Predigt zu Johannes 3,14-21 (Text der Perikopenrevision) von Johannes Neukirch
Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, 15 damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. 16 Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. 17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde. 18 Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. 19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. 20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind.
Liebe Gemeinde,
hier ist alles beieinander,
was nötig ist – damit sich alles zum Guten wendet:
Gott liebt die Welt
Er gab seinen Sohn
damit die Welt gerettet werde
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet
Menschen lieben die Finsternis
aber Jesus ist als Licht gekommen, das die Finsternis besiegt
So eine Art Welt-Rettungs-Programm, höchste Zeit, dass es wirkt!
Wenn ich in den Nachrichten höre, dass syrisch-orthodoxe Christen ermordet und verschleppt werden, wenn ich an die weltweit Millionen Flüchtlinge denke, an Krieg, Gewalt und Terror – die Liste ist zur Zeit lang – dann kommt mir das in der Tat wie eine große Finsternis vor.
Und ich frage mich, woher Licht kommen kann
und wann endlich das Gericht kommt und allen brutalen Schlächtern der Prozess gemacht wird.
Und wo die Liebe bleibt.
Und warum Jesus in die Welt gekommen ist.
Das Welt-Rettungsprogramm hat bisher nicht funktioniert.
Eine Überschrift unter vielen: Verbrechen in der Nachbarschaft - Im Frühjahr 1945 wurden Hunderttausende KZ-Häftlinge auf Todesmärsche getrieben. «Heute will man uns glauben machen, die Eltern und Großeltern hätten den Häftlingen Hilfe geleistet», sagt ein Überlebender. «Aber nirgendwo wollte man uns aufnehmen oder gab man uns zu essen.»
Am Aschermittwoch hat Bischof Trelle in Hildesheim ein Schuldbekenntnis der Sünden in der Geschichte des Bistums abgelegt. Es ging über einen Zeitraum von 1.200 Jahren. So alt ist das Bistum Hildesheim. Den Text über die letzten fünf Jahrhunderte können wir als evangelische Kirche ganz einfach mitsprechen.
Gott liebt die Welt
Er gab seinen Sohn
damit die Welt gerettet werde
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet
Menschen lieben die Finsternis
aber Jesus ist als Licht gekommen, das die Finsternis besiegt
Eigentlich haben wir also alles beieinander für Liebe, für Frieden, für Gerechtigkeit. Warum funktioniert das Welt-Rettungsprogramm, das vor 2000 Jahren begonnen hat, nicht?
Es ist offensichtlich eine sehr spezielle Welt-Rettung
Menschen legen andauernd Hilfs- und Rettungsprogramme auf.
Um Kriege zu beenden, um den Hunger zu besiegen, um die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Immer alles mit Fehlern
Hilfsprogramme sind schwierig
Erst recht, ist es schwierig, will sagen: unmöglich, die Welt zu retten, die Finsternis zu besiegen und das Licht leuchten zu lassen
Gottes Hilfsprogramm ist anders.
Gleich am Anfang muss jemand sterben.
Jesus am Kreuz.
Das ist in dem Satz enthalten „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“
Dieser Satz erinnert an eine Geschichte im Alten Testament. Ich muss ein wenig ausholen:
Das Volk Israel, im Auftrag Gottes von Mose aus der ägyptischen Sklaverei befreit, ist in der Wüste. Da kehrt sich die Erfahrung der Freiheit um in ein tiefes Gefühl des Mißtrauens: "Warum habt ihr uns aus Ägypten heraufgeführt?" so fragen die Menschen Gott und Mose, "etwa, damit wir in der Wüste sterben?" In ihrer Angst tritt ein, was sie befürchten: Viele werden von Giftschlangen gebissen und sterben. Mose soll im Auftrag Gottes eine Schlange aus Kupfer machen und sie an einer Stange befestigen. "Und jeder, der gebissen wird", so heißt es, "wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht." Der Satz aus unserem Text: „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ meint: So wie die Schlange an dem Pfahl hing, so wird Jesus am Kreuz hängen. Und so wie die Israeliten zur kupfernen Schlange aufschauten und ihr Leben vor dem Tod retten konnten, so haben alle das ewige Leben, die zum Kreuz und zum Gekreuzigten aufschauen und ihm vertrauen.
Wir sollen aufschauen zum Gekreuzigten.
Das heißt vor allem: den Gekreuzigten aushalten.
Leiden und Tod aushalten.
Nicht davonlaufen.
Und gleichzeitig: darauf vertrauen, dass Gott aus Liebe zur Welt seinen einzigen Sohn dahingegeben hat.
Er hat es zugelassen.
Es ist sein Weg – eine andere Sicht der Dinge.
Manche sagen: weg mit dieser schrecklichen Geschichte von dem Gekreuzigten. Wenn Gott die Welt liebt, braucht er das nicht. Das haben sich die Menschen so zusammengereimt.
Ich glaube aber, dass dieser Blick aufs Kreuz ganz entscheidend ist.
Er verändert uns, er berührt uns, er erreicht unser Herz.
Weil wir dabei nicht auf uns selbst sehen, sondern auf Gott.
Das ist ein anderer Blick als der übliche auf Leistung, Ruhm, Ehre, Erfolg, Geld, Macht, Kampf.
Weil ein Gott sichtbar wird, der in unsere Welt eintaucht, der sich aufs Leiden einlässt, auf Schmerzen, auf den Tod. Auf all das, was uns geschieht.
Was passiert, wenn wir aufs Kreuz schauen und das Kreuz aushalten?
In unserem Text heißt es: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet. (…) Das IST aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist“
das passiert alles schon jetzt, nicht in der Zukunft. „Das IST aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist“ – kein zukünftiges Gericht. Das Licht ist schon da.
Gott hat nicht einfach Licht angeschaltet. Wir schauen nicht auf einen Supermann, der Licht anzündet. Wir schauen auf den Gekreuzigten und lassen uns von ihm in unseren Herzen berühren. Dann sind wir im Licht.
Deshalb ist hier von dem Gericht die Rede.
Kein primitives Rache-Gericht, kein „Tod den Feinden“, auch keine langwierigen Gerichtsverhandlungen. Es gibt auch keinen Moment, in dem wir sicher sein können, auf der Seite der Guten zu stehen.
Ich verstehe das Gericht so: Alles wird aufgedeckt und verwandelt!
Das Licht leuchtet alle Ecken aus, alles wird sichtbar, nichts kann mehr versteckt werden. Dann merken wir, dass wir die Finsternis lieben, weil wir Menschen sind. Aber wir können uns erleuchten lassen.
Keine Angst vor dem Gericht!
Gerade dadurch, dass alles aufgedeckt wird, dass unser Menschsein offensichtlich wird, werden wir gerettet!
Wir sehen durch den Gekreuzigten hindurch ins Licht!
Uns wird klar, wem wir vertrauen können.
Wir sehen, was wirklich wichtig ist im Leben.
Wir spüren, dass Gott uns liebt.
Wir fühlen seine Gnade.
Keine Angst vor dem Gericht, es meint:
Jesus nimmt uns aus der Finsternis heraus und stellt uns ins Licht.
Das hat Folgen.
„Wer Böses tut“, so unser Text, „der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind.“
Wenn wir ins Licht gestellt worden sind, wird uns klar, was Böses tun und die Wahrheit tun, meint.
Das Welt-Rettungsprogramm besteht also nicht aus irgendwelchen Maßnahmen, Plänen, Strategien Gottes. Kein Zehn-Punkte-Plan. Es läuft nicht automatisch ab.
Es funktioniert durch Liebe. Gott liebt die Menschen. Deshalb hat er seinen Sohn in das Menschenleben hineinversetzt, der Welt preisgegeben.
Wenn Menschen auf den Gekreuzigten schauen und dadurch verwandelt werden, wenn Menschen aus der Finsternis ins Licht gestellt werden, wird die Liebe Gottes sichtbar. Jesus ist nicht gekommen, um zu richten, sondern um zu retten.
„Gott liebt diese Welt“, werden wir gleich singen, „und wir sind sein eigen. Wohin er uns stellt, sollen wir es zeigen: Gott liebt diese Welt.“
Amen.
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Überflüssig - Predigt zu Johannes 2,1-11 von Wolfgang Vögele
"Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn. Danach ging Jesus hinab nach Kapernaum, er, seine Mutter, seine Brüder und seine Jünger, und sie blieben nicht lange da."
Liebe Gemeinde,
am Anfang halte ich diesen billigen Kugelschreiber aus Plastik in die Höhe. Mit diesem Kugelschreiber habe ich Teile der Predigt auf Schmierpapier notiert. Der Kugelschreiber aber ist auch ein Zeichen der Trauer. Solche Kugelschreiber oder Buntstifte haben die Pariser Bürgerinnen und Bürger bei dem großen Gedenkmarsch am letzten Sonntag in die Höhe gehalten, um an die ermordeten Opfer der Attentate bei Charlie Hebdo und im Supermarkt von Porte de Vincennes zu erinnern. Die bekannten französischen Karikaturisten sind ermordet worden, weil sie Religionen verhunzt und Gläubige auf die Schippe genommen haben.
Das hohe Gut der Meinungsfreiheit setzt für Glaubende voraus, sich auch einen Humor gefallen zu lassen, der die eigene Religion und die eigene Meinung kritisch auf den Bleistift spießt, selbst wenn der Humor der Satirezeitschrift Charlie Hebdo - wie zu lesen ist - oft unter der Gürtellinie lag. Der Schock über die ermordeten Karikaturisten, die die Leser zum Lachen bringen wollten, sitzt tief. Christlicher Glaube tut gut daran, großzügig, souverän und ohne falsche Empfindlichkeit auch mit schmähender Kritik umzugehen. Unbeirrbar erinnert daran der in die Höhe gereckte Kugelschreiber.
Es stellen sich Fragen nach der Verbindung von Glauben, Lachen und Gott. Müssen Glaubende diejenigen fürchten, die die Menschen zum Lachen bringen wollen? Lachen und Humor sind in der Lage, die starren Denkgebäude der Menschen, seien sie von Philosophie, Politik oder Religion bestimmt, zum Wanken zu bringen und sie zu verändern. Christlicher Glaube fühlt sich nicht wohl in starren und phantasielos errichteten Denkgebäuden aus dogmatischem Beton. Christlicher Glaube lebt von Veränderung, mindestens von der Hoffnung darauf. Das intellektuelle Rüstzeug dafür ist nicht schwer zu tragen; es ist so leicht wie ein Bleistift, es muß für die Wanderschaften und Veränderungen des Glaubens in einen Rucksack passen, damit niemand über der schweren Last von Dogmatik und Bekenntnis das Vertrauen auf Gott verliert.
Ist in der Bibel vom Lachen die Rede? Sara, Abrahams alt gewordene Frau, hat sich hinter einer Zeltwand versteckt. Vor dem Zelt sitzen Abraham, der Ehemann sowie drei Engel und essen miteinander. Die Engel kündigen dem alten Abraham die Geburt eines Sohnes an. Hinter der Zeltwand muß Sara lachen, als sie hört, daß sie in ihrem hohen Alter noch ein Kind gebären soll. Die Engel sind von diesem Lachen nicht begeistert, aber das ist eine andere Geschichte.
Wissenschaftliche Ausleger, nach Humor in der Bibel gefragt, verweisen auf die Geschichte der Hochzeit zu Kana (1). Denn die Hochzeit der beiden jungen Leute ist ja auch eine ganz weltliche Angelegenheit. Es geht um Feiern, Trinken, Essen statt um Gottesbeweise und Jungfrauengeburt. Das flüssige Wunder, das Jesus vollbracht haben soll, muß die vielen Gäste der Hochzeit verblüfft und zum Staunen gebracht haben. Vielleicht haben sie, wie spätere Leser, geschmunzelt, gestaunt, gelacht. Hoffentlich hat nicht nur der Alkohol im Wein die Gäste in große Begeisterung versetzt.
Für diese Begeisterung gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Der Evangelist Johannes erzählt die Geschichte der Hochzeit als das allererste Wunder Jesu. Johannes spricht von einem besonderen Zeichen. Keiner der Hochzeitsgäste kann wie die Leser des Evangeliums von der besonderen Aufgabe Jesu als guter Hirt, als Tröster, als Brot des Lebens gewußt haben.
Wenn man die Mengenangaben für die Wasserkrüge ernst nimmt, so hat Jesus das Wasser aus sechs Krügen mit jeweils zwei oder drei "Maßen" Inhalt in Wein verwandelt. Umgerechnet auf heutige Inhaltsangaben ergibt das um die sechshundert Liter Wein. Rechnet man sehr großzügig eine Dreiviertelliterflasche pro Person, so hätte der Hochzeitsplaner achthundert Gäste in die Einladungsliste aufnehmen müssen. Das erscheint als eine unwahrscheinliche Übertreibung.
Am Anfang, gleichsam um sich vorzustellen, vollbringt der dem Volk ganz unbekannte Jesus ein Weinwunder. Eigentlich wollte er das gar nicht, Maria muß ihn eigens dazu auffordern. Jesus verhält sich – mit Verlaub – rüpelhaft und halbstark ihr gegenüber und antwortet ganz brüsk: Meine Stunde hat noch nicht geschlagen. Ich meide noch das Licht der Öffentlichkeit. Das wird erst später kommen. Danach erst schreitet er zur Tat, und eigentlich handelt er gegen das, was er vorher gesagt hat. Die kluge Mutter Maria hat das verstanden.
Unabhängig davon, ob diese Wunder wirklich wie erzählt geschehen sind, denken wir pragmatischen Protestanten sofort: Bei seinem ersten Wunder hätte er sich aber etwas vernünftiger anstellen können. Er hätte einen Blinden, einen Lahmen oder einen Leprakranken heilen können. Damit hätte er etwas für Diakonie und Gesundheitswesen getan. Für Epilepsie oder Besessenheit hätte es sich viel eher gelohnt, die Naturgesetze zu übertreten. Aber viel Wasser in noch mehr Wein verwandeln, Entschuldigung, das ist doch eine peinliche Taschenspielerei mit dem Wunderglauben, oder nicht? Damit wäre die Geschichte der Hochzeit von Kana mißverstanden. Sie gehört zu den Wundern, die auf kindlich unschuldige Weise Fülle, Überfluß und Heil in den Mittelpunkt rücken. Damit steht die Hochzeit von Kana auch nicht allein. Bei der Speisung der Fünftausend zum Beispiel bleibt körbeweise Brot und Fisch übrig.
Im Johannesevangelium erscheint Maria, anders als im Lukasevangelium, nur an zwei Stellen. Bei Lukas ist Maria die Schwangere, die fürsorgliche Mutter vor der Krippe, die geduldige Ehefrau Josefs, die mit ihm und dem Kind nach Ägypten flieht, die übereifrige Helikoptermutter, die sich um den Zwölfjährigen im Tempel Sorgen macht.
Nichts davon hören wir bei Johannes. Maria begleitet Jesus zur Hochzeit in Kana, und sie steht dann ein zweites Mal neben dem Lieblingsjünger, dessen Namen wir nicht kennen, unter dem Kreuz. Das ist die berühmte und ergreifende Szene, die im 16.Jahrhundert der Maler Matthias Grünewald auf den Tauberbischofsheimer Altar (2) gemalt hat: Am Kreuz hängt der verwundete, sterbende Jesus, links und rechts daneben stehen trauernd, unsicher und verstohlen Maria und der Lieblingsjünger. Maria begleitet den Anfang des Wirkens Jesu bei einer Hochzeit, und sie sieht sein grausames Ende unter dem Kreuz.
Jesus beginnt sein öffentliches heilsames und wundertätiges Wirken in dem kleinen Ort Kana in Galiläa. Wir wissen heute nicht mehr ganz sicher, wo in Galiläa dieser Ort liegt. Johannes spricht davon, daß Kana in der Nähe von Kapernaum lag. Die damals lebenden Menschen in Kana und Kapernaum teilen mit uns heutigen Predigthörern die Überzeugung, daß eine Hochzeit zu den Höhepunkten im Leben zweier sich liebender Menschen und ihrer Familien gehört. Wer als Paar zusammenleben will, der feiert häufig den Anfang mit Gottesdienst, Empfang und Festbankett.
Hochzeit - heute ist das der eine große Tag, der Beginn einer tiefen und nachhaltig dauerhaften Beziehung zwischen zwei verliebten Menschen. Monate im Voraus gelten Planung, Vorbereitung, Überlegung diesem einen festlichen Ereignis. Welchen Stoff soll die Braut für das Kleid auswählen? Welche Schuhe passen dem Bräutigam? Welcher Fotograf soll das Ereignis festhalten? Welches Restaurant eignet sich am besten für die Feier am Abend? Die Planungsaufgaben gestalten sich so kompliziert und umfassend, daß viele Brautpaare sie an einen Hochzeitsplaner weitergeben.
Manchmal erscheint der Hochzeitsplaner sogar anstelle des Brautpaars zum Traugespräch im Büro des Pfarrers. Aber das führt dann doch zu weit. Und so ein Traugespräch mit dem Brautpaar läuft manchmal nicht ohne Mißverständnisse ab. Denn der Pfarrer will in der Regel den besonderen Charakter des Gottesdienstes festhalten, während manche Brautpaare - keineswegs alle! - die Vorstellung haben, der Kirchenraum sei nur Kulisse für die bewundernden Blicke der Familie. Der Gottesdienst sei nur das fromme Vorspiel für das große Fest am späteren Abend. Und man kann wunderbar darüber streiten, ob das beliebte "Over the Rainbow", gesungen von der Schwägerin und auf der Ukulele begleitet vom Neffen, wirklich sein muß nach dem Tausch der Ringe und dem allfälligen Kuß.
Die Brautleute damals in Kana haben sich selbstverständlich auch Gedanken um Organisation und Vorbereitung gemacht. Bei den Getränken warfen sie sich schon während des Festes vor, daß sie nicht genug Wein besorgt hatten. Aber damit enden auch schon die Gemeinsamkeiten in der Planung. Von Hochzeitstorten, Trauringen und weißen Tauben wußte man damals nichts.
Johannes erzählt von der Hochzeit in Kana aus einem anderen Grund. Eine Trauung verbindet zwei Menschen, aber sie ist auch ein Bild für die große Verbindung zwischen Gott und dem Volk Israel.
Immer wieder, im 2.Buch Mose, bei Hosea und anderen Propheten redet die Bibel von der Beziehung zwischen Gott und Mensch im Bild der Hochzeit. Mose und die Propheten haben von einem Bund zwischen Gott und den Menschen gesprochen. Diese Beziehung fängt mit einem geistlichen Fest an. Das Fest wird so schön gestaltet, daß es jedem Gast dauerhaft in Erinnerung bleibt. Viele Gäste sind eingeladen. Es gibt im Überfluß zu essen und zu trinken. Gott und die Menschen versprechen sich, in Treue miteinander zu leben. Wenn man diesen Bildhintergrund der Hochzeit ausleuchtet, gewinnt das Wunder der Wasserverwandlung in Kana seinen ganz besonderen Sinn. Fülle und Treue kommen zusammen. Gott hält sich an das Versprechen, das er den Menschen gegeben hat, dem Volk Israel zuerst, dann auch allen anderen.
Und vor diesem Bildhintergrund erklärt sich auch, warum Jesus ausgerechnet bei einer Hochzeit sein erstes Wunder vollbringt. Die Hochzeit dieses jungen Paares in Kana erinnert an die andere große Hochzeit, an den Bund Gottes mit den Menschen. Die Anwesenheit Jesu von Nazareth bei dieser Hochzeit beglaubigt die Treue Gottes zu Israel. Die Menschen haben das bei der Hochzeit selbst noch nicht richtig verstanden. Deswegen ärgerte sich auch der Kellermeister über die vermeintliche Dummheit des Bräutigams, der erst nach den Krügen mit schlechtem den guten Wein aufgetischt habe.
Gottes Treue zu den Menschen zeigt sich in der bleibenden Verbindung, die durch Jesus von Nazareth gestiftet wird. Er verkörpert beides: Seine Menschlichkeit und Würde findet sich in der Zuneigung und in dem Respekt, mit denen er auf die Armen, Schwachen, Blinden, Kranken, Alten zugeht. Die Nähe Gottes zeigt sich bei ihm in der unerschütterlichen Überzeugung, daß zwischen ihm selbst und dem väterlichen Gott kein Unterschied festzustellen sei. Wo Menschlichkeit und Gottes Nähe sich verbinden, da zeigen sich Fülle, Überfluß, Heil und Glauben. Da zeigen sich auch Humor, Lachen, Lächeln, ohne alle Verletzung. Um das zu sehen und zu spüren, müssen wir die Augen und die übrigen Sinne offen halten. In Kana ging das Leben nach der Hochzeit der jungen Leute schnell wieder seinen gewohnten Gang. Aber die Fülle Gottes, von der wir Menschen leben, bleibt in Erinnerung. Sie ermuntert uns zur Hoffnung, Glaube und Liebe. Das Bild der Hochzeit, eine liebevolle Zeichnung des humorvollen Evangelisten Johannes, lebt in unseren Herzen. Amen.
(1) Der Versuch einer - hoffentlich - humorvollen und gereimten Predigt über Joh 2,1-11 findet sich unter: http://predigten.evangelisch.de/predigt/glauben-und-lachen-predigt-zu-j…
(2) Weitere Bemerkungen zu Grünewalds Altarbild bei: Wolfgang Vögele, Der Schmerzensmann, 2008, http://www.predigten.uni-goettingen.de/bgpredigt.php?id=119&kennung=de
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Predigt zu Johannes 2,1-11 von Lucie Panzer
Schon wieder vier Wochen, seit wir Weihnachten gefeiert haben. Bei den allermeisten ist der Baum abgeräumt, das Glitzerzeug steht wieder auf dem Speicher.
Wo ist der Glanz der Feiertage geblieben und die Hochstimmung trotz der vielen Arbeit, die man sich gemacht hat? Die Freude, dass die Kinder kommen, das Gefühl: Ist doch schön, dass wir zusammen gehören? Die Freude am Leben, die sich ausbreitet, wenn man singt: „Freue dich, o Christenheit“? Jetzt ist wieder Alltag. Da singt man nicht. Und von dem Familienfest ist womöglich irgendeine Missstimmung geblieben. Jetzt kommen wieder 360 Tage Alltag: Da muss jeder für sich allein sehen, wie er durchkommt.
Was bleibt vom Fest, am 18. Januar? Was bleibt von den schönen Worten aus der Weihnachtsgeschichte, die man doch glauben möchte? Was bleibt vom Frieden auf Erden? Und die Menschen seines Wohlgefallens? Wo sind sie? Es gab Predigten und Bischofsworte, da hieß es: Wir wollen gut miteinander leben in den Familien und als Nachbarn. Wir wollen uns Mühe geben mit den Fremden unter uns, mit den Muslimen. Wir wollen den Flüchtlingen beistehen. Und jetzt hat uns vor eineinhalb Wochen dieses Attentat in Paris erschüttert. So viele Tote, so viel Schrecken. Waren das doch nur schöne Worte an Weihnachten, ein schöner Traum bestenfalls und nun, im Alltag müssen wir Angst haben und uns abgrenzen und schützen und wehren und verteidigen - so wie die Soldaten, die über die Feiertage ein paar Stunden Feuerpause haben und dann geht es weiter mit dem Krieg?
Ja, so ist das wohl, sagen viele vernünftige Erwachsene. Die guten Tage haben immer schnell ein Ende. Nach der Hochzeit kommt der Alltag, da kann man nichts machen. So ist das halt. „Jede Blüte welkt und jede Jugend“, sagt der Dichter. Kein Fest kann ewig dauern.
Vielleicht ist es deshalb ganz gut, dass von alters her für diesen Sonntag, vier Wochen nach dem Fest eine Geschichte als Predigttext vorgeschlagen ist, die uns erinnert, wie schnell so ein Fest ein Ende findet. Und die uns erzählt, wie es weitergehen kann mit dem Fest – wenn, ja, wenn wir auf Jesus hören.
Ich lese aus dem Johannesevangelium Kap 2, die Verse 1-11
Kein Wein mehr da! Was für ein Unglück. Was für eine Blamage. Stellen Sie sich vor, bei Ihrem Geburtstagsfest reicht das Essen nicht. Oder der Wein. Oder das Bier geht aus. Ein Albtraum für jede Hausfrau! Erst recht im gastfreundlichen Orient, wo Feste noch opulenter, noch großzügiger gefeiert werden als bei uns. Und so wie Johannes die Geschichte erzählt, meint er sicher nicht nur irgendein Fest, bei dem zufällig Jesus als Gast eingeladen war. Der Wein galt damals als Ausweis guten, festlichen Lebens überhaupt. Damit geht es schnell zu Ende, wenn man nicht aufpasst. Ich glaube, dass will Johannes uns mit seiner Geschichte sagen.
Eine Hochzeit: Das Fest der Liebe steht auf der Kippe. Wir hören das knapp 4 Wochen nach Weihnachten, drei Wochen nach Neujahr mit seinen guten Vorsätzen, Jahre nach der eigenen Hochzeit vielleicht, 10 Tage nach dem schrecklichen Attentat in Paris. Es gibt keinen Wein mehr. Nur noch Wasser. Wenn jetzt nicht ein Wunder geschieht, ist alles aus. Die Menschen werden Streit anfangen, wer nun Schuld daran ist. Sie werden auseinander laufen, enttäuscht die einen, beschämt die anderen, manche verängstigt –wie soll das jetzt weitergehen?
Ich glaube: Es gibt viele Gründe, wie es so weit kommen kann. Vielleicht war das Brautpaar zu geizig, hat zu wenig investiert in das Fest und in die Beziehung. Vielleicht sind mehr Gäste gekommen, als erwartet, vielleicht sind die Belastungen und Anforderungen größer als angenommen. Vielleicht sind die Widerstände zu groß, die Menschen, mit denen man zu tun hat eben doch nicht alle „guten Willens“. Das macht einem das Leben schwer und das Feiern erst recht. Da muss man mit Streit und Auseinandersetzungen rechnen: Wer hat denn nun Schuld, dass es nicht klappt? Wie bei einer Hochzeit, bei der der Wein ausgeht.
Maria ist anscheinend die erste, die davon redet. Aber sie redet nicht mit irgendwem. Sie schürt nicht Enttäuschung und Empörung bei den anderen Gästen und erzählt es herum: „Stellt euch vor, sie haben keinen Wein mehr! Was sind das bloß für Leute? Wären wir bloß nicht erst her gekommen.“ Sie beschämt nicht die Gastgeber: „Wie konnte denn das passieren? Für so eine Sache gibt es keine Entschuldigung!“ Nein. Maria weiß, an wen sie sich wenden muss. Maria redet mit Jesus. Ich glaube, das wäre in den meisten Fällen das Beste, wenn der Wein ausgeht – die Begeisterung, die Freude im und am Leben. Wenn man nicht mehr weiß, wie es weitergehen und wo neue Energie herkommen soll: Mit Jesus reden. Ich würde lieber sagen: Mit Gott reden. Ihm klagen, ihm sagen, wo das Problem liegt. Meine Erfahrung ist: Beim Beten klärt sich viel. Schon allein, weil ich mir Zeit nehmen und Zeit geben muss um es zu formulieren, was mir auf der Seele liegt. Mit Gott reden. Mit Jesus reden-. Für Maria ist das der erste Schritt, als es ein Problem gibt.
Dann kriegt sie eine herbe Abfuhr von ihrem Sohn. Mütter, die auch Söhne haben, können sich vielleicht vorstellen, wie das manchmal ist. Aber Maria lässt sich nicht beirren. Sie sagt nicht: „Du kannst mich mal gerne haben!“ Sie begreift: Er kann nicht einfach machen, was ich von ihm will. Aber sie vertraut ihm, auch, wenn es zunächst gar nicht so aussieht, als ob er helfen wollte. „Was Jesus euch sagt, das tut!“ Für mich ist das der Mittelpunkt dieser Geschichte. Was Jesus euch sagt, das tut. Statt das ihr euch in Grund und Boden schämt, statt dass ihr verzweifelt, statt dass ihr auf ein Wunder wartet: „Was Jesus euch sagt, das tut!“
Und was sagt Jesus? „Füllt die Krüge mit Wasser!“ Die Riesenkrüge, die in jedem Haus am Eingang standen für die Gäste zum Füßewaschen. Während des Festes waren die anscheinend auch leer geworden. Also auf! Füllt sie mit Wasser. Das ist Arbeit, gewiss. Da muss man ein paarmal zum Bach laufen oder zum Brunnen. Da muss man ganz schön schleppen. Aber andererseits: Es ist eigentlich nichts Besonderes. Kein Wunder ist nötig. Sie müssen nicht Übermenschliches vollbringen, damit das Fest weiter geht. Sie müssen nicht selber das Fest am Laufen halten, wie auch immer. Sie müssen nicht Erklärungen abgeben, um Verzeihung bitten, gute Vorsätze verkünden. Sie sollen tun, was ihre Aufgabe ist. Sie sollen tun, was den Alltag leichter macht. Damit die Gäste sich erfrischen können. Ihre Pflichten sollen sie erfüllen. Jetzt nicht sagen: Na, wenn es schon so weit gekommen ist: Dann hat das doch sowieso keinen Sinn mehr. Auch wenn es jetzt gerade vielleicht nicht so viel Freude macht, auch wenn es ein bisschen anstrengend ist: Sie sollen das Leben erträglich halten mit dem Waschwasser in den Krügen.
Und da geschieht das Wunder! Das Wasser schmeckt wie bester Wein. Das Wasser wird zu Wein. Auch wenn ich mir dieses Phänomen nicht erklären kann, entspricht das doch meiner Erfahrung: Wenn man sich bemüht, wenn man nicht aufgibt, wenn man für den Alltag sorgt, wenn man sich umeinander sorgt: Dann können Wunder geschehen. Dann kann das Fest weiter gehen.
Zweierlei sagt mir diese Geschichte für meinen Alltag, wenn es nur Wasser gibt und der Wein ausgegangen ist. Erstens: Jesus will, dass das Fest weiter geht. Und zweitens: Man kann etwas tun. „Was Jesus sagt, das tut!“
Jahre nach der Hochzeit, wenn die Ehe im Alltag versandet und die Beziehung zu vertrocknen droht. Dann kann man etwas tun. „Füllt die Krüge mit Wasser!“ Macht einander das Leben leichter. Tut eure Pflicht. Sucht nicht bloß nach dem Schuldigen. Macht ab und zu ein besonders gutes Frühstück am Sonntag. Lobt, was der andere gekocht hat, und sagt, wie gut so ein entspanntes Essen tut. Fragt, was die andere bedrückt. Nehmt Anteil. Sucht nach ein paar guten Worten. Lest euch gegenseitig vor. Nichts Besonderes eigentlich. Bloß wieder Wasser in den Krügen. Damals haben sie erlebt, wie daraus Wein wurde. Vielleicht sollten wir darauf vertrauen?
Wenn die großen Worte von Integration und guter Nachbarschaft bei manchen nur noch Hohn und Spott auslösen: Ihr seht ja, wohin man damit kommt, sagen jetzt viele, der Islam ist eine Bedrohung. Wir haben es doch gewusst. Dann gilt erst recht, was Maria rät: „Was Jesus euch sagt das tut“. Jesus hat Nächstenliebe empfohlen, damit das Leben friedlich und freundlich bleiben und zu einem fest werden kann. „Wenn ihr aber nur die liebt, die genauso sind, wie ihr, was ist das Besonderes?“ hat er gefragt. Deshalb jetzt erst recht: „Was Jesus euch sagt, das tut!“ Nehmt Kontakt auf zu den Muslimen und Flüchtlingen. Lasst sie spüren, dass sie willkommen sind. Wer integriert ist und Arbeit und Freunde hat, wer Wasser zum Leben hat – der wirft sein Leben nicht so leicht weg und wird zum Kämpfer. Wenn das Alltägliche klappt, wenn Wasser in den Krügen ist – dann wird das Zusammenleben leichter. Dann kann das Fest weiter gehen.
Und wenn der Alltag grau geworden ist, wenn der Weihnachtsglanz wieder so unglaublich weit weg scheint? Wenn „O du fröhliche“ nicht mehr passt? Holt Wasser! Es braucht gar nicht so viel, damit Freude ins Leben kommt. Rafft euch auf zum Sport, verabredet euch für das Wochenende zum Spazierengehen oder Radfahren! Bewegung setzt Endorphine frei und Endorphine machen glücklich. Oder: Versucht es mit Musik! Jeden Abend eine CD oder wenigstens das Radio einschalten. Musik kann einen umstimmen, von moll nach Dur. Singen hilft noch besser. Man könnte es in einem Chor versuchen. In Stuttgart, habe ich gelesen, gibt es sogar einen Chor für Leute wie mich, die gern singen aber nicht wirklich singen können. Oder im Gottesdienst am Sonntag! Ich gehe, ehrlich gesagt, auch deshalb so gern zum Gottesdienst, weil man dort singen kann und keiner merkt, ob man schön singt oder nicht. Wenn die Musik einen aufrichtet, wenn man zu singen anfängt: dann sieht der Alltag anders aus. Freundlicher. Heller. Festlicher. Das gibt Kraft für die dunklen Stunden. Für die Durststrecken. Ein Arbeitskollege versucht es jetzt mit einem Dankbarkeitskalender. So ein einfacher Küchenkalender ist es mit einer Zeile für jeden Tag. Da trägt er jeden Abend ein zwei Worte ein: was schön war am vergangenen Tag. Das baut einen auf, sagt er, für den nächsten.
Wasser in den Krügen. Mehr braucht es oft nicht. Für das Wunder sorgt Gott.
Amen
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Predigt zu Johannes 2,1-11 von Rudolf Rengstorf
Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr.Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
(Johannes 2,1-11)
Liebe Leserin, lieber Leser!
Klar, die Geschichte von dem Weinwunder in Kana, die kennen wir natürlich. Sie ist schnell erzählt:Wie auf einer Hochzeit der Wein ausgegangen ist und Jesus dafür gesorgt hat, dass er dann wieder in Strömen fließen konnte, weil er große Mengen von Wasser in Wein – und den sogar von der feinsten Sorte - verwandelt hat.
Doch was hat eine solche Geschichte – eher schon ein Schwank – in einer Predigt zu tun? Selbst wenn es so gewesen wäre, bliebe unser Leben davon völlig unberührt. Und wem kann denn in unserer vom Alkoholismus bedrohten Zeit der Glaube nutzen, Jesus habe aus Wasser Unmengen von Wein gemacht? Bräuchten wir heute nicht eher Geschichten, die davon erzählen, dass Jesus Menschen von der Trunksucht befreit und sie zum Wassertrinken angestiftet hat? – Und die Art und Weise, in der Jesus hier mit seiner Mutter umspringt, ist auch nicht gerade vorbildlich. Wer erlebt hat, mit welchem Respekt Eltern im Orient noch heute behandelt werden, kann den Umgangston Jesu mit seiner Mutter nur als ungehörig und ruppig bezeichnen. Und dann, kurze Zeit später, tut er eben doch, womit er sie schroff hat abblitzen lassen. und produziert dann gleich solche Mengen, an die Maria bestimmt nicht gedacht hat. Umgerechnet waren das etwa 600 Liter.
Was soll das alles? Mit welcher Absicht ist diese merkwürdige, stellenweise sogar peinliche Geschichte aufgeschrieben und durch die Jahrhunderte weitergegeben worden? Darüber gibt der Schluss der Geschichte eine eigentlich recht klare Auskunft mit dem Hinweis, hier habe Jesus seine Herrlichkeit offenbart und seine Jünger glaubten an ihn. Die Herrlichkeit Jesu will diese Geschichte deutlich machen, und auf den Glauben der Jünger und der Gemeinde, ist sie aus. Mit der Herrlichkeit Jesu ist im Johannesevangelium nie irgendeine magische Zauberkraft gemeint. Immer geht es um seinen Sieg im Leiden und Sterben. Und wenn Johannes vom Glauben spricht, dann meint er nicht das Für-Wahr-Halten von irgendwelchen unwahrscheinlichen Ereignissen, sondern das Festhalten an Jesus, das Bleiben bei dem, was er gesagt und geboten hat. Und wenn man dann noch auf die schnell überlesenen Worte am Anfang „und am dritten Tage“ achtet, dann will gleich die erste Zeichenhandlung, die der Evangelist berichtet, von Ostern her verstanden werden.
In dieser Geschichte vom Weinwunder in Kana steckt also sehr viel mehr, als man zunächst vermuten sollte. Deshalb gehen wir sie noch einmal durch und achten dabei besonders auf ihre Unebenheiten und auf das, was sie zu bedeuten haben.
Die Zeitangabe am Anfang „am dritten Tage“ macht also deutlich: Was jetzt kommt, steht schon unter dem Vorzeichen von Ostern und ist ohne Ostern gar nicht zu verstehen. In Kana – einer kleinen Ortschaft in Galiläa – ist also Hochzeit. Da wird tagelang getrunken, gelacht getanzt. Und Jesus ist mit seiner Mutter und seinen jüngern mittemang dabei. Was auch immer sich nachher als Sinn dieser Geschichte enthüllen mag, daran jedenfalls ist nicht zu rütteln: Jesus hat an solchen Festen teilgenommen. Wäre er ein Asket gewesen wie etwa Johannes der Täufer, hätte niemand gewagt, so etwas wie eine Hochzeit mit ihm in Verbindung zu bringen. Und wer solche Feste und ihre Genüsse für verderblich hält, der möge dabei bleiben. Nur eines darf er nicht:: sich dabei auf Jesus berufen. Feste, auch solche, bei denen es hoch hergeht, waren für ihn keine gottlose Angelegenheit. Das also ist das eine. Er ist nicht gekommen, um den Menschen das Feiern zu verleiden.
Aber – und das gilt ebenso - er sah seine Aufgabe auch nicht darin, Feste unentwegt in Gang zu halten. Mit dieser Bitte kommt seine Mutter auf ihn zu: Sieh mal, der Wein geht zu Ende. Das Fest droht zu enden. Das kannst du doch nicht zulassen! – Doch, das konnte er zulassen. Den Prinzen Karneval mögen andere spielen. Das war nicht seine Aufgabe. Deshalb weist er seine Mutter so ungewöhnlich schroff zurück. (Übrigens: Auch an der anderen Stelle, an der Jesus in den Evangelien auf seine Mutter trifft {Markus 3,31-35}, grenzt er sich überdeutlich von ihr ab. Für Marienverehrung gibt es bei Jesus keinen Anhaltspunkt) Und damit ist die Sache mit dem Wein auf der Hochzeit an sich erledigt.
Die nächsten Worte Jesu „meine Stunde ist noch nicht gekommen“ machen deutlich. Jetzt wird die Geschichte auf einer ganz anderen Ebene weitergeführt. Denn immer, wenn Jesus im Johannes-Evangelium von seiner Stunde spricht, ist die Stunde seines Todes gemeint. Eine ganz besondere Stunde, die sich von unserem letzten Stündchen darin unterscheidet, dass sie über den Tod hinaus führt. Was soll dieser Hinweis an der Stelle, an der der Wein ausgeht? Das ergibt nur dann einen Sinn, wenn die missliche Lage bei der Hochzeit zum Bild wird. Wenn die Erfahrung von ausgehendem Wein auf ausgehendes Leben deutet. Wenn die Grenzen unseres Lebens sichtbar werden, wenn mit dem Tod die große Leere ins Leben einbricht, dann erhält der Hinweis auf die Stunde Jesu Strahlkraft. Denn da sagt Jesus eben nicht: „Mensch, was gehst du mich an?“ Nein, da leidet er mit, da stirbt er mit und zwar so, dass da wieder festliche Freude einzieht und fröhliche Lieder gesungen werden.
Ich sehe in dieser Geschichte also zwei Bilder nebeneinander. Auf dem einen Bild sehen wir eine Hochzeitsgesellschaft, der der Wein ausgeht mit einem Jesus, der sagt: „Meine Stunde, mit der sich alles wenden wird, ist noch nicht gekommen.“ Mit anderen Worten: Ich kann euch hier auch nicht weiterhelfen. – Und direkt daneben das Bild, das die überströmende Herrlichkeit zeigt, die von Jesus ausgeht, wenn seine Stunde gekommen ist. Wenn er als der aus den Tiefen des Todes von Gott Erhöhte alle Grenzen sprengt, die uns Menschen auferlegt sind. Eine Herrlichkeit und eine Freude, die weit hinausgeht über die Hochstimmung eines Festes, so wie Philipp Nicoali es am Ende seines Liedes „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ ausdrückt: „Kein Aug hat je gespürt, kein Ohr hat mehr gehört solche Freude.“ Seine Auferstehung, auf die gleich die ersten Worte dieser Geschichte hinweisen, ist in der Tat das erste und entscheidende Zeichen, das Jesus unserem Glauben gibt. Ein Zeichen, das im Johannesevangelium dann in immer neuen Variationen durchgespielt wird.
Und wie bekommen wir mitten in unserem Leben schon etwas mit von seiner Herrlichkeit? Das von dieser Herrlichkeit geprägte Bild beginnt mit Marias Anweisung an die Diener: „Was er euch sagt, das tut.“ Das gilt auch uns. Damit können wir leben. Amen.
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Predigt zu Johannes 2,1-11 von Andreas Pawlas
Und am dritten Tage war eine Hochzeit in Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was geht's dich an, Frau, was ich tue? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam - die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen in Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
Liebe Gemeinde,
in unserer heutigen Zeit sind für viele die Wochen nach Weihnachten so etwas wie Zeiten der Entspannung nach den ausgedehnten Festlichkeiten. Und das will sich so anfühlen, als sollte jetzt das Große und Schöne, Wunderbare und Geheimnisvolle vorbei sein und der altbekannten Normalität weichen. Das ist jedoch nicht das Lebensgefühl in der alten Überlieferung der Christenheit. Denn in der Epiphaniaszeit darf einfach alles, was so groß, schön, wunderbar und geheimnisvoll war, eindringlich weiter klingen und schwingen und damit großzügig die Berichte über das wunderbare Wirken Jesu Christi auf Erden eröffnen. Und zu denen gehört ja nun auch unser Bibelabschnitt von der Hochzeit in Kana in Galiläa.
Aber Vorsicht. Denn genau an dieser Stelle wird für manche irgendwie vermintes Terrain betreten. Ja, dass man unmittelbar zum Weihnachtsfest bei uns und sogar weltweit irgendwie einen Sinn für das Wunderbare toleriert oder sogar pflegt, das scheint doch zur Kultur des gegenwärtigen Zeitalters zu gehören, zum sogenannten „Weihnachtschristentum“ unserer Tage. Aber dabei darf nicht verschwiegen werden, dass es offensichtlich genauso zur Kultur unseres vorgeblich so nüchternen Zeitalters gehört, das Thema „Wunder“ gefälligst als erledigt zu betrachten. Deutlich erkennbar sind die Zeiten vorbei, in denen man sich öffentlich über das Thema “Wunder” die Köpfe heiß reden mochte! Nein, man ist sich weitgehend einig, dass das Thema “Wunder” nicht in das technisch- naturwissenschaftliche Zeitalter gehört. Und mancher „moderner“ Pastor gibt sich in dieser Frage – um den Verlust nach Punkten für das Christentum an dieser Stelle nicht noch schlimmer zu machen – bewusst progressiv oder “aufgeschlossen” und zeigt sich gern bereit, alle Wunder-”Effekthascherei” nun auch noch aus theologischen Gründen abzutun. Natürlich so auch ich, damals in meiner ersten Pfarrstelle. Und damit wäre dann eigentlich auch unser Bericht von der Hochzeit in Kana mit dem wunderbaren Wirken Jesu abgetan und eine Predigt darüber überflüssig.
Aber halt! Jetzt nicht zu schnell und eins nach dem Anderen! Und da darf wirklich an erster Stelle stehen, dass es tatsächlich gute Gründe gibt, ein lückenloses Gelten der Naturgesetze als Ausfluss göttlichen Willens zu deuten. Und wer wollte leugnen, wie faszinierend das ist, was die daraus folgende nüchterne menschliche Technik an Annehmlichkeiten und Fortschritt für uns am laufenden Band produziert! Manchmal kann man darüber fast genau so staunen wie über die Wunder damals, von denen die Bibel so viel berichtet.
Also muss man deshalb nun über alles, was wie ein “Wunder” aussieht, als moderner Christenmensch lieber schweigen? Ist damit die sogenannte “Objektivität” alles? Bleibt krumm eben immer krumm und wird niemals gerade? Bleibt eben Wasser Wasser und nicht Wein? Bleibt eben sauer sauer und wird nicht süß?
Ich war damals in dieser Hinsicht bestimmt nicht erst nachdenklich geworden, seitdem sich in vielen Buchhandlungen weitausladende “Esoterik”-Abteilungen etabliert hatten, in denen dann vielleicht auch noch eine Handvoll christlicher Titel feilgeboten wurden. Auf jeden Fall fand dort, was die Esoterik angeht, vielfach das Phantastischste und Wunderbarste reißenden Absatz. Sollte etwa nun das Christentum hier kräftig eintauchen, um mithalten zu können?
Keine Bange, mir blieb erspart, auf solche esoterische Wiederbelebung des Wunderbaren zurückgreifen zu müssen. Vielmehr hatte unser Gott beschlossen, mich nüchternen Zeitgenossen einmal förmlich mit der Nase darauf zu stoßen, das, was er so manches Mal an Wunderbarem tut, ernst zunehmen. Und dabei war Herrn Schulze senior eine bedeutende Rolle zugedacht. Mit seinen gut einundachtzig Jahren war nämlich Herr Schulze senior tatsächlich einmal wieder in den Gottesdienst gekommen - was mich als engagierten Gemeindepastor natürlich freute. Mich freute aber noch mehr, dass er dann sogar auch am Abendmahl teilnahm! Sicherlich war das das erste Mal wieder seit seiner Konfirmation! Auf jeden Fall stand er da so mit uns im Halbkreis um den Altar. Und ich spürte deutlich seine Ergriffenheit und sagte deshalb innerlich “Gott sei Dank”.
Nach dem Abendmahl kam der Gottesdienst dann sehr bald zu seinem Ende mit Segen und anschließender Verabschiedung. Ein schöner Gottesdienst, ein schöner Sonntag. Gott sei Dank! Aber dann klingelte am Montag das Telefon. Und am anderen Ende der Leitung meldete sich erstaunlicherweise Herr Schulze senior mit einer Beschwerde! Ja, es stimmt, es wäre ein schöner Gottesdienst gewesen. Aber trotzdem - und dabei erreicht seine Stimme eine mir irgendwie unangenehme Tonlage - wolle er sich doch die Frage erlauben, wieso wir denn beim Abendmahl Traubensaft statt richtigem Wein reichten.
Und diese Beschwerde verblüffte mich wirklich. Sollte sich etwa Herr Schulze senior damit beschäftigt haben, was sich in der Abendmahlspraxis der letzten fünfzig Jahre alles geändert hatte, etwa mit der theologisch so ausgiebig diskutierte Frage, ob unter der “Frucht des Weinstocks” eben nur Wein oder auch Traubensaft zu verstehen sei? Nein, das konnte ich mir bei ihm nicht vorstellen. Es musste sich um ganz anderes handeln, denn wir hatten ja immer ganz bewusst Wein im Abendmahlskelch. Allerdings handelte es sich dabei um einen recht, recht sauren. Denn um unsere Verbindung zur afrikanischen Partnergemeinde nicht nur geistlich sondern auch handfest auszudrücken, hatte die Kirchengemeinde ihren ganzen Jahresbedarf an Abendmahlswein durch die dort gekelterte “Frucht des Weinstocks” gedeckt – und durchlitt nun tapfer die damit eingehandelte “Säuernis”. Also meinte ich eigentlich, recht einfach die Irritation von Herrn Schulze senior auflösen zu können, indem ich antwortete: “Aber lieber Herr Schulze, wir feiern das Abendmahl doch immer mit Wein!”
Am anderen Ende der Leitung war nun erst einmal Pause. Ich hörte förmlich, wie die Gedanken kreisten. Aber dann meldete er sich wieder vom anderen Ende der Leitung: “Das war wirklich Wein? So süß war der Wein? Wenn das so war, dann bestelle ich hiermit eine ganze Kiste!”
Und jetzt saß ich wirklich in der Klemme! Allerdings war ich auch am Begreifen, was hier eigentlich Wunderbares passiert war: In seiner Ergriffenheit hatte Herr Schulze senior offenbar süß statt sauer geschmeckt! Toll!
Aber was sollte ich nun machen? Einerseits wollte ich ja Herrn Schulze senior gern gefällig sein. Und unserer afrikanischen Partnergemeinde hätte der Umsatz auch gut getan! Aber wie hätte mir andererseits Herr Schulze senior dann später abnehmen können, wenn ihm der saure, saure Wein tatsächlich geliefert worden wäre dass das genau der Wein war, der ihm so gut geschmeckt hatte und der ihm in der Gegenwart des Heiligen süß statt sauer wurde? Ich hatte damals keine Zeit, darüber nachzudenken, ob das nun ein Wunder war oder nicht. Aber vielleicht kommt das ja hier auch gar nicht auf wasserdichte Definitionen an, wenn in der Gegenwart des Heiligen Wunderbares geschieht. Mir fiel damals nur ein, Herrn Schulze senior zu erwidern: “Sie wollen eine ganze Kiste bestellen? Das geht leider nicht. Denn das ist Abendmahlswein und der ist unverkäuflich”.
Allerdings ist seitdem der wunderbare Bericht von der Hochzeit zu Kana, bei der in der Gegenwart Jesu Wasser zu Wein wurde, für mich ganz selbstverständlich geworden. Und es ist für mich eine feste Überzeugung geworden, dass in der Gegenwart des Heiligen, Wunderbares geschehen kann. Immer und Überall! Und ich frage mich deshalb so manches Mal, ob es vielleicht nur an uns liegt, dass wir vielfach unsrem Gott zu wenig Wunderbares zutrauen, und dass wir deshalb dann das Wunderbare auch nicht entdecken können. Sind wir vielleicht viel zu sehr fasziniert von den spannenden Entwicklungen der Naturgesetze und der menschlichen Technik und deren Grenzen, als fest damit zu rechnen, dass es dem Schöpfer der Naturgesetze doch selbstverständlich frei stehen muss, nach seinem Willen etwas anders ablaufen zu lassen, als wir es gewohnt sind, wenn er es für richtig hält.
Und warum wird denn so wenig gestaunt über die Mutter Maria und ihren festen Glauben, mit dem sie dann zu den Dienern spricht: „Was er euch sagt, das tut.“ Und dann geschieht auch das Wunderbare! Wie wäre es, wenn wir uns jetzt genauso im Neuen Jahr durch ein solches Wort anweisen lassen würden: „Was er euch sagt, das tut.“ Und bitte jetzt nicht einwenden: Wir wüssten doch gar nicht, was er sagt! Gott zu lieben und seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst, das sind deutlich Worte genug für jedermann und das nicht nur für das Jahr 2015. Also, wie wäre es, es wirklich zu wagen, sich im Neuen Jahr anweisen zu lassen: „Was er euch sagt, das tut.“ Und dann aber genauso wie die Mutter Maria fest zu rechnen mit dem Wunderbaren. Und dann zu staunen. Und dann zu danken. Jetzt beginnend bis in Ewigkeit. Amen.
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Gott in Bewegung - Predigt zu Johannes 1,1-5 (6-8) 9-14 von Luise Stribrny de Estrada
Liebe Schwestern und liebe Brüder!
Am Zweiten Weihnachtstag ist Weihnachten anders. Wir betrachten es heute sozusagen bei Licht, nicht mehr in Kerzenschein und stimmungsvolle Dunkelheit getaucht. Wir können das Fest nüchterner und überlegter angehen, die Gefühle sind nicht mehr so stark wie am Heiligen Abend – jedenfalls geht es den meisten so. Einen großen Teil von Weihnachten haben wir schon hinter uns. Wie ist es diesmal gewesen: Schön und erfüllend? War jemand enttäuscht? Gab es Streit oder Spannungen, die uns noch nachhängen? Sind wir traurig, dass der Besuch nun wieder weg ist? Oder gehen wir nach diesem Gottesdienst noch zu jemandem, den wir besuchen wollen? Vielleicht richtet sich der Blick auch schon auf die nächsten Tage, die hoffentlich ruhiger werden. Das Jahr geht bald zu Ende, vielleicht sind wir auch schon dabei, es in Gedanken abzuschließen und Bilanz zu ziehen.
Heute am Zweiten Weihnachtstag können wir das Christfest bei Licht betrachten und uns fragen: Was bleibt von Weihnachten? Dazu will uns der heutige Predigttext anregen, der am Anfang des Johannesevangeliums steht. Dort heißt es:
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen.
Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht.
Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
(Joh. 1,1-14)
Die Bibelverse klingen. Sie sind ein Lied, ein Gedicht. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ „Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen.“ „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“ Die Verse klingen in mir, in uns nach und lassen Bilder in uns aufsteigen. Sie erinnern an die Schöpfungsgeschichte, als Gott sprach: „Es werde Licht“ – und es wird Licht (Gen.1,3). Sie erinnern auch an Goethes Faust, der mit der Übersetzung des „Wortes“ kämpft, was im griechischen Urtext Logos heißt: Über der Wiedergabe mit „Sinn“ landet Dr. Faustus schließlich bei der „Tat“. Das hat allerdings nichts mehr mit dem eigentlich gemeinten „Wort“ zu tun!
Die Verse fassen das in Worte, was zu Weihnachten geschieht, dass Gott zu uns Menschen kommt. Das sind nicht die vertrauten Worte aus der Weihnachtsgeschichte des Lukas, aber sie wollen dasselbe ausdrücken, was Lukas mit der Geschichte vom Stall und von den Hirten erzählt: Gott wird einer von uns.
Wenn ich diesen Anfang des Johannesevangeliums lese oder höre, erscheint es mir rund und vollständig. Ein Glied greift wie bei einer Kette ins andere, egal wo wir anfangen oder aufhören. Es ist perfekt. Wir können diese Verse auch mit einem Kiesel vergleichen, den das Wasser glatt geschliffen hat. Er hat keine Ecken und Kanten mehr, keine Brüche. Der Kiesel liegt rund und glatt in der Hand – so wie diese Bibelverse.
Wo können wir ansetzen, um tiefer in sie einzudringen, um sie uns zu eigen zu machen? Die Verse sind um bestimmte Worte gewachsen, die Urworte des Glaubens sind. Ich nenne einige davon: Wort, Gott, Licht, Finsternis, Welt, Herrlichkeit. Diese Worte bleiben im Ohr und spannen den Horizont auf, innerhalb dessen wir uns bewegen. Wort, Gott, Licht, Finsternis, Welt, Herrlichkeit, das sind die tragenden Worte dieses großen Liedes vom Anfang.
Das Wort ist zu Beginn bei Gott, so heißt es. Mit dem Wort ist Jesus Christus gemeint. Er kommt zu Weihnachten in die Welt hinein, er kommt auf die Erde, und wird ein Mensch. Der Sohn Gottes bleibt nicht im Himmel, sondern hat einen Körper so wie wir, er ist aus Fleisch und Blut. Damit gibt Gott seine Hoheit auf und wird einer von uns. Jesus wird wie jeder Mensch von einer Frau geboren, die nach neuen Monaten unter Schmerzen das Kind in die Welt hinaus bringt. Das Neugeborene trinkt die Milch seiner Mutter wie jedes Kind, es wächst und wird größer, es lernt laufen und fällt dabei hin, es lernt allmählich das Sprechen, später lesen und schreiben. So wird das Kind zum Jugendlichen und dann erwachsen; am Schluss stirbt es einen zu frühen Tod. Im Großen und Ganzen ein normaler Lebenslauf.
Aber dieses Kind, dieser Mann ist etwas besonderes, weil er Gottes Sohn ist, so glauben wir. In ihm kommt Gott in unsere Welt. Gott gibt den Abstand auf, den er immer zu uns Menschen gehalten hat. In den frühen Texten der Bibel heißt es: Wer das Angesicht Gottes sieht, muss sterben. Das ist jetzt anders geworden. In Jesus zeigt sich Gott und die Menschen, mit denen er umgeht, können ihn sehen, ohne Schaden zu nehmen. Sie sehen und fassen ihn an, und er sieht sie an und berührt sie, wenn er ihnen die Hände auflegt, um sie zu heilen. Gott ist nicht mehr verborgen und weit weg, sondern mittendrin. Er ist sich nicht zu schade, Menschen anzurühren, die krank sind, oder mit denen zu essen, die sonst jeder meidet, weil sie Außenseiter sind.
In Jesus lässt Gott sich sogar auf unsere Sterblichkeit ein. Jesus erlebt, was Todesangst ist und zittert vor dem Tod wie wir. Er leidet körperliche Schmerzen, als er von den Soldaten geschlagen und gefoltert wird. Er wird ausgelacht und lächerlich gemacht. Am Schluss quält er sich, bis er endlich sterben kann, und kein Engel kommt, um ihn zu retten. - Schmerzen und Tod erleben wir auch. Die meisten von uns nicht so schrecklich wie Jesus, aber wir wissen, wie viele Menschen auf der Welt gefoltert werden und gewaltsam sterben – denen ausgeliefert, die Macht über sie haben. Gott erspart Jesus nichts, er erspart sich selbst nichts.
So können wir uns an Gott wenden und bei ihm Zuflucht suchen, wenn wir Angst haben, wenn wir Schmerzen leiden oder es ans Sterben geht. Gott geht da mit. Wir sind nicht auf uns allein gestellt in diesen extremen Augenblicken und Zeiten, weil Gott an unserer Seite ist. Er kennt all das, was uns schmerzt und ängstigt, und lässt uns dabei nicht allein.
Gott kommt in Bewegung und macht sich auf in unsere Welt. So geschehen in einer Heiligen Nacht vor über 2.000 Jahren, und das wird jedes Jahr wieder von neuem aktuell. Das mag und soll für uns ein Anstoß sein, uns auch zu bewegen. Hinzugehen zu anderen und das, was sie umtreibt, mit ihnen zu teilen. Das können Menschen in der Familie und im Freundeskreis sein, aber auch Menschen, die wir noch gar nicht kennen.
Ich möchte Ihnen von einer Bekannten erzählen, die sich für das nächste Jahr ein besonderes Engagement vorgenommen hat. Sie steigt aus ihrem Beruf aus und bezieht in einem Dorf ein großes altes Haus mit Garten, in dem sie Flüchtlinge aufnehmen will. Sie tut das nicht alleine, sondern zusammen mit einem Verein. Das Haus soll eine Herberge werden für Menschen, die keine Papiere haben oder Kirchenasyl suchen. Sie will mit ihnen gemeinsam leben, den Garten bebauen und ihnen dabei helfen, unsere Sprache und unsere Lebensgewohnheiten zu lernen.
Ich finde dieses Projekt mutig und wegweisend. Nicht jeder von uns kann sein Leben so verändern, dafür braucht es den richtigen Zeitpunkt, die richtigen Menschen, die mit einem gehen, und eine konkrete Aufgabe. Wie gut, dass es Menschen gibt, die so etwas anfassen und sich engagieren! Sie tragen dazu bei, Flüchtlingen hier in Deutschland ein Zuhause zu schaffen und sie aufzunehmen. Ich meine, sie brauchen und verdienen Unterstützung von anderen, sei es durch das Bereitstellen von Dingen des täglichen Lebens wie Bettwäsche und Geschirr, durch Mithilfe in Haus und Garten oder durch Geldspenden. So kommt etwas in Bewegung in der Beziehung zwischen Menschen, die einander bisher fremd waren.
„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit“, heißt es in unserem Bibeltext. Gottes Herrlichkeit sehen wir in den Engeln, die uns jetzt zu Weihnachten so oft begegnen; sie sind von Licht umflossen, ihr Glanz lässt uns eine andere Welt ahnen. Herrlich ist es auch, wenn Menschen sich begegnen und einander verstehen jenseits aller Sprachbarrieren. Wenn sie zusammen singen, essen, spielen und tanzen.
So wünsche ich Ihnen, dass Sie in diesen weihnachtlichen Tagen Spuren von Gottes Herrlichkeit entdecken. Amen.
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Neuer Anfang mit Jesus - Predigt zu Johannes 1,1-5(6-8)9-14 von Mira Stare
Neuer Anfang mit Jesus
Liebe Glaubende,
wenn wir das Wort „Anfang“ oder die Wortverbindung „im Anfang“ hören, dann gehen unsere Gedanken wahrscheinlich zum ersten Buch der Bibel zurück, nämlich zum Buch Genesis und dessen erstem Vers. Dort heißt es:
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ (Gen 1,1).
Mit diesen Worten beginnt der erste Schöpfungsbericht. Gott erweist sich am Anfang als Schöpfer – als derjenige der Himmel und Erde schafft, der alle Lebewesen, Pflanzen, Tiere und Menschen ins Leben ruft und ihnen ihren Platz, ihren Sinn und ihre Aufgabe im ganzen Universum gibt.
Im heutigen Evangelium haben wir auch die Wortverbindung „im Anfang“ gehört. Mit ihr beginnt das Johannesevangelium und sein hymnischer Prolog. Im Unterschied zur Schöpfungserzählung aus dem Buch Genesis erfahren wir hier, dass am Anfang das Wort – auf Griechisch der Logos – schon da ist. Dieses Wort ist immer schon zu Gott hin gerichtet. Noch mehr, in seinem Wesen ist es von Gott. Dieses Wort unterscheidet sich von allen Werken der Schöpfung dadurch, dass er nicht wie sie geschaffen wurde, sondern immer schon „war“. Es ist präexistent – schon von Uranfang da. Es ist aktiv an der Erschaffung der ganzen Schöpfung beteiligt. Alles ist durch es geworden. Gott und sein Wort, beide gemeinsam sind bei dem Schöpfungsakt aktiv. Dabei spielt das Wort keine Nebenrolle. Denn der Johannesprolog behauptet: „Ohne das Wort wurde auch nicht eines von dem, was geworden ist“ (Joh 1,3). Das bedeutet: Ohne das Wort kann es keine Schöpfung geben und kann kein Geschöpf ins Leben und Dasein gerufen werden. Dieses Wort, das personifiziert dargestellt wird, ist im Schlussteil des Hymnus mit Jesus Christus identifiziert. Demzufolge gelten alle Aussagen, die sich auf das Wort beziehen, eigentlich für Jesus Christus. Er ist präexistent, vom Uranfang an da, und er ist ganz zu Gott hin gerichtet. Er ist derjenige, der gemeinsam mit Gott, am Schöpfungsakt beteiligt ist. Alles ist „durch“ ihn – Jesus Christus – geworden. Der Schöpfungsakt geschieht durch das Wort Gottes. Es handelt sich um ein kommunikatives Geschehen. Dies stimmt auch mit dem Schöpfungsbericht im Buch Genesis überein. Auch dort wird wiederholt gesagt: „Gott sprach … Und so geschah es.“ Im Unterschied dazu kommuniziert Gott im Johannesprolog durch sein einmaliges singuläres Wort – durch Jesus Christus – und ist ausschließlich „durch“ ihn schöpferisch tätig.
Weiter erfahren wir im Johannesprolog, dass das Wort Gottes – Jesus Christus – Leben für die Menschen ist. Dieses Leben in Jesus Christus ist eine Wirklichkeit, die im Wort begründet ist. Es beruht auf Kommunikation. Weiter wird behauptet, dass das Leben als Licht erfahrbar ist. Es hat Lichtfunktion. Dabei handelt es sich um rettendes Licht, das aus dem Unheilsbereich der „Finsternis“ befreit. Jesus Christus, das Wort Gottes, ist ein so großes Licht, dass die Finsternis und die mit ihr verbundenen lebensfeindlichen Mächte nicht im Stande sind, dieses Licht auszulöschen oder es zu begreifen.
Der Anfang bringt bereits ein bis ins unsere Zeit bekanntes menschliches Drama mit. Einige Menschen nehmen das Wort Gottes, die Person Jesu Christi, und sein Geschenkt von Leben und Licht, von Gnade und Wahrheit, an und machen die Erfahrung der Kinder Gottes. Andere Menschen lehnen dies ab. Obwohl die Menschen durch das Wort Gottes, Jesus Christus, entstanden sind und in ihrem Wesen zu ihm ausgerichtet sind, kommen nicht alle weder zu dieser Erkenntnis noch zum Glauben an ihn, sondern lehnen Jesus Christus, das Wort Gottes, ab. Damit lehnen sie auch Leben und Licht, Gnade und Wahrheit, die ihnen in Fülle geschenkt werden möchten, ab.
Der Johannesprolog bleibt aber auch angesichts dieser Ablehnung nicht pessimistisch. Er zeigt einen Weg, der die Menschen für Jesus Christus öffnen kann. Es geht nämlich um die Zeugen Jesu Christi, zuallererst um Johannes den Täufer. Sein Zeugnis über das Licht – über Jesus – kann die Menschen zum Licht – zum Glauben an Jesus bringen.
Liebe Glaubende, der Johannesprolog zeigt uns, wie weit die Kommunikation Gottes mit den Menschen geht. Sein Wort, Jesus Christus, ist Fleisch geworden und hat unter uns gezeltet. Auch für unsere Gegenwart gilt diese Aussage: Das Wort Gottes, Jesus Christus, wohnt und zeltet unter uns als Mensch unter den Menschen. Jetzt zu Weihnachten feiern wir seine Menschwerdung und seine Niederlassung unter uns. Erkennen wir ihn unter uns? Erkennen wir, dass er derjenige ist, durch den auch uns Gott ins Leben gerufen hat? Strahlt unser Leben von seinem Licht? Auch jede und jeder von uns ist in dieser Weihnachtszeit eingeladen, Jesus Christus, das Wort Gottes, unter uns und in uns anzunehmen und mit ihm einen neuen Anfang zu wagen. Mit Jesus anzufangen, bedeutet das Wort Gottes und mit ihm das Geschenk von Leben und Licht, von Wahrheit und Gnade anzunehmen. Dann werden auch wir tagtäglich erfahren, dass wir Kinder Gottes sind, und werden Zeugen des Lichtes in dieser Welt sein.
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Die Wörterflut und das eine Wort des Lebens - Predigt zu Johannes 1,1-4;8-14 von Ralf Hoburg
Die Wörterflut und das eine Wort des Lebens
Wieder ist der Rummel vorbei. Die Lichterflut der Weihnachtsmärkte ist abgebaut und die Stromkabel sind verstaut. Die Welt ist abgeblendet und es ist endlich still. Jetzt, am zweiten Tag nach dem Heiligen Abend kann es Weihnachten werden. Am frühen Morgen des zweiten Weihnachtstages ist „stille Nacht“. Ich erinnere mich an meine Kinderweihnachten, als ich immer an den beiden Weihnachtstagen um 6.00 Uhr morgens wach wurde und im Schlafanzug ganz selbstvergessen in der Dunkelheit des Zimmers in die Welt meiner Kindergeschenke zwischen LEGO-Steinen und Fischer-Technik eingetaucht bin. Ohne Fernseher oder Computer war ich damals in einer Sphäre zwischen Himmel und Erde. „Zwischen den Zeiten“ erhielt Weihnachten plötzlich eine Ernsthaftigkeit und Tiefenwirkung für meine damalige Kinderseele. Ich vermute, dass dies auch heute – obwohl seltener geworden – bei manchen Kindern immer noch so ist. Während die meisten Menschen noch schlafen, schleiche ich mich heute heimlich an den einsamen Strand an einem geheim gehaltenen Ort an der Ostsee und genieße den Ausblick auf das Meer. Ruhig liegt es da und bietet Einblicke ins Jenseits. Bei Regen und Sturm, Wind und Wetter und weit weg von einer Kirche und ebenso weit weg vom Festtagsessen mit der Verwandtschaft und inmitten einer Menschenleere bekomme ich einen klaren Kopf und tropfen die unendlich vielen gesprochenen Worte dieses Jahres wie Regenperlen an mir ab. Und es bleiben mir nur manch wenige Sätze in Erinnerung. Es sind Worte, die durchgedrungen sind durch die Geschwätzigkeit des Alltags und hineingekommen sind in meine Seele. Diese Worte machen dann Sinn im Leben und wollen interpretiert und gedeutet werden. Die Tage zwischen den Jahren sind für mich eine tief religiöse Zeit, da ich mich mehr als sonst mit mir selber beschäftigen kann. Ich gehe schon seit etlichen Jahren am Heilig Abend nicht mehr in den Gottesdienst. Alle, die sich dort engagieren, Pastorenschaft und die Chöre und vielen Ehrenamtlichen, bemühen sich ja sehr um die Aktualität der Weihnachtsbotschaft, aber außer einem kulturgeschichtlich tradierten Ritual ist für mich von „Heilig Abend“ wenig übriggeblieben. Die innere Leere des Weihnachtsfestes wurde mir schlagartig letzte Woche auf einer durch und durch säkularen Adventsfeier in einer Schule deutlich. Es war ein gewöhnliches Event mit Big Band und Chören, kaum ein Lied hatte etwas mit Weihnachten zu tun und das Einzige, was an Weihnachten erinnerte, war der Weihnachtsbaum in der Aula der Schule – und der ist wie wir wissen heidnischer Natur. Noch nicht einmal eine festliche Atmosphäre wurde transportiert und der nichtsagende Schuldirektor stand so verstohlen herum, als wäre ihm der Konfirmationsanzug zu klein geworden. Ich verstand plötzlich, was sich seit meiner Kinderzeit in unserer Gesellschaft verändert hat und warum mich Weihnachtsgottesdienste langweilen. Trotzdem sind sie für viele Menschen wichtig, um einmal im Jahr mit der Kirche in Verbindung zu treten. Aber am zweiten Weihnachtstag kommt für mich eine Ernsthaftigkeit zum Tragen, die über das eng geführt Christliche hinaus Bedeutung hat und das Weihnachtsgeschehen – obwohl christlichen Ursprungs – in eine allgemein religiöse Dimension weitet und die den Islam und das Judentum in die Feierlichkeiten mit einbeziehen kann ohne sie unter einem christlichen Deckmantel zu vereinnahmen. Der 2. Weihnachtsfeiertag sollte für mich zu einem Feiertag aller Religionen werden. Darin kann ich einen tieferen Sinn erkennen, weil die Religion in einer multireligiösen Gesellschaft durchaus einen Platz hat. In einer älteren Predigtmeditation fand ich den Satz: „In Städten finden sich mitunter am 2. Weihnachtsfeiertag Menschen zum Gottesdienst ein, die selten eine Kirche betreten, aber doch ahnen, dass das Fest mehr ‚hat‘, als der unruhige Heilig Abend…“
I)
Ein Wort, das die Welt verändert hat…
Der Prolog aus dem Johannesevangelium, der als heutiger Predigttext in der ersten Perikopenreihe vorgesehen ist, gehört wohl neben der Schöpfungsgeschichte der Bibel zu den bekanntesten und kulturgeschichtlich wirkmächtigsten Texten. Und eine Verbindung zwischen der Schöpfungserzählung in 1. Mose 1 wird ja nun auch tatsächlich in dem Text hergestellt. Schon die hymnische Sprachform, die fast einen singbaren Rhythmus in sich trägt, konfrontiert den Lesenden und Hörenden mit einer über eine emotionale Getragenheit hinausgehenden tiefen Ernsthaftigkeit. Schlagartig wird beim Lesen schon der ersten Worte klar: hier geht es um das Ganze, denn der Anfang der Welt birgt schon eine Totalität in sich. Diese Worte dringen durch und enthalten einen tiefen Sinn. So stellt sich Ehrfurcht und eine gewisse Scheu ein, sich dem Text zu nähern. Bis heute gilt es unter Bibelwissenschaftlern als Krönung der eigenen wissenschaftlichen Karriere und als eine Ehre, einen Kommentar zum Johannesevangelium schreiben zu dürfen. Große Bibelausleger wie der Neutestamentler Rudolf Bultmann haben einen Kommentar verfasst oder auch der Theologe Karl Barth. Und der Neutestamentler Ottfried Hofius schrieb: „Der Prolog des Johannesevangeliums Joh. 1,1-18 ist der beste und theologisch tiefste Kommentar zur Weihnachtsgeschichte.“
Und das ist so, obwohl keine einzige Silbe über das Weihnachtsgeschehen verloren wird und der Text weit weg ist von der Rührseligkeit der Geburtsgeschichte Jesu von Nazareth im Stall von Bethlehem. Aber es geht in dem Text um den Grundpfeiler nicht nur des Christentums, sondern vieler Religionen: Es geht um das Wirklichwerden des Göttlichen, wenn der Text universalistisch im Sinne einer Grundwahrheit zum Ausdruck bringt: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Joh. 1,1) Dies erinnert an 1. Mose 1,1, wo es heißt: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ (1. Mose 1,1) Beide Sätze sind absolut und fordern ein Bekenntnis. Der Anfang der Welt ist ein Mysterium und ein Faszinosum für Astrophysiker und Wissenschaftler, die sich mit dem Urphänomen der Entstehung von Zeit, Raum und biologischem Leben befassen. Wahrscheinlich bildet die tiefe Ehrfurcht vor der Totalität der Weltentstehung den Grund, weshalb gerade Physiker sich als religiös bezeichnen und von Albert Einstein der Satz überliefert ist: „Gott würfelt nicht“. Und dieser Gott des Wortes, der die Welt erschafft, besitzt eine tiefe Verwandtschaft zur Gottesvorstellung Allah‘s und dem jüdischen JHWH. In der Grundüberzeugung, dass die Welt erschaffen ist und dass es eine „Fundamentalunterscheidung“ (Ebeling) zwischen Gott und Mensch gibt, stimmen die Religionen überein. Das ist gerade an einem kulturgeschichtlich so sehr vom Christentum besetzten Fest wie Weihnachten mit dem Text aus dem Johannesevangelium ganz deutlich zu betonen.
In den Versen Joh. 1,1-5 wird diese universalistische Schöpfungsreflexion weitergeführt. Dahinter steht die mythologische Vorstellung einer Erschaffung der Materie aus dem Wort. Diese philosophische Anschauung, hinter der die Auffassung einer die Wirklichkeit erschaffenden Macht des Wortes steht, hat die Philosophie und die Theologie des Abendlandes zutiefst geprägt. Welche Realität Worte erschaffen, kann man letztendlich gerade in einer durch die Medien geprägten Alltagswelt erkennen. Man muss nicht bis hinein in die legendäre Radioübertragung von Orson Wells gehen, die die Ankunft von Außerirdischen so realistisch beschrieb, dass Tausende Amerikanerinnen und Amerikaner aus ihren Häusern flüchteten. Dass Worte wirken und Realitäten erschaffen, lässt sich in der Mediengeschichte nicht nur einmal aufzeigen. Wahre Worte durchbrechen dann aber die Geschwätzigkeit der vielen Worte, die heute so gesprochen werden. Die Hohlheit der Worte wird für mich an Werbeslogans überdeutlich, die eben wenig Sinn oder gar keinen Lebenssinn machen und also „Nonsense“ darstellen. Ein Slogan hat mir in dieser Adventszeit des Jahres 2014 allerdings ausnehmend gut gefallen. Der Fernsehsender Bibel-TV plakatiert in S-Bahn und U-Bahnhaltestellen einen Satz: „Gott statt Schrott“. Das hat meine Aufmerksamkeit erregt. Darin wird der unendliche Wortschwall gebrandmarkt, der täglich als „Non-Sense“ durch die Sender wabert. Gleichzeitig wird erkennbar, dass Menschen sich nach dem einen Wort, das „Sinn“ macht und das Tiefe hat und zugleich Ernsthaftigkeit transportiert, sehnen.
II)
Das Wort in den Wörtern
Dieses Wort, das Sinn macht und auch Wirkung zeigt, ist das Wort, das mit Gott gleichgesetzt wird. Eine dieser Wirkungen, die von diesem Wort ausgehen, besteht in seiner „Heilwirkung“ oder man kann auch aus theologischer Sicht sagen: In der Wirkung der Versöhnung. Dies klingt etwa in dem Vers Joh. 1,5 an, wo es heißt: „Und das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“ In Vers 11 wird diese ablehnende Haltung der Welt noch einmal bekräftigt: „Er kam in sein Eigentum und die Seinen nahmen ihn nicht auf“. Der Text spricht also die Erkenntnis von der Versöhnung und seiner Ablehnung aus: „In ihm war das Leben“, aber die Welt erkannte ihn nicht. Und in einer anderen Metapher heißt es: „Das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet.“ (V. 9) Das Wort, das Licht oder Gott selbst ist also die Errettung und die Erlösung. Mit dieser Wort- und Bedeutungskette wird die weihnachtliche Aussage transportiert: Gott selbst ist in der Welt als ihr Schöpfer anwesend. Obwohl hier Unterscheidendes und Trennendes zwischen den Religionen liegt, wird dennoch deutlich: Es geht um Erlösung und Versöhnung – auch im Judentum und im Islam. Die Wege dorthin unterscheiden sich indes.
Vielleicht ist es wohl am angemessensten im Angesicht der Getragenheit und Tiefe des Textes, der hymnischen Sprache in der Form eines Liedes zu begegnen. Der Reformator Martin Luther hat in einem seiner ersten Kirchenlieder im Jahr 1524 eine mittelalterliche Melodie mit einem Text versehen und „verdichtet“ in dem Lied „Gelobet seist Du Jesu Christ, dass Du Mensch geworden bist…“ (EG Nr. 23) den Johannesprolog. Dort heißt es in Strophe 4:
„Das ewig Licht geht da herein,/
Gibt der Welt ein‘ neuen Schein,/
Es leucht‘ wohl mitten in der Nacht/
Und uns des Lichtes Kinder macht./
Kyrieleis“
In der christlichen Tradition bildet die Offenbarung den Grundpfeiler theologischen Verstehens. Im Zentrum des Prologes im Johannesevangelium steht genau dieser Gedanke, dass Gott oder das „Wort“ Fleisch wurde und auf der Erde wohnte. (Joh. 1,14) In diesem Vers ist die Theologie des Christentums im Kern enthalten. In der Alten Kirche stritt man um die Art und Weise dieser Menschwerdung. Die Vorstellung, dass Gott selbst auf die Erde kommt und Mensch wird, ist im Kontext antiker Religionen fremd und auch heute streiten sich die Religionen über das Faktum der Offenbarung. Dass Gott Mensch wird, aber vor allem die Tatsache, dass Gott dann auch als Mensch „stirbt“, ist eine Provokation für die antiken Religionen. So half man sich durchaus mit der Vorstellung, dass Gott ja nur auf der Welt „wohnte“ und Martin Luther dichtet:
Der Sohn des Vaters, Gott von Art,/
Ein Gast in der Welt hier ward/
Und führt uns aus dem Jammertal,/
Macht uns zu Erben in seim Saal./
Kyrieleis
Mit diesem einen Wort durchbricht Gott den Zusammenhang der unendlich vielen Wörter in der Welt. Hier ist Tiefenwirkung erreicht und wenn dieses Wort „zwischen den Zeiten“ am zweiten Weihnachtsfeiertag zu Gehör kommt, dann stellt sich die Ernsthaftigkeit von alleine ein, die wir – mit Recht – in der Erinnerung des Weihnachtsgeschehens erhoffen, erwarten und oftmals nicht erfahren.
Der Sohn Gottes ist – so der Tenor des Johannesprologs – das Wort in den Wörtern. Er ist die eine Offenbarung Gottes und zugleich identisch mit Gott. Martin Luther interpretiert aus dem Text ganz deutlich: Der Sohn ist „Gott von Art“ und er greift damit auf die Zwei-Naturen-Lehre zurück. Das Johannes-Evangelium spricht im Übrigen erst in Joh. 1,17 davon, dass mit dem, was beschrieben wurde, Jesus Christus gemeint ist. So öffnet sich der Vorhang nur langsam und bleibt ein Rest des Geheimnisses.
III)
Von Wörtern und Wirkungen
Worte haben Wirkungen. Diese allgemeine Erkenntnis gilt aus meiner Sicht um so mehr für das Wort der Offenbarung. Diese Offenbarung, wie sie im Johannesevangelium beschrieben wird, hat im christlichen Verständnis einen Endgültigkeitscharakter, aber vor allem: sie hat auch ein Ziel. In den letzten beiden Strophen drückt Luther dies in seinem Lied aus:
Er ist auf Erden kommen arm,/
Dass er unser sich erbarm/
Und in dem Himmel mache rein/
Und seinen lieben Engeln
Das hat er alles uns getan,/
Sein groß Lieb zu zeigen an./
Des freu sich alle Christenheit/
Und dank ihm des in Ewigkeit./
Kyrieleis
Es geht also in dem Geschehen der Offenbarung und der Menschwerdung Gottes um die Gnade. Und diese Gnade wird beschrieben als Akt der Liebe. Es ist eine Liebe, die von Gott ausgeht und die die Herzen der Menschen in der Tiefe erfasst. Jesus Christus war und ist diese Liebe in Person. Er verdeutlicht, dass wir in unserem irdischen Leben angewiesen sind: auf den Nächsten, auf Zuwendung, auf Anerkennung und Respekt. Auf diese Weise werden die Menschen zu Gottes Kindern. (Joh. 1,12) Und diese Erkenntnis gilt im Christentum wie auch im Judentum und Islam. Weihnachten weitet sich demnach mit dem Johannesevangelium zu einer Doppelbotschaft:
Gott wird im Wort geboren und wir Menschen sind Gottes Kinder, weil er uns in seinem Wort zu solchen annimmt. Mit diesen Worten kann man doch im Leben was anfangen. Es geht ans Herz, es hat eine Tiefenwirkung und ist dem unendlichen Geschwätz der wabernden Gesichter in den Talkshows und dem unerträglichen Lärm oder säuselnden Gesinge in Kaufhäusern überlegen. Das Wort des Johannesevangeliums macht still und ehrfürchtig, weil es die Seele erfasst; es erträgt nicht das gleißende Neonlicht der Einkaufpassagen und will in der Ruhe des 2. Weihnachtstages andächtig gelesen, meditiert und verstanden werden. Weil das so ist, begebe ich zum Lesen und Verstehen dieses Textes in die „stille Nacht“ – für mich ist das der frühe Morgen der Festtage – an einen Ort, der „nicht gefunden werden kann außer man weiß wo er ist“ wie es Captain Jack Sparrow im Film „Fluch der Karibik I“ sagt.
Aber um eines möchte ich sie dann bitten: Bleiben sie im nächsten Jahr dort, wo sie sind und kommen sie nun nicht auf die Idee, die Ostsee aufzusuchen. Denn denken Sie daran: Am zweiten Weihnachtstag stehe ich irgendwo am Strand an der Ostsee und suche das Wort in den Wörtern. Dabei möchte ich nicht gestört werden. Hoffentlich finden Sie das Wort der Wörter dann in einem Gottesdienst in der Kirche. Zu wünschen ist es Ihnen.
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Predigt zu Johannes 14,27-31a von Karoline Läger-Reinbold
Predigt zu Johannes 14, 27-31a
Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Ihr habt gehört, dass ich euch gesagt habe: Ich gehe hin und komme wieder zu euch. Hättet ihr mich lieb, so würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich. Und jetzt habe ich's euch gesagt, ehe es geschieht, damit ihr glaubt, wenn es nun geschehen wird. Ich werde nicht mehr viel mit euch reden, denn es kommt der Fürst dieser Welt. Er hat keine Macht über mich; aber die Welt soll erkennen, dass ich den Vater liebe und tue, wie mir der Vater geboten hat.
Liebe Gemeinde,
Frieden – was genau ist das für Sie? Wenn wir uns jetzt die Zeit nehmen würden für eine persönliche Definition, worauf könnten wir uns verständigen? Für mich gibt es da Zugänge auf drei verschiedenen Ebenen, vielleicht sind es auch eher konzentrische Kreise:
da ist (erstens) der kleine, manchmal etwas dürftige, private Frieden. Wenn die Familie am Sonntagnachmittag zusammen kommt und es nicht gleich wieder um die alten Themen geht. Um den immer gleichen Streit und die alten Verletzungen. Wenn wir nicht gleich wieder aufeinander losgehen, sondern wenn es gelingt, miteinander zu reden im Hier und im Jetzt. Aufeinander zu hören, dem anderen mit Achtung und Interesse, mit Respekt und mit Wärme zu begegnen. Dann ist das wenigstens „ein bisschen Frieden“.
Und dann ist da (zweitens) der große, ziemlich abstrakte, der fast vergessene Frieden. Dass wir in einem Land leben, in dem wir uns sicher fühlen können. Ein Land, in dem die Luftschutzbunker abgerissen werden – oder aufwändig umgebaut, zu edlen, teuren Appartements. Ein Land, in dem die Soldatinnen und Soldaten sich freiwillig für den Dienst in der Bundeswehr melden, weil sie vom Friedensauftrag dieser Truppe überzeugt sind. Ein Land, in dem nachts keine Granaten einschlagen. Dass dies nicht selbstverständlich ist, das habe ich in meiner Kindheit immer wieder staunend erfahren, wenn Eltern und Großeltern ganz plastisch ihre Kriegserlebnisse geschildert haben – was sie nie gerne getan haben. Am stärksten habe ich es bei der Großmutter gesehen. Sie hatte beide Weltkriege erlebt, den einen als junge Frau, und den anderen als Mutter von zwei Kindern. Diese Erfahrung prägte ihr Denken, ein Leben lang. Die böse Zeit, von der sie hoffte, dass sie nie wieder kommt. Und dass man immer genügend Kerzen und Konserven im Haus haben muss. Dass man weiß, wo man im Keller einen sicheren Raum hat. Dass bei Sirenengeheul das Radio angestellt wird und dass man die wichtigen Sachen so aufbewahrt, dass sie im Fall eines Falles schnell mitgenommen werden können. Als Kinder fanden wir das schrullig. Inzwischen habe ich verstanden: dieser Krieg, der für uns sehr weit weg war, war für sie in Wahrheit noch ziemlich real.
Aber da ist (drittens) außerdem der Frieden als ferner Sehnsuchtsort. Der Frieden, der so unendlich entfernt ist, wenn uns die Nachrichten am Abend in der Tagesschau an die Unruheherde dieser Erde bringen: nach Syrien und in seine Nachbarstaaten, in die Ukraine, nach Westafrika, wo auch immer Menschenleben bedroht sind. Durch Krieg und Gewalt, durch Terror und Machtgier, oder einfach nur durch schlechte Lebensbedingungen. Und je mehr ich mich damit beschäftige, umso deutlicher wird mir, wie groß und umfassend mein Begriff von Frieden ist. Dass es um viel mehr geht als um das Schweigen von Waffen. Nämlich um Gerechtigkeit und Versöhnung. Um sozialen Frieden. Um Chancengleichheit, Humanität, wie auch immer wir das dann nennen. Und es geht auch um Heilung. Und um den Frieden mit der Natur, zwischen Menschen und Tieren. Die Bibel hat dafür das Wort Schalom. Und Schalom ist etwas, das ganz eng mit Gott verbunden ist. Gott schenkt Schalom. So, wie wir es hier aus den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium hören: meinen Frieden gebe ich euch.
Dieser Friede, dieser Christusfrieden, das ist sein Abschiedsgeschenk, sein Vermächtnis an uns. Es ist das, was uns bleibt – mal als Sehnsucht und mal als Vorgeschmack. Die meiste Zeit wohl aber als Sehnsucht.
Denn unsere Welt ist abgrundtief weit weg – von diesem Frieden im umfassenden Sinn. Bei aller Dankbarkeit für unser Leben hier und heute gibt es da kein Vertun. Und zum Dank für jeden noch so kleinen Friedensmoment gehört für mich das Gedenken:
Das Gedenken an die massenhafte Ermordung jüdischer Menschen im Holocaust, an die Ausgrenzung , Vertreibung und Verfolgung von Minderheiten. Die Erinnerung an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 erfüllt uns mit Trauer und Scham. Der Nationalsozialismus und seine Folgen haben unser Land über Jahrzehnte geprägt. Darum war ich dankbar und froh zu hören, wie der Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani im Mai dieses Jahres bei seiner Rede zum 65. Geburtstag unseres deutschen Grundgesetzes im Bundestag von seinem Stolz auf dieses Deutschland im Jahr 2014 sprechen konnte. Vieles hat sich verändert, hat sich zum Guten gewandelt in diesem Land. Die Menschen sind offener geworden, die Bereitschaft, Flüchtlinge und Zuwanderer freundlich aufzunehmen, ist größer geworden, auch wenn das sicher noch nicht alles so ausreicht. Bürgerschaftliches Engagement geschieht und ist wirksam, sei es in der Kirche, in den politischen Parteien, in Vereinen oder anderen Initiativen.
Und auch das haben wir in diesem Land erlebt, wie viel Kraft davon ausgehen kann, wenn Menschen sich etwas trauen, wenn sie gemeinsam kämpfen für ihre Freiheit, so wie die Bürgerinnen und Bürger der DDR, die mit ihren friedlichen Protesten vor 25 Jahren die Mauer zum Fall gebracht haben. Der 9. November 1989 wurde zum Höhepunkt einer Bewegung, die niemand mehr aufhalten konnte und wollte. Mit dem Fall der Mauer begann eine neue Epoche, und alle, die das miterlebt haben, werden mit großer innerer Bewegung daran zurück denken. Und für die Jüngeren ist praktisch selbstverständlich, dass diese Mauer nicht mehr als eine Episode in der deutschen Geschichte bleiben konnte. Das stimmt mich hoffnungsvoll und froh.
Gleichzeitig ist klar, dass dieser Frieden, in dem wir leben, nur etwas Vorläufiges ist. Etwas Fragiles: gefährdet, zerbrechlich. Mit zahlreichen Veranstaltungen sind wir 2014 an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erinnert worden. Die Kriegsbegeisterung und der Enthusiasmus, mit dem sich viele damals auf den Weg gemacht haben, ist aus heutiger Perspektive abstoßend und erschreckend. Mit hoher Emotionalität und großem Vaterlandspathos wurde die Kriegsmaschine in Gang gesetzt, mit grausamen Folgen. Hat die Menschheit genügend daraus gelernt? Schrecklich sind die Bilder, die wir in den letzten Wochen und Monaten zu sehen bekommen haben, waffenstarrende Krieger, Bomben und Tretminen, fanatische Hassprediger und eiskalte Potentaten. Das alles ist Gegenwart, keine Vergangenheit, und passiert ganz in der Nähe, an den Grenzen Europas. Ohnmächtig machen mich diese Bilder – doch was kann ich ihnen schon entgegensetzen?
Es ist der Frieden als Sehnsuchts-Wort. Als das Bild einer Gegenwelt, die – manchmal trotzig, manchmal kess und oft auch einfach nur verzweifelt – den Realitäten ins Auge blickt und „nein“ dazu sagt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht, sagt Jesus seinen Jüngern. Das ist gar nicht leicht, denn die Bilder von Krieg, Gewalt und Zerstörung, die Bilder von Flucht und Vertreibung sind grausam und stark, sie gehören zum Alltag unserer Welt. Das Johannesevangelium aber verweist noch auf eine andere, eine darüber liegende Wirklichkeitsebene. Da ist der Vater im Himmel, der seinen Sohn zu uns gesandt hat, damit wir verstehen: unser Leben ist mehr als das, was wir hier täglich vor Augen haben. Da ist ein liebender Gott, der wie ein Vater, eine Mutter für uns sorgt. Da gibt es Frieden und Versöhnung, da gibt es Heilung und Schalom. Das, was ihr euch in euren kühnsten Träumen nicht vorstellt, das alles gibt es bei ihm. Das liest sich bei Johannes manchmal sehr geheimnisvoll, fast schon verschwörerisch, so als sei es ein Geheimwissen, das die Christinnen und Christen verteidigen müssten gegen die böse, ferne Außenwelt. Vermutlich haben sie es damals allzu oft so empfunden.
Der Fürst dieser Welt, das ist die niederziehende Kraft der Sachzwänge und Realitäten. Diejenigen jedoch, die sich zu Christus bekennen, diejenigen, die wissen, dass sie zu Gott gehören und er ihr Vater ist, die haben die Kraft, sich zu befreien von diesem Regime. Wir, die wir diesem Christus folgen, wir haben ein Bild, eine Vorstellung vom Frieden, dem wir anhängen und für das wir uns einsetzen können. Oft schaffen wir das nur mit Mühe, und manchmal gelingt es uns auch nur für den Moment und im kleinen Kreis, unter unseren Freundinnen und Freunden oder in der Familie. Wenn wir aber Glück haben, dann strahlt dieser Frieden aus und wächst weiter, führt zum Ausgleich der verschiedenen Interessen, führt zur Einigung und zum Verständnis, führt vom Stillhalteabkommen bis zur Verständigung. Und über allen Versuchen, den Frieden im Kleinen zu entdecken und zu pflegen, steht dieses Wort Jesu Christi: Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Der Frieden ist schon da, wir können ihn entdecken, ihm nachgehen, ihm anhängen, im Großen und im Kleinen.
Gott schenkt ihn uns als seinen Frieden, den weltumspannenden Schalom. Davon träumen wir, darauf hoffen wir, danach sehnen wir uns. Jeden Tag. Bis dass er kommt. Amen.
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ZDF-Predigt über Johannes 4, 6-30 von Pfarrerin Andrea Busse
Liebe Gemeinde,
am Anfang war der Durst. Der Durst nach Freiheit, Recht, sozialer Gerechtigkeit. Diese Sehnsucht hat Tausende in Kairo auf den Tahrir-Platz getrieben – am 25. Januar 2011. Der Beginn der ägyptischen Revolution. Fast zur gleichen Zeit saß eine Gruppe ägyptischer Frauen an der Vorbereitung für den Weltgebetstag, der 2014 Ägypten in den Mittelpunkt stellt.
Und ich habe auch den Ort vor Augen, an dem sie sich getroffen haben, um über "Wasserströme in der Wüste" - das Motto des Weltgebetstages nachzudenken. Anafora – ein koptisches Zentrum – entstanden in der Wüste. Durch Bewässerung nach und nach fruchtbar gemacht. Ich liebe diesen Ort: Nachts sieht man den sternenklaren Himmel. Es ist still dort, so still wie es eben nur in der Wüste sein kann. Es war für mich ein Zufluchtsort, wenn ich mal aus dem lauten, quirligen, lebendigen Kairo raus und zur Ruhe kommen wollte.
Während die Frauen also in Anafora darüber nachdachten, welche Texte und Themen den Weltgebetstag aus Ägypten bestimmen sollten, standen Menschen, auch viele Frauen, auf dem Tahrir in Kairo und schrien ihre Sehnsucht lautstark heraus. Sprachen von ihrem Durst nach Leben. Leben, das mehr ist als Über-Leben.
Am Anfang war der Durst. Auch schon in biblischen Zeiten. "Gib mir zu trinken!" sagt Jesus zu der Frau am Brunnen. (Er sitzt da mit leeren Händen.) Das Wasser - viel zu tief unten. Ihm fehlt ein Krug zum Schöpfen. Die Frau hat einen. Er spricht sie also an – obwohl man das nicht macht: nicht ein Mann eine Frau, schon gar nicht ein Jude eine Samariterin. Denn Juden und Samaritaner – diese beiden benachbarten Volksgruppen – waren sich spinnefeind. Aber: Wer wirklich Durst hat, fragt nicht nach Freund und Feind. Jesus bittet die Frau um Wasser und dann bietet er ihr Wasser:
Sie missversteht ihn. Lebendiges Wasser – das scheint ihr als eine Art Wunderwasser, das von alleine immer weiter sprudelt und das ihr die Arbeit, den täglichen Gang zum Brunnen, erspart. So nicht, sagt Jesus. So kommt man nicht ans lebendige Wasser. Der Brunnen ist tief, da muss man sich weit beugen. Wer sich über den Brunnen beugt, der sieht nicht nur das Wasser, der sieht auch sich selbst. Im Hebräischen – und auch im Ägyptischen – ist das Wort für Brunnen und Auge das gleiche.
Das Wasser eines Brunnens ist wie ein Spiegel, ein Auge der Erde. Dieses Auge sieht dich und du siehst dich in diesem Auge. Um an das lebendige Wasser zu kommen, muss die Samariterin sich selbst ins Auge blicken. Daher dieser seltsame Themenwechsel mitten im Gespräch. Eben noch reden sie über Wasser und plötzlich dreht sich alles um die Männergeschichten der Frau. Es ist ihre Lebensgeschichte und zeigt -: ihre Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe, nach gelungener Beziehung. Jesus sagt, wie es ist: du hast fünf Männer gehabt und der sechste ist gar nicht dein Mann – und zeigt ihr damit: "Ich sehe dich, ich sehe dich an. Du hast An-sehen, du hast in meinen Augen Würde." Deswegen kann die Frau ihre Sehnsucht erkennen und anerkennen.
Unser Durst, unsere Sehnsucht verrät uns, wer wir sind. Das sehen wir besonders gut, in der Begegnung mit anderen, mit Fremden. Ich habe mich selbst in Ägypten, als Ausländerin, als Fremde, noch einmal völlig anders kennen gelernt. Wenn ich z.B. zwischen zwei Terminen in einem Café saß und eine halbe Stunde auf einen ganz normalen Kaffee warten musste, obwohl fünf Kellner für drei Gäste zuständig waren, dann riss mir der Geduldsfaden – und ich traf auf völliges Unverständnis bei den Kellnern. Dann sah ich mich durch ihre Augen: eine reiche Frau, die sich diesen Cafébesuch leisten und doch diese halbe Stunde in Ruhe nicht genießen kann. Wieso nicht?
Ich habe die Gelassenheit der Menschen dort genossen – und selbst schnell die Grenzen meiner Gelassenheit gespürt. Mich in den Augen der anderen zu spiegeln – das kann mich verändern. Auch die Frau am Brunnen ändert sich. Sie wird mutig. Sie ahnt: Dieser Fremde ist meine Chance. Er zeigt mir, wie ich bin. Vielleicht kann er mir auch zeigen, wie Gott ist. Und so stellt sie die Fragen aller Fragen: Wie glaube ich richtig? So wie die Samaritaner oder wie die Juden?
Entweder – oder, richtig oder falsch, wir oder ihr – dazwischen gibt es nichts. Einer muss ins Unrecht gesetzt werden. Aber Jesus lässt sich auf das Entweder - Oder nicht ein. Gott lässt sich nicht festlegen auf ein Hier oder Da, euer Gott oder unser Gott. Gott der Christen oder Gott der Muslime. Gott ist frei, frei auch über Grenzen zu gehen, so wie Jesus, als er nach Samarien ins Feindesland reist. Gott taucht dort auf, wo man ihn nicht erwartet. Hier und jetzt an diesem Brunnen begegnet die samaritanische Frau Gott. Gott ist Geist, und der Geist weht, wo er will.
Das erlebt die Frau. Jesus doziert nicht über das lebendige Wasser, er lässt sie trinken. Sie trinkt seine Zuwendung und Anerkennung. Ihr Durst ist gestillt. Und wir – wo bleiben wir heute mit unserer Sehnsucht? Was ist mit der Sehnsucht der Ägypterinnen, was mit unserer? Ich habe in Ägypten – gerade in den Tagen und Wochen nach der Revolution – manches aufblühen sehen. Vorher gab es viele Tabus, Themen, über die einfach nicht geredet wurde – und ich hätte nie gewagt, meine ägyptischen Freunde darauf anzusprechen. Politik, z.B. war so ein Thema. Und plötzlich, 2011, habe ich lebhafte Diskussionen genau darüber miterlebt. Da standen Mütter und Väter mit mir auf dem Schulhof und während wir auf unsere Kinder warteten, wurden hitzige politische Debatten geführt. Direkt vor der Präsidentschaftswahl z.B. "Wen sollen wir wählen Mursi oder Schafik? Eigentlich keinen von beiden. Wir wollen nicht die Muslimbrüder und auch nicht das alte Regime", sagten die einen. "Aber wir haben wenigstens eine Wahl" – sagten die anderen, "das ist mehr als wir jemals zu träumen gewagt haben."
Natürlich sind schon wieder viele Träume ausgeträumt. Christen und Christinnen haben es schwer in Ägypten. Aber manches wächst auch langsam. Wenn mein Mann und ich zu unserer Partnerkirche, der koptischevangelischen Kirche eingeladen waren, dann sollte oft ich vorne sprechen – und zwar unbedingt in Amtskleidung, damit ich als Geistliche erkennbar war. Eine Pfarrerin eben. Pfarrerinnen gibt es in der evangelischen Kirche in Ägypten nicht – noch nicht. Aber Frauen in der koptisch-evangelischen Kirche werden stärker, - vielleicht sogar bald Geistliche. - Das finde ich ein erstaunliches Zeichen.
Am Anfang war der Durst. Die Frau am Brunnen hat gezeigt, wie es geht: Aus dem vollen Schöpfen. Sie macht uns Mut, dem Fremden zu begegnen. Nur so können wir Dinge auch mal anders sehen. Mit anderen Augen. Vielleicht auch uns selbst anders sehen. Das können wir nicht, wenn wir allein bleiben. Auch nicht, wenn wir nur unter Gleichgesinnten bleiben. Der Weltgebetstag lädt ein, einer fremden Kultur zu begegnen. Auch einer fremden christlichen Kultur. Wenn ich in Kairo mit deutschen Konfirmandinnen und Konfirmanden einen orthodoxen Gottesdienst besucht habe – dann war ihnen das völlig fremd. Der viele Weihrauch, -Melodien, die –ganz anders klingen. Für manche war das –ungewohnter als der Besuch einer Moschee. Und doch ist es unser gemeinsamer Glaube an Jesus Christus, der da besungen wird.
So können wir lernen, die Welt, den Glauben – auch uns selbst anders zu sehen. Was ich brauche, um meine Sehnsucht zu stillen, das kann ich mir selbst nicht geben – dazu brauche ich ein Gegenüber. Der Brunnen ist schon immer ein Ort der Begegnung gewesen. Nur in der Begegnung kann unsere Sehnsucht gestillt werden – in der Begegnung mit anderen, mit mir selbst und mit Gott.
Was trocken ist, blüht auf. Das sind immer nur Momente – nie ein Zustand. Wer keinen Hunger hat, ist satt, wer keinen Durst hat ist – ja was? Die deutsche Sprache hat kein Wort dafür. Das passt. Unsere Sehnsucht wird nie auf Dauer gestillt sein, und das ist auch gut so. Die Sehnsucht wach halten, heißt auch die Sehnsucht nach dem anderen wach halten. Und nach Gott. Uns immer wieder aufmachen, an den Brunnen setzen und sehen, wer dort auf uns wartet.
Amen.