Gottes Frieden im Herzen - Predigt zu Phil 4,4-7 von Elke Markmann
Liebe Gemeinde,
Ich möchte Ihnen eine Frau vorstellen.
Nennen wir sie Anna. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Kirchengemeinde. Gerade war der Tag des Ehrenamtes. Sie hatte von der Pfarrerin gute Dankesworte gehört für das große Engagement in ihrer Gemeinde. Sie besucht alte und kranke Menschen in der Gemeinde. Wenn sie das Gefühl hat, dass hier und da mal mehr notwendig ist, organisiert sie entsprechend. Was an ihr auffällt: Sie scheint nie schlechte Laune zu haben. Immer ist sie fröhlich. Sie trägt immer ein Lächeln auf den Lippen und beklagt sich nie. Vielmehr erzählt sie immer voller Wärme und Dankbarkeit von den Begegnungen mit Menschen. Mit ihrer fröhlichen Herzlichkeit steckt sie andere an. Nie hat jemand das Gefühl, dass man ihr zur Last fällt.
Wahrscheinlich kennen viele von Ihnen Anna oder Menschen wie sie. Es tut so gut, solchen Menschen zu begegnen.
An Anna musste ich denken, als ich den heutigen Predigttext aus dem Brief an die Gemeinde in Philippi las:
BigS Phil 4, 4-7
4Die ihr in der Gemeinschaft Christi seid, freut euch allezeit, und wiederum sage ich: Freut euch! 5Eure Güte lasst allen Menschen bekannt werden. Nah ist der, dem ihr euer Leben anvertraut habt. 6Lasst euch nicht von Sorgen bestimmen, bringt vielmehr in jeder Lage eure Anliegen in Gebet und Bitte vor Gott, immer begleitet von Danksagung. 7Und Gottes Friede, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Wenn Anna heute fröhlich ihre ehrenamtliche Arbeit in der Gemeinde versieht, ist das kaum zu vergleichen mit den damaligen Zeiten. Die äußeren Umstände, die Lebens- und Glaubensverhältnisse sind völlig anders. Damals lebte die Gemeinde in Philippi in unsicheren Zeiten. Immer wieder liefen sie Gefahr, von den Mächtigen verfolgt zu werden.
Paulus selbst schreibt aus dem Gefängnis heraus an die Gemeinde. Wer von Paulus' Worten begeistert war und nun von seinem Schicksal hörte, konnte verunsichert sein. Aber die Menschen in Philippi scheinen nicht verunsichert zu sein. Sie schicken sogar jemanden zu Paulus, um ihm beizustehen.
Der Brief des Paulus an die Gemeinde in Philippi liest sich in großen Teilen wie ein Liebesbrief. Er könnte auch eine Laudatio sein. Wenn wir beispielsweise Anna für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen würden, könnten wir in Teilen aus diesem biblischen Buch zitieren.
Unser heutiger Predigttext ist aus dem Briefschluss zitiert. Nach ausführlichen guten Ratschlägen und Ermutigungen fasst Paulus zusammen: Freut euch allezeit, und wiederum sage ich: Freut euch! 5Eure Güte lasst allen Menschen bekannt werden. … Lasst Euch nicht von Sorgen bestimmen!
Und dann dieser wunderbare Segen: 7Und Gottes Friede, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Wir kennen ihn als Kanzelsegen am Ende einer Predigt. Ich selbst spreche ihn gern. Von manchen Gottesdienstbesucherinnen und Besuchern habe ich schon gehört, dass ihnen dieser Segen besonders wichtig ist. Nach all den Worten, die wir Pfarrerinnen geredet haben, verweisen wir mit diesem Segen auf Gottes Frieden. Der ist größer als jede Vernunft. Größer als all mein Reden über religiöse, christliche, theologische Inhalte. Über all dem steht Gottes Friede. Für mich bedeutet dieser Segen, dass Gottes Segen ganz unabhängig von meinen Worten und Gedanken in der Predigt zu den Menschen kommt. Ich muss nicht erst etwas mit meinem Verstand durchdrungen haben. Gottes Segen kommt direkt in mein Herz und in meine Gedanken. Durch und mit Gottes Segen gehöre ich in die Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Die Gemeinde in Philippi hatte es nicht immer leicht. In sorgenlosen Zeiten ist es ja einfacher zu vertrauen und sich zu freuen. In schwierigen Zeiten fällt es mir manchmal schwer, die Leichtigkeit und Fröhlichkeit zu bewahren. Manchmal möchte ich lieber über etwas meckern, was nicht gut läuft. Manchmal rege ich mich auf über Menschen. Da gibt es Rücksichtslosigkeit oder Gedankenlosigkeit. Ich erlebe auch Bosheit und Neid. Es gibt so vieles, das es mir manchmal schwer macht, fröhlich und zuversichtlich zu bleiben.
Ich habe Anna einmal gefragt, wie sie das schafft, immer so viel Zuversicht auszustrahlen. Ihre Antwort war so einfach wie genial: „Es ist so viel einfacher, mit Jesus im Herzen zu lieben als gegen ihn zu wettern!“ Sie weiß sich von Jesus geliebt, von Gott begleitet. Ihre innere Kraftquelle, ihr Antrieb ist Gottes Nähe.
Gottes Friede ist höher als alle Vernunft.
Gottes Friede bewahrt unsere Herzen.
Gottes Friede bewahrt unsere Gedanken.
Gottes Friede schenkt uns Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Vielleicht ist es wirklich einfacher, Gott in mein Herz zu lassen als gegen Gott zu wettern? Ich verfalle leider noch oft genug ins Wettern und Meckern. Dabei wäre ich gern viel häufiger so wie Anna. Den Kanzelgruß kann ich mir selbst immer mal wieder als Erinnerung sagen. Es ist eine Form von Achtsamkeit und Selbstfürsorge, sich auf Gottes Friede zu verlassen. Daraus kann viel Kraft erwachsen. So erlebte Paulus es in der Gemeinde in Philippi. Darum schreibt er ihnen eine Art Liebesbrief. Darum erinnert er die Menschen in Philippi am Schluss an Gottes Frieden, der höher ist als alle Vernunft und unsere Herzen und Gedanken in der Gemeinschaft mit Jesus Christus bewahrt.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Gerade vorher hatte ich mir angehört, wie ein Kollege über eine Kollegin klagte, die immer alles schwierig findet und überall Missgunst und Hinterlist vermutet. Andererseits hatte ich eine Frau getroffen, die ähnlich wie Anna in meiner Predigt immer fröhlich und herzlich wirkt. Solche Frauen kenne ich mehrere und finde sie so unendlich wertvoll.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Der Kanzelsegen ist mir im Laufe der Predigt noch wertvoller geworden als er sowieso schon ist. In wieweit kann der Kanzelsegen als Achtsamkeitsübung verstanden werden? Diesen Gedanken fand ich interessant. Kann der Kanzelsegel ein Flügel für meinen inneren Seelenfrieden werden? Bei „Anna“ scheint es so zu sein.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Kanzelgruß als Achtsamkeitsübung immer wieder durchbuchstabieren. Als Merkzettel an den Computer oder in einzelnen Abschnitten immer mal wieder stärken. So möchte ich mehr und mehr wie Anna werden.
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18.12.22 - 4. Sonntag im Advent
Ein Paket für das neue Jahr - Predigt zu Philipper 4,10-13 von Stephanie Höhner
Vorsichtig zieht Paulus die Schnüre auf. Der Duft von Orange und Datteln strömt ihm entgegen. Er faltet das Tuch auseinander und erblickt die Köstlichkeiten: Datteln, Trauben und Walnüsse und das duftende Früchtebrot. Dazu ein Brief von seinen Freunden. Ein Lächelns huscht über sein Gesicht. Auch wenn das Früchtebrot verführerisch duftet, liest er zuerst den Brief. Erst dann gönnt er sich ein kleines Stück und ein paar Weintrauben. Später, als er endlich das Papyrus bekommen hat, fängt Paulus an zu schreiben:
Ich bin aber hocherfreut in dem Herrn, dass ihr wieder eifrig geworden seid, für mich zu sorgen; ihr wart zwar immer darauf bedacht, aber die Zeit hat‘s nicht zugelassen. Ich sage das nicht, weil ich Mangel leide; denn ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie‘ s mir auch geht. Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, Überfluss haben und Mangel leiden; ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.
Doch ihr habt wohl daran getan, dass ihr meine Bedrängnis geteilt habt. Denn ihr Philipper wisst auch, dass am Anfang meiner Predigt des Evangeliums, als ich auszog aus Makedonien, keine Gemeinde mit mir Gemeinschaft gehabt hat im Geben und Nehmen als ihr allein. Denn auch nach Thessalonich habt ihr etwas gesandt für meinen Bedarf, einmal und danach noch einmal. Nicht, dass ich das Geschenk suche, sondern ich suche die Frucht, damit sie euch reichlich angerechnet wird. Ich habe aber alles erhalten und habe Überfluss. Ich habe in Fülle, nachdem ich durch Epaphroditus empfangen habe, was von euch gekommen ist: ein lieblicher Geruch, ein angenehmes Opfer, Gott gefällig. Mein Gott aber wird all eurem Mangel abhelfen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus. Gott aber, unserem Vater, sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Es wird Paulus letzter Brief sein. Vielleicht ahnt er es schon, als er in das Früchtebrot beißt. Es ist ein Liebesbrief an seine Freunde in Philippi. Er schaut zurück und erinnert sich daran, was sie alles miteinander erlebt haben, was sie durchgestanden haben.
Mit dem letzten Päckchen, dem Früchtebrot und dem Brief, sagen die Philipper: Wir denken an dich! Wir haben dich nicht vergessen!
Ein Paket ist mehr als die Summe seiner Teile, mehr als Schokolade und Früchtebrot.
Ich habe zu Weihnachten noch so ein Päckchen bekommen. Unverhofft und darum doppelt so schön. Und ich habe selbst so ein Paket verschickt, gepackt mit selbstgebackenen Plätzchen, dem persönlichen Geschenk und unserer Lieblingsteemischung, mit der wir schon so manchen Nachmittag früher verbracht haben. Ich hoffe, dass das Paket länger in der Seele wirkt als die Plätzchen in der Tüte reichen werden.
Ein Paket ist ein Versprechen: Ich habe etwas für dich. Jemand hat an dich gedacht. Das tut mir in dieser Zeit besonders gut. Weil ich meine Familie und Freunde nicht persönlich treffen kann, ist das Paket umso schöner als Beweis: ich denke an dich.
Heute hat das neue Jahr begonnen. Vor einem Jahr hat noch niemand geahnt: wir sitzen uns heute mit Masken gegenüber und Silvesterparty und Feuerwerk sind ausgefallen.
Heute stehen wir wieder vor 365 neuen Tagen und wissen nicht, was sie bringen werden. Es macht mir Angst, ob es so weiter geht oder noch schlimmer wird. Andererseits fühlt es sich das gut an, weil ich hoffe, dass es besser wird. Und ich bin dankbar für vieles, was schön war im letzten Jahr und was hoffentlich so weiter gehen wird.
Ein neues Jahr bringt Ungewissheit, dieses Jahr noch etwas mehr als sonst.
Darum sehne ich mich nach einem Stück Gewissheit, nach einem Versprechen: Ich bin für dich da, egal, was kommt. Ich sehne mich nach einem Paket voll Gewissheit, dass ich in diesem neuen Jahr nicht vergessen bin.
Ich lese den alten Brief von Paulus, den er im Gefängnis an seine Freunde in Philippi schreibt. Vorsichtig packe ich jeden Satz aus und öffne die Schnüre.
Ich habe gelernt, mir genügen zu lassen, wie‘ s mir auch geht.
Ich denke an Grethe. Sie wurde 87 Jahre alt. Mit elf Jahren vertrieben aus der Heimat in Schlesien, in Niedersachsen in Baracken untergebracht und jeden Tag fast eine Stunde Fußmarsch zur Schule. Grethe beißt sich durch und macht in der Abendschule ihre mittlere Reife nach. Als sie eine Lehre zur Reisekauffrau anfängt, wird sie schwanger und muss zu Hause bleiben – ihr Mann möchte das so. Sie kann sich keine weiten Reisen leisten und verreist darum in Büchern um die halbe Welt. Im Supermarkt blättert sie durch Modezeitschriften und merkt sich die Schnittmuster, die sie dann zu Hause nachschneidert – zu jeder Saison ein neues Kleid.
In den letzten Jahren sind ihre Beine müde geworden, die Schritte wurden schwer und sie blieb am liebsten zu Hause, war gerne allein. Doch es war gut so. Am Ende ihres Lebens hat sie gesagt: Ich hatte ein gutes Leben. Ich kann jetzt gehen. Sie hatte genug und es war gut so. Im letzten Jahr habe ich Grethe beerdigt.
Ich kann niedrig sein und kann hoch sein; mir ist alles und jedes vertraut: beides, Überfluss haben und Mangel leiden.
Ich denke an Mohammad. Über ihn lese ich im letzten Jahr eine Reportage. Er ist in Afghanistan geboren, hat Pharmazie studiert und hatte eine kleine Apotheke. Das Geld reichte für eine schöne Wohnung und Schmuck für seine Frau. Als die Taliban seinen Bruder ermorden, verkauft er alles, was er hat und flieht mit Frau und Sohn. Viele Monate hat er in Moria gelebt, in einem 12 qm großen Zelt. Seine Tage verbringt er mit Warten und Anstehen: für Essen, für Klopapier, für sauberes Wasser. Er ist am Tiefpunkt, sagt er. Als Corona auch das Camp erreicht, wird er Mitglied im Corona Awareness Team und erklärt den Bewohner*innen, wie sie richtig Hände waschen und warum sie Masken tragen sollen. Auf einmal hat er wieder eine Aufgabe, kann seine Fähigkeiten als Apotheker einbringen.
Doch dann brennt das Lager, auch Mohammads Zelt und das bisschen Hab und Gut verbrennt. Viele Tage schlafen sie unter freiem Himmel, bis sie endlich einen Platz im neuen Lager bekommen. Bestimmt wird Mohammad sich auch hier für freiwillige Arbeit melden – wenn sie ihn lassen. Mohammads Leben ist ein Auf und Ab, Hoch sein und niedrig sein. Ich bewundere ihn, wie er das aushält: die Rückschläge, das Niedrigsein. Und ich bewundere seine Kraft, immer wieder aufzustehen, weiter zu machen, um wieder oben zu sein. Als ich von Mohammad lese, spüre ich eine Kraft, die ich auch bei Paulus Briefen spüre. Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.
Doch ihr habt wohl daran getan, dass ihr meine Bedrängnis geteilt habt.
Als ihr mir ein neues Taschentuch gereicht habt, weil meines nassgeweint war.
Als ihr mir die Straßenzeitung abgekauft habt.
Als ihr in Hanau, in Nizza, in Wien und Trier für mich geschwiegen habt, weil ich gestorben bin.
Als ihr für mich den Einkauf gemacht habt, damit ich mich in Geschäften nicht anstecke.
Als ihr auf das Meer rausgefahren seid, um mich im gekenterten Boot zu retten – mich und die vielen hundert anderen Menschen.
Als ihr zu Hause geblieben seid, damit ich gesund bleibe.
Als ihr Masken genäht habt und den Erlös für das Theater gespendet habt.
Als ihr angerufen habt, weil ich niemanden zum Reden habe.
Ich habe aber alles erhalten und habe Überfluss.
Winterjacke und Pullover gesucht, schreibe ich in das Portal von nebenan.de und setze dazu: für unsere beiden Gäste im Kirchenasyl. Keine Stunde später und ich habe drei „Dankeschön“ und sieben Smileys und vier Angebote für Jacken und drei für Pullover. Die Nachbarschaftshilfe ist hier einwandfrei. Ich verabrede mich mit Thomas für den Nachmittag, um bei ihm eine Jacke abzuholen. Unsere Gäste im Kirchenasyl, zwei junge Männer, haben nur T-Shirts und dünne Baumwollpullis. Für die kalten Herbst- und Wintertage reicht das nicht, denn sie helfen uns beim Laub zusammen rechen und Schneefegen.
Thomas hat seine Daunenjacke angeboten. Als er mir die Tür öffnet, liegen neben ihm auch noch ein paar Pullover. Die kannst du auch gerne mitnehmen. Die Pullis und auch die Jacke sehen noch richtig gut aus, maximal vorletzte Saison. Thomas schenkt sie uns. Ich habe so viele Klamotten und trage doch immer nur ein paar Lieblingsteile. Ich bin froh, wenn sie noch gebraucht werden.
Ich bin aber hocherfreut in dem Herrn, dass ihr wieder eifrig geworden seid, für mich zu sorgen; ihr wart zwar immer darauf bedacht, aber die Zeit hat‘s nicht zugelassen.
Vorsichtig klappt Renée den Deckel hoch. Der Duft von Zitrone und Limette strömt ihm entgegen. Für einen kurzen Moment schließt er die Augen und riecht. Der Vollzugsbeamte zieht das Paket weg: Auspacken machen wir! Renée schaut dem Beamten dabei zu, wie er das weiße Poloshirt herausnimmt, die Zartbitterschokolade und die aktuelle Motorsport.
Auf dem Kaffeebecher erahnt Renée ein Foto seiner Liebsten. Als letztes ist da noch das kleine Fläschchen mit ihrem Parfum. Ein Hauch von Zitrone und Limette zieht an Renée vorbei. Das hier können Sie aber nicht mitnehmen, da ist ja Alkohol drin und außerdem leicht entflammbar. Das bleibt hier. Können Sie sich bei der Entlassung abholen. Mit diesen Worten legt der Vollzugsbeamter den Flakon in eine Plastikschale. Renée traut seinen Ohren kaum. Gerade das, was ihm am wichtigsten ist, darf er nicht mitnehmen. Er hätte auf alles verzichtet, auf die Geldscheine zwischen den Zeitschriftseiten und das neue T-Shirt. Aber nicht auf ihren Duft. Darf ich wenigstens mein T-Shirt damit einsprühen? Kopfschütteln gegenüber. Renée versucht, einen letzten Hauch einzuatmen, dann nimmt er seine Sachen und verlässt den Raum.
Renée sitzt seit 3 Jahren und 2 Monaten im Gefängnis. Es sind die glücklichsten Tage für ihn, wenn er ein Paket bekommt. Dreimal im Jahr, mehr lässt das Strafgesetzbuch nicht zu. Seine Freundin bleibt eifrig, für ihn zu sorgen, auch wenn sie damit die einzige geworden ist. Sie findet das, was Renée getan hat scheiße, wie sie sagt, aber sie verlässt ihn nicht. Er hat eine zweite Chance verdient, meint sie. Und so packt sie auch in diesem Jahr wieder ein Päckchen zu Weihnachten. Neben Schokolade und Parfum ist es voll vom Duft: Ich vergesse dich nicht.
Vor uns liegt ein neues Jahr. 365 Tage Ungewissheit. Ich halte das Paket in den Händen, den Brief von Paulus, der sich in einem ganz sicher war: ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.
Das schreibt Paulus, nachdem er in tiefste Tiefen geblickt hat in seinem Leben und himmelhochjauzend sein neues Leben und seine Mission gefeiert hat. Er hat in Tiefen geschaut, die kaum auszuhalten sind. Doch Paulus spürt eine Kraft in sich: Gottes Geist. Der lässt ihn immer wieder nach oben blicken. Und Paulus spürt, dass er nicht allein ist in der Tiefe, in der Verlassenheit der Gefängnismauern. Seine Freunde denken an ihn, schreiben Briefe und schicken Pakete. Für Paulus ist gesorgt durch den, der ihn mächtig macht, all das auszuhalten.
Ich weiß nicht, wieviel ich in diesem neuen Jahr noch aushalten muss. Ich hoffe, dass ich ein Stück Vertrauen von Paulus bekomme für die Tiefen, in die ich blicken werde. Ich halte sein Paket in Händen und die Geschichten von Grethe und Mohammad, von Renée und Thomas. Ich nehme sie mit ins neue Jahr, werde die ein oder andere Geschichte hervorholen, um den Duft zu riechen: ich vergesse dich nicht.
Ich rieche die Gewissheit, wenn wir gleich die vertrauten Zeilen singen: Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Dieser Text stand auch in einem Brief.
Paulus fühlte diese Geborgenheit, als er das Paket der Philipper öffnet. Es war das Versprechen seiner Freunde und das von Gott: Ich sorge für dich. Ich vergesse dich nicht.
Paulus schreibt darauf: Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.
Ich wünsche uns für das neue Jahr, dass wir den Duft dieser Zeilen immer wieder riechen werden.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Hinter uns liegt ein Jahr, das das Leben hier und und weltweit verändert hat. Die steigenden Infektionszahlen machen Angst, die gerade gestarteten Impfungen machen Hoffnung. Und über allem schwebt der Wunsch, dass das neue Jahr besser wird.
Die Menschen im Gottesdienst mussten auf ihre Silvesterfeiern verzichten und das neue Jahr kam leiser als sonst. Eine Nachdenklichkeit liegt auf diesem Tag.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Die Göttinger Predigtmeditation, die Kathrin Oxen dazu für das Jahr geschrieben hat und die Zuversicht, die der Predigttext selbst mitbringt.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Briefe sind mehr als ein beschriebenes Blatt Papier.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Mehr Struktur und Mut, Dinge wegzulassen.
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18.08.2019 - 9. So. nach Trinitatis
Morgens und abends zu lesen - Predigt zu Philipper 2, 1-4 von Claudia Trauthig
I.
Morgens und abends zu lesen –
mit dieser einladenden Selbstaufforderung hat der Dichter Bert Brecht
eines seiner schönsten Gedichte überschrieben.
In diesem kleinen Poem geht es um die große Gewissheit,
geliebt zu sein - und gebraucht zu werden:
Morgens und abends zu lesen.
Liebe Gemeinde,
diese Überschrift kam mir in den Sinn,
als ich den Predigttext für den heutigen Sonntag meditierte.
Wie wäre es,
was würde das mit mir, aus uns machen,
wenn wir ihn am Morgen wie am Abend lesen würden?
Auch in diesem Predigttext geht es darum, dass wir geliebt sind und gebraucht werden.
Dass eine neue, unvergleichlich wertvolle, Einheit entstanden ist, durch die Liebe.
Hören wir gemeinsam den kurzen Abschnitt aus dem 2. Kapitel des Philipperbriefes:
1 Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe,
ist Gemeinschaft des Geistes,
ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit,
2 so macht meine Freude dadurch vollkommen,
dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen,
sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,
4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
II.
Diese Worte stammen von keinem Dichter, sondern aus der Feder des Apostels Paulus.
Bei mir persönlich kommen sie wie verheißungsvolles Morgenlicht an,
das den Schlaf aus den Augen küsst und Lust macht aufs Leben.
Wunderschöne Worte sind in diesen vier Versen versammelt,
wie Perlen an einer Kette aneinandergereiht.
Und sollten wir, Sie und ich, jetzt unser liebstes auswählen,
dann wäre das eine schwere Wahl:
Christus
Trost
Liebe
Gemeinschaft
Barmherzigkeit
Herzlich
Einmütig
Einträchtig
Demut
Dem anderen dienen…
Und - nicht zu vergessen:
FREUDE!
Geht es Ihnen auch so mit diesem Predigttext?
Was denkt Ihr Konfirmanden und Konfirmandinnen?
Vor zwei Wochen seid Ihr hier im Gottesdienst begrüßt worden, habt Eure Bibeln bekommen.
Heute feiert Ihr zum ersten Mal Abendmahl als Konfis.
Als ich in Eurem Alter war,
da haben wir zu solchen christlichen Sprüchen manchmal grinsend gesagt:
Friede, Freude, Eierkuchen.
Eierkuchen ist nichts Handfestes (wie ein Burger zum Beispiel).
Irgendwie war uns das zu „fromm“,
nicht griffig genug - und wir hatten den berechtigten Verdacht der Jugend, dass viele schöne Worte noch lange nichts schön machen,
beispielsweise allen Menschen Brot, Wasser, Sicherheit geben…
Mag sein, wir hatten auch Scheu davor, dass die Worte aus der Bibel unsere Seele doch berühren…
und wir nicht mehr ganz so lässig (ihr würdet cool sagen) in der Gruppe rüberkommen…?
Paulus will nicht lässig sein oder „cool“ wirken.
Aber er teilt mit vielen Jungen und auch nicht wenigen Alten absolut die Erwartung, dass christlichen Worten Taten folgen.
Genau darum geht es ihm hier.
Ziel seines gesamten Briefes sind: Frieden und Freude, erfahrbar, greifbar, gelebt.
Und wie kaum ein anderer weiß Paulus, dass Frieden und Freude mit innerer wie äußerer Arbeit verbunden sind.
Wie kaum ein anderer weiß Paulus, dass es Verzicht bedeutet, Freiheiten einschränkt,
ja sogar das Überleben gefährden kann,
wenn man den Frieden Christi, der der ganzen Schöpfung gilt, in diese Welt trägt.
Wenn man die Freude, die zum neuen Leben in Christus gehört, mit allen teilen will.
Machen wir uns klar:
Als Paulus diese Sätze schreibt,
sitzt er im Gefängnis, wahrscheinlich in der Hafenstadt Ephesus.
Es ist vermutlich Winter, 54/55 nach Christus.
Paulus weiß nicht, wie sein Prozess ausgehen wird, ein Todesurteil ist möglich.
Paulus weiß erst recht nicht, dass aus der als winzige Minderheit lebenden Christengemeinschaft, einst eine Weltreligion, die größte, wird.
Doch Paulus weiß, dass es nur einen Weg zum Leben, zur vollkommenen Freude geben kann:
Den Weg Christi.
1 Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit,
2 so macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,
4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Für Paulus und die Christenmenschen seiner Zeit ist das etwas ganz Handfestes – wenn auch kein Burger.
Es ist:
Brot und Wein und Wasser und Fisch und eine Decke für die Nacht, eine Salbe gegen die Wunde, eine Umarmung gegen den Kummer und ein Lächeln gegen die Angst, der Friedensgruß für jeden Nächsten. Es ist: Da Sein und Zuhören und alle Grenzen überwinden. Es ist Einander Vertrauen und Vergeben… Es ist: Liebe.
Seht, wie sie sich lieben!
hat der römische Philosoph Celsus schon bald nach Christi Tod über uns Christenmenschen gespottet.
Seht, wie sie sich lieben.
III.
Ja – Paulus will, dass man diese Liebe sehen kann und ermuntert unaufhörlich dazu.
Christus, so spürt er, gibt ihm die nötige Kraft.
Christus hat ihn zuerst geliebt, ihn und uns alle.
Als er diese Zeilen schreibt, hat er Besuch von einem christlichen Freund aus Philippi.
Dieser hat ihm Geschenke, Gaben des Trostes, mit ins Gefängnis gebracht.
Paulus freut sich, sehr, aber seine vollkommene Freude ist die Einheit in Christus, zu der er alle Schwestern und Brüder in Philippi ermutigen will.
Weil Christus sie eröffnet, ist diese Einheit längst da.
Im Heiligen Geist.
Doch weil wir Menschen sind,
auf dieser Erde weiterleben,
auch wenn wir das Reich Gottes bekennen und suchen,
ist diese Einheit, ist diese Freude unter uns noch nicht: vollkommen.
Und wie Paulus sind auch wir immer wieder:
selbstbezogen und rechthaberisch,
kleinlich und abweisend,
misstrauisch oder gar auf Krawall gebürstet.
Zwei Nachbarn fallen mir dazu ein.
Nennen wir sie mal:
Moritz und Philipp.
Vor langer Zeit haben sie sich zerstritten und könnten den Anlass gar nicht mehr benennen oder kämen schon darüber ins Streiten…
Es fing mit dem Garten an.
Nein, mit den Mülltonnen.
Eure Gäste, die unsere Einfahrt zugeparkt haben.
Nein, eure Kinder, die unsere nicht mitspielen lassen.
Aber, das ist noch lange kein Grund nicht zu grüßen!
Wieso, wir grüßen immer, ihr aber nicht.
Liebe Gemeinde,
wir blenden uns hier kurz aus und spüren:
da ist „Dampf im Kessel“.
Da haben sich zwei so richtig ineinander verknotet.
Da verhalten sich zwei schlicht kindisch und eben nicht wie Kinder des lebendigen Gottes, Brüder in Christus.
…in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,
und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient?
Nun stellen Sie sich vor…
Diese zwei sind am Sonntag im Gottesdienst.
Philipp geht meistens, Moritz sieht er sonst nur an Weihnachten.
Doch Moritz‘ Schwiegermutter ist gestorben, und er begleitet seine Frau wegen der Abkündigung.
Ausgerechnet heute ist Abendmahl.
Ach, du Schreck, da geh ich nicht, denkt Moritz gleich.
Aber dann…, spricht ihn der Gottesdienst an und er denkt:
Wieso soll ich jetzt wegen Philipp nicht gehen?
Ziemlich ähnlich verläuft es auch bei diesem.
Doch dann passiert etwas, mit dem sie nicht rechnen konnten:
Wegen zwei Frauen im Rollstuhl, die unerwartet doch nach vorne kommen, weist der Pfarrer ausgerechnet Philipp in die einzige Lücke neben Moritz.
Gesenkten Hauptes stellen sie sich neben das andere Ehepaar.
Heute wird der Kelch von einem zum anderen weiter gereicht.
Nur zwischendurch nehmen Pfarrer und Kirchengemeinderätin ihn zu sich und die Messnerin reinigt und wechselt aus.
Hoffentlich passiert genau das, wenn ich dran bin, denkt Philipp.
Was mache ich, wenn der mir den Kelch reicht, grübelt Moritz.
Oder wird er sich womöglich verweigern?
Beiden klopft das Herz.
Kelch des Heils für dich
sagen alle.
Nun ist Philipp dran.
Und Moritz dreht sich langsam um.
Die beiden sehen sich an.
Philipp spricht und reicht und Moritz nickt und trinkt,
und dann fassen sie sich wahrhaftig kurz darauf an den Händen,
gehet hin im Frieden,
und dem Pfarrer fällt auf, dass die beiden Männer viel leichtfüßiger zurückgehen -
und wundert sich.
Vielleicht
schafft es Philipp hinterher sogar, mit seiner Frau Beileid auszusprechen. Vielleicht gelingt es Moritz zu sagen: Habt Ihr heute schon etwas vor? Sollen wir nicht einen Kaffee trinken oder das Spiel gemeinsam schauen?
1 Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit,
2 so macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,
4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Liebe Gemeinde,
morgens und abends zu lesen und zur Stärkung das Abendmahl feiern,
das könnte es sein…
Papst Leo I, der Große, hat schon im 5. Jahrhundert verstanden:
Die Teilnahme am Leib und Blut Christi will nichts anderes
als dass wir uns in das verwandeln, was wir empfangen.
(werkstatt, 193)
Liebe
Gemeinschaft
Trost
Barmherzigkeit
Freude
…..
Oder was immer Ihr oder Dein Lieblingswort,
Deine heutige Sehnsucht ist.
Das Heilige Abendmahl will uns in das verwandeln, was wir empfangen.
Amen
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Zur gar nicht so selbstverständlichen Einmütigkeit - Predigt zu Philipper 2, 1-4 von Andreas Pawlas
Liebe Gemeinde!
Was soll man zu einem solchen Predigt-Text noch sagen? Es ist da doch wirklich alles gesagt! Damit ist uns doch ganz deutlich mitgegeben, wie wir hier im Lande und in unseren Gemeinden miteinander leben sollen. Müsste darum jetzt nicht einfach ein kräftiges „Amen“ folgen?
Vielleicht ist das auch für manchen Gottesdienstbesucher genau das Richtige. Ja, wohl dem, der so ganz direkt von Gottes Wort angeregt und bewegt ist und es „hören und bewahren“ kann.
Aber deshalb müssen es ja nun die anderen, die durch dieses Bibelwort auch so etwas wie Denkanstöße bekommen könnten, nicht schlechter haben. Denn man könnte doch zum Beispiel fragen, aus welchem Grunde der Hl. Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Philippi solche an sich selbstverständlichen Ermahnungen mit hineingeschrieben hat.
Ja, dass natürlich solche Ermahnungen für uns heutige Menschen mit unseren vielen Streitigkeiten erforderlich oder sogar notwendig sind, darüber brauchen wir ja gar nicht zu reden. Aber weshalb denn nun solche Ermahnungen in der ersten Christenheit, am strahlenden Anfang der christlichen Gemeinschaft, am lebendigen Beginn des Göttlichen Wirkens im Neuen Gottesvolk? Wie viele unter den Gemeindegliedern damals in Philippi oder in den anderen Gemeinden, in denen dieser Brief weiter verlesen wurde, mögen Jesus noch selbst gehört, ihn berührt, mit ihm gegessen haben, seine Kreuzigung miterlebt haben? Wie viele unter den Gemeindegliedern damals in Philippi oder in den anderen Gemeinden mögen dann Jesus als dem Auferstandenen direkt begegnet sein oder sogar wie der ungläubigen Thomas selbst vor ihm auf die Knie gefallen sein? Wie sollte man dann noch Ermahnungen brauchen, wie man als Christenmenschen miteinander leben soll? Das ist doch einfach unvorstellbar!
Oder ist das alles einfach ganz anders? Sollte es etwa, selbst wenn man ganz fest im Glauben steht, dennoch nötig sein, sich ermahnen zu lassen, den Trost der Liebe und die Gemeinschaft des Geistes zu suchen, sich um herzliche Liebe und Barmherzigkeit zu mühen eines Sinnes, einmütig und einträchtig zu sein, was ja den Apostel so gefreut hätte?
Und dann werden ja diese Ermahnungen noch ergänzt um Weisungen, die uns doch immer vor Augen stehen, wenn wir an das gegenwärtige schwierige Zeitalter denken, nämlich: Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Ja, das weiß doch jeder, der auch nur ein bisschen genauer auf das Leben in diesem Zeitalter schaut, was für eine wichtige Ermahnung das für uns alle heute ist. Heute, wo so viele von Ehrsucht getrieben oder korrupt sind, wo es so wenige gibt, die den andern höher als sich selbst achten, wo Raffsucht und Gier - „Geiz ist geil!!!“ - als Parole ausgegeben werden und darum so viele vor allem auf das Eigene schauen und eben nicht auf das, was dem andern dient.
Aber, soll das nun stimmen, dass wir uns als Hintergrund für die ganzen Ermahnungen aus unserem Bibelwort auch eine solche heutige Lebensart für die damalige Zeit vorstellen müssen? Aber wäre das nicht schlimm? Wäre das nicht richtig enttäuschend? Sollte denn da der christliche Glaube keinen Fortschritt und keine Verbesserung gebracht haben oder bringen können? Das können wir uns doch überhaupt nicht vorstellen. Denn wir sind es doch so gewohnt: wenn irgendeine Verhaltensweise nicht stimmt oder wenn man Fehler macht, dann gibt es nicht nur einen Rüffel, sondern dann ist Training angesagt. Und nach einer Weile hat man das Fehlverhalten beseitigt.
Ja, so meint man das heute. Deshalb gibt es ja auch bei üblen Verkehrsverstößen eben Nachschulungen in den Fahrschulen. Und so gibt es auch etwa bei bestimmten Gesetzesverstößen vom Gericht Auflagen, soziale Arbeit abzuleisten, damit man gebessert wird. Oder entsprechend gibt es bei manchen Fehlern am Arbeitsplatz Supervision oder eine Schulung, ein „Coaching“, und dann sollte alles wieder laufen. Aber nun sind das doch alles keine Neuigkeiten. Diese Verfahren kennt man doch schon seit Menschengedenken! Und warum sollten nun derartige Verfahren über die Jahrtausende nicht haben helfen können, dass wir eines Sinnes, einmütig und einträchtig sind?
Aber vielleicht kann und muss uns diese Erfolglosigkeit unserer Bemühungen etwas ganz Anderes sagen: Denn könnte die Botschaft nicht sein, dass dadurch eindeutig offen gelegt wird, wie weit wir Menschen immer wieder von dem entfernt sind, was wir nach Gottes willen sein sollen und dürfen? Könnte darum die Botschaft nicht sein, mit was für einem gewaltigem Graben wir hier eigentlich zu tun haben? Wie harmlos ist dafür der traditionelle Ausdruck „Sünde“, an den wir uns doch einigermaßen gewöhnt haben und den wir vielleicht deshalb auch gar nicht mehr richtig ernst nehmen. Ja, offenbar sind es abgrundtiefe Unterschiede zu dem, was wir nach Gottes willen sein sollen und dürfen und dass wir Menschen immer noch und immer wieder Wegen finden, alles nach der eignen Nase zu machen und eifrig auf das Eigene zu sehen, und nicht auch auf das, was dem andern dient. Das scheint eben richtig zu uns zu gehören: Erster sein! Bester sein! Den größten Spaß haben! Das meiste Geld haben! Die größte Macht haben, am besten noch Macht über viele viele andere. Und das ist offenbar nicht nur Parole der heutigen Zeit, sondern genauso Parole in der Welt der ersten Christenheit! Unsere Historiker berichten, dass damals die Sittenlosigkeit und korrupte Verderbtheit aller Welt einfach maßlos war!
Kein Wunder, dass dieses Übel auch mit Macht vor der Tür der ersten Gemeinden stand und in sie hineindrängen wollte. Im Neuen Testament wird ja nicht nur von Judas berichtet, sondern auch von Simon Magus, Hannanias und Saphira und noch von manchen mehr, bei denen dieses Übel sich dann doch Eingang erzwungen hatte. Aber warum konnte die damalige Umwelt die ersten Gemeinden insgesamt dennoch als ganz anders und ganz besonders wahrnehmen? Warum konnte es dann doch passieren, dass es für die meisten ersten Christen mit einem Male nicht mehr darauf ankam, Erster und Bester zu sein, den größten Spaß, das meiste Geld und die größte Macht auf dieser Welt haben zu wollen?
Achtung, die entscheidende Betonung liegt auf der Ortsbestimmung „auf dieser Welt“. Wenn ich eben durch die Worte Jesu lebendig habe erfahren dürfen, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist; wenn ich durch den Lebensweg Jesu wirklich begriffen haben durfte, dass auch mein Lebensweg, weil ich doch zu ihm gehöre, nicht auf dieser Welt vollendet wird, sondern im Reich Gottes; wenn mir durch die Auferstehung Jesu endlich hat klar werden können, dass alle Mächte und Gewalten dieser Welt nur vorübergehend und vorläufig sind, und ich aber bis auf alle Ewigkeit zu Christus in seiner Lebenswelt gehöre, warum sollte ich dann auf dieser Welt nicht anderen in Demut den Vortritt lassen können? Warum sollte ich dann etwas aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen tun? Das wäre doch vollkommen widersinnig!
Viel wichtiger wäre es doch angesichts der bockigen Natur von uns Menschen, uns immer wieder freundlich und liebevoll an diese großartige Perspektive zu erinnern, die uns durch Christus eröffnet ist. Das ist das, was der Apostel mit der Ermahnung in Christus, dem Trost der Liebe, und der Gemeinschaft des Geistes meint.
Aber wie kommt da mit einem Male in diesem Bibelwort herzliche Liebe und Barmherzigkeit ins Spiel?
Das zielt doch auf den Inhalt dessen, was uns von Christus und vom Reich Gottes her erwartet. Und das ist eben nicht so etwas, wie es uns in der Volksüberlieferung immer so gern als Paradies dargestellt und breit ausgemalt wird. Sicherlich haben wir alle die Bilder vor Augen, in denen einem in einem wunderschönen Garten gebratene Tauben in den Mund fliegen. Aber von so etwas habe ich in der Bibel noch nie gelesen,
Immerhin mögen solche Bilder ein schlechtes Gleichnis dafür sein, dass im Reich Gottes alle diese Alltagsnöte, die sonst so viel Gewalt über uns haben, wie Hunger oder Durst, ihre Macht über uns verloren haben. Viel entscheidender ist aber, dass die viel umfassenderen Bedürfnisse, die sonst noch viel mehr Gewalt über uns haben, wie der Durst nach Leben und Liebe, nach Anerkennung und Geborgenheit, ihre Macht über uns verloren haben. Warum?
Genau das haben wir doch von Jesus Christus hören dürfen und genau das darf seine Gemeinde immer wieder bezeugen: Weil Gott Liebe ist und darum alles mit seiner Liebe erfüllt und alles in seiner Liebe vollendet!
Und dass Gott so Menschen in sein ewiges Reich aufnimmt und mit Liebe durchdringt, das passiert dann nicht nur ab und zu mal, das geschieht dann nicht nur für diejenigen, die brav waren, nicht nur für die Perfekten und die Gelobten, sondern gerade auch für die zu kurz gekommenen, gerade auch für die Schuldigen, gerade auch für die Geschändeten, gerade auch für die Betrogenen, gerade auch für die Hoffnungslosen.
Wenn sie alle Christus glauben und ihm vertrauen, dann werden sie das alles schauen und staunen. Dann werden sie erfüllt von der Liebe Gottes - etwas schon jetzt und bestimmt und überreichlich in Ewigkeit. Müsste darum nicht einfach schon jetzt etwas von dieser herzlichen Liebe und Barmherzigkeit in der heutigen vorläufigen, irdischen Gemeinde Jesu Christi zu spüren sein?
Ja, so sollte es sein. Damals wie heute. Aber wir können das nicht erzwingen, sondern nur demütig unseren Gott darum bitten - und dann aber schon jetzt in Einmütigkeit und in dankbarer Erwartung darauf hin leben. Was ist das für ein Band, das uns eint: Christus mit uns, uns untereinander, und das jetzt und in Ewigkeit! Amen.
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Das große Projekt „eines Sinnes“ zu sein vs. unsere Befindlichkeiten - Predigt zu Philipper 2, 1-4 von Thomas Volk
Liebe Gemeinde,
stellen Sie sich vor, Sie würden in einem Liegestuhl liegen und könnten sich dabei so richtig entspannen, weil die letzten Wochen vor der Sommerpause Ihnen einfach viel abverlangt haben.
Die eigene Befindlichkeit auf die Probe gestellt
Wie auch immer Sie sich im Liegestuhl vorfinden - den Zustand, in dem man sich “findet”, nennt man auch Befindlichkeit. Unsere Befindlichkeit gewinnen wir - und nur wir selbst - durch unsere innere Wahrnehmung, aus unserem Empfinden, auch aus unserem Gefühl.
Man kann sich gut fühlen, entspannt, froh und heiter. Man kann aber auch spüren, dass da noch etwas ist, was unsere gute Stimmung erheblich dämpft.
Ich kenne kaum einen Menschen, dessen Befindlichkeit gerade in den Wochen vor der großen Sommerruhe nicht auf eine große Probe gestellt wird.
Was war das für ein Gezänk bei der letzten Mitarbeitersitzung vor den Ferien? Eigentlich wollten wir uns nur austauschen, wie das letzte halbe Jahr gelaufen ist, aber dann ist das eine zum anderen gekommen und am Schluss gab es wieder die Grabenkämpfe.
Beim Gemeindefest haben wieder nur dieselben mitgemacht und die anderen haben nur gemosert, dass nichts Neues angeboten worden ist.
Und zu Hause haben sich alle wieder auf Sie verlassen und niemand kam auf die Idee, dass das alles zu viel für Sie sein könnte.
Wer dankt mir, dass ich meine Zeit und Kraft gegeben habe? In der Kirchengemeinde, in der Familie, im Verein oder im Beruf?
Kein Wunder, dass viele vor den Sommerferien entgegnen: „Ich möchte am liebsten nichts mehr hören und sehen. Sollen die anderen machen, was sie wollen. Ich will nicht mehr. Ich brauche Zeit für mich. Abschalten. Entspannen. Erholen. Im Liegestuhl oder an einem anderen Lieblingsplatz.“
Worte mit Weitblick
Beim heutigen Bibelabschnitt könnte man den Eindruck haben, als ob unsere Befindlichkeiten keine Rolle spielen und wir unentwegt ehrenamtlich tätig sein müssten. Aber darum geht es dem Apostel Paulus, von dem die folgenden Verse stammen, gerade nicht.
Wir brauchen eine Auszeit! Wir haben uns erholsame Tage im Liegestuhl verdient! Und es ist schön, wenn man den Hochsommer mit seiner Wärme und der schönen „Garten Zier“ (EG 503,1), genießen kann.
Aber dann - so verstehe ich die Worte aus dem 2. Kapitel des Philipperbriefes - sind wir wieder eingeladen aus unserer Komfortzone herauskommen und uns froh den Menschen und der Welt zuwenden.
Paulus schreibt:
1 Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit,
2 so macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,
4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Der große Traum des Paulus
Die wenigstens Menschen, die diese Worte als erste gehört haben, wurden nach ihren Befindlichkeiten gefragt. Philippi war eine römische Militärkolonie. Der Alltag bestand darin, dass die einen Befehle gegeben und die anderen gehorcht haben.
Wie wohltuend ist da die christliche Botschaft gewesen, die der Apostel Paulus den Philippern gebracht hat: Nicht mehr: „Alles hört auf mein Kommando!“ Sondern: „Seid eines Sinnes“ (V.2).
„Eines Sinnes“ zu sein meint ja gerade nicht, sich an einem Befehl zu orientieren oder einem bestimmten Fraktionszwang zu unterliegen.
„Eines Sinnes“ zu sein - das hat für Paulus mit Christus zu tun. Christus hat sein Leben nicht in der göttlichen Komfortzone - fernab der Welt - gelebt, sondern ist da hingegangen, wo Menschen in ihrem Alltag kaum über die Runden gekommen sind und auch nicht groß gefragt wurden, wie es Ihnen gerade geht und ob nicht dieses oder jenes zu viel sein könnte.
Paulus führt das in den Versen nach unserem Abschnitt noch weiter aus, dass Christus sein Leben „oben im Himmel“ zugunsten eines Lebens „unten auf der Erde“ für andere aufgegeben hat (vgl. Philipper 2,5-11).
Wenn Paulus schreibt: „Seid eines Sinnes“ und: „… ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient“ (V.4), dann hat er Christus vor Augen. An seinem Vorbild sollen sich Christen orientieren. Deshalb ist der Aufruf des Apostels zu einem gemeinsamen Sinn kein Ruf in die Einförmigkeit, sondern der Ruf in die Gemeinschaft.
Wir können uns heute eigentlich gar nicht mehr vorstellen, was das für eine ungeheure neue und gleichzeitig wohltuende, befreiende Botschaft für die Menschen damals gewesen ist. Denn wie anders sind die griechischen Götter gewesen. Sie wollten von den Menschen verehrt werden, waren aber alles andere als Vorbilder. Und so macht Paulus den Christen in Philippi, der ersten christlichen Gemeinde auf europäischem Boden, Mut, an diesem neuen großen Projekt weiterzumachen. Weil es so möglich wird, dass Menschen sich das Leben leichter machen, indem sie ihre Sorgen teilen und einander helfen, den Alltag zu bestehen.
An diesem Traum mitarbeiten
Gerade das hat doch Christen in den all den Jahrhunderten ausgezeichnet. Nicht nur die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen oder das Meiste für sich herauszuholen, sondern auch den Blick auf die anderen einzuüben (vgl. V.4).
Es ist der große Wunsch des Apostels, dass auch wir heute an diesem Traum mitarbeiten.
Und vielleicht kommen uns ja heute Nachmittag, wenn wir vielleicht im Liegestuhl liegen, auch diese Gedanken: Unsere Sitzungen waren nicht nur anstrengend. In unseren Sitzungen hat es nicht nur Befindlichkeiten gegeben. Wir haben auch etwas geschafft, bewegt, erreicht. Für unsere Kirchengemeinde. Für die Menschen, die in Not gewesen sind. Wir haben ein Stück Hoffnung gegeben. Wir haben Zeit geschenkt. Wir haben andere für eine kurze Zeit aus ihrer Einsamkeit herausgeholt.
Und uns selbst hat es auch gut getan, dass wir gefordert waren und dass wir diese eine Sache zu einem guten Ende gebracht haben. Und nebenbei haben wir vielleicht die eine oder andere Person aus unserer Gemeinde ein Stück näher kennengelernt und Freundschaft geschlossen. Das haben wir nur geschafft, weil wir „eines Sinnes“ gewesen sind.
Auch wenn wir im Moment einfach nicht mehr können und unbedingt eine Pause brauchen: Wir gehören dieser Gemeinschaft an, ohne die christliches Leben heute nicht zu denken ist. Wir sind ein Teil des Ganzen. Auf uns kommt es an. Auf uns, denen Christus und nicht das Gerede der anderen wichtig ist.
Wenn wir weiter überlegen, dann kommt uns sicher auch in den Sinn, dass wir nicht nur gegeben, sondern auch etwas bekommen haben: Wer hat uns nicht alles gedankt? Auch unser Selbstbewusstsein ist gewachsen, weil wir etwas organisiert und in die Wege geleitet haben. Wir haben uns mit anderen Menschen verbunden gefühlt und richtig gespürt, dass wir „eines Sinnes“ gewesen sind, „gleiche Liebe“ hatten, „einmütig und einträchtig“ gewesen sind (vgl. V.2)
Nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen tun
Und wer von uns meint, alles hinwerfen zu müssen oder wer denkt, nicht genügend bedacht worden zu sein, dem hat Paulus schon damals vor Augen gehalten: „Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst“ (V.3).
Wir helfen doch aus christlicher Überzeugung und nicht etwa um vor anderen groß dazustehen oder um uns selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Und wir wollen an diesem großen Gemeinschafts-Projekt mitarbeiten, das ein absoluter Gegenentwurf zu unserer „Immer größer, immer weiter, immer reicher“ Mentalität ist.
Und dann gibt es unter Christen immer noch das große Zauberwort, das alles andere toppt: „Es heißt: „Miteinander reden!“ Menschen, die „gleichen Sinnes“ sind, können das: Miteinander reden. Befindlichkeiten ansprechen. Unstimmigkeiten ausräumen. Und spüren, wie befreiend es sein kann, wenn man eine Meinungsverschiedenheit geklärt hat. Das ist nichts anderes als eine konkrete Umsetzung der Worte: „dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid“ (V.2).
Und haben Sie gewusst? Viele Brautpaare wünschen sich in den letzten Jahren gerade diesen Vers als ihren Trauspruch, weil sie sich eben das vornehmen. Ich möchte immer meine Frau / meinen Mann im Blick haben, und gerade nicht meine Bedürfnisse in den Vordergrund stellen. Und wenn das der / die andere ebenso tut, dann ist es wunderbar zu erleben, wie eine Atmosphäre geschaffen wird, in der man sich wohlfühlen und aufblühen kann. Immer wieder neu.
Raus aus der Komfortzone
Ob wir uns entspannt im Liegestuhl sehen oder angespannt - es ist der große Wunsch des Apostels, dass wir nach der Sommerpause wieder raus kommen aus unserer Komfortzone.
Zum einen, weil das Sozialgefüge in unserem Land immer mehr in Schieflage gerät, wenn die, die etwas geben können, es einfach nicht tun.
Zum anderen, weil es längst an der Zeit ist, mit einem Bild von Kirche aufzuräumen, das immer noch in den Köpfen mancher Zeitgenossen herumschwirrt: Kirche ist nicht die Gemeinschaft der Menschen, die nach außen so perfekt und fehlerlos wirken, so moralisch und „edel, hilfreich und gut“ sind, aber nach innen sich in Grabenkämpfe verstricken oder niemand anderen neben sich gelten lassen.
Kirche ist - heute wichtiger als je - eine Gemeinschaft, die etwas eint, nämlich Christus. Die sein Anliegen, dass alle, die sich auf seinen Namen berufen auch „Licht der Welt“ und „Salz der Erde“ (Matthäus 5,13) sind. Kirche ist heute mehr denn je als „Sozialraum“ zu verstehen, der anderen Menschen wieder ein Stück Heimat gibt und in dem dann vielleicht auch andere wieder mitmachen.
Deshalb: Die Zeit im Sommer im Liegestuhl ist eine wunderbare Zeit. Und ebenso wunderbar ist es, wenn diese Wochen uns so zu neuen Kräften verhelfen, dass wir alle Liegestühle dann wieder gerne zusammenklappen und verstauen, weil wir sie nicht mehr brauchen. Nicht weil es draußen kälter geworden ist, sondern weil wir uns auf die Aufgaben freuen, bei denen wir gebraucht werden.
Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Amen.
Link zur Online-Bibel
Konfi-Impuls für den 7. Sonntag n. Trinitatis, 15.7.2018, Phil. 2,1-4 von Thomas Ebinger
Der Predigttext – am besten in der Version der BasisBibel zu lesen – enthält eine Fülle von Idealen und Werten, die großteils von Konfis geteilt werden. Die Pointe von Paulus für die Gemeinde in Philippi scheint allerdings nicht so recht in unsere heutige Zeit zu passen, wo Vielfalt, Diversity und Toleranz hochgehalten wird. Diese typisch neuzeitlichen Werte finden sich bei Paulus am ehesten in den Begriffen Mitleid und Barmherzigkeit. Übertroffen werden diese aber durch den Wunsch nach einer großen Einigkeit und Einmütigkeit, eine völlige Übereinstimmung in den Zielen der Gemeinschaft. Dies betrifft die Gesinnung und Überzeugung jedes Einzelnen. Von einem totalitären Gesinnungszwang unterscheidet sich dies wohl durch den Heiligen Geist, der die Einigkeit herbeiführt. Die Frage, wie viel unterschiedliche Meinungen eine gute Gemeinschaft aushält, wo es besser ist, dem Gruppendruck nicht nachzugeben, kann mit den Konfis und in der Predigt durchaus kontrovers diskutiert werden.
Methodisch lässt sich der Text im Unterricht gut mit Hilfe einer Wertepyramide erschließen. In Kleingruppen schreiben die Konfis die wichtigsten zehn Werte ihrer Gruppe auf Moderationskarten und kleben diese in eine vorbereitete Wertepyramide (4 Karten, 3, 2, 1). Nach einer Präsentation im Plenum wird der Bibeltext gelesen und gemeinsam versucht, daraus 10 Werte zu formulieren, die Paulus für eine christliche Gemeinschaft wichtig sind. Diese werden wiederum in die Form einer Pyramide gebracht. Im Gottesdienst können dann beide Arten von Wertepyramiden präsentiert werden, wegen der Lesbarkeit am besten als digitale Präsentation.
Der Sonntag ist grundsätzlich geprägt vom Thema „Am Tisch des Herrn“, so dass sich ggf. eine Abendmahlsfeier anbietet. Ein sehr gut – auch ohne Abendmahlsfeier – passendes Anspiel zur Rangordnung am Tisch Jesu findet sich in anKnüpfen update 2.1 (2014), Die Tischordnung Jesu, von Elisabeth Nitschke und Thomas Erne. Dieses Anspiel kann mit den Konfis vorbereitet und im Gottesdienst aufgeführt werden.
Konfi-geeignete Lieder: Gut, dass wir einander haben (KuS 294); Wo Menschen sich vergessen; Aufstehn, aufeinander zugehn