertrauten Umfeld lossagten?
Dabei muss oft etwas Altes enden, damit etwas Neues beginnt. Jesus selbst soll – so erzählt die Bibel – bei einem seiner ersten Predigten in der Öffentlichkeit gar die eigene Mutter und seine Geschwister verleugnet haben. Zu denen um ihn herum soll er gesagt haben: „Ihr seid jetzt meine Mutter und meine Geschwister.“. Und sagte sich damit los von alten Gemeinschaften, Herkunft, Tradition und Familie.
In der Geschichte des Christentums entscheidet sich oft eine einzelne dafür, alte Gemeinschaften zu verlassen und neue Wege zu wagen. Da möchte ein einzelner Jesus nachfolgen und somit einen komplett neuen Weg einschlagen, erzählt die Bibel. Allein. Wie bei Bastian. Das Herausbilden des eigenen „Ich“ und die eigene Entscheidung dazu ist dabei so etwas wie eine große Errungenschaft des Christentums: „Du bist Du“, heisst es in einem beliebten Tauflied (Songtext von Jürgen Werth 1976). In der Taufe wird es besiegelt, das ganz Besondere, Individuelle des einzelnen Menschen. Dass ich gerade darin, in meinem Verschiedensein, Anderssein angenommen bin von Gott, so wie ich bin, dass das die Voraussetzung ist zum freien Denken und Handeln. Als Kind, als Jugendliche, als Erwachsene bis zum hohen Alter hin werde ich mit all meinen Besonderheiten ein Leben lang von Gott geliebt, bedeutet mir die Taufe. Gott begleitet mich überall hin in bedingungsloser Liebe und Annahme – sogar noch in den Tod und darüber hinaus. “Gott liebt dich und Gott bleibt bei dir, wohin du auch gehst.“, eine Zusage Gottes an einen jeden von uns ein ganzes Leben lang. Ein Versprechen wie ein Feuer, wie eine Flamme, die wie der brennende Dornbusch niemals verlischt.
Das bedeutet aber auch für mich: Ich brauche nicht unterzugehen im Zwang desselben um mich herum nur um des lieben Friedens willen. Ich kann meinen Mund aufmachen, wenn es unangenehm ist. Ich kann und darf in einer Gemeinschaft, die meinen Grundsätzen nicht mehr entspricht, meine eigene Meinung haben und natürlich auch sagen. Ich kann eine Gemeinschaft auch ganz verlassen, wenn sie mir nicht mehr entspricht, und bleibe dennoch in allem von Gott geschützt und bewahrt. Ganz wie die ersten Christinnen und Christen. Und wie Bastian Balthasar Bux in der Geschichte von Michael Ende, der die Gemeinschaft trotz all ihrer Geborgenheit wieder verlässt, weil er sich als anders und unterschieden, ja, verschieden empfindet und ihm dieses Unterschieden-Sein wert und wichtig ist.
Das besondere Ich im Wir der Gemeinschaft in der Gemeinde in Rom
Zu Paulus' Zeiten, wie es unser Predigttext beschreibt, hatte sich ebenfalls eine neue, bunt gemischte Gemeinschaft in Rom um Christus, den Auferstandenen, gebildet. Die neue Gemeinschaft eine Gemeinschaft der „Herausgerufenen“, wie die Kirche sich selbst damals nannte. Eine so genannte Ekklesia, gebildet durch den Ruf Gottes und die ganz persönliche Entscheidung der einzelnen Person, sich dieser anzuschließen. In der Gemeinschaft der Herausgerufenen war „das neue Ich im Wir“ aber keineswegs ein Selbstläufer: Fragen blieben offen, Zerwürfnisse drohten. Die gerade erst neu gebildete Gemeinschaft um Christus schien schon wieder auseinander zu brechen: Eine jede mit ihrer ganz besonderen Geschichte, ein jeder mit dem jeweils sehr speziellen Hintergrund. Sklaven, Christen, die aus dem Judentum kamen, Christinnen, die vom antiken Umfeld des Kaisergottkults geprägt waren. Verschiedene Menschen mit unterschiedlichsten Ansichten auch und gerade dazu, wie das christliche Leben nun ganz konkret zu gestalten sei. „Jeder und jede sollte zur eigenen Überzeugung stehen.“, schrieb Paulus damals an die Gemeinde in Rom. Und mahnte damit zu wechselseitigem Respekt als Gemeinschaft um Jesus Christus. Dabei ging es Paulus ganz konkret darum, in den einzelnen täglichen Lebensfragen auf den anderen Menschen Rücksicht zu nehmen um Christi Willen. Paulus erinnert noch einmal daran: „Niemand von uns lebt sich selbst, niemand stirbt sich selbst, sondern in Leben und Sterben gehören wir alle zum lebendigen Gott.“ Dabei geht es ihm nicht um ein Gleichmachen, sondern um die verantwortliche Entscheidung des einzelnen. Ich bin als Christ, als Christin in eine Gemeinschaft der Verschiedenen aus den vielen um mich herausgerufen, in eine Ekklesia, die Kirche, eine Gemeinschaft der einzeln Herausgerufenen, gerade nicht in eine Gemeinschaft der Gleichen wie in der Unendlichen Geschichte. Ich werde zum Ich und trete als Ich in ein Wir ein, um weiter Ich zu bleiben. Mein Unterschieden-Sein zu den anderen hat dabei in dieser Gemeinschaft Bestand, bliebt wert und wichtig.
Ubuntu – vom Ich zum Wir zum Ich
Die Grundhaltung des Ubuntu kommt ursprünglich aus dem südlichen Afrika. Das Wort „Ubuntu“ aus den Bantusprachen der Zulu und Xhosa bedeutet in etwa so etwas wie „Menschlichkeit“, „Nächstenliebe“ und „Gemeinsinn“, sowie die Erfahrung, dass man selbst Teil eines Ganzen ist. Ein Mensch ist ein Mensch durch andere Menschen. Ubuntu bedeutet auch: gemeinsam zu Menschen zu werden und sich einander wechselseitig menschlich zu machen. Diese Haltung stützt sich auf wechselseitigen Respekt und Anerkennung, Achtung der Menschenwürde und auf das Bestreben nach einer harmonischen und friedlichen Gesellschaft. Gleichzeitig setzt Ubuntu auf das universelle Band des Teilens, das alles Menschliche verbindet. So hat es Nelson Mandela, südafrikanischer Aktivist, Friedensnobelpreisträger und erster schwarzer Präsident in Südafrika selbst erklärt. Dabei ist es bezeichnend, dass Nelson Mandela die Haltung des Ubuntu ja gerade im damaligen Südafrika auf dem Hintergrund von Rassismus und Rassentrennung eingefordert hat. Es geht ihm darum, die Verschiedenheit des einzelnen Menschen zu achten und gleichzeitig eine verantwortliche, friedvolle Gemeinschaft zu stiften unter weissen und schwarzen Menschen. Das war und ist zweifellos etwas Besonderes unter Menschen, die ja gerade in Südafrika auf viele Kapitel von Gewalt und Unrecht, Leid und Schuld zurückblicken. Nur durch eine Haltung wie Ubuntu kann nochmal so etwas wie Leben, Vielfalt und Reichtum nach Südafrika zurückkehren, sagt Nelson Mandela. Und nur durch Ubuntu kann noch einmal so etwas wie Friede zustande kommen, wenn Menschen im anderen Menschen die Menschlichkeit sehen und sich Menschen gegenseitig zur Menschlichkeit einladen.
Der Widerspruch wird aufgelöst
Wenn ich alte Gräben hinter mir lasse, wenn ich andere gerade in ihrem Anderssein annehme, toleriere und akzeptiere, wenn ich echte Begegnung suche, wenn ich von Mensch zu Mensch meine Meinung aussprechen und hinterfragen kann, dann bin ich auf dem Weg zu Ubuntu. Die Bibel sagt, dann bin ich auf dem Weg zu echter Befreiung. Dann gelingt mir als Christenmensch der dreifache Sprung – zum Ich, zum Wir und wieder zum Ich. Es ist möglich, ein respektvolles „Wir“ zu bilden, wenn ich als Mensch frei in dieses „Wir“ eintrete und ein freier Mensch bleibe in dieser Gemeinschaft.
Martin Luther betonte so gerade die Freiheit eines jeden erlösten, begnadigten Menschen vor Gott, ein Christenmensch, der vor Gott frei ist vor allem Zwang zu guten Werken. Und der gleichzeitig dadurch, dass er selbst angesehen ist vor Gott, wieder anderen aus Dankbarkeit Gutes tut. Martin Luther hat die Freiheit eines Christenmenschen doppelt formuliert, um das freie Ich im verantwortlichen Wir näher zu bezeichnen: „Der Christenmensch ist ein freier Mensch und niemanden untertan. Der Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht und jedem untertan.“ (Martin Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen 1520).
Im Jugendbuch von Michael Ende „Die unendliche Geschichte“ kommen die scheinbar widersprüchlichen Sätze von Martin Luther am Ende zusammen. Beides ist gleichzeitig möglich. Das Paradoxon, der Widerspruch wird aufgelöst. Und zwar durch die Fähigkeit des Bastian, sich zwischen den verschiedenen Welten und den verschiedenen Sichtweisen hin und her zu bewegen. Bastian kann so als einzelner eigenständig und zugleich mit anderen verbunden bleiben. Er hat zu seinem befreiten Selbst gefunden, das er auch in der Gemeinschaft behält.
Das Buch von Michael Ende endet damit, dass Bastian in seine alten Gemeinschaften zurückkehrt. Mit seinen bunten Erfahrungen aus Phantasien ist er in der Lage, neue und andere Beziehungen zu knüpfen und zu leben. Es werden wertschätzende, bereichernde, vielfältige und friedvolle Beziehungen, erzählt Michael Ende, auch und gerade zum eigenen Vater. So sagt der Buchhändler Karl Konrad Koreander in der „Unendlichen Geschichte“ zu Balthasar Bastian Bux, als Bastian schließlich ins Antiquariat, dem Ausgangspunkt seiner Reise, zurückkehrt: „Es gibt Menschen, die können nie nach Phantasien kommen, und es gibt Menschen, die können es, aber sie bleiben für immer dort. Und dann gibt es noch einige, die gehen nach Phantasien und kehren wieder zurück. So wie du, Bastian. Und sie machen beide Welten gesund.“
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Als Christ*innen mutig den Mund aufzumachen und dabei den Wert des jeweils besonderen, anderen Menschen zu betonen ist für mich wertvoller Beitrag der Kirche im Bewahren unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Das Herausbilden des eigenen Selbst in Freiheit und Verbundenheit kann sowohl Thema von Konfirmandinnen und Konfirmanden als auch von Menschen jeglichen Alters sein. Es stellt sich uns in den verschiedenen Lebensphasen immer wieder neu – gerade im Blick auf den anderen und die Gemeinschaft.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Die Unendliche Geschichte von Michael Ende hat mich bei der Predigtvorbereitung inspiriert. Es ist mir sehr eindrücklich geworden, wie der Junge Bastian Balthasar Bux durch seine Reise in das Land Phantasien sein eigenes Selbst herausbildet und nach seiner Rückkehr zu neuen, wertschätzenden und wechselseitig bereichernden Beziehungen findet.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Als getaufte Christin brauche ich nicht unterzugehen im Zwang desselben um mich herum nur um des lieben Friedens willen. Ich kann meinen Mund aufmachen, wenn es unangenehm ist. Ich kann und darf in einer Gemeinschaft, die meinen Grundsätzen nicht mehr entspricht, meine eigene Meinung haben und natürlich auch sagen. Ich kann eine Gemeinschaft auch ganz verlassen, wenn sie mir nicht mehr entspricht, und bleibe dennoch in allem von Gott geschützt und bewahrt. Wie die ersten Christinnen und Christen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Sehr hilfreich und somit weiterführend für mich in der weiteren Bearbeitung war das farbliche Markieren und Titulieren der einzelnen Textabschnitte durch meine Predigtcoach. So war es mir möglich, meine Ideen, Themen und Gedankenschritte zu sortieren.
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17.11.2024 - Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Mit Gott im Gebet per Du - Predigt zu Röm 8,14-17 von Markus Nietzke
Anruf im Büro
Ihr Lieben: Mitten im Arbeitsleben. Eine Angestellte sitzt an ihrem Schreibtisch im offenen Bürobereich eines großen Betriebs. Plötzlich klingelt das Telefon auf ihrem Tisch. Sie erschrickt. Der Ton klingt durchdringend. Er ist nicht zu überhören im sonst eher gedämpften Geräuschpegel des Büros. Sie hebt den Hörer ab und hört die tiefe Stimme ihres Chefs, der sie höflich, förmlich und bestimmt in sein Büro bittet. Sie sagt zu und steht sofort auf. Ihre Schritte klingen leise auf dem weichen Teppichboden, der unter ihren Füßen leicht nachgibt. Sie spürt eine leichte Anspannung in ihrem Körper. Der Geruch von frischem Kaffee, der aus der Büro-Küche herüberweht, beruhigt sie ein wenig, doch ein Knoten im Magen bleibt. Sie fühlt sich nicht wirklich frei. Im Büro empfängt sie das helle Tageslicht, das durch das große Fenster fällt. Die Sonne blendet sie für einen Moment, und sie kann den weitläufigen Betrieb im Hintergrund erkennen. Der Anblick erinnert sie daran, wie viel Verantwortung auf den Schultern ihres Chefs lastet und welche Rolle sie selbst in diesem großen Ganzen spielt. Gedanken schießen ihr durch den Kopf. Hat sie etwas falsch gemacht? Erwartet sie eine neue Herausforderung? Unsicherheit macht sie nervös. Sie riecht den dezenten Duft der Rosen, die in einer Vase auf einem Seitentisch stehen. Sie hört das leise Rascheln von Papieren, während er sich auf das Gespräch einstellt. Sie setzt sich, aufrecht. Sie wird ihre Worte förmlich und mit Bedacht wählen. Sicher spricht sie ihn nicht mit dem Wort „Vater“ oder „Papa“ an. Die Anrede wird förmlich sein. Gespannt wartet sie darauf, dass der Chef ihr eröffnet, warum er sie so bestimmt in sein Büro gerufen hat.
Der Ton macht die Musik
Wir verweilen einen Moment lang im Bild: Welch ein Verhältnis zwischen dem Chef und seiner Angestellten besteht, wird sich an der Sprache deutlich machen. An der Art und Weise, wie andere Menschen mit uns sprechen, kann man schnell erkennen, wes Geistes Kind unser Gegenüber ist. In der Chefetage weht vermutlich am Vormittag im Betrieb ein anderer Geist als am frühen Abend in der Sporthalle schräg gegenüber. Beim Volleyball-Training wird die Angestellte mit Vornamen angesprochen. Man kennt sich. Vertrauen spielt die entscheidende Rolle. Im Eifer des Gefechts wird man sich schon mal ein Schimpfwort an den Kopf werfen. Gerade in einem Spiel gegen eine andere Mannschaft. Da nimmt man sich das nicht krumm, wenn mal scharfe Worte fallen.
Es gibt also einen entscheidenden Unterschied, ob der Chef mit der Angestellten ins förmliche Gespräch geht oder ob zwei Volleyball-Athletinnen freundschaftlich-spontan miteinander Worte wechseln. Nach dem Training sitzt man entspannt zusammen, redet über alles Mögliche, ohne Hemmungen, ohne Angst, einfach freiweg. Im Büro beim Chef ganz anders: Förmlich, die Worte sind eher gesetzt, mit Bedacht gewählt. Zwei Welten, zwei Arten zu reden und zu handeln.
Predigttext
Im Römerbrief werden wir auf eine interessante Weise aufmerksam gemacht, wie wir mit Gott ins Gespräch finden können. Wir lesen:
14 Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 15 Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen Geist der Kindschaft empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! 16 Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. 17 Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, da wir ja mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden.
Erklärung des Predigttextes
Paulus spricht hier von einem Unterschied: Den Unterschied zwischen einem formalen Verhältnis und das Gespräch miteinander und einer tiefen, vertrauten Beziehung.
Gespräche im Büro
Denken wir kurz an das erwartete Gespräch zwischen Chef und Angestellter. Distanz, Respekt und möglicherweise Angst und Unfreiheit sind präsent. Die Angestellte überlegt ihre Worte sorgfältig und achtet auf ihr Auftreten, da viel auf dem Spiel steht. Diese Beziehung ist von Erwartungen und Regeln geprägt. Manche Angestellte haben den Eindruck, sich ständig beweisen zu müssen. Sind sie gut genug, um ihren Job zu behalten? Das frustriert!
Gott als Chef?
Manche Menschen haben so ein Bild von Gott – als ob er ein strenger Chef wäre, dem man es ständig recht machen muss, um nicht aufzufallen oder gar bestraft zu werden. Sie leben in einer Art geistlichen Knechtschaft, immer bemüht, Gottes Gunst zu verdienen.
Paulus zeigt auf, dass unsere Beziehung zu Gott nicht so sein muss – sie kann vielmehr wie die Beziehung zu einem guten Freund oder Vater sein: „…ihr habt einen Geist der Kindschaft empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.“
Vertrautes Gespräch
Während des Treffens mit den Freunden beim Volleyballtraining kann man viel entspannter, lockerer, freier sprechen. Ein vertrauensvolles Umfeld, in dem man offen reden kann und akzeptiert wird, so wie man ist. Solch eine Beziehung basiert auf festem Vertrauen, frei von Unsicherheiten oder Ängsten.
Vertrautes Gespräch mit Gott
Davon spricht der Apostel. Gott bietet sie uns durch den Heiligen Geist an. Wende dich in deinem Gebet mit „Abba“, also „Vater“, an Gott – ähnlich wie unser vertrauliches „Papa“. Es ist ein Ausdruck größter Nähe und Zuneigung. Lebe in dieser Vertrautheit! Mit Gott, sowohl im Alltag als auch am Sonntag! Sprich einfach offen und frei, ungezwungen mit Gott. Dazu macht Paulus Mut.
Knechtschaft der Sünde
Ein Wort im Predigttext stößt auf: „Knechtschaft“. „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen…“. Paulus nutzt diesen alten Begriff, um etwas zu verdeutlichen. Knechtschaft bringt oft Furcht mit sich – die Angst vor Strafe, vor dem Scheitern und im übertragenen theologischen Sinn auch die Furcht vor Gottes Zorn. Aus eigener Kraft sind wir unfähig, gerecht zu werden. Unsere Taten allein verschaffen uns keine Gnade vor Gott.
Geist der Kindschaft gibt Vertrauen
Doch der zweite Teil des Verses bringt etwas zum Leuchten: … ihr habt einen Geist der Kindschaft empfangen“. Durch Jesus Christus sind wir zu Kindern Gottes geworden. Der Heilige Geist gibt uns das Vertrauen, Gott als „Abba, lieber Vater“ anzurufen. Dieses intime Verhältnis zu Gott ist ein Geschenk Gottes an uns. Diese Freiheit klingt in den weiteren Stichworten aus dem Abschnitt im Römerbrief nach: Wir sind Gottes Kinder! Wir sind Erben – ebenso wie Gottes auserwähltes Volk Erbe der Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob ist. Wir hören gemeinsam auf Gottes Wort und seine Verheißungen. Selbst im Leiden und allen Verunsicherungen des Lebens bleibt Gott uns zugewandt – steht uns zur Seite, manchmal „still und unerkannt“. Und doch da. Wir sind durch Jesus befreit zur Liebe Gottes. Dies ist nicht nur auf den Vater bezogen, sondern wirkt sich auch auf die Kinder Gottes untereinander aus. In ihrem Stand als Freie und Erbberechtigte anerkennen sie sich gegenseitig – als Gottes geliebte Kinder.
Als Kind Gottes in der Welt unterwegs
Paulus schreibt an die Römer. Das war keine klassenlose Gesellschaft. Die Statusunterschiede in der Gemeinde, Freie, Rechtlose, Mächtige und Schwache standen allen vor Augen. Der neue Geist, der in der Gemeinde wirkt, befreit aus der Sklaverei von Ungleichheit, Unrecht und Schwäche. Die wichtigste Wirkung des Geistes ist nach Paulus das „Wir“. Alle dürfen Gott gemeinsam anreden als „Abba“, als Vater! Bis heute nehmen wir diesen Faden auf: Wir beten gemeinsam und gern: „Vater unser im Himmel.“ Ist das nicht eine besondere Gemeinschaftserfahrung jenseits aller sonstigen Unterschiede?
Die Frage, „wes Geistes Kind man ist“, bedeutet, wessen Einfluss und wessen Geist in uns wirkt. Wenn wir in der Freiheit der Kinder Gottes leben, wird das auch unser Verhalten im Alltag prägen. Als Chef, als Angestellte und als Volleyball-Spielerinnen.
Bürogespräch
Und wie ging das eingangs genannte Gespräch zwischen Chef und Angestellte aus? Der Chef räusperte die Stimme: „Einer unserer Großkunden rief mich an und fand Ihr Agieren, Ihre guten Worte und das kleine bisschen Extra-Aufwand erneut beeindruckend. Ich danke Ihnen für Ihren Dienst von ganzem Herzen! Ich möchte Ihnen mitteilen, dass sie eine Gehaltserhöhung bekommen!“ – und dabei überreichte er ihr einen Blumenstrauß.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ich denke an eine Angestellte, die zum Chef gerufen wird, und nicht weiß, was sie erwartet. Zugleich ist diese junge Frau eine begeisterte Volleyballspielerin. Ich hoffe damit eine für einige Gottesdienst-Besuchende vertraute oder vergleichbare „Alltagssituation“ einzufangen. An der Art und Weise, wie andere Menschen mit uns sprechen, kann man schnell erkennen, wes Geistes Kind unser Gegenüber ist. In der Chefetage weht vermutlich am Vormittag im Betrieb ein anderer Geist als am frühen Abend in der Sporthalle schräg gegenüber. Im Reden mit Gott ist das Förmliche nicht zwingend. Wir können ungezwungen mit Gott ins Gespräch kommen.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Neue exegetische Erkenntnisse helfen – zum besseren Verstehen des Textes. Man muss nur davon wissen, bzw. ein wenig up-to-date bleiben.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Wes Geistes Kind bin ich? Wie rede ich mit Gott? Wirkt sich die Freiheit der Kinder Gottes auch in meinem Leben durch meinen Sprachgebrauch und Verhalten aus? Diese Gedanken werden mich weiter beschäftigen, im Versuch, möglichst konkret und nah an den Menschen zu bleiben – in meinen Predigten.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Predigtcoaching ist für mich unverzichtbar. Ein neuer Blick auf die Predigt, die Beispiele, die Schlüssigkeit der Gedanken. Dankenswerterweise auch das Benennen von Modalverben – immer wieder eine Predigtfalle, in die ich tapse.
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01.09.2024 - 14. Sonntag nach Trinitatis
12.11.23 - Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
22.01.23 - 3. Sonntag nach Epiphanias
Eine unendliche Geschichte - Predigt zu Joh 6,1-15 von Rudolf Rengstorf
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wenn Jesus von Nazareth ein Mensch war wie wir, dann konnte er fünftausend Mann nicht mit fünf Broten und zwei Fischen sättigen und auch noch für eine ganze Menge Reste sorgen. Das wusste der Evangelist Johannes natürlich auch. Und doch erzählt er diese Geschichte, weil es bei dem Menschen Jesus nicht geblieben ist. Er hat sich als der vom Tod Auferstandene gezeigt. Und damit war klar: Er ist in die Herrlichkeit und Macht Gottes eingegangen. Er ist der Christus, der Retter und Heilbringer der Menschen geworden. Und so haben die Evangelisten von ihm erzählt. Von dem Menschen Jesus von Nazareth, in dem Christus sich ankündigt. Deshalb weisen die Geschichten von Jesus immer über sich hinaus. Sie zeigen, wie das Handeln dieses einen Menschen in die Zukunft hineinwächst und immer mehr Menschen erfasst. Fürs Predigen sind diese Erzählungen geschrieben: dazu also, die Menschen in die unendliche Geschichte Jesu und seiner Leute zu verstricken.
So ist in der Speisungsgeschichte zum einen der Mensch Jesus zu sehen, wie seine Zeitgenossen ihn kannten: Wie aufmerksam er seine Mitmenschen im Auge hatte und wie gern er ihr Gastgeber war. Und zugleich wird deutlich, was von ihm zu erwarten ist, wenn Menschen massenhaft nicht genug zu essen haben. Diese beiden Ebenen werden hier übereinander gelegt und zwar so, dass die Hörenden sich und ihre Zeit darin wiedererkennen können und mithineingezogen werden.
Ich gehe die Geschichte noch einmal mit Ihnen durch. Und wenn Sie bei meiner Auslegung denken: Also eigentlich wollte ich wissen, wie das damals war, und jetzt redet der auf einmal von heute: Genau das ist die Absicht dieser unendlichen Geschichten. Also von vorne:
Jesus ging weg ans andre Ufer des Galiläischen Meeres, das auch See von Tiberias heißt. Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden.
Nach wie vor zieht Jesus in aller Welt viele Menschen zu sich. Weil seine Worte zu Herzen gehen. Weil seine Taten die Welt verändern. So hat er mit seiner außergewöhnlichen Zuwendung zu Kranken und Behinderten den Startschuss für das gegeben, was sich heute alltäglich in Arztpraxen und Krankenhäusern vollzieht. Und mit ihm gelangen auch wir Nichtjuden in die Nähe von Passa, in die Nähe des Gottes, der sein Volk aus der Sklaverei befreit. Er befreit davon, andere Menschen über mein Leben bestimmen zu lassen. Er bringt auf den Weg in das gelobte Land, auf den Weg dahin, wo Leben gelingt und geborgen ist.
Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder auch nur ein wenig bekomme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele?
Jesus sieht die vielen Menschen, die zu ihm kommen, und er merkt sofort: Die brauchen doch erstmal was zu essen. Die Sorge um das leibliche Wohl steht hier noch vor der Aufgabe, ihnen das Evangelium zu predigen. Diakonie kommt nicht erst – wie bei Kirchens üblich – an zweiter Stelle. Sie steht hier noch vor der Verkündigung. Das hat die Hildesheimer Blindenmission, mit der ich mich auskenne, begriffen. Zuerst sorgt sie seit ihrer Gründung vor über hundert Jahren dafür, dass blinde Kinder und Jugendliche in den ärmsten Ländern Südostasiens in ein Zuhause kommen, in dem sie leben und lernen können. Erst dann erfahren sie von Jesus, der die Blinden nicht übersehen hat.
In den Volksmassen, die da auf Jesus zukommen, erkenne ich heute die Menschen, die sich von Hunger und Not getrieben nach Europa aufmachen. Und auch jene, die vergeblich auf Weizen aus der Ukraine und aus Russland warten. Das ist eine schier aussichtslose Lage. Da mag es geboten sein für „alle“– wie es in unseren Fürbittgebeten immer heißt – zu beten. Aber mit unseren begrenzten Mitteln – so sieht es aus – ist da nichts zu machen. Und entsprechend armselig fallen die Kollekten aus. Und dann ist da plötzlich die Rede von einem Kind, das fünf Brote und zwei Fische hat. Ein Kind, das noch nicht gelernt hat, seine Habe zu berechnen und mit ihr zu kalkulieren. Und genau dieses Kind wird zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte von der Speisung der fünftausend. Ich erkenne in ihm die Unbekümmertheit des „Wir schaffen das“. Wir lassen das Rechnen und Kalkulieren und fangen an mit dem, was wir haben. So hat auch Greta Thunberg allein mit ihrem Protestschild angefangen, mit dem sie sich mehrere Wochen während der Schulzeit vor das schwedische Parlament setzte. Unfassbar, was binnen weniger Jahre mit „Fridays for Future“ draus geworden ist!
Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten. Als sie aber satt waren, spricht er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die denen übrigblieben, die gespeist worden waren.
Die Unbekümmertheit des Kindes macht Jesus sich zueigen. Also nichts von wegen: Wir müssen die Leute zurückschicken. Können hier doch nicht die ganze Welt… Nein, erstmal sollen sie sich lagern, zur Ruhe kommen und spüren: Hier sind wir richtig. Hier kümmert man sich um uns. Und die Geschichte, dass die Hungrigen gespeist werden, beginnt. Gott hat dabei unsichtbar seine Hand im Spiel. Hat er doch seine Erde so geschaffen, dass für alle genug da ist und noch mehr. Die ungerechte Verteilung ist das Problem. Und alle, die dagegen angehen, setzen die Speisungsgeschichte fort.
Und das Modell für die gerechte Verteilung ist das, was die christliche Gemeinde damals wie heute kennt und feiert: „Da nahm er das Brot, dankte, brachs und gab ihnen das.“ Das sind die Worte aus der Abendmahlsliturgie, wie die ersten Gemeinden sie auch schon kannten. Hier wird es mit Händen zu greifen, wie diese Geschichte in Bewegung ist, wie sie auf uns zielt, die wir mit der Abendmahlsfeier vertraut sind: Seht, hier wird nicht nur Christus unter uns gegenwärtig. Hier geschieht mehr. Er bezieht uns mit ein in die Speisung der Hungernden in der Welt. Das Abendmahl drängt hinaus über den Kreis der Feiernden. Es will sich bewähren in unserem Leben als als Privatpersonen, als Gemeinde und als Bürger eines Staates, der so lange vom ungerechten Weltwirtschaftssystem profitiert hat.
Als Fernsehzuschauer haben wir die Not der ganzen Welt vor Augen. Da liegt es nahe zu resignieren. Die unendliche Geschichte aber begann damit, dass Jesus angesichts einer hoffnungslos erscheinenden Lage begonnen hat, mit dem, was da war. Und sie setzt sich fort, wo immer Menschen beginnen mit dem, was jetzt dran ist. Einschränken und Verzichten ist jetzt dran, ist unausweichlich, wenn für die nächsten Generationen noch viel übrigbleiben soll. Mit dem beherzten Einschränken und Verzichten auf klimaschädliches Reisen und klimaschädlichen Konsum nimmt die Speisungsgeschichte ihren Fortgang. Sie erhält aber eine Vollbremsung, wenn die Rüstungsausgaben verdoppelt werden. Das mag politisch opportun erscheinen. Im Sinne Jesu Christi ist es in keinem Fall. Auf ihn gilt es zu hören, damit die unendliche Geschichte weitergehen kann. Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ich habe Menschen vor Augen, die im Internet auf diese Predigt gestoßen sind und sie lesen möchten. Unter ihnen sind vielleicht Kolleginnen und Kollegen, die auf der Suche nach Impulsen für ihre eigene Predigt sind.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Zum einen die Entdeckung, dass das Essen auch bei Jesus vor der Moral, die Diakonie vor der Verkündigung steht. Zum andern, dass die fünf Brote und zwei Fische bei einem Knaben zu finden sind und seine Unbekümmertheit ein Schlüssel für das Verständnis der Perikope ist.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Die Speisungsgeschichte verbindet sich mit der Abendmahlsfeier, findet hier ihr fortdauerndes Modell, wirkt über diese hinaus weiter und wird zur unendlichen Geschichte.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Eine bessere Lesbarkeit, weil komplizierte Sätze aufgelöst wurden und der Gedankengang stringenter hervortritt. Ich bin konkreter geworden mit den Beispielen der Hildesheier Blindenmission, Greta Thunberg und den Hinweisen darauf, wie die Geschichte durch uns weitergehen kann.
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S Läbe isch e schlotzer - Predigt zu Röm 6,3-8 von Berenike Brehm
I
s Läbe isch koi schlotzer – so pflegt man hier im Schwäbischen zu sagen. Als „Neigschmeckte“ hoffe ich, dass ich es einigermaßen richtig ausgesprochen habe. Auf Hochdeutsch, was ich besser kann, gibt es eine ähnliche Redewendung: Das Leben ist kein Ponyhof. Beides meint, dass das Leben hart ist. Dass es nicht nur süß und bunt und schön ist. Sondern, dass es schwere Zeiten bereithält. Dass das Leben „Gschäft“ ist. Dass man nicht nur auf der faulen Haut liegen kann, dass man sich die Hände schmutzig machen muss, und es ohne Schrammen nicht auskommt. Trotzdem: Wenn ich solche Sprüche höre, dann denke ich oft: „Spaßverderber“. Oder auch: „Warum denn eigentlich nicht?“
Ok, dass das Leben kein Ponyhof ist, kann ich bei näherem Hinsehen verschmerzen: Denn so ein Ponyhof macht immerhin ganz schön viel Arbeit und Dreck. Was da alles zu tun und zu erledigen ist! Aber so ein großer runder Lolly mit Regenbogenfarben drin – der ist doch was! (Lolly hervorholen und hochheben) Wäre das nicht schön, wenn das Leben genauso bunt und süß wäre? Wenn es einfach voll Genuss und Freude wäre?
II
Aber so ist das Leben nicht. Das wissen Sie – und das weiß ich. Ganz besonders wird einem das an den Rändern des Lebens bewusst: Etwa am Anfang des Lebens. Wenn man ein Neugeborenes auf dem Arm hält und sich fragt, was das Leben ihm wohl bringen mag. Wenn man sich für das neue Leben wünscht, dass ihm kein Haar gekrümmt wird, dass es sich nie eine Schramme zuzieht, oder das Knie aufschürft, dass es im Kindergarten oder in der Schule nie blöde Worte über sich hören muss, nie Angst vor einer Klassenarbeit hat, dem eigenständig Werden oder der Job-Suche. Oder auch, dass das Kind nie etwas ausprobiert, was ihm schadet, und als Heranwachsender nie Liebeskummer erleben muss. All diese Wünsche tragen wir in uns, wenn wir neugeborenes Leben ansehen. Und gleichzeitig wissen wir: s Läbe isch ebe koi schlotzer. Es ist brüchig. Verletzlich. Wir Menschen sind verletzlich. – Und nicht nur das. Wie oft sind wir es selbst, die andere verletzen!
III
Im Leben kommen wir einfach nicht ohne Schmerzen durch. Wir kommen nicht umhin, es auch mal zu versemmeln. Das ist zum einen ganz natürlich: Rückschläge gehören zum Leben dazu. Nur so finden wir heraus, wer wir sind; entwickeln Lebensweisheit und Klugheit. Oder wie die Bibel sagt: Lernen, Gut und Böse voneinander zu unterscheiden. Das Problem ist dabei nur: So sehr Schmerzen auch zum Leben gehören; so sehr es natürlich ist, zu fallen und sich etwas zu brechen; so sehr wir wissen, dass unser Körper nicht unangreifbar ist, sondern uns schnell etwas zustoßen kann; so sehr wir uns bewusst sind, dass unsere Seele im Leben Schaden nehmen wird. Das alles tut einfach richtig weh. Da gibt es nichts kleinzureden. Und so sehr es dazugehört, falsche Entscheidungen zu treffen, die eigenen Worte mal nicht mit Bedacht zu wählen, bei einem Vorhaben zu scheitern; so schnell es auch passiert, nur auf sich zu sehen, und die anderen aus den Augen zu verlieren. Bei alldem machen wir uns schuldig. Da gibt es nichts schönzureden.
Ja, unser Schmerz und unsere Schuld können schwer auf uns lasten. Sie können zwischen uns und dem Leben stehen. Oder in unserem Lolly-Bild: Schmerz und Schuld frieren das Leben ein. Es ist, als umhüllen sie den süßen Lolly mit einer dicken Eisschicht: So dass ich, wo ich doch nur vom süßen Leben kosten will, beim Schlecken mit der Zunge kleben bleibe. Mir noch mehr Schaden zufüge. So dass das Leben eiskalt wird. Verfahren und beängstigend. (Lolly einwickeln/verhüllen)
IV
Es braucht also etwas, das den Lolly auftaut. Etwas, das diese Eisschicht aus Schuld uns Schmerzen schmilzt. Es braucht jemanden, der alles wegräumt, was zwischen uns und dem Leben liegt.
Ich lese aus dem Römerbrief, Kapitel 6, die Verse 3-8:
Ihr wisst doch: Wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, sind einbezogen worden in seinen Tod. Und weil wir bei der Taufe in seinen Tod mit einbezogen wurden, sind wir auch mit ihm begraben worden. Aber Christus wurde durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt. So werden auch wir ein neues Leben führen. Denn wenn wir ihm im Tod gleich geworden sind, werden wir es auch in der Auferstehung sein. Wir wissen doch: Der alte Mensch, der wir früher waren, ist mit Christus am Kreuz gestorben. Dadurch wurde der Leib vernichtet, der im Dienst der Sünde stand. Jetzt sind wir ihr nicht mehr unterworfen. Wer gestorben ist, auf den hat die Sünde keinen Anspruch mehr. Wir sind nun also mit Christus gestorben. Darum glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.
V
Ausgerechnet der Tod soll also die Eisschicht schmelzen? Dass wir mit Jesus sterben, soll der Schlüssel zum süßen, bunten Leben sein? Ist denn nicht vielmehr der Tod gerade das, was uns am meisten vom Leben trennt? Ich denke: Paulus würde uns nicht widersprechen, wenn wir so empfinden; wenn sich unser Innerstes sperrt angesichts der Aussage, dass ausgerechnet der Tod das Leben bringen soll. Denn wir erleben doch, wie Schmerz, der uns belastet, unsere Lebensfreude kleiner und kleiner werden lässt, bis sie irgendwann in uns erstirbt. Wie Schuld, die uns nachhängt, unsere Beziehungen schlechter werden lässt, bis sie irgendwann brachliegen und keine Frucht mehr tragen. Wir erleben doch, wie Schmerz und Schuld unser Leben ersterben lassen.
Genau diesen Tod aber ist auch Jesus gestorben, und, darauf kommt es jetzt an: Er hat ihn überwunden! Das ist es, worauf Paulus hinauswill: Dass Jesus alles getragen hat, was unser Leben ersticken will oder die Lebensfreude in uns gefrieren lässt. Dass er alles weggeräumt hat, was zwischen uns und einem befreiten Leben liegt. (Lolly befreien / Tuch von Lolly ziehen)
VI
Was sich also zuerst so düster anhört – in der Taufe mit Jesus zu sterben –, das ist eigentlich eine wahrhaft frohe und helle Botschaft. Denn es heißt nichts anders als: Wir sind alles Alte los! Durch die Taufe auf Jesu Namen wird von uns gewaschen, wo wir uns schuldig gemacht haben. Wird weggespült, was unserem Leben Schwere verleiht. Ja, Jesus hat das Eis geschmolzen, das uns von der Süße des Lebens trennt! Weder Schmerzen noch Schuld haben jetzt noch Macht über uns.
Darum können wir aus der Gewissheit leben: Was auch immer uns gerade vom süßen und bunten Leben trennen mag: Keine Eisschicht der Welt kann so dick sein, dass wir sie nicht mit Gottes Liebe zum Tauen bringen könnten. Keine Eisschicht kann so hart sein, dass Gottes Vergebung sie nicht schmelzen könnte. Ja, wenn wir getauft sind, so gibt es nichts, was uns noch einmal vom Leben trennen wird. Die Eisschicht auf dem Lolly ist eben nicht unser wahres Leben und unter Schmerz und Schuld wartet schon die pralle Süße des Lebens auf uns. Vielleicht ischs Läbe mit Gott halt doch e schlotzer. Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ein Gottesdienst, der live gestreamt wird, und sowohl in der Kirche als auch zuhause mitgefeiert wird. Die Predigt sollte daher sowohl medial als auch unmittelbar funktionieren. Wir verabschieden an diesem Tag auch zwei junge Menschen aus dem Technikteam, so dass insgesamt mit einem altersmäßig sehr gemischten Publikum zu rechnen ist.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Das Bild vom Lolly, das mich selbst sehr anspricht und an die Süße des Lebens erinnert.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Dass in Jesus alles auf den Kopf gestellt ist, was wir über das Leben zu glauben meinen. Der Tod ist für uns gestorben.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Leider konnte ich das Manuskript aus Zeitmangel nicht zum Coaching einreichen.
Link zur Online-Bibel
Momente, die mich überfordern - Predigt zu Röm 11,33-36 von Karoline Läger-Reinbold
Momente, die mich überfordern
Es gibt Momente, die mich überfordern.
Manchmal, wenn ich mir etwas gönnen will, rufe ich eine Freundin an, und dann gehen wir in diese alte Konditorei. „Das beste Haus am Platz“, wie unsere Mütter früher sagten. Das kleine Café mit großer Tradition. Holzvertäfelte Wände, zierliche Tische und blankpolierte Zuckerdosen. Da, wo die alten Damen ihre Hüte nicht abnehmen, wenn sie bedächtig in der Tasse rühren. Wir suchen uns den besten Platz und an der Kuchentheke haben wir die Qual der Wahl: Walnuss-Marzipan? Käse-Mandarinen-Sahne oder Schwarzwälder Kirsch? Was darf es heute sein? Mehr als ein Stück schaffe ich nicht, und alles schmeckt so traumhaft gut. Die Zuckerbäcker hier sind wirklich große Meister ihres Fachs. Fast andächtig stehe ich davor, minutenlang. Auswahl und Fülle, Schönheit und Duft überfordern mich grad.
Ich weiß: Die Kuchentheke ist ein Luxusproblem. Aber: Sie kennen das auch, oder? Morgens, beim Anziehen, vor dem Kleiderschrank. Oder beim Einkaufen, die Regale voll Shampoo und Duschgel. So viele Farben, viele Möglichkeiten. Es gibt so Momente, da ist das zu viel.
Ich bin überfordert: Da kommt das Kind aus der Schule und weint: Die beste Freundin will nicht mit mir spielen. Gestern war sie so lieb, heute will sie mich ärgern! Ich kann die Welt nicht mehr verstehen. Was kann ich als Mutter, als Vater da tun? Zuhören. Aushalten. Versuchen, zu verstehen und gemeinsam nach Ideen suchen, wie es vielleicht wieder besser wird. Lösungen suchen, für einen Neuanfang.
Es gibt Momente, die mich überfordern. Im Guten und im Bösen auch. Die Ärztin stellt mir eine Diagnose und ich muss entscheiden, worauf ich mich einlassen kann. Tabletten oder erstmal warten, vielleicht noch jemand anders fragen? Oder: Der Chef macht mir ein Angebot für einen anderen Job und ich habe keine Vorstellung davon, ob ich das kann oder will. Ich brauche Zeit und manchmal auf Rat: Was ist hilfreich, was ist richtig, und vor allem: Was passt zu mir?
Am Kuchentresen ist es am Ende leicht. Die Torten sind alle gut, ich vertraue dem Bäcker. Meine Freundin und ich, wir genießen das feine Gebäck und loben die Kunst und den guten Geschmack. Momente von Freude und Dankbarkeit. Für einen kleinen Augenblick ist unser Weltbild mal ganz in Ordnung.
Von den Grenzen des Verstehens
Auch für den Apostel Paulus geht es im Römerbrief um einen solchen Moment des Dankes und des vollkommenen Einklangs. Wer plötzlich die Welt im rechten Licht sieht, der kann nicht anders, als Gott zu loben – selbst dann, wenn er ihn gar nicht ganz versteht.
Wir hören den Predigttext für den heutigen Sonntag:
Römer 11,33-36: O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen«? Oder »wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste?« Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.
Paulus stimmt ein Loblied an, einen Hymnus auf die Weisheit und Erkenntnis Gottes. Vielleicht überrascht es Sie, wenn ich jetzt sage: Auch Paulus war hier überfordert.
Um das zu erklären, hole ich kurz aus: Paulus hat ein Verständnisproblem. Er ist ja wie Jesus als Jude aufgewachsen und tief verwurzelt in diesem Glauben. Mit jeder Faser seines Herzens ist er davon überzeugt: Gott hat Israel erwählt, seine Liebe zu diesem Volk ist unverbrüchlich. Durch alle Höhen und Tiefen ist Gott mit ihnen gegangen, und das gilt bis heute. Warum aber teilen nicht alle, die an Gott glauben, auch die Erkenntnis, die Paulus hat? Nämlich dies: Gott hat sich in Christus gezeigt. Er ist der Herr dieser Welt. Diese Frage, dieses Ringen zieht sich durch den ganzen Römerbrief. Gott hat sich allen Menschen offenbart, den Juden und auch den Heiden, damit alle das Heil finden können. Und dann gibt es da Menschen, die folgen ihm nach, und andere machen es nicht.
Paulus will das verstehen, er will es erklären. Er kennt sich aus mit der Bibel, er zitiert aus der Schrift. Und am Ende gibt es für ihn nur diese eine Erklärung: Gott hat es selbst so gewollt. Gott verfolgt einen heiligen Plan. Ein Konzept, das wir nicht verstehen. Und die Erwählung Israels steht nicht auf dem Spiel, sie ist ewig. Denn am Ende werden alle gerettet sein. Gott aber ist frei. Er geht nicht mit jedem denselben Weg.
Diese Kapitel im Römerbrief sind harter Stoff. Es gibt ungezählte Bücher, die versuchen, zu erklären, was Paulus hier sagt und was er wohl meint.
Für mich persönlich erschließt sich das Ganze nur vom Ende, vom Lobpreis her. Der Seufzer des Grübelns und der Überforderung kehrt sich um in ein tief empfundenes Staunen. Paulus besingt Gottes Größe: „O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!“.
Wo ich gedanklich an meine Grenzen komme, da gibt es mehrere Optionen. Ich kann aufgeben, hinschmeißen und sagen: Alles zu schwer für mich. Ich kann noch einmal anfangen, meine Kräfte sammeln, kann mir Beratung suchen und neue Methoden. Oder ich ändere meine Haltung, so wie Paulus hier, und sage: Da, wo ich gedanklich am Ende bin, da spricht jetzt mein Herz, meine Seele. Da wird aus Fragen ein Lob.
Vom Denken zum Staunen
Heute ist Trinitatis, das Fest der heiligen Dreieinigkeit. Auch so etwas, was mich überfordert, gedanklich an die Grenzen bringt. Gott ist einer – und er ist drei. Wie soll ich das verstehen?
Ich denke an die unterschiedlichen Weisen und Wege, auf denen Gott mir begegnet. Er ist der Schöpfer und Erhalter der Welt, ist Grund und Ursprung aller Dinge, er ist Mutter und Vater für mich. Und er begegnet mir in Christus, seinem Sohn, er ist mein Bruder und Freund. Ein Mensch, der gelebt hat, wie wir. Gott begegnet mir in Geschichten – mal konkret und oft auch sehr abstrakt. Er ist Wärme und Licht, lebendige Geistkraft, befreiend, beflügelnd, pure Lebensenergie. Manchmal erlebe ich Gott wie eine Stimme aus der Vergangenheit - und dann wieder wie eine Umarmung im Hier und Jetzt.
Gott ist unverfügbar und unbegreiflich. Und auch hierüber haben sich Generationen kluge Gedanken gemacht und dicke Bücher geschrieben. Man muss den Verstand nicht abgeben, um an Gott zu glauben. Ganz im Gegenteil: Es lohnt sich, seinen Weg mit den Menschen zu studieren und sein Wesen zu erforschen. Und doch bleibt am Ende etwas, was sich dem Verstand entzieht. Etwas, wofür ich keine Worte habe, aber Bilder, Geschichten, Gefühle.
Und im Laufe meines Lebens habe ich gelernt: Nicht alles, was mir lieb und wichtig ist, werde ich bis ins Letzte durchdringen und verstehen. Da geht es mir vielleicht ein bisschen wie Paulus, und ich wechsle vom Denken ins Staunen, vom Grübeln ins Lob.
Momentan ist da Vieles, was mich überfordert und was mich an die Grenzen des Verstehens bringt. Dass in Europa wieder Krieg herrscht. Dass Menschen einander unaufhörlich Gewalt, so viel Schrecken, Zerstörung und Leid antun. Warum hört das nicht auf? Wo ist Rettung und wo ist Hilfe? All diese Fragen, die Schmerzen dieser Welt bringe ich vor Gott. Meine Ratlosigkeit, meine Klage, mein Mit-Leiden, meine Ohnmacht, meinen Zorn.
Aber es gibt auch Momente der Hoffnung. Die große Hilfsbereitschaft und gegenseitige Unterstützung. Ich halte meine Augen offen für alles Gute, das geschieht.
Und dann ist da die Erinnerung an das, was am Anfang steht: Die Zusage Gottes: Ich bin für dich da. Bin der Anfang und das Ende, das A und das O. Bin in Christus für dich da, heute und alle Zeit. Um Gottes Liebe zu glauben, muss ich sie nicht bis ins Letzte verstehen. Ich sehe ihre Zeichen. Ich spüre sie in der Zuwendung durch andere. Ich schmecke sie in Brot und Wein. Ich sehe sie im Licht des neuen Tages. Wo meine Gedanken ans Ende kommen, da kann ich verstummen, kann ich lauschen und hören.
Gott überfordert mich. Oft. Aber eines bleibt mir gewiss: Seine Weisheit ist groß, seine Wege sind wunderbar. Da ist mehr, als ich fassen kann. Mein Glaube lässt mich staunen, und so ende ich mit Paulus in Lob und mit Dank: „Ihm sei Ehre in Ewigkeit. Amen.“
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
„Trinitatis“ ist ein erklärungsbedürftiges Fest – in diesen Zeiten zumal. Wo finden sich aktuelle Hinweise auf das geheimnisvolle Wirken des dreieinigen Gottes in der Welt?
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Im Römerbrief ringt Paulus um sein Verständnis von Gott und Welt; in den Kapiteln 9-11 geht es um die bleibende Erwählung Israels. Am Ende steht der Lobpreis, das Gebet. Für mich ist das kein Scheitern des Intellekts, sondern die gläubige Anerkennung von Gottes Weisheit und Größe, die sich in Vergangenheit und Gegenwart immer wieder erweisen.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Sören Kierkegaard spricht vom Augenblick als „Widerschein des Ewigen in der Zeit“ – Gott erschließt sich den Seinen immer wieder neu für einen kurzen, stimmigen Moment. Solche Momente gilt es zu feiern.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Der Predigttext ist in die Mitte der Predigt gewandert – für die Hörenden wird es leichter, auf die Worte des Paulus einzusteigen, wenn sie noch frisch im Ohr sind.
Vieles von dem, was uns Theologinnen und Theologen selbstverständlich ist, braucht eine Erklärung in einfachen Worten. Die wichtigste Kontrollfrage für mich lautet: Wozu braucht es gerade hier dieses Wort, diesen Satz?