Die Fürbitte schützt vor Allmachtsphantasien – Predigt zu Epheser 3,14-21 von Heinz Behrends
Sie haben jeden Morgen gemeinsam für andere gebetet. Sie haben die Namen genannt der Menschen, von denen sie wussten, dass sie krank sind oder sich um ihre Kinder sorgen. Und die Losung haben sie dazu gelesen. Aber jetzt sitzt sie ratlos an seinem Bett im Krankenhaus. Der Arzt ist gerade da gewesen. Er hat die schlechte Nachricht überbracht. Prostata. Heilung ist nicht in Sicht, hat er gesagt. Nun fühlt sie sich wie herausgeschossen aus einem sicheren Leben von 36 Ehejahren. Einen Schrei zu Gott, nein, sie bleibt stumm. Eine Bitte? „Herr, hilf“. Geht nicht mehr. Es scheint niemand mehr zu hören. Beten aus leerem Herzen geht nicht. Für andere beten in guten Zeiten, das ging. Jetzt ist sie sprachlos. Nicht mal wütend ist sie auf Gott. Sie geht in die Krankenhaus-Kapelle, es ist eine katholische Klinik. Ein großer Raum, Kerzen brennen, von hilfesuchenden Betern entzündet. Unter der Decke hängt eine sogenannte Installation eines Künstlers. Spruchbänder in gelb-weiß hängen herab: „Du und ich“ steht drauf. Sorge dich nicht. Runterreißen könnte sie sie. Wie soll man in diesem Raum keine Sorge haben! Vorne links der Seitenaltar mit der großen Statue. Maria mit ihrem Schutzmantel. Maria. „Gottesmutter, bete für uns“, steht da. Damit kann sie als Protestantin nichts anfangen. Sie fühlt sich als säße sie in einem still gelegten Bahnhofsrestaurant, in dem niemand mehr bedient. Ringsherum 10 Leidensstationen Christi auf dem Weg zum Kreuz. Das geht schon eher. Der leidende Gott. Der versteht mich. Aber hilft er auch? Warten ohne noch etwas zu erwarten, das ist die totale Leere und Ratlosigkeit.
Die Nachricht vom Leid ihres Mannes spricht sich schnell herum. „Wir beten für ihn“, sagen manche. Sie hört das sehr unterschiedlich. Manchmal als Floskel, manchmal treibt es ihr die Tränen in die Augen. Ob ihn das gesund macht? Aber es tut gut. Andere bringen ihren Mann vor Gott, was sie selbst im Augenblick nicht kann. Nun berichtet sie allen, die für ihn beten, alle paar Tage, wie es ihrem Mann geht, damit ihr Gebet konkret ist. Eine Adress-Datei in ihrem email-Ordner mit vielen Namen. Eine Verbundenheit wächst ohne Floskeln, unaufdringlich. Das ist die Kraft der Fürbitte.
Christian bekam mit 5 Leukämie. Drei Tage nach der Diagnose mußte sein Vater -noch völlig gelähmt von der bedrohlichen Situation- in der großen Innenstadtkirche über die Heilung des Gelähmten predigen. Die Geschichte, in der vier Männer ihren gelähmten Freund zu Jesus tragen, ihn sogar wegen der verstopften Türen durchs Dach lassen. Da heißt es „Als Jesus ihren Glauben sah, sprach er: Steh auf. Du bist gesund.“
Wenn ich selber nicht mehr kann, nicht mehr gehen, nicht mehr beten kann, dann sind da vier Andere, die glauben und sprechen für mich. Die Pfarrfamilie versucht, die zwei Jahre Therapie gemeinsam durchzustehen. Bei einem Partnerschaftsbesuch einer Kathedrale in England erzählen die ökumenischen Freunde: „Wir haben in unserem evening prayer, unserem Abendgebet, jeden Abend für Christian namentlich gebetet“. Zum ersten Mal mußte der Vater, der Seelsorger, hemmungslos weinen. Es löste sich so viel an Anspannung. Menschen hatten sich, ohne davon Aufhebens zu machen, verbunden mit seiner Familie im Gebet. Eine Schlüsselerfahrung mit der Fürbitte.
Die Kraft der Fürbitte. Sie vertreibt die Krankheit nicht, aber sie schafft Verbundenheit, andere bringen mich wieder zu Gott zurück.
Von der Kraft der Fürbitte spricht der Apostel im Brief an die Epheser. Aber nicht von der persönlichen Fürbitte in Krankheit. Er betet für die Gemeinde.
„Dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist am inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt seid.“
Er betet nicht: Gott, schenke Frieden für die Welt. Bittet Gott nicht um das, was ihr selber tun müsst. Also nicht: lass Frieden in Syrien werden. Das müssen Menschen hinkriegen. Oder: Bewahre die Schöpfung. Nein, das ist konkrete Alltagsaufgabe eines jeden Menschen. Lass die Kirche nicht um sich selber kreisen. Nein, das ist in die Verantwortung von Menschen vor Ort gegeben.
Die Fürbitte des Apostels für die Gemeinde geht tiefer. Ich bitte, „dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne“. Glaube in euch wohne. Christus ist euer Mitbewohner. Kein Hausbesetzer, kein Gast, der wieder geht, kein Mieter mit Kündigungsfrist. Eine Wohngemeinschaft seid ihr. Wenn Christus durch den Glauben in Euren Herzen wohnt, dann seid Ihr in ständigem Miteinander von einem Vertrauen getragen.
Ich bete für euch, dass ihr in der Liebe verwurzelt seid. Nicht Liebe in euch verwurzelt, sondern ihr in der Liebe. Wie ein großer Garten voller Blumen, rot und gelb und blau ist das Feld der Liebe, mittendrin ihr, DU, verwurzelt. Und sie wächst. Das ist seine Fürbitte. O Gott, wie weit bleiben wir dahinter zurück! Wie nötig das Gebet.
Glaube und Liebe. Großmutter und Großvater nehmen ihr Enkelkind mit zu einer Hochzeitsfeier. Paula ist 18 Monate alt. Sie wollen ihre alleinerziehende Tochter entlasten. Es gibt ein langes 4-Gänge-Menue, es werden Reden gehalten, es wird getanzt. Die Kleine läßt sich durch nichts stören. Sie hat gegessen, wenn sie Hunger hatte, auf dem Boden versonnen gespielt, gewippt zu der Musik von Akkordeon und Klarinette, geschlafen auf dem Schoß der Großmutter, durch den Saal gerannt, die Fremden fröhlich angeschaut. Von mittags bis abends mitten dabei. Unkompliziert. „Das muss ein Kind der Liebe sein“, sagt beim Abschied die Braut. Sie ist in einem Garten der Liebe aufgewachsen. Ja, wenn das Vertrauen in mir wohnt und ich in der Liebe verwurzelt bin, kann ich einfach dabei sein. Es muss nicht schreien: „Das will ich aber haben.“ Sich nicht durch Ungezogenheiten Aufmerksamkeiten verschaffen.
„Ihr werdet die Liebe Christi erkennen, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr werdet erfüllt mit der ganzen Gottesfülle.“ Menschen unserer Tage sind nicht erfüllt, sondern abgefüllt. Mit schlechten Nachrichten, mit Belanglosigkeiten des Fernsehens, mit der unruhigen Hast nach Erlebnissen. Die Lehrer der Meditation lehren uns, dass ich mich entleeren muss, ehe ich erfüllt werde.
Wie kann man so beten? Die Antwort des Apostels steht am Anfang: „Ich beuge meine Knie vor dem Vater.“ Ich gehe in die Knie angesichts meines Unglaubens. Wovor beuge ich meine Knie? In den letzten Jahren geht unsere Kultur vor der Finanzwelt in die Knie. Geht in die Knie vor den Machtgebaren der neuen Diktatoren, vor dem neu erwachten Nationalismus, den Mauerbauern, den Besserwissern. Willy Brandt hat in Warschau vor dem Mahnmal gekniet und damit Versöhnung ausgelöst.
Ich beuge meine Knie vor Gott, meinem Vater. Ich schaue von mir weg. Gebe mein Leben in seine Hand. Demut vor Gott als Lebenshaltung. Ich muss nicht um jeden Preis um meine Selbstbestimmtheit kämpfen, Meine Souveränität ist, dass ich auf meine Souveränität verzichten kann.
Das alles bittet er für die Gemeinde. Bitter nötig haben wir das: Betet für den Glauben und die Liebe in der Gemeinde, für die Kirche, denn kostbar ist sie.
Was wäre, wenn es die Kirche nicht gäbe. Es gäbe keine Räume der Stille. Es gäbe keinen Raum, in dem die Wörter wie Barmherzigkeit Seligkeit, Nächstenliebe, Gnade ihren Platz haben. Die Poesie der Psalmen hätte keine Heimat mehr. Es gäbe keinen Ort mehr, in dem die Namen der Toten genannt werden. Keine Ort, in dem Glocken läuten und Chöre singen. Keine Haltestellen mehr für die Seele. Darum gut, für die Kirche zu beten.
Die Fürbitte verbindet mich mit dem, für den ich bete. Die Kraft der Fürbitte. Sie macht nicht gesund, aber sie bringt uns zu Gott zurück. Sie schützt mich vor Allmachtsphantasien und Macht-Ansprüchen. Sie zeigt mir meine Bedürftigkeit.
Der Apostel betet für die bedürftige Gemeinde. Das rührt mich an wie die Fürbitte in der Kathedrale in Bristol den Vater anrührt.
So schließt das Gebet des Apostels dann auch: „Dann gibt er über das hinaus, was wir bitten, nach der Kraft, die in uns wirkt. Ihm sei allein die Ehre“. Nach der Kraft, die in uns wirkt.
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Liebe und tu, was du willst (Augustinus) - Predigt zu Epheser 3, 14-21 von Christine Hubka
In der Gemeinde in Ephesus ist ein Brief des Apostels eingetroffen.
Es ist Sonntagabend.
Die Gemeinde versammelt sich pünktlich zum Gottesdienst.
Einer der Ältesten beginnt, den Brief vorzulesen.
Alle hören aufmerksam zu.
Die Türe geht auf.
Leise schleicht der Sklave Sextus herein.
Sein Herr hat ihn heute länger arbeiten lassen.
Ohne zu unterbrechen liest der Älteste weiter:
Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden seinen Namen hat, dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne. Und ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet, damit ihr mit allen Heiligen begreifen könnt, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, auch die Liebe Christi erkennen könnt, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet, bis ihr die ganze Fülle Gottes erlangt habt. Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Sextus ist verwirrt. Er fragt: Deshalb? Um was geht es hier?
Was freut denn den Apostel so. Weshalb lobt er Gott so überschwänglich?
Der Vorleser hält inne und sagt: Christus hat ihm und uns ein großes Geheimnis offenbart: Zu seiner Kirche gehören alle, ohne Unterschied. Juden und Heiden. Du kannst es nachher selbst lesen.
Machen wir einen zeitlichen Sprung.
25 Jahre ist es her, dass in Südafrika das Apartheid Regime ein Ende fand. Nelson Mandela wurde der erste schwarze Präsident in einem Land mit mehrheitlich schwarzer Bevölkerung.
Nicht nur die Politik hat jahrzehntelang die Apartheid betrieben und durchgesetzt. Auch die niederländisch-reformierte Kirche in Südafrika hat die Apartheid gelebt. Menschen mit schwarzer Hautfarbe konnten nicht Mitglied werden in dieser Kirche. Der reformierte Weltbund hat damals die Konsequenz gezogen und nach vielen Diskussionen und Ermahnungen die Mitgliedschaft dieser Apartheid-Kirche ruhend gestellt.
Der reformierte Weltbund hat wohl auch den Abschnitt aus dem Epheserbrief im Sinn gehabt, als sie die Entscheidung getroffen haben.
Im Schreiben nach Ephesus geht es zwar darum, dass nicht nur Juden sondern auch Heiden zur Kirche Jesu Christi gehören. Aber der Sinn ist schon klar:
In der Gemeinde muss Platz für alle sein.
Egal, wer sie im bürgerlichen Leben sind, was sie in der Gesellschaft darstellen, welche Lebensgeschichte sie haben. Damals: Juden und Heiden, Sklaven und Freie, Frauen und Männer. Die Umwelt fand das damals ziemlich skandalös.
Heute: Schwarze und Weiße. Arme und Reiche. Menschen mit und ohne Behinderung. Mit oder ohne Vorstrafe.
Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen. Also kurz gesagt: Wer immer da sein mag, ist willkommen. Und welche Gewohnheiten und Gebräuche er oder sie mitbringt, hat keine Rolle zu spielen. Auch heute befindet sich Kirche, wenn sie das lebt, im Gegensatz zur aktuellen Umwelt.
Es ist uns nicht überliefert, ob alle damals in Ephesus so begeistert von dieser Erkenntnis waren wie der Briefschreiber.
Denn die jüdischen Mitglieder der Gemeinde haben die Gebräuche und Gewohnheiten der heidnischen Dazukömmlinge einfach schrecklich gefunden: Die haben zum Beispiel Hasenbraten gegessen. Für Menschen mit jüdischer Herkunft ein absolutes Tabu.
Sie haben Frauen die Hand gegeben, auch wenn die vielleicht gerade ihre Tage hatten. Und … und … und.
Auch heute sind in unserer Kirche nicht alle einverstanden, dass auch gleichgeschlechtliche Paare in einer kirchlichen Feier Gottes Segen zugesprochen bekommen.
Kirche und Gemeinde sind immer auch ein Teil der Gesellschaft. Kirche als Gemeinschaft bildet ja auch immer die ganze Gesellschaft mit all ihren Standpunkten und Meinungen ab.
Kirche ist nicht anders und schon gar nicht besser als die Umgebung, in der sie zu Hause ist. Das ist übrigens eine Ansicht, die typisch evangelisch ist. Andere Kirchen haben ein völlig anderes Selbstverständnis.
Mir scheint aber, der Apostel rechnet damit, dass nicht alle begeistert sein werden von dieser Erkenntnis, dass alle wirklich alle, dazu gehören. Sonst würde er nachdem er seine Freude so überschwänglich ausgedrückt hat, nicht beten:
dass Gott euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne.
Er scheint auch damit zu rechnen, dass diejenigen,
die sich als offen und weitherzig erweisen, sich damit brüsten könnten: Schaut her, wie fortschrittlich und tolerant wir sind. Diesen Leuten ruft er zu: Ihr seid in der Liebe eingewurzelt.
Im Klartext heißt das für mich:
Wenn du auch Menschen die Hand gibst, die Hasenbraten essen, hat das nichts damit zu tun, dass du so großartig und tolerant bist. Du gibst ja nur weiter, was du zuvor selbst empfangen und empfunden hast: Christus hat dich liebevoll aufgenommen. Dich - mit all deinen Ecken und Kanten. Er hat deine Füße auf weiten Raum gestellt.
Darum hast du gar nicht das Recht, es anderen eng zu machen. Er schenkt dir jeden Tag einen neuen Anfang und fragt nicht nach gestern. Darum wäre es ein Verrat an der Liebe Christi, ein Verrat an den Wurzeln deines Glaubens, anderen ihre Eigenart vorzuwerfen.
Es geht darum, zwischen Meinung und Mensch zu unterscheiden. Persönlichen Eigenheiten, die ich vielleicht echt wunderlich oder unangenehm finde, mag ich gerne ablehnen und mich von ihnen fernhalten. Die Würde der Person habe ich dennoch zu respektieren.
Es heißt ja nicht, dass auf einmal alle Hasenbraten essen müssen! Das behaupten diejenigen, die Angst und Abscheu schüren wollen.
Damals in Ephesus und heute.
Und wer auch immer den politischen Gegner verächtlich macht in Wort und Bild, verrät die Liebe Christi. Selbst wenn die Kritik an der politischen Linie ganz und gar berechtigt ist.
So verstehe ich diese Mahnung: Ihr seid in der Liebe eingewurzelt Erinnerung daran, dass auch ich mit meinen Eigenheiten angenommen und willkommen bin bei Gott und in der Gemeinde und niemand das Recht hat, mich deshalb zu verspotten oder zu erniedrigen.
Diese Wurzeln in der Liebe brauchen immer wieder neue Nahrung. Wie alles, was lebendig ist, was wächst und was lebt. Dass Gott uns mit seinem Wort nährt und erhält, dafür sei Lob und Preis in Ewigkeit.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
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27.01.2019 - Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus
Was Neues anziehen? - Predigt zu Epheser 4,22-32 von Matthias Loerbroks
Legt ab den alten Menschen, den früheren Lebenswandel, der verdirbt an trügerischen Begierden. Erneuert euch aber durch ein Denken, vom Geist bestimmt, und zieht an den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit. Darum legt ab die Lüge und redet Wahrheit jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind untereinander Glieder. Zürnt ihr, so sündigt nicht. Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn. Und gebt keinen Raum dem Teufel. Wer da stiehlt, stehle nicht mehr, lieber mühe er sich und arbeite mit den eigenen Händen, damit er hat, dem zu geben, der es braucht. Kein faules Wort gehe aus eurem Mund, sondern, wenn überhaupt, ein gutes, zum Aufbau, wo man es braucht, damit den Hörern Gnade gegeben wird. und betrübt nicht den heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung. Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei euch fern samt allem Üblen. Seid zueinander gütig, gutherzig, gebt einander Gnade, wie auch Gott euch Gnade gegeben hat im Christus.
Können wir neu werden? Kann das Verhältnis zwischen Christen und Juden neu werden? Wir sind geprägt von dem, was uns bewusst und unbewusst, ausgesprochen und unausgesprochen von unseren Vätern und Müttern vermittelt wurde, was wir geerbt haben. Juden und Jüdinnen sind es auch. Der Massenmord an Europas Juden wäre ja nicht möglich gewesen, wenn nicht christliche Kirchen jahrhundertelang die Verachtung der Juden gepredigt hätten und die falsche Lehre verbreitet, Gott habe seinen Bund mit dem jüdischen Volk gekündigt, es durch ein neues Gottesvolk ersetzt, einen neuen Bund geschlossen mit uns, mit der Kirche: das neue Israel, das Israel nach dem Geist, das Israel rechter Art. Die Nationalsozialisten haben die theologisch-theoretische Rede vom Ende Israels wörtlich genommen und umgesetzt, haben ihr Mordprogramm „Endlösung“ genannt. Können wir das einfach ablegen und wegtun wie Kleidungsstücke, die uns nicht mehr passen, die unangemessen sind oder schlicht auf den Müll gehören? Die Frage verschärft sich noch, wenn wir dessen innewerden, dass wir nicht bloß geprägt und beeinflusst sind, sondern auch unsererseits prägen und beeinflussen: die nächste, die übernächste Generation. Die biblische Überschrift dieses Gottesdienstes aus dem 5. Buch Mose erinnert uns an unsere Verantwortung gegenüber Kindern und Kindeskindern.
Das Bild vom Kleiderwechsel ist verlockend, weckt unsere Sehnsucht. Das gibt es ja, dass ein Kleiderwechsel Ausdruck innerer oder gesellschaftlicher Veränderung ist: von den jakobinischen Mützen zu denen der Arbeiterbewegung; der alles Einschnürende lösende Schillerkragen der Jugendbewegung; Frauen, die (die) Hosen anhaben; ein Minister, vereidigt in Turnschuhen; Gojim, die aus Solidarität mit bedrohten Juden Kippot tragen. Aber das kann auch nur Camouflage sein. Haben sich Christen nach 1945 wirklich gewandelt oder nur neu gewandet? Sind wir neu geworden, die vorläufige Darstellung einer mit Israel versöhnten Völkerwelt, oder wird Antijüdisches nur bemäntelt? Wölfe im Schafspelz, die überdies Kreide gefressen haben; des Kaisers neue Kleider, an denen kinderleicht zu entdecken ist, dass die imperiale Kirche im christlich-jüdischen Verhältnis nackt dasteht?
Vom neuen Menschen war schon zwei Kapitel zuvor die Rede. Jesus Christus ist gekommen, heißt es da, und hat Frieden verkündet, Friede den Fernen, uns, den Völkern, und Friede denen, die nah waren: Israel. Er hat die Feindschaft zwischen Israel und den Völkern, zwischen Juden und Nichtjuden aufgelöst, hat in sich selbst aus beiden einen neuen Menschen geschaffen. Menschen aus der Völkerwelt, die zuvor Israel und seinen verheißungsvollen Bundesschlüssen gegenüber fremd und fern waren, ohne Hoffnung, ohne Gott, sind nun nah geworden, Mitbürger Israels, Hausgenossen Gottes. Doch nun kommt es dem Verfasser darauf an, dass wir uns diesen neuen Menschen auch anziehen, nicht trotzig stecken bleiben in unserer Israelferne und -fremdheit, als wäre nichts geschehen, beharrlich festhalten am alten Menschen mit seiner illusionären, sich selbst und andere täuschenden Gier. Gier – das ist ja ein Lieblingsbegriff aus dem Wörterbuch des Antisemiten: den Juden geht es stets ums Geld, von dem er nicht genug kriegen kann (Judas! Silberlinge! Shylock!), überhaupt um Materielles, nicht um Geistiges. Diesen Spieß dreht der Autor um: es ist das Heidentum, das nie zufrieden ist, nie befriedigt und befriedet, darum so friedlos; sich nie begnügen kann, darum auch nie recht vergnügt ist. Der neue Mensch, den Jesus in seiner Person geschaffen hat, der ist, fügt der Briefschreiber nun hinzu, nach Gott geschaffen. Das erinnert an die Schöpfungsgeschichte, in der nach dem Bilde Gottes geschaffen bedeutet: männlich und weiblich geschaffen, als Mensch und Mitmensch, als Gemeinschaft von Verschiedenen.
Der Wechsel von einst zu jetzt, von alt zu neu ist nicht nur, aber auffällig stark eine Veränderung der Sprache: legt die Lüge ab, redet die Wahrheit; kein faules Wort, sondern ein gutes, eins zum Aufbau, ein brauchbares; keine Lästerungen – es ist ein Appell mit all dem aufzuräumen, was in Kirche und Gesellschaft als jüdisch oder alttestamentlich oder alttestamentarisch oder pharisäisch gilt. Und Wahrheit – das ist nicht nur zutreffendes Reden, obwohl schon das im christlich-jüdischen Verhältnis viel wäre. Wahrheit hat biblisch mit Bewährung zu tun, mit Verlässlichkeit, mit Treue – es geht um Bewährung oder Verweigerung von Solidarität. Redet Wahrheit – der Appell ist dem Buch Sacharja entnommen, und da steht er im Zusammenhang mit einer Vision: zehn Menschen aus den Völkern werden einen Juden beim Rockzipfel fassen und sagen: wir wollen mit euch ziehen, denn wir haben gehört: mit euch ist Gott.
Im letzten Kapitel des Briefs ist noch einmal davon die Rede, sich was Neues anzuziehen. Da geht es um die Waffenrüstung Gottes – der neue Mensch, das ist ein Kollektiv im Kampfeinsatz gegen die Methoden des Teufels, was angesichts des alten wie des neuen Judenhasses begreiflich ist. Doch das Ziel dieses Einsatzes ist, das Evangelium des Friedens zu verbreiten – Friede zwischen Gott und den Menschen, Friede zwischen Israel und den Völkern. Das Schwert dieser Ausrüstung ist das Wort Gottes – es geht auch hier darum, was und wie wir reden.
Die Vision des Epheserbriefs vom Frieden, von der Versöhnung zwischen Israel und den Völkern ist gescheitert – darum sind wir heute so dran, wie wir dran sind. Die Christen aus den Völkern wollten sich zwar mit dem Gott Israels versöhnen lassen, aber nicht mit seinem Volk. Doch wir würden selbst den Methoden des Teufels erliegen, wenn wir uns resigniert damit abfinden, uns als heidnisch fatalistisch, als alte Menschen erweisen. Der Berliner Theologe Friedrich-Wilhelm Marquardt schrieb vor dreißig Jahren:
„Nehmen wir einmal an, zwischen Christen und Juden wäre alles in Ordnung. Wir hätten uns zu Herzen genommen, dass Antisemitismus Sünde wider den Heiligen Geist ist; wir hätten uns innerlich so frei gemacht, dass Judenneid und Judenhass für uns keine Versuchung mehr bedeuten würde; beim Stammtisch würden wir sofort die Freundschaft kündigen, wenn dort auch nur der harmloseste ‚Judenwitz‘ erzählt würde oder gar Schlimmeres: wenn nach ein paar Gläschen Bier und Schnaps die Stimmung sich lockerte und alte Nazitöne kämen aus den Tiefen des Unbewussten heraus; wir würden jeder Partei sofort bei der nächsten Wahl unsere Stimme verweigern, aus deren Reihen Verharmlosungen oder sogar Rechtfertigungen der Hitler-Politik bekannt würden. Und nehmen wir auch das einmal an: Wir ließen es uns als wache Christenleute einfach nicht mehr gefallen, wenn ein Pfarrer von der Kanzel oder im Konfirmandenunterricht Schlechtes statt Gutes von den Juden redete; wir stellten den Prediger zur Rede, der Pharisäer und Schriftgelehrte nur als Todfeinde unseres Herrn Jesus schilderte, der die Unwahrheit lehrte über den angeblichen Rachegott des Alten Testaments, der das Elend unserer menschlichen Gesetzlichkeit nur am Beispiel des jüdischen Gesetzes, aber nicht an unserer kirchlichen und deutschen Gesetzlichkeit bekämpfte; wir würden den Religionslehrer einfach auslachen, der zum Beispiel den Jesus der Bergpredigt als Gegner der Lehre des Moses zur Karikatur machen würde. Stellen wir uns sogar das noch vor: wir würden in den Sonntagsgottesdiensten und zu Hause im Kämmerlein ganz regelmäßig für das jüdische Volk beten: dass es ihm gut gehe und es lange lebe auf Erden; wir würden nicht darum beten, dass die Juden sich zu unserem Herrn Jesus bekehren, sondern dafür, dass wir endlich einmal begreifen können, warum sie noch nicht Ja zu ihm sagen können – wir würden uns ihr Nein zum Christentum als ein Zeichen Gottes dafür erklären, dass er noch viel Neues und Überraschendes vorhat mit uns und ihnen: vielleicht, dass er sogar die Letzten wieder zu den Ersten machen will.
Stellen wir uns das alles einmal vor. Leider sind wir ja noch nicht soweit, leider ist zwischen Christen und Juden das alles noch nicht so in Ordnung, wie es sollte. Aber wir dürfen uns ja neue, erwachte Christen ruhig einmal erträumen, denn ohne eine lebhafte Hoffnung auf neue Menschen gäbe es die ganze Bibel nicht; sie ist das Traumbuch vom neuen Menschsein – und wer, wenn nicht zuerst wir Christen, wäre dazu berufen, ganz neu zu werden, so dass die alten Sünden der Mütter und Väter bei uns nicht mehr zu finden sind.“ (ASF-Predigthilfe, S. 42)
Der heutige 27. Januar ist zugleich der letzte Sonntag nach Epiphanias mit der biblischen Überschrift: „Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir“. Der 27. Januar erinnert an den monströsen Versuch, dass Licht der Welt, das Licht der Völker, das Israel aufgegangen ist und das Israel ist, auszulöschen. Doch es leuchtet noch – und die christliche Gemeinde soll sich davon aufklären lassen.
Amen.
Liturgievorschlag
Orgelvorspiel
Begrüßung mit dem biblischen Motto Dtn 4,9:
Hüte dich nur, hüte sehr deine Seele, dass du nicht vergisst die Ereignisse, die deine Augen gesehen haben; dass sie nicht aus deinem Herzen weichen alle Tage deines Lebens. Lass deine Kinder und Kindeskinder sie wissen.
Vorgesehen in der neuen Perikopenordnung ist nur v9a – ich schlage vor, die zweite Hälfte hinzuzunehmen.
1. 404,3.4.7.8
Psalm
Vorgesehen ist Psalm 126, den man vielleicht als Lied der Überlebenden, Entronnenen verstehen kann, was zwar zur Befreiung von Auschwitz, aber nicht recht zum Gedenktag passt, eher zum Jom Hazma´ut. Vielleicht stattdessen Psalm 83?
2. wenn Psalm 126: 326,5.6.8
wenn Psalm 83: 273,3.2.5
Gebet
Gen 4,1-10
mit Vorspruch über den Menschen, der eine Beziehung zu Gott ohne seinen Bruder haben will; und zu Gottes Grundfragen: Mensch, wo bist du? Wo ist dein Bruder? Was hast du getan?
3. 449,5.6.9
Predigt Eph 4,22-32
4. Wir glauben: Gott ist in der Welt, Singt Jubilate 48
Abkündigungen
5. 114,6-9
Fürbitten, Vaterunser
6. 58,10.11
Segen
Orgelnachspiel
Fürbitten
HERR, Gott Abrahams und Saras,
die Verbrechen, derer wir heute gedenken, machen uns sprachlos,
und doch suchen wir Worte, um zu dir zu sprechen, deinen Namen zu loben, dir zu danken, dir zu klagen, dich zu bitten.
HERR, Gott Isaaks und Rebekkas,
wir loben und preisen deine Treue zu deinem Volk Israel;
wir danken dir, dass Israel lebt, als Licht der Völker, Licht der Welt leuchtet
trotz aller Versuche, es auszulöschen;
und wir bitten dich: halte ihm die Treue;
höre nicht auf, sich seiner befreiend, bewahrend, segnend anzunehmen;
öffne den Völkern die Augen für dieses Licht.
HERR, Gott Jakobs, Rachels und Leas,
wir klagen vor dir das Leid all der Ermordeten.
Sorge du selbst dafür, dass sie nicht erneut vernichtet werden, weil ihre Namen, ihre Lebensgeschichten in Vergessenheit geraten, und stärke alle, die daran mitarbeiten, dass ihrer gedacht wird.
Steh den Überlebenden bei und ihren Kindern und Kindeskindern; geselle ihnen Menschen zu, die mit ihnen leben, die Last ihres Lebens mittragen, und gib diesen Mitmenschen Herzlichkeit und Wärme, Verständnis, Einfühlungsvermögen, Geduld im Zusammensein auch mit Schwierigen und Wunderlichen, mit Zynikern, Verbitterten und Verbiesterten.
HERR, Vater unseres Herrn Jesus, du, unsere Mutter,
wir bitten dich auch für uns, die Kirche, die Jüngerinnen und Jünger, Freunde und Freundinnen deines Sohnes,
befreie uns von unserem tief verwurzelten Judenhass in Gedanken, Gefühlen, Worten und Taten; mach uns zu treuen, verlässlichen Bundesgenossen deines Volkes;
gib uns den Mut, für Jüdinnen und Juden einzustehen auch gegenüber Freunden; auch gegenüber Menschen, die auf unseren Schutz und unsere Hilfe angewiesen sind;
mach uns bereit und fähig zur Solidarität mit allen Menschen, deren Leben von Herrenmenschen aller Art als minderwertig oder lebensunwert betrachtet, verächtlich gemacht, verleumdet, bedrückt und bedroht wird.
Wir danken dir, dass es nach allem, was geschehen ist, zu Begegnungen und Freundschaften gekommen ist zwischen Christen und Juden, zwischen Deutschen und Angehörigen der Völker, die von Deutschen gequält und ausgeplündert wurden. Segne und mehre diese Begegnungen und Beziehungen, mach sie fruchtbar.
Erweiche die Hartgesottenen, öffne die Verschlossenen, die von den Verbrechen unberührt sind und bleiben wollen; die sie noch immer oder schon wieder leugnen;
und bewahre alle die, die berührt und erschüttert sind; die etwas begriffen haben, vor Selbstgerechtigkeit und Hochmut.
HERR, du Schöpfer und Liebhaber des Lebens,
voll Schauder, voll Entsetzten entdecken wir um uns herum, aber auch in uns selbst die Kälte, die Auschwitz ermöglicht und erleichtert hat. Finde dich nicht ab mit dieser Kälte, der Unfähigkeit zum Mitfühlen, dem ängstlichen und aggressiven Beharren auf dem Eigenen, auf allerlei angebliche Identitäten, sondern hilf uns dabei, sie zu überwinden.
Und mach auch uns bei aller Trauer und trotz allen Grauens zu freien und fröhlichen, hellen und heiteren Liebhabern des Lebens.
Genutzte Literatur
Aktion Sühnezeichen Friedensdienst (Hg), Predigthilfe für den 27. Januar 2019.
Bestellbar unter www. asf-ev.de.
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Himmlisch – Predigt zu Epheser 1,3-14 von Luise Stribrny de Estrada
Die Gnade unseres Herrn und Bruders Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Schwestern und liebe Brüder!
„Himmlische Torte“ preist die Konditorei auf einem Schild an. Himmlisch sieht sie aus: ein Traum aus weiß und rosa, mit Sahne in mehreren Schichten, und obendrauf Himbeeren. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ein Stück Himmel, das ich mir gerne auf der Zunge zergehen lassen möchte.
„Ich tanze mit dir in den Himmel hinein, in den siebenten Himmel der Liebe“ singt ein alter Schlager. Liebe wie im Himmel, im Himmel durch die Liebe – das klingt verlockend. So verliebt zu tanzen, stelle ich mir wunderbar vor. Und ich glaube, dass es ein Gefühl wie im Himmel sein kann. Wer weiß, ich würde mich nicht wundern, wenn sogar die Engel im Himmel tanzen.
Wie ist der Himmel? Wie eine Sahnetorte mit Himbeeren, wie ein Tanz zweier Verliebter? Oder noch etwas ganz anderes?
Wie im Himmel fühlt sich der Hymnus aus dem Epheserbrief an, um den heute meine Predigt kreist. Hören wir auf die Melodie seiner Worte:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in der Liebe; er hat uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit. Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um die Fülle der Zeiten heraufzuführen, auf dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist, durch ihn. In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt, nach dem Ratschluss seines Willens, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit leben, die wir zuvor auf Christus gehofft haben. In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Rettung – in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist, welcher ist das Unterpfand unsres Erbes, zu unsrer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit. (Epheser 1,3-14)
Eine Unmenge von Worten ergießt sich. Sie umspülen uns wie ein warmer Strom, ein Strom aus guten Worten. Es geht um Gott, um Christus und den Heiligen Geist, es wird von Fülle und Segen gesprochen, die über uns kommen. Einzelne Worte kann ich fassen: Erbe, Unterpfand, versiegelt, vorherbestimmt, Blut, Erlösung, erwählt. Sie schwimmen wie in einem Strom an mir vorbei, aber ich kann sie nicht greifen. Es bleibt ein Gefühl von Zuspruch und Bestätigung. Aber ich verstehe nicht wirklich den Zusammenhang, nicht beim ersten und auch nicht beim zweiten Lesen.
Die Worte kommen mir vor wie ein vom Wasser glatt geschliffener Stein. Immer wieder sind sie um- und umgewendet worden, bis alles, was herausstand und spitz war, abgeschliffen worden ist. Jetzt liegt der Stein kühl und glatt in meiner Hand, er ist rund und perfekt. Ich kann nirgends etwas herauslösen, nirgends ansetzen, alles gehört zusammen. – So geht es mir mit den Worten dieses Hymnus am Anfang des Briefes an die Epheser. Es ist zu spüren, dass er oft in der Liturgie, im Gottesdienst verwendet worden ist. Mit der Zeit ist er durch den vielfältigen Gebrauch rund und glatt geworden. Wir spüren das, wir spüren auch seinen Rhythmus und seine Melodie, aber wir begreifen nicht genau, was er uns sagen will.
Es geht um Gott in seiner Dreiheit, so viel wird deutlich. Gott der Vater hat uns von Anfang an erwählt. Durch Jesus Christus hat er uns gesegnet, in Christus sind wir erlöst, und unsere Sünden sind uns vergeben. Mit dem Heiligen Geist sind wir versiegelt worden, durch ihn wissen wir, dass wir erlöst sind. All das geschieht für uns, damit Gottes Herrlichkeit gelobt wird. Gott zu loben ist ein gutes Anliegen für den Sonntag Trinitatis, den wir heute feiern, den Sonntag der Dreieinigkeit Gottes.
Dass Gott drei in einem ist, ist für uns nichts Neues, das überrascht uns nicht. Wir bekennen das regelmäßig im Glaubensbekenntnis. Aber Gottes Dreieinigkeit bleibt häufig blutleer, weil es schwer ist, sie mit Leben zu füllen. Ich verstehe dieses „Drei in einem“ als eine Bewegung, die innerhalb von Gott geschieht 1. Gott ist nicht etwas für alle Zeit Festgefügtes, sondern verändert sich durch den Austausch. Er ist mit sich selbst und auch mit uns Menschen im Gespräch. Gott hat keine Angst davor, dass etwas oder jemand anders ist als er, sondern es macht ihn neugierig, es regt ihn an. So ist Gott eine Kraft, die zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist wirkt. Gott ist dynamisch und lässt sich nicht festlegen. Dabei steht einer für den anderen ein. Gott ist sich nicht selbst genug, sondern braucht die Gemeinschaft mit den anderen und den Austausch. Durch die Gemeinschaft innerhalb von Gott wächst der Wunsch nach Gemeinschaft mit den Menschen. Gott kann nicht bei sich bleiben, sondern sucht uns. So hält er es im Himmel nicht aus und kommt auf die Erde.
Wie ist der Himmel?, hatte ich am Anfang meiner Predigt gefragt. Der Himmel, oder genauer gesagt, Gott, der im Himmel ist, braucht die Erde und die Menschen, die auf ihr leben. Er ist sich nicht selbst genug. So schön es dort im Himmel auch sein mag, reicht es ihm nicht aus. Er sucht die Verbindung zur Erde und kommt in Jesus Christus zu uns.
Umgekehrt sehnen wir uns oft nach dem Himmel – und manchmal gelingt es uns, den Himmel auf die Erde zu holen. Davon erzählt ein Film, den der schwedische Regisseur Kay Pollak gedreht hat: „Wie im Himmel“ stellt den Dirigenten Daniel Dareus in den Mittelpunkt, den es nach dem gesundheitlich bedingten Ende seiner Karriere in ein Dorf in Nordschweden verschlägt. Eigentlich will er nur seine Ruhe haben, wird dann aber doch fast gegen seinen Willen Kantor und Leiter des Kirchenchores. Schon als Junge hatte er davon geträumt, Musik zu machen, die die Herzen der Menschen öffnet – das gelingt ihm jetzt bei seiner Arbeit mit dem Chor. Er geht auf jeden Sänger und jede Sängerin individuell ein, ermuntert sie dazu, ihren je eigenen Ton zu finden und lässt ihn sich entfalten. Das setzt ungeahnte Energien frei, die Sängerinnen und Sänger gewinnen ein neues Selbstwertgefühl, das ihr ganzes Leben verändert und ihnen hilft, sich aus Zwängen zu befreien.
Dann entschließt sich der Chor, an einem internationalen Chorwettbewerb in Österreich teilzunehmen. Die Reise wird zu einer intensiven Gemeinschaftserfahrung, bei der Daniel erlebt, wie sehr sein Chor ihn liebt und er den Chor. Raum hat nun endlich auch seine private Liebesbeziehung zu Lena, einem Mitglied des Chors. Die intensiven Glückserfahrungen dieser Tage führen bei Daniel zu einem erneuten Herzinfarkt, aber er hört noch, wie sein Chor auch ohne Dirigent die richtigen Töne findet und alle anderen Sänger des Wettbewerbs zm Mitsingen animiert. Die Musik wird zu einem Erlebnis, das alle verbindet. So gelingt das, wovon Daniel immer geträumt hatte: mit der Musik die Herzen der Menschen zu öffnen.
Eine moderne Annäherung an das, was der Brief an die Epheser beschreibt. Den Himmel erfahren durch die Verbindung zu Gott und die Gemeinschaft untereinander. Zu wissen: Wir sind Gott wichtig, er kennt jeden von uns, wir gehören zu ihm. Wir sind berufen zum Lob seiner Herrlichkeit.
Welche Geschichten können Sie davon erzählen? Ich freue mich, wenn wir darüber ins Gespräch kommen.
Amen.
1 I Die Überlegungen in diesem Abschnitt sind inspiriert von Kurt Marti, Die gesellige Gottheit. Ein Diskurs. Stuttgart 1989, zitiert in: Predigtstudien 2017/2018, Perikopenreihe IV, Zweiter Halbband, S. 33f
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Die Geschichte, wie das Staubkorn dem Zentrum des Universums am nächsten kommt – Predigt zu Epheser 1,3-14 von Thomas Thieme
Der Kaiser lebte im Palast in der verborgenen Stadt. Niemand wusste, wo sie war. Aber jeder wusste, sie war das Zentrum der Welt und der Mittelpunkt des Universums. Von ihr aus lenkte der Kaiser die Geschicke seiner Untertanen und jeder Untertan des Kaisers war erfüllt von dem Gedanken, dass sein Leben auf einer vorherbestimmten Bahn verlief, gleich dem Lauf der Sterne, die auf seinen Rat hin auf unveränderlichen Bahnen um ihn kreisten.
Um seinen Untertanen mitzuteilen, welchen Weg er für sie vorgesehen hatte, entsandte der Kaiser von Zeit zu Zeit Boten in das weite Land. Sie trugen als Ausweis der Macht das kaiserliche Siegel und was sie sagten, galt als Wort der Kaisers. Wenn sie sprachen, so sprach der Kaiser. Wo sie waren und wo das Siegel war, da war der Kaiser selbst anwesend.
Da der Kaiser die Geschicke des Universums lenkte, überbrachten seine Boten Nachrichten von höchstem Rang. Sie betrafen stets das Ganze, sie betrafen stets alle. Doch so, wie der Blitz auf Geheiß des Kaisers nur an einer bestimmten Stelle einschlägt, sein Donnergrollen aber auch das umliegende Land erfasst, so eilten die Boten des Kaisers auf ihrem Weg zum Bestimmungsort durch viele Orte und verkündeten allen die Worte des Kaisers.
Im Grunde war es ja der Kaiser selbst, der sie sprach und allein das machte sie bedeutsam für jeden, der sie vernahm. Wo nur das Gerücht aufkam, ein kaiserliches Wort sei in einiger Entfernung verkündet worden, begannen die Menschen sogleich zu fragen, welche Auswirkungen das auf sie haben könnte. Ob nicht doch auch sie betroffen sein könnten und wie denn umzugehen sei mit dem Wort, das doch immerhin den Lauf der Welt und alles Lebendigen bestimmt.
Die vermeintlichen Worte wurden zusammengetragen. Jeder durfte sagen, was er glaubte, gehört zu haben. Die Worte wurden verglichen und es wurden verschiedene Varianten entschlüsselt. Nun galt es, herauszufinden, welche Bedeutung jede Variante für das Leben der Menschen vor Ort haben könnte. Undenkbar, dass ein kleiner Ort, das vielleicht nur ein einzelner Bewohner eines abseitigen Dorfes den Plan des Kaisers missachtete. Nicht etwa aus Ignoranz oder Gleichgültigkeit, vielmehr aus Unwissenheit. Zwar war der einzelne Mensch im Zusammenspiel des Universums nicht mehr als ein Staubkorn. Aber jedes Staubkorn hatte Anteil am Zusammenspiel und musste seine Aufgabe unbedingt erfüllen.
Es war dem Kaiser doch nicht zuzumuten, dass er seinen Plan für das Ganze verwarf, ja verwerfen musste, nur, weil ein Staubkorn nicht verstand, was ihm das Wort des Kaisers sagte. Und wie würde der Kaiser reagieren, wenn sich etwas so unbedeutendes seinem Willen widersetzte?
Die Gelehrten stritten lange über solche Fragen. Sie kamen zu der Lösung, dass der Herr des Universums unmöglich nicht wissen könne, wie ein Staubkorn sich im Wind verhalte. Ein Mensch könne nur glauben, er handle gegen den Willen des Kaisers. In Wahrheit erfüllte er aber mit diesem Glauben gerade den Willen des Kaisers. Das kaiserliche Wort sage jedem, der es hören kann, was längst vom Kaiser über ihn beschlossen wurde.
Wichtiger als das einzelne Wort der Botschaft sei das Siegel des Kaisers. Wo das Siegel des Kaisers sei, da seien seine Untertanen und wenn ein Untertan das Siegel des Kaisers trage, so sei ihm der Kaiser näher, als würde er vor den Toren der verborgenen Stadt stehen, ja näher noch, als stünde er im Thronsaal selbst. Wenn selbst ein Staubkorn dem Zentrum des Universums so nahe kam, dann sei es unmöglich, nicht zu tun, was dem Willen des Kaisers für das Ganze entspricht.
Einst sprach der Herrscher des Universums ein Wort aus dem Zentrum des Universums. Dieses Wort verbreitete ein Bote in der Welt und so, wie man Steine ins Wasser wirft und sie schlagen Wellen, so verbreitete sich das Wort weiter. Das erste Wort wurde in Jerusalem gesprochen. Der Bote brachte es nach Kolossai, von dort gelangte es nach Ephesus und von Ephesus gelangte es nach Caputh.
Der Herrscher des Universums hat für uns vorgesehen, obwohl wir nur ein Staubkorn sind, er hat vorgesehen, dass wir ihm nahe sein sollen. Ein jeder von uns soll ihm sein wie sein eigenes Kind. Er will uns nicht nur versiegeln mit seinem Siegel. Vielmehr macht er uns selbst zu einem Siegel, damit, wo immer wir sind, er auch sei. Wir treiben nicht länger ziellos durch ein leeres All. Unser Ziel ist die Mitte selbst, das Zentrum aus dem alles entspringt.
Nenn es Schicksal oder Zufall, wenn du den eigenen Weg nicht verstehst und es sich nicht so anfühlt, als hätte das, was dir passiert, einen Sinn. Wie könnten wir denn zu jeder Zeit verstehen, was vor aller Zeit für uns erdacht wurde? Was nach unserer Zeit mit uns geschehen soll?
Gottes Wort ist wie ein Blitz, es erhellt die Nacht, doch ist es oftmals wie ein Schlag, wenn ich direkt davon betroffen bin. Je weiter ich mich entferne, desto dunkler bleibt sein Grollen. Glaub nicht, Gott wüsste nicht, wie’s uns damit ergeht. Darum hat er uns ja sein Siegel eingeprägt. Sein Wort, sein Geist, sein Zeichen, wir tragen es an uns. Wir sind es.
Nenn es Taufe oder Wiedergeburt, nenn es Erlösung oder Seligkeit – es kommt von ihm.
Nenn ihn Grund alles Seins, nenn ihn Kyrios oder Kaiser – er kommt zu dir.
Nenn es Gnade oder Segen – ich nenne es Frieden unserer Seelen – ein Frieden der höher als unsere Vernunft; der Eure Herzen und Sinne erhebt zu dem einen, zu Jesus Christus, in dem wir sein werden, wenn unsere Zeit erfüllt ist.
Amen.
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Bestimmung von uns Menschen” – Predigt zu Epheser 1,3-14 von Michael Plathow
Fragen stellen sie, die Kinder, das haben wir erlebt, das erleben wir. Unerwartet fragt der 8jährige Sohn auf der Schiffspassage von Dänemark nach Kristiansund in Norwegen: “Was war eigentlich vor dem ´big bang´?, “Evolution - und was ist der Unterschied zwischen Tier und Mensch?”. Und der Enkel am Grab: “Wo ist die Oma jetzt?” Und der Vater und Opa - ihm wurde erzählt von den Komplikationen während der Schwangerschaft der Mutter mit ihm - er fragt sich: “Warum bin ich? Welcher Sinn?, Welche Bestimmung?“
Grundlegende Fragen sind es. Der Philosoph versucht zu klären: “Was kann ich wissen?, Was soll ich tun? Was darf ist hoffen?”. Es sind aber gerade existentielle Frage. In Jostein Gaarders “Sophies Welt” (1991) findet das Mädchen auf einem Zettel in ihrem Briefkasten die Frage: “Wer bin ich?”
Fragen erwarten Antworten. Ausweichen gilt nicht. Meist sind sie im Gespräch zu entwickeln. Auch vermögen sie bisweilen nur anzudeuten; sie kennen sogar - wie es heute heißt - eine Ambiguitätstoleranz, eben mehrere Möglichkeiten. Immer aber sollte der Gesprächspartner authentisch einbringen, was ihm wichtig ist, was ihm gilt. Die Patentsprüche “Gesundheit - höchstes Gut“, “Gut leben und schnell und leicht sterben“ oder die Totalantworten, naturalistischer, fundamentalistischer, relativistischer Couleur, trifft der Ideologieverdacht Von Menschen erdacht und gemacht schwimmen sie in den jeweiligen Trends oder repräsentieren verabsolutierte Geltungsansprüche.
Anders der Bibelabschnitt, der der Predigt am heutigen Sonntag “Trinitatis” zugrunde gelegt ist. Es geht um Sinn des Ganzen mit uns Menschen, um Anfang, Ende, Mitte. Dabei nimmt der Schüler des Apostel Paulus im Brief an die Gemeinde in Ephesus einen anderen Zugang als die erwähnten Antwortbemühungen, die Menschen zu machen und zu geben versuchen. Über menschliche Erklärungsanstrengungen hinaus geht es hier um eine andere Weise des Antwortens; sie zeugt von einem Verstehen aus der Tiefe des Einverständnisses “vor Gott“. Sie kennzeichnet ein Sprechen, weil angesprochen, ein Erkennen, weil erkannt u. zw. von Gott. Hier geht es um den persönlich bekannten Glauben im Erkennen, Anerkennen und Bekennen hier und heute.
Wir hören und lassen zu uns sprechen Eph 1, 3 - 14:
“Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten in der Liebe, er hat uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit. Gott hat uns wissen lassen die Geheimnisse seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um die Fülle der Zeiten herauszuführen, auf dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist, durch ihn. In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt, nach dem Ratschluss seines Willens, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit leben, die wir zuvor auf Christus gehofft haben.”
1. Liebe Gemeinde, in diesem Bibelabschnitt zur Verkündigung des Evangeliums am Sonntag “Trinitatis” geht es um Sinn des Ganzen von Anfang, Ende und Mitte: die Liebe Gottes des Vaters, Sohnes und heiligen Geistes als leidenschaftliche Liebe zu uns und zu unserer Welt. Gottes Liebesgeschichte, verdichtet im Oster- und Passions-, im Pfingst- und Weihnachtsgeschehen erfährt an diesem Sonntag “Trinitatis” preisende, doxologische Antwort. Denn Gottes große Geschichte in Schöpfung, Erlösung und Neuschöpfung hat die persönlichen Geschichten von uns - wir berühren da Grenzaussagen - schon mitgenommen in seinen erwählenden Liebesratschluss. Hineingenommen sind wir und unsere Welt in das Geheimnis seines göttlichen Wollens und Handelns in Gottes Selbstoffenbarung “in Jesus Christus” als die “Fülle” alles umfassenden Heils. Nicht Schicksal, nicht Kismet. Bei dem notwendigen friedvollen Zusammenleben mit unseren muslimischen Mitbürgern zeigt sich hier die Differenz gelebten und bedachten Glaubens; bei der Taufe auf den Namen des dreieinen Gottes wird der Unterschied erfahren.
In preisender Rede ist auch unser Bibelabschnitt, die Ouvertüre des Epheserbriefes, gehalten. Der Schreiber rühmt den dreieinen Gott und die großen Taten Gottes im persönlichen und kosmischen Leben. Preisende Rede ist volltönend. Manchem klingt sie abgehoben von den bedrängenden Erfahrungen und den Problemen des Alltags: das tragische Leid, das schreiende Unrecht, das Seufzen in der Natur, die Macht der Sünde, des Bösen und des Todes mit ihren großen und kleinen Geschwistern, aus dem finsteren Herzen der Menschen geboren, mit dem Jammern und Klagen über Sorgen und Bedrängnis. Aber selbst da bricht Sehnsucht nach Sinn des Ganzen auf wie Frühjahrsblüten; Ahnung befreiender “Fülle” deutet sich an, den Vögeln gleich, die im Dunkel dem neuen Tag entgegenzwitschern; Hoffnung entbirgt sich im Durcheinander mit der Frage “Was ist die Bestimmung meines Lebens?”
Die preisende Rede unseres Bibelabschnitts wendet sich ganz Gott zu. Es ist der Lobpreis des dreieinen Gottes, der den Beter - wider alle Skepsis - hineinnimmt in Gottes Wirken als Schöpfer, Erlöser und Neuschöpfer. Wie Jesus Gott “Abba”, Vater, preist, so dürfen und sollen wir durch den heiligen Geist Gott “Vater” anrufen und preisen. In seinem eingeborenen Sohn, unserem erstgeborenem Bruder, hat Gott seine Liebe als Erlösung von der Macht der Sünde und des Todes “uns zugut” erschlossen und durch den heiligen Geist wird sie uns persönlich zugeeignet.
2. Hineingenommen, liebe Gemeinde, sind wir von Anfang an in den Liebesratschluss des dreieinen Gottes: ewig Geliebte und von Gott Erwählte, von Gott immer schon gekannt und anerkannt, Töchter und Söhne, Erben und Ebenbilder Gottes mit Freiheit begabt. Ihr seid, ihr seid nicht aus euch selbst, Gottes Gnade ist es. Hymnisch preist der Epheserbrief diese Verheißung. Und der Psalmist singt: “Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war. Und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war” Ps 139, 16).
Der dreieine Gott erschließt das Geheimnis seines Liebesratschlusses “in Jesus Christus“, u. zw. in der “am Kreuz geborenen Liebe des Kreuzes”, wie M. Luther in der “Heidelberger Disputation” sagt, an die vor genau 500 Jahren wir in diesen Tagen erinnert werden (1518). Hier zeigt Gott sein Ich hinter seinem Du; hier öffnet Gott sein “Herz” als der Liebende zur erneuten Gemeinschaft mit uns. Das bedeutet neues Leben im Sog des ewigen Lebens. Wir - wie die ganze Schöpfung - sind in dieses Heils- und Heilungsgeschehen hineingenommen. Antwort gebend darf gesungen werden: “Eh ich durch deine Hand gemacht, da hast Du schon bei Dir gedacht, wie Du mein solltest werden” (EG 37, 2).
Auch die Seufzer der gequälten Schöpfung werden da übertönt vom “Lobgesang des Alls”, der widerhallt im Vogelgezwitscher und sich widerspiegelt in der vom Segen durchfluteten Blüte und Frucht in der Pflanzen- und Tierwelt. Segnend schenkt der dreieine Gott seinen Segen, Heil und Wohl, tagtäglich neu “in Jesus Christus”.
“Gelobt sei Gott” (Eph 1, 3), “soli Deo gloria”:
“Alles”, Gemächte und Gewalten, Ideologien und Geltungsansprüche sind Jesus Christus unterstellt, die Fruchtbarkeitsgöttin Diana in Ephesus wie die modernen Idole “Gesundheit - höchstes Gut”, “Wellness - Höchstgenuss”. “Alles” ist in die Heilsgeschichte des dreieinen Gottes mit Anfang und Ende hineingenommen. Nicht unwirklich und abgehoben redet der Schreiber zu den Ephesern, sondern realistisch in Treue zur Erde mit ihren Diskrepanzen und dennoch schon erlöst und befreit, weil es keine Bereiche gibt “in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären” (Barmer Theologischer Erklärung, These 2).
In Jesus Christus offenbart sich urbildlich Gottes Bestimmung der Menschen als Ebenbild Gottes. Immer schon erkannt und anerkannt sind sie, die “in Jesus Christus” ewig Geliebten, belobigt unser Bibelabschnitt. Vergewissert durch die Verheißung Gottes im heiligen Geist, dem Angeld der Hoffnung (2. Kor 1, 22), hoffen sie schon voraus den Sinn ihrer Bestimmung: die Erfüllung des Liebesratschlusses Gottes in einem Leben, das dem Willen Gottes entspricht, auf dass sie etwas seien zum Lob der Gnade Gottes, wie es da heißt.
3. Dieser Lobpreis des dreieinen Gottes und seiner Segnungen erklingt, liebe Gemeinde, am heutigen Sonntag “Trinitatis” wie an jedem Sonntag, der an den Tag der Auferstehung Jesu Christi erinnert, wie an jedem neuen Tag, den Gott uns gibt. Er erschallt im Händelchen “Halleluja” wie im sonntäglichen “Gloria“. Meditierendes Staunen in Natur und Kultur, wie vorreligiöses Ahnen von Gott öffnet sich für sein schaffendes, erlösendes und neuschaffendes Wirken hier und heute. Und auch tiefes Schweigen, Zagen und aufschreiendes Klagen ist auf ihn gerichtet.
Dass wir etwas seien zum Lob der Gnade und Herrlichkeit Gottes, erweist sich zudem im alltägliches Tun. Denn “es ist dir gesagt; Mensch, was gut ist und was Gottes Wille ist“ (Mi 6, 8): “Gottes Wort halten, Liebe üben und demütig sein vor Gott“, eben Gott über alle Dinge fürchten und lieben und deinem Nächsten Achtung und Liebe zeigen. In Gottes Liebesratschluss hineingenommen, wird empfangene Liebe weitergegeben: immer schon wertvoll durch den Mehrwert der Gnade Gottes, sind uns die nahen und fernen Nächsten der Liebe wert. Und als die, die den Sinn und das Ziel ihres Lebens voraushoffen, geben wir Rechenschaft von der Hoffnung, die uns verheißen ist: auf dass wir etwas seien zum Lob der Gnade und Herrlichkeit Gottes.
Liebe Gemeinde, macht die Botschaft des Epheserbriefes Sinn für unsere Fragen, die Fragen unserer Kinder und Enkel? Antwort möchte der Schreiber des Epheserbriefes geben zumindest als Angebot. Vielleicht aber geht uns auch auf, dass der Glaube etwas eröffnet, was wert ist, genauer wahrgenommen zu werden, sich darauf einzulassen, rückwärts zu verstehen und vorwärts zu leben.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne und euer Tun im Glauben an den dreieinen Gott. Amen.
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„wachsen zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“ - Predigt zu Epheser 4, 11–15(16) von Henning Kiene
Im März auf dem Laufband in einem Fitnessstudio. Zwei junge Männer joggen nebeneinander. Die beiden beginnen ein Gespräch. Plötzlich sagt einer: „Ich faste gerade“, der andere antwortet: „Ich faste auch“, „dann bist Du Christ“, sagt der erste, „was, Du auch?“, „Klar doch“, „ich gehöre zu ihm.“ Er meint Jesus Christus. Die beiden klatschen gegenseitig in die Hände. Sie reden über ihren Glauben und ihr Leben. Das Gespräch klingt entspannt und manchmal dringen Gesprächsfetzen durch den Lärm und erreichen die anderen Gäste. Später hilft der eine dem anderen, hievt ihm die Gewichte auf die Geräte.
Pfingsten im Fitnessstudio. Der Geist legt Hand an, gestaltet das Geschehen. Niemand rechnet hier mit ihm, doch dieses „wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“ läuft auf dem Laufband gerne mit. Es ist überraschend, aber hier liegt an einem fremd wirkenden Ort eine Ahnung von Jesus Christus in der Luft, man möchte solche Orte vermehren.
Seit ihrer Taufe besitzt sie eine filigran gearbeitete Silberkette. Ein kleines Kreuz ziert den Schmuck. Anfang Mai erinnerte sie sich an das Kreuz. Lange hatte sie es nicht mehr getragen. Nun legt sie die Kette mit dem kleinen Kreuz wieder um. Warum ihr das plötzlich wichtig ist? Sie weiß es nicht genau. Aber die Diskussion um die Kreuze in öffentlichen Gebäuden hat sie verfolgt. Eine Kollegin sieht den Schmuck, ist überrascht. „Das Kreuz will ich nicht den anderen überlassen“, antwortet sie. „Ich bin getauft, das ist persönlich und für mich wichtig.“ Die Kolleginnen und Kollegen sitzen in der Kantine, sie reden über das Kreuz und sprechen über ihren Glauben. Mit dem kleinen Bekenntnis wird eine Schicht im Leben angerührt, in der viele Gespräche eine neue Tiefe gewinnen.
Pfingsten im Betriebsrestaurant. Der Geist legt Hand an, lenkt das Gespräch. Dieses „wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“ wird von einem kleinen Kreuz an einer Silberkette zitiert. Ein Schmuckstück verändert sie Stimmung, in der sonst gearbeitet wird. Es wirkt so, als hätte das Kreuz die Atmosphäre verändert. Man spricht plötzlich noch persönlicher als vorher.
„Immer wieder Jerusalem“, das Entsetzen ist groß. Die Toten und Verwundeten der vergangenen Woche belasten nicht nur den großen Frieden, sie rühren an den Seelenfrieden. Pfingstfest 2018, geht das in dieser Kulisse? Es ist entsetzlich, dass das erste Zuhause von Pfingsten, Jerusalem, hinter schwarzen Rauchschwaden verschwindet. Diese Realität ruiniert den Versuch. Dabei heißt der Herzschlag aller Religionen, die in Jerusalem beheimatet sind, Frieden, der Rhythmus stolpert.
Pfingsten 2018 weckt die Sehnsucht nach Frieden. Diese Sehnsucht ist stärker, als viele streitende Menschen es gerne hätten. Pfingsten überbietet ohnmächtiges Seufzen. Die Klage über eine geistlose Welt stirbt mit Pfingsten.
Der Geist legt Hand an, öffnet einer Sehnsucht den Raum an, in dem Frieden wächst. Christinnen und Christen sind von der Sehnsucht nach Frieden getrieben, denn sie „wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“. Dieses Wachstum ist die Mitgift der Kirchen an die Welt, die es wiederum der Familie der Religionen anbietet.
Die Sehnsucht nach mehr Pfingsten beschreibt den Kern des Pfingstfestes. Die Choräle, die in diesen beiden Tagen gesungen werden, sind zu allererst Bittlieder, die den Heiligen Geist herbeiflehen. Die Sehnsucht liegt in Jerusalem in der Luft, sie reicht über die Kontinente hinweg, geht von Korea nach Washington, bis sie in die letzte Nische der Seele eindringt. Es ist damit zu rechnen, dass selbst Gewaltmenschen solchen Geist erleben möchten. Auch denen, die sie sich mit allen Mitteln wehren, kann man einen Rest Sehnsucht nach einer Welt ohne Konflikt unterstellen.
Pfingsten ist das Fest der wachstumsfördernden Atmosphären. Der Geist legt Hand an das Greifbare. Selbst die eingeübten Routinen lädt er mit neuem Inhalt auf. Das Laufband im Fitnessstudio hält das Tempo, aber die Läufer spüren, dass die Kraftreserven, die sie hier stärken, aus externen Quellen zu ihnen kommen. Mittags sitzt der Geist mit am Tisch in der Kantine. Körperlich satt werden ist hier sichergestellt. Für die geistliche Stärkung greift der Mensch auf Kraftfelder zu, die unscheinbar sind, wie ein kleines Kreuz, dass jemand um den Hals trägt.
Es sind nicht die Wurzeln einer knorrigen Eiche, die Christinnen und Christen zu Pfingsten mit Nahrung versorgen. Pfingsten gleichen wir den Luftwurzelern, den Orchideen, die versorgen ihre glänzenden Blätter und pastellfarbenen Blüten über Wurzeln, die wie Antennen in die Luft ragen. Wir leben von dem Atmosphärischen, das uns umgibt. Pfingsten wählt die Orte und die Mittel sorgsam aus und füllt sie mit dem aus, was wir zum Wachsen brauchen. Da, wo wir leben und arbeiten, sorgt es für eine Luft, in der wir atmen können und Kräfte gewinnen. Er sorgt dafür, dass wir genau dann Kraft aufbauen, wenn wir matt werden. Er hilft der Phantasie auf die Beine, legt Worte bereit, weist auf Christus, Es geht um eine gesättigte Atmosphäre, in der man – obwohl alle genug haben - keinen Hunger schieben muss.
Immer wenn solche Wachstumsstoffe uns erreichen, hat der Heilige Geist Hand angelegt. Er füllt die ungewöhnlichsten Orte aus und erreicht besondere Menschen. Geist sorgt dafür, dass wir über die Kräfte, die uns fehlen könnten, wirklich verfügen. Denn er macht es, dass wir „wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus“.
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Heut‘ ist dein Geburtstag, darum feiern wir – Predigt zu Epheser 4,11-16 Andreas Schwarz
Und er selbst gab den Heiligen die einen als Apostel, andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Menschen, zum vollen Maß der Fülle Christi, damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch das trügerische Würfeln der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen. Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus. Von ihm aus gestaltet der ganze Leib sein Wachstum, sodass er sich selbst aufbaut in der Liebe – der Leib, der zusammengefügt und gefestigt ist durch jede Verbindung, die mit der Kraft nährt, die jedem Glied zugemessen ist.
Heute kann es regnen, stürmen oder schneien,
denn du strahlst ja selber wie der Sonnenschein.
Heut ist dein Geburtstag, darum feiern wir,
alle deine Freunde freuen sich mit dir
Wie schön dass du geboren bist,
wir hätten dich sonst sehr vermisst.
wie schön dass wir beisammen sind,
wir gratulieren dir, Geburtstagskind!
Heute stehen wir im Mittelpunkt der Feier. Wir Gemeinde. Fröhlich haben wir Weihnachten gefeiert und dem neugeborenen Jesuskind zum Geburtstag gratuliert, haben in großer Zahl und mit viel Freude mitgefeiert, haben Familie eingeladen und uns gegenseitig beschenkt. Zu seinem Geburtstag. Nach der Trauer über seinen Tod am Kreuz am Karfreitag haben wir - auch wieder fröhlich - Ostern gefeiert, das Fest seiner Auferstehung. Er ist auferstanden und uns den Weg vorangegangen, der durch den Tod ins Leben führt. Es ist sein Fest des neuen Lebens. Aber heute, an Pfingsten, geht es wirklich um uns. Um uns Gemeinde. Es ist unser Geburtstag und wir werden von ihm beschenkt. Weihnachten und Ostern werden heute unsere Feste. Geburt und neues Leben – alles gehört jetzt uns.
Es sind Feste für unser Leben als Gemeinde in dieser Welt. Gott macht uns gute Geschenke, damit hier etwas wachsen und gedeihen kann, dass sich etwas entwickelt. Damit etwas Früchte trägt, zum Genießen hier und als Nahrung für die Ewigkeit. Solche großen Pläne machen große Bedingungen nötig. Große Zukunft braucht große Geschenke heute. Größer als Pfingsten kann ein Geschenk nicht sein. Denn wenn man das auspackt, findet man Weihnachten und Ostern darin. Und ganz viele Menschen. Mit wundervollen Gaben.
Und dann kann Gemeinde nicht nur fröhlich Geburtstag feiern, sondern sie kann leben. Egal, ob es stürmt oder schneit. Die Sonne scheint. Und alle, die kommen, um mitzufeiern, freuen sich. Wir wollen gar nicht darüber nachdenken, wie es wäre, wenn es Gemeinde nicht gäbe. Es ist unvorstellbar. Ohne diese Gemeinschaft. Ohne diesen Raum zur Ruhe und zur ehrlichen Besinnung. Ohne die Worte des Lebens. Ohne die Gemeinschaft mit Jesus Christus. Ohne die Entlastung von Schuld. Ohne diese Liebe, diesen Glauben, diese Hoffnung. Natürlich sind wir dankbar, dass es Gemeinde gibt. Und gratulieren. Wünschen Gottes Segen und Gesundheit und alles Gute, was man nur wünschen kann.
Das Gute: Gott hat diese Wünsche schon gehört, bevor wir sie geäußert haben. Er hat sie schon erfüllt, bevor wir darum gebeten haben. Er hat das Leben nicht nur geschenkt, sondern alle Voraussetzungen für ein Gelingen dazu. Alles, damit Leben eine Zukunft hat, ist bereits da. Das macht dieses Fest heute so wichtig und so fröhlich.
Und auch, wenn es am Anfang der Pfingstferien liegt, manche vielleicht schon im Urlaub sind und das Geburtstagsfest heute hier nicht mitfeiern. Das ändert nichts am Fest, seiner Bedeutung, seiner Fröhlichkeit. Denn er hat den Heiligen – also uns - Geschenke gemacht. Nämlich Menschen, die da sind und dazu beitragen, dass Gemeinde lebendige Gemeinde ist. Sie sind hier, beten mit, singen mit, hören mit, feiern mit, lassen sich am Altar mit der Gegenwart Jesu beschenken.
Gott hat den Heiligen – also uns – Menschen geschenkt, die hier alles für den Gottesdienst festlich vorbereitet haben: saubergemacht, Blumen auf den Altar gestellt, den Altar bereitet haben. Menschen, die geübt und sich musikalisch auf diesen Gottesdienst vorbereitet haben, als Musikerinnen und Musiker, als Leiterin, als Organist. Menschen haben einen Gottesdienst für die Kinder vorbereitet und verbringen gefüllte Zeit mit ihnen.
Menschen lesen Worte der Heiligen Schrift, bringen unser Gebet vor Gott. Ein solcher Gottesdienst, mit Liebe vorbereitet und fröhlich gefeiert, strahlt aus in das Leben. Er entfaltet seine Wirkung in uns, wenn wir nachhause gehen, in unsere Familie, in unsere Arbeit. Er wird gelebt und erfahren, wenn Menschen sich in der Woche versammeln. Gott hat den Heiligen – also uns – Menschen geschenkt, die das einbringen, was Gott ihnen anvertraut hat. Sie bereiten sich auf Glaubenskurse vor und führen sie durch; sie begleiten Eltern und kleine Kinder. Sie machen sich Gedanken darüber, was der Gemeinde guttut. Sie überlegen, planen, bereiten Veranstaltungen vor und führen sie durch. Sie schenken anderen gute Erfahrungen und kümmern sich darum, dass kein finanzielles Loch entsteht. Weil Menschen sich für die Gemeinde einsetzen, treffen sich Junge und Alte, Männer und Frauen, Sängerinnen und Bläser. Gemeindevorsteher und –vertreterinnen. Die heißen dann nicht mehr, wie in Ephesus, Apostel oder Propheten, Evangelisten, Hirten oder Lehrer. Aber sie sind gewählt und berufen, sie sind gebeten und engagiert, sie sehen Arbeitsfelder und packen an; sie erzählen von dem, was sie glauben, sie stellen sich anderen an die Seite, sie helfen praktsich, sie trösten, sie beten. Sie erkennen, wie sie begabt sind und wie sie das einbringen können in das Leben der Gemeinde. Das tut ihnen gut und hilft allen zu einem fröhlichen Gemeindeleben.
Aber Gottes Geschenke wirken weiter und tiefer als zu schönen Erfahrungen und erlebter Fröhlichkeit. Da wächst etwas zusammen. Schon ganz lange, seit dem ersten Pfingstfest vor mehr als 2000 Jahren. Und heute wächst es an vielen Stellen auf dieser Erde. Auch hier und heute. Das Interesse aneinander wird geweckt und der Dienst füreinander wird befördert.
Der Blick vom eigenen Empfinden, ob es einem gerade gut oder schlecht geht, wird geweitet. Er wird auf die anderen gelenkt. Und auf das Gemeinsame, das in Jesus Christus seinen Mittelpunkt hat. Und seine Zukunft. Dieser Blick schenkt Gelassenheit für das Leben in dieser Welt. Ein Blick, den wir uns selbst nicht verschaffen können, den es nur als Geschenk gibt.
Von außen, von oben. Ein Geschenk, dass uns stabil macht in der Unruhe dieser Welt, im Chaos von Meinungen und Behauptungen, im Durcheinander von Versprechungen, Werbungen und Lügen. In der Macht von Hass und Gewalt. Das Geschenk bringt Durchblick und Standpunkt. Es macht erwachsen. So, dass wir wissen, was wir glauben und wem wir vertrauen. Und das können wir auch sagen, Gott sei Dank; hier in der Gemeinde und wo immer wir gefragt sind. Müssen uns nicht verbiegen oder schamvoll schweigen. Weil wir wissen, wer uns das Leben nicht nur verspricht, sondern den Weg dahin selbst vorausgegangen ist. Zu dem haben wir uns bekannt und bestätigen es in jedem Gottesdienst. Dem vertrauen wir im Leben und im Sterben.
Und lassen uns davon nicht wegführen, von wem und wohin auch immer. Bleiben bei ihm, im Herzen, im Denken und auch im Leben.
Was für ein großes Geschenk, das wir bekommen haben und wofür wir heute wieder danken. Er selbst schenkt sich uns, stellt sich uns an die Seite, bleibt bei uns – wir sehen ihn nicht, aber sein Geist erinnert uns, bestätigt uns und gibt die Kraft zum Leben und zum Glauben. Sonst ginge es nicht.
Nicht einen Tag. Und er schenkt uns einander. Damit niemand allein ist auf diesem Weg. Und wie man sich seine Geschenke nicht aussucht, so sucht man sich auch die Gemeindeglieder nicht aus. Mit denen man zusammengehört, mit denen man gemeinsam Gemeinde ist, als Gemeinde lebt und Gottesdienst feiert. Ganz schön verschieden, unterschiedlich, vielfältig. Da braucht es guten Zusammenhalt. Lasst uns wahrhaftig sein in der Liebe. Anders funktioniert es nicht, als dass die Liebe uns verbindet. Nicht Sympathie, nicht Einverständnis in eine Verfassung oder ein Grundgesetz, nicht Zustimmung zu gemeinsam formulierten Zielen. Sondern Liebe. Die Erfahrung und das Vertrauen, angenommen und beschenkt zu sein, mit anderen in der gleichen Lage und auf dem gleichen Weg zu sein. Nicht Gemeinsames und Verbindendes zu suchen, sondern in Christus den Zusammenhalt bereits längst zu haben. Wir gehören zusammen, weil wir alle zu Christus gehören. Und weil er sich jedem einzelnen von uns in Liebe zuwendet, ist es seine Liebe, die uns untereinander verbindet. Mein Platz in der Gemeinde bekommt einen neuen Stellenwert. Ich bin geliebt, ich gehöre dazu, ich bin beschenkt.
Was kann ich tun, wie kann ich mich einbringen, damit es der Gemeinde hilft und fördert? Damit das Ganze wächst und gedeiht. Lasst uns – schreibt der Apostel seiner Gemeinde. Und er wendet sich nicht an die Pflicht, sondern an die Liebe. Daran, dass alle den Wunsch und das Interesse haben, dass Gemeinde lebt und wächst. Je mehr Menschen mitgestalten, mitdenken, mittun, umso lebendiger und bunter ist sie. Umso fröhlicher für die, die da sind. Umso einladender für alle. Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner göttlichen Liebe.
Amen.