Johannespassion – Predigt zu Johannes 19,16-30 von Jürgen Kaiser
„Klappe, die erste!“ In älteren Filmen sieht man manchmal, wie in den Zeiten von Zelluloid und Cinemascope Filme gedreht wurde. Man sieht das Set: die Schauspieler stehen in ihren Kostümen regungslos bereit, außerhalb der Szene ein monströser Kamerawagen, daneben ein Mensch, der eine lange Stange mit einem Mikrophon über die Szene hält, und auf der anderen Seite der Regisseur auf seinem Campingstühlchen. Der gibt das Kommando: „Kamera! Klappe, die Erste!“ Dann huscht ein Gehilfe schnell vor die Kamera und hält ein Schild vor die Linse. Darauf steht mit Kreide Nummer und Titel der Szene geschrieben, die jetzt gedreht wird. Das Schild hat an der Unterseite einen Holzbalken. Gibt der Regisseur das Kommando, knallt der Gehilfe den Balken gegen das Schild. „Klack“ und alles gerät in „Action“. Wenn die Szene - sei sie auch noch so grausig - glücklich im Kasten ist, meldet der Assistent dem Regisseur: „Es ist vollbracht!“
Klappe, die Erste: Überlieferung
Da überlieferte Pilatus ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber, und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. Ab jetzt, liebe Gemeinde, ab jetzt ist nichts mehr zu machen. Ab jetzt läuft die Sache, wie sie laufen muss. Das Drehbuch ist geschrieben. Die Schrift hat jetzt das Sagen. Pilatus überlieferte ihnen Jesus. So beginnt die Überlieferung.
Klappe, die Zweite: König der Juden
Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache.
Pilatus ist der erste, der über Jesus geschrieben hat. Nicht viel, nur vier Wörter auf ein Schild: Jesus von Nazareth, König der Juden. In drei Sprachen, in Hebräisch, in Lateinisch und in Griechisch, damit alle Welt es lesen könne, das Gottesvolk, die Machtheiden und die Bildungsbürger.
Jesus wird zur Tötung ausgeliefert und mit einer kargen aber polyglotten Schrift den Heiden überliefert. Wieder lebendig werden muss er uns ab jetzt in der Schrift und aus der Schrift. Theologen müssen die drei Sprachen der Überlieferung lernen, Hebräisch, Griechisch und Latein. Um der Wahrheit näher zu kommen.
An die Wahrheit ranzukommen versuchte auch Pilatus. Er war Richter. Die Anklage: Jesus habe sich König der Juden genannt. Bist du der König der Juden, fragte ihn der Richter (Joh 18,33). Der Angeklagte legte kein Geständnis ab. Er stellte die Gegenfrage: Wer sagt das? Wenn sich die Wahrheit in der Überlieferung verschleiert, ist die erste Frage immer: Wer sagt das?
Auch die Zeugen versagten. Keiner wollte bezeugen, dass er der König der Juden ist. Die Wahrheit fällt in Finsternis, wenn es keinen mehr gibt, der sie bezeugt.
Pilatus scheiterte an der Wahrheitsfrage. Aus der Wahrheitsfrage wurde eine Machtfrage.
Die Gemeinde singt:
EG 81,7: Ach großer König, groß zu allen Zeiten, wie kann ich g’nugsam solche Treu ausbreiten? Keins Menschen Herz vermag es auszudenken, was dir zu schenken.
Oder:
EG 71,3: Du bist ein großer König,
wie uns die Schrift vermeld’t,
doch achtest du gar wenig
vergänglich Gut und Geld,
prangst nicht auf stolzem Rosse,
trägst keine güldne Kron,
sitzt nicht im steinern Schlosse;
hier hast du Spott und Hohn.
Oder:
EG 275 (aus Ps 31),5: Mir hat die Welt trüglich gericht’
mit Lügen und falschem Gedicht
viel Netz und heimlich Stricke;
Herr, nimm mein wahr in dieser G’fahr,
b’hüt mich vor falscher Tücke.
6. Herr, meinen Geist befehl ich dir;
mein Gott, mein Gott, weich nicht von mir,
nimm mich in deine Hände.
O wahrer Gott, aus aller Not
hilf mir am letzten Ende.
Klappe, die Dritte: Deutungshoheit
Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
Wo sich die Wahrheit zurückgezogen hat, weil keiner sie mehr bezeugt, wird die Frage der Deutung zur Machtfrage. Wer hat die Deutungshoheit? Wer darf sagen, was geschrieben steht, wer darf ihm einen Titel geben? Denn was Pilatus auf das Schild aufschreiben ließ, nannte der Römer in seiner Sprache einen „Titel“. Er gab Jesus einen Titel: König der Juden.
Viele Jahrhunderte war die Wahrheit eine Frage der Deutungshoheit und also eine Frage der Macht. Wer die Macht hatte, bestimmte das Dogma. „Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben“, sagte Pilatus und der Papst sprach es nach. Was an Titeln einmal gefunden war und was als Dogma fixiert wurde, musste bleiben.
Dann eroberte die Wissenschaft die Deutungshoheit. Die Theologie glaubte, mit Mitteln der historischen Wissenschaft an die Wahrheit heranzukommen. Je älter ein Fundstück, desto ursprünglicher, je ursprünglicher, desto wahrer.
So weckte vor 50 Jahren die Erforschung der Hoheitstitel, die man für Jesus im Neuen Testament finden konnte - „König“, „Christus“, „Messias“, „Herr“, „Menschensohn“ - neue Hoffnung. Mit diesen Hoheitstiteln glaubte man, den Ursprüngen des christlichen Glaubens ganz nahe zu sein, denn die Hoheitstitel seien eine Art sehr früher Mikrobekenntnisse.
Doch auch das funktionierte nicht. Auf diese Weise ließ sich die Wahrheit auch nicht aus der Überlieferung herausdestillieren. Sie verflüchtigt sich in der Überlieferung, weder die Macht noch die Wissenschaft werden ihrer Herr. Weder Pilatus noch die Hohenpriester, weder die Christen noch die Juden, weder die Kirche noch Israel haben die Deutungshoheit über das Geschehen. Auch wissenschaftliche Expeditionen zu den Ursprüngen verirrten sich in den Weiten der Überlieferung. Denn nur die Überlieferung selbst kann die Überlieferung deuten.
Die Gemeinde singt:
EG 11,1: Wie soll ich dich empfangen
und wie begegn ich dir,
o aller Welt Verlangen,
o meiner Seelen Zier?
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.
Klappe, die Vierte: Thron aus Psalmen
Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Psalm 22,19): »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten.
Endlich gewinnt die Überlieferung die Deutungshoheit, indem die Überlieferung an die Heiden den Anschluss an der Überlieferung Israels sucht. Was war, geht weiter. Das Geschehen thront auf Psalmen. „Du aber bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels“ (Ps 22,4) Der oben hängt, thront über den Lobgesängen Israels. Keiner singt hier Lob und doch hallt sein Klang im All, sein Echo schwingt zwischen den Zeilen dieser Geschichte.
Alles steht geschrieben im Drehbuch der Überlieferung Israels. Dort sind die Spielregeln für das heidnische Spiel um seine Kleider notiert, jedes Detail, jede Kostümfrage. Nicht aufgeteilt und zerrissen werden sollen seine Kleider, sondern verlost: „Sie teilen meiner Kleider unter sich, und werfen das Los um mein Gewand.“ (Ps 22,19). Alles steht geschrieben. „…dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kann fallen, ja auch mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.“ (Heidelberger Katechismus, Frage 1)
Alles steht geschrieben. Gott hat das Drehbuch geschrieben. Alles zu unsrer Seligkeit.
Die Gemeinde singt:
EG 11,2: Dein Zion streut dir Palmen
und grüne Zweige hin,
und ich will dir in Psalmen
ermuntern meinen Sinn.
Mein Herze soll dir grünen
in stetem Lob und Preis
und deinem Namen dienen,
so gut es kann und weiß.
Klappe, die Fünfte: Wahlverwandtschaften
Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Wer ist das? Der Jünger, den er lieb hatte. Bist du es? Sollte ich es sein? Bleibe ich? Bis zum Ende? Halte ich es aus?
Dieser schreckliche Karfreitag! Diese furchtbare Geschichte! Wäre doch schon Ostern!
Warum muss ich mir das antun? Warum tut Gott mir das an? Warum mutet mir Gott das zu? Hätte Gott nicht auch die Welt so sehr lieben und seinen Sohn am Leben lassen können? Kann ich Gott denn nicht auch ohne die Überlieferung vom Karfreitag lieben?
Wirst du der Jünger sein, den er lieb hat? Werde ich es sein? Sind wir seine neue Familie? Sind wir die, die bleiben? Sind wir die Gemeinschaft der Heiligen bis zur Vollendung? Wie lange müssen wir ausharren, bis wir die Antwort auf all die Fragen kriegen?
Die Gemeinde singt:
EG 85,6: Ich will hier bei dir stehen,
verachte mich doch nicht;
von dir will ich nicht gehen,
wenn dir dein Herze bricht;
wenn dein Haupt wird erblassen
im letzten Todesstoß,
alsdann will ich dich fassen
in meinen Arm und Schoß.
Klappe, die Sechste: Es bleibt das Wort
Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund.
Wieder steht geschrieben, was geschieht. Wieder hält sich das Drehbuch an Israels Überlieferung. Wieder thront es auf Psalmen. „Gift gaben sie mir zur Speise und Essig zu trinken für meinen Durst“ (Ps 69,22)
Das Wort ward Fleisch. Das Fleisch hat Durst. Das Fleisch wird Gras. Das Gras verdorrt.
Was soll ich predigen?
Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich. Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg; … Sage …: Siehe, da ist euer Gott!“ (Jes 40,8f)
Das Wort ward Fleisch.
Das Fleisch ward Gras.
Das Gras verdorrt.
Es bleibt das Wort.
Die Gemeinde singt:
EG 223,1: Das Wort geht von dem Vater aus
und bleibt doch ewiglich zu Haus,
geht zu der Welten Abendzeit,
das Werk zu tun, das uns befreit.
Oder:
Ps 42,1 (EG ref., Genfer Psalter)
1. Wie der Hirsch bei schwülem Wetter
schmachtend nach der Quelle schreit,
also schreit zu dir, mein Retter,
meine Seel in Druck und Leid.
Ja, nach Gott nur dürstet mich;
Lebensquell, wo find ich dich?
O wann werd ich vor dir stehen
und dein herrlich Antlitz sehen?
Klappe, die Siebte: Sabbat
Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.
Ende. Er stirbt. Nicht in die Sinnlosigkeit fällt er, er steigt in die Vollendung.
Es ist vollbracht. Sein Leben, mein Leben, dein Leben. Was geschrieben steht, hat Wort gehalten. Auch mein Leben wird Wort halten. Auch deines. Denn es steht geschrieben. Das Leben und das Sterben und das Auferstehen. Seines, meines, deines, steht geschrieben in der Überlieferung. Wir werden Gott überliefert. Gott wird Wort halten.
Es ist vollbracht. Ehre sei Gott in der Höhe. Amen.
Die Gemeinde singt:
EG 97,3. Denn die Erde klagt uns
an bei Tag und Nacht.
Doch der Himmel sagt uns:
Alles ist vollbracht!
Kyrie eleison,
sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten,
lass uns auferstehn.
6. Hart auf deiner Schulter
lag das Kreuz, o Herr,
ward zum Baum des Lebens,
ist von Früchten schwer.
Kyrie eleison,
sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten,
lass uns auferstehn.
Oder:
EG 296 (aus Ps 121), 1. Ich heb mein Augen sehnlich auf
und seh die Berge hoch hinauf,
wann mir mein Gott vom Himmelsthron
mit seiner Hilf zustatten komm.
4. Der treue Hüter Israel’
bewahret dir dein Leib und Seel;
er schläft nicht, weder Tag noch Nacht,
wird auch nicht müde von der Wacht.
8. Der Herr dein’ Ausgang stets bewahr,
sind Weg und Steg auch voll Gefahr,
bring dich nach Haus in seim Geleit
von nun an bis in Ewigkeit.
Link zur Online-Bibel
Feinfühlig und standhaft – Predigt zu Jesaja 50,4-9 von Hans Uwe Hüllweg
Liebe Gemeinde,
Verkehrschaos, kaum ein Durchkommen, die Stadt wimmelt von Touristen, die Polizei ist überall präsent, Militär rund um die Stadt zusammengezogen. Die Sicherheitslage ist heikel. Man befürchtet Terroranschläge. Es gibt eine kleine, aber hochgefährliche Terrortruppe, die mit Waffengewalt, Anschlägen und, wir würden sagen, Banküberfällen zur Finanzierung ihrer Aktionen, gegen die fremden Ungläubigen vorgeht. Kaum eine Zeit ist geeigneter für Anschläge als eine Festzeit, kaum ein Platz geeigneter als die überfüllten Plätze und verstopften Gassen der Hauptstadt. Wir kennen das zur leidvollen Genüge! Berlin, Brüssel, London, Paris, Madrid – alle Metropolen sind schon Ziele solcher schrecklichen Anschläge gewesen.
Auch Jerusalem zur Zeit Jesu kann davon ein Klagelied singen. Die Reporter von damals berichten, dass aus Anlass des hohen Festes jedes Jahr über hunderttausend Touristen in die Stadt strömen, aus allen Gegenden des Landes und aus dem Ausland, ja aus der ganzen Welt, worunter man damals den Mittelmeerraum verstand. Allen steht die Vorfreude ins Gesicht geschrieben, die Vorfreude auf das große Fest, den herzbewegenden Gottesdienst, das Gemeinschaftsgefühl in einer riesigen, gleichgestimmten Menschenmenge, die sich einig weiß in der Anbetung Gottes - und in der Gegnerschaft gegen die heidnischen Besatzer. Gerade in solchen Menschenmengen können sich, die Schlimmes im Schilde führen, bewegen wie Fische im Wasser. Die Behörden sind alarmiert.
Die kleine Schar Männer, die sich da von einem ein paar Kilometer entfernten Dorf her zu Fuß auf die Stadt zu bewegen, fällt da nicht weiter auf, möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Der Trupp erregt sofort Aufmerksamkeit. Der Ruf insbesondere eines von ihnen eilt ihnen voraus. Leute aus Galiläa erkennen ihn. Ein paar Hundert werden es gewesen sein, die ganz ergriffen sind, weil sie sich an wunderbare Predigten und wunderhafte Heilungen erinnern, Gesundung von an Leib und Seele Kranken. Ist das nicht schon von alters her prophezeit worden? So muss es sein, wenn der Messias kommt, der Menschensohn, der alles Leid dieser Welt auf sich nimmt und es damit vernichtet. So muss es sein, wenn der Messias kommt, der Gottessohn, der mit harter Hand die Heiden besiegt und aus dem Heiligen Lande wirft, damit das Volk wieder als Volk Gottes leben kann. So muss es sein! Kein Zweifel, das ist der lange schon ersehnte Messias! Sie reißen sich die Obergewänder vom Leib, brechen in aller Eile Palmzweige ab, werfen sie auf den Weg. Es muss der Messias sein! „Hosianna, gelobt sei der da kommt, im Namen des Herrn!“ Nur wenige Tage später wird die aufgeputschte Menge nur noch schreien: „Kreuzige ihn!“
Was mag Jesus durch den Sinn gegangen sein? Ob er damals an Jesaja gedacht hat, der von einem „leidenden Gottesknecht“ schreibt? Er kennt das Gesetz und die Propheten gut. Er hatte oft genug in den Gottesdiensten daraus zitiert. Er hatte oft genug ihnen allen, besonders aber den Theologen und den Kirchenpolitikern, den Scharfmachern ebenso wie den Gesetzeshütern die Leviten gelesen. Das hat ihm ja auch den Hals gebrochen, und nicht nur das, sondern überhaupt die Art, wie er von Gott sprach, wie er mit den heiligsten Traditionen des Glaubens umging - denken Sie an den Sabbat - wie er die altehrwürdigen Institutionen des Judentums um des Menschen willen in Zweifel zog. So wollten und so mussten sie es verstehen, was er sagte und tat.
Die Behörden ziehen schnell den Schluss: Der Mann ist gefährlich, vielleicht sogar einer dieser Terroristen? Jedenfalls musste er weg und das schleunigst, noch vor dem Fest. Nicht auszudenken, was da alles passieren könnte! Immerhin gehört es sich, wenigstens den Anschein eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu erwecken.
Ob Jesus in diesem Geschehen an den leidenden Gottesknecht gedacht hat, wissen wir nicht. Eines steht jedoch fest: Die Christen der ersten Stunde taten es. Sie lasen diese Texte aus Jesaja im Blick auf Jesus. Er ist es, es muss so sein, er war es. Er hat mit den Müden geredet. Er ist Gott gehorsam gewesen. Er hat seinen Rücken dargeboten, die ihn schlugen, sein Angesicht vor Schmach und Speichel nicht verborgen, auf ihn sind die Pfeile abgeschossen worden. So glaubten die Christen, den leidenden Knecht Gottes im leidenden Jesus von Nazareth zu erkennen.
Wir kennen den Mann nicht, der im Auftrag Gottes vor weit über 2000 Jahren diese lösenden und tröstenden Worte gesagt hat, die uns von Jesaja überliefert werden. Vielleicht hat es seinen Sinn, dass er im Geheimnis der Anonymität geblieben ist. Das könnte uns helfen, die üblichen Sehgewohnheiten für einen Augenblick zu verlassen und nicht immer sofort den Blick auf das Kreuz zu richten, das hölzern oder versilbert oder gar vergoldet auf unseren Altären steht.
Die Gestalt des namenlosen Sprechers ist eine Einladung, den leidenden Jesus nicht sogleich dort zu suchen, wo er im Rahmen des vertrauten Passionsgeschehens immer schon zu finden ist: beim Einzug in Jerusalem, in Verrat und Verleugnung, im Verhör vor dem Hohen Rat, mit der Dornenkrone auf dem Haupt, sterbend am Kreuz von Golgatha.
Entdeckt den leidenden Jesus, den Menschensohn, den Repräsentanten Gottes, doch einmal woanders! Zum Beispiel bei den unter Sturm- und Flutfolgen Leidenden in Mozambique und Malawi, bei den Gewaltopfern in Syrien, bei den Ertrinkenden im Mittelmeer, den Lebensmüden, den Vergessenen und Ausgebrannten, bei denen, deren Leben ihnen selbst wertlos scheint. Das sind alles „leidende Gottesknechte und -mägde“. Es ist nicht zu viel gesagt: In ihnen begegnet uns der leidende, der mitleidende Christus.
Mich beeindruckt, dass sich, wie Jesaja ihn schildert, in der Haltung des Gottesknechtes Feinfühligkeit einerseits und Standhaftigkeit andererseits die Hand reichen. Bei uns ist das eher selten: Wir spalten gern auf, entweder das eine oder das andere. Feinfühligkeit kann dann leicht zur Rührseligkeit verkümmern, Standhaftsein zu gefühlloser Härte. Im Gottesknecht aber verbindet sich beides auf einzigartige Weise. Das behutsame Reden mit dem Müden und die zeitweilige Härte im Augenblick des Durchstehens. Seine Gegner können ihn schlagen und demütigen - aber sie können ihn nicht „fertig-machen“. Wie den Menschen, zu denen er spricht, sind auch ihm manche Sicherheiten zerschlagen, doch die unerschütterliche und erstaunliche Gewissheit ist ihm geblieben: Gott steht zu ihm. Darum lässt er sich nicht zerreiben und zerreißen, und darum wird er nicht zerrieben und zerrissen. Als ein Gezeichneter und Geschlagener weiß er sich immer noch von Gott gehalten, und als Bote Gottes weiß er immer noch ein Wort zu sagen, das den Gezeichneten und Geschlagenen hilft. Alles Leiden spricht nicht gegen Gott, so sage ich es mit meinen Worten, sondern im Gegenteil: Er hilft hindurch.
Aber Gott hält nicht nur zu seinem leidenden Boten, sondern eben auch zu seinem am Kreuz sterbenden Sohn. Da ist der Berührungspunkt zwischen den leidenden Gottesknecht und dem gekreuzigten Sohn Gottes. Darum sollten wir die alttestamentlichen Texte in Ehrfurcht lesen als Texte aus der Bibel des jüdischen Volkes. Aber auch als Christen dürfen wir sie lesen als pointierte Hinweise auf den gekreuzigten Gottessohn.
Verkehrschaos, kaum ein Durchkommen, die Stadt wimmelt von Touristen, die Polizei ist überall präsent, Militär rund um die Stadt zusammengezogen. Man befürchtet Terroranschläge. Es gibt eine Hinrichtung, zusätzlicher innenpolitischer Zündstoff für die Verantwortlichen in den Behörden. Der vermeintliche Revolutionär, Volksaufwiegler, Vaterlandsverräter, Gotteslästerer - alles Vorwürfe, die man ihm anzulasten versucht hat, - wurde erfolgreich zu Tode gebracht. Dass dies jedoch keineswegs erfolgreich war, dass der Totgesagte lebt, das ist bis heute umstritten. Viele glauben es immer noch, andern ist es ein Ärgernis, wieder anderen gleichgültig.
Den Jüngern und Freunden Jesu, den zu Tod Betrübten und Ängstlichen, den Flüchtenden und Enttäuschten aber halfen die alten Worte aus Jesaja, die der leidende Gottesknecht spricht:
„Gott der HERR hilft mir, darum werde ich nicht zuschanden... Er ist nahe, der mich gerecht spricht...; Wer ist unter euch, der den HERRN fürchtet, der der Stimme seines Knechts gehorcht, der im Finstern wandelt und dem kein Licht scheint? Der hoffe auf den Namen des HERRN und verlasse sich auf seinen Gott!“ (Vers 9-11)
Und denen, die glauben, dass Gott dies wahr gemacht hat an seinem Sohn Jesus Christus, hilft es in dieser immer noch von Gewalt, Leid und Tod erfüllten Welt, hilft es, zu leben, zu hoffen, fröhlich zu sein und auf Gott zu bauen. Niemals wird der Mensch eine Welt ohne Leid schaffen können, aber Gott hat es geschafft, dass auch wir nicht zuschanden werden – in dieser Welt. Amen.
Anregungen von Wolfgang Altpeter in PastBl 3/1988, S. 148ff und Werner Biastoch in PastBl 4/2000, S. 18ff
Link zur Online-Bibel
Maria lacht - Predigt zu Johannes 20,11-18 von Karoline Läger-Reinbold
Maria schweigt.
Da war zu viel Gerede in den letzten Tagen, in Jerusalem. Gerüchte. Vermutungen. Fragen.
Worte, die einfach nicht passen. Worte, die nicht stimmig sind, die nicht beschreiben können, was sie gehört und erlebt hat. Was sie alle gesehen haben und doch nicht glauben mochten: der Abschied von Jesus. Das Kreuz. Die vielen Menschen und die aufgebrachten Rufe. Fassungslos die einen, hämisch lachend die anderen. Schließlich die Schreie und Schmerzenslaute, dort draußen auf Golgatha.
Warum? Und was nun?
Worte, Fragen und Geräusche, das alles klingt noch nach in ihrem Kopf. Quält sie. Macht unruhig. Maria schweigt.
Einatmen. Ausatmen. Und dann zieht es sie mit Macht zurück an sein Grab. Dorthin, wo sie ihn abgelegt haben: Jesus. Seinen Körper, eingehüllt in ein Tuch. Der Gefährte, ihr Lehrer und Freund. Damals, als sie so unendlich krank war, da war er ihre Rettung gewesen. Ihre Begegnung hatte sie geheilt. Hatte sie befreit von den Dämonen der Angst und des Leids.
Maria weint.
Ihre Tränen laufen still und sie lässt es geschehen. Warum denn auch nicht? Jesus ist tot. Doch das Grab – das ist leer.
Wie konnte das sein? Am frühen Morgen waren sie losgezogen, sie und die Freundinnen. Mit duftenden Ölen wollten sie ihn salben. Eine letzte Wohltat für den reglosen Körper, den geschundenen Leib.
Und jetzt: Zittern und Entsetzen. Jesus ist… auferstanden? Was mag das bedeuten? Er ist nicht hier.
Maria weint. Sie schmeckt das Salz ihrer Tränen und legt die Hand auf ihre Brust. Ihr Herz ist so schwer, und doch – da verändert sich was. Aber noch immer hat sie keine Worte.
Er ist nicht hier? Was soll das denn heißen?
Maria schluckt. Die Tränen fließen immer noch. Vielleicht tut das Weinen ganz gut. Maria denkt, ein bisschen fließt jetzt auch das Dunkle, fließt der Schmerz und die Trauer dahin.
Jesus ist tot. Aber irgendetwas ist passiert an diesem neuen Tag! Maria beugt sich noch mal tief hinunter, schaut in die Grabkammer hinein. Sie will es sehen und verstehen, und darum muss sie einfach nochmal näher dran.
Und dann sieht sie: die Engel.
Zwei Gestalten im weißen Gewand. Der eine steht am Kopf-, der andere am Fußende des Grabes. Das glaubt mir doch kein Mensch, durchzuckt es sie.
Was weinst du, Frau? So fragen die Engel. Und Maria räuspert sich und spricht es irgendwie aus: Das Unbegreifliche. Das, was ihr auf der Seele liegt.
Der Kyrios, sagt sie. Mein Herr! Jesus, dem wir alle gefolgt sind. Sie haben ihn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
Und kaum hat sie es gesagt, schaut sie noch mal genauer hin und sieht: da steht ja noch jemand. Und wieder wird sie gefragt: Was weinst du? Wen suchst du denn?
Da geht ein Ruck durch Maria. Sie bemüht sich um Haltung, um Klarheit. Maria überlegt: dann wird das wohl der Gärtner sein. Noch einmal ringt sie um Luft und dann fragt sie den Unbekannten: Hast du ihn etwa weggetragen? Wo hast du ihn hingebracht? Wo kann ich ihn finden?
Der Fremde sieht Maria an. Mit ganz viel Liebe im Blick. In seinen Augen blitzt etwas auf. Er lächelt. Und dann sagt er ihren Namen: Maria!
Ihr Herz macht einen kleinen Hops. Und Maria reibt sich die Augen. Mit ihren Händen wischt sie die Nässe fort. Sie blinzelt und fängt an zu erkennen. Blinzelt nochmal und ist plötzlich sicher: das ist er!
Rabbuni! Mein Lehrer, mein Meister, mein Herr! Maria streckt ihre Hand aus. Begreifen möchte sie das! Und ihn berühren natürlich auch. Die Wärme seiner Finger spüren, so tröstlich und gut. So wie damals, als er mit seiner Nähe die Dämonen vertrieben hat. Rabbuni! Gib mir die Hand, damit ich fassen kann, was hier gerade geschieht!
Doch Jesus zieht sich zurück. Rühr mich nicht an.
Warum bist du so schroff, denkt Maria. Doch schon im nächsten Moment hat sie verstanden: ich kann ihn nicht halten. Er ist zwar hier, aber er ist nicht mehr da. Das, was geschehen ist, wird nicht mehr rückgängig gemacht. Von Karfreitag bis zu diesem Ostermorgen, da ist etwas passiert.
Halt mich nicht fest, Maria. Ich bin doch auf dem Weg, sagt der Auferstandene im leeren Grab. Ich gehe nun weiter zu meinem Vater. Ich kehre zurück in mein Eigentum. Dorthin, wo ich herkam. Ich fahre auf in den Himmel, zu unserem Vater, unserem Gott.
Und Maria staunt.
Ein tiefes Seufzen kommt aus ihrer Brust. Maria hat ausgeweint. Sie sieht allmählich wieder klar.
Jesus ist da, und doch nicht mehr hier. Jetzt löst sich auch der Kloß in ihrem Hals.
Ja. Es ist so, wie er es gesagt hat. Er kehrt zurück zu seinem Vater. Und wie in einem Puzzle fügt sich nun ein Teil zum andern. Jesus ist gestorben, aber seinen Weg mit uns setzt er fort, denkt Maria. Und nun weiß ich auch, was ich tun muss: Ich gehe los und werde es den Anderen sagen.
Maria staunt.
Nach all dem Schrecken ist da plötzlich wieder Hoffnung. Leichtigkeit. Ein Stein ist ihr vom Herzen gefallen. Freude macht sich breit in ihrer Brust. Wo eben noch Dunkel und Schmerz war ist plötzlich Licht und leises Singen.
Maria tanzt.
Mit großen Schritten läuft sie auf die Anderen zu und ruft: Denkt nur! Ich hab‘ ihn gesehen! Die Männer sehen sie mit großen Augen an.
Petrus, Johannes und Thomas! Hört zu! Lasst euch erzählen, was ich da gerade erlebt habe!
Jesus war tot, doch sein Weg, der geht weiter. Der Tod ist besiegt. Das Leben ist stärker. Maria erzählt es den Jüngern in allen Details. Von der Begegnung mit den Engeln und der Begegnung mit Jesus. Auferweckt von den Toten.
Maria, woran hast du ihn erkannt?
Er hat meinen Namen gesagt. Und das war ganz so wie immer. Auch wenn er nicht mehr hier ist, er bleibt unter uns. Das, was wir mit ihm erlebt haben, es ist nicht vorbei. Der Tod hat seine Macht verloren. Das ist die Botschaft an diesem Morgen. Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er bleibt bei uns.
Maria lacht.
Sie singt und sie springt. Die richtigen Worte zu finden, das fällt ihr immer noch etwas schwer. Der Sieg des Lebens über den Tod. Auferstehung und Hoffnung und helles Licht an diesem Morgen. Und tief im Herzen die Gewissheit: er ist nicht fort. Er ist bei uns. Alle Tage, bis ans Ende der Welt.
Amen.
Link zur Online-Bibel
„Richtstatt“: zuletzt Würde in alle Ewigkeit – Predigt zu Johannes 18,28-19,5 von Ulrich Kappes
Es ist der „Rüsttag“. Am darauf folgenden Tag, einem Freitag, ist Passahfest, Ein Lamm ist zu kaufen, der koschere Wein ist zu erwerben und alle, die zu einer Familie gehören, sind spätestens jetzt einzuladen … Vorschrift für den „Rüsttag“ ist an oberster Stelle, unter keinen Umständen das Haus eines Heiden zu betreten und sich dadurch „zu verunreinigen“. Deshalb blieben die Juden, die gekommen waren, um Jesus kreuzigen zu lassen, dem Palast des Pilatus fern und standen „draußen“.
Als man Jesus zu Pilatus brachte und ihm den „Fall“ Jesus von Nazareth sozusagen vor die Füße legte, wehrte er ab. Er wollte ihn nicht verurteilen. „Das geht mich nichts an!“
Er ist mit Rücksicht auf die Menge mal drinnen und mal draußen, pendelt ständig hin und her. Zweimal geht er „nach draußen“, um der Menge zu sagen: „Ich finde keine Schuld an diesem Menschen.“ Dann geht er wieder in den Palast zurück. Dieses „Tür auf und Tür zu“ ist wie eine Welle, die immer stärker wird und aus der heraus es für Jesus schließlich kein Entrinnen mehr gab.
Waren es die „Juden“, die Pilatus vor sich her trieben, bis er machte, was sie wollten? Das hat sich so in das kollektive Gedächtnis bis hin zur Johannespassion von Johann Sebastian Bach eingegraben. Auf die Frage von Pilatus, ob er nicht Jesus am Passahtag begnadigen kann, singt der Chor grauenhaft und entfesselt: „Weg, weg mit dem, weg, weg!“ Das waren „die Juden“.
Lesen wir den Text des Johannesevangeliums aber genau, so heißt es unmittelbar vor dem Urteilsspruch: „Da (Pilatus) die Hohenpriester und deren Diener sah, schrien sie und sprachen: Kreuzige! Kreuzige!“ (Joh. 19,6) Werden wir dem Wortlaut des Evangeliums gerecht, so waren es nicht die „Juden“ als Volk, sondern ein Mob von „Hohenpriestern und deren Diener“, die Pilatus schließlich zum Todesurteil trieben. („Das Volk der Juden“ hatte ohnehin gar keinen Platz vor dem Gerichtspalast.)
Vor der Geißelung des Angeklagten findet ein Zwiegespräch zwischen Pilatus und Jesus statt. Pilatus fragt Jesus, ob er, unabhängig von der von ihm benutzten Verhöhnung als „König der Juden“, ein König sei. Jesus antwortete: „Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll.“
Das ist wohl eine der dichtesten Beschreibungen der Mission des Jesus von Nazareth im Johannesevangelium. Indem Pilatus Jesus nicht unterbrach und ins Wort fiel, kann man vermuten, dass er für einen Moment erkannte, dass Jesus etwas ganz anderes ist als es der äußere Schein hergibt. Er erkannte die große Würde dieses Menschen wohl, wagte aber keine Schlussfolgerungen zu ziehen. Das ist seine tiefe Tragik.
‚Ich bin in diese Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit zeugen soll, und darin bin ich der König.’ Was heißt das?
Zunächst: „Ich bin in diese Welt gekommen …“ Die Wahrheit dieses Jesus ist „nicht von dieser Welt“. Sie ist aus einem anderen Kontext. Sonst hätte der „König der Wahrheit“ nicht in die Welt kommen müssen, wäre sie von der Welt. Wir müssen das sehen und wir müssen das festhalten. Es wird mit Christus etwas in unsere Welt gebracht und gesenkt, das den Maßstäben dieser Welt nie gerecht wird. „Liebet eure Feinde … Vergebt, so wird euch vergeben … Richtet nicht …“, um nur einiges zu nennen, folgt nicht den Maximen der „Welt“. Unterwerfen wir seine Wahrheit unseren Dimensionen, vergessen wir ihren Ursprung, so werden wir keinen Zugang finden.
„Ich bin ein König … und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit zeugen soll.“ Der „König der Wahrheit“ leitet an, in seinen Worten „die Wahrheit“ zu suchen. Wahrheit ist, blicken wir auf sein Leben, nicht Halbheit und nicht Resonanz auf das, was gehört werden will. Wahrheit ist keine Halbheit. Sie geht keine krummen Wege. Das ist der Anspruch, der vom König der Wahrheit an uns ausgeht. ‚Suche die Wahrheit und nichts als die Wahrheit und meide die Halbheit und eine Rede, die anderen bloß zu Gefallen dient.’ Wer dem König der Wahrheit angehört, ist ein unablässig um die Wahrheit ringender Mensch.
Pilatus fragt: „Was ist Wahrheit?“ Die Frage markiert, was Pilatus ausmacht. Sie ist echt. ‚Was ist Wahrheit für einen wie mich, den Pilatus? Heute dient das als Wahrheit, was mir weiter hilft, morgen jenes, dann etwas Anderes. Eine absolute Wahrheit gibt es nicht. Sie schadet, sie stört. Was soll ich bloß mit einem Wort wie Wahrheit?’
Was ist Wahrheit? Ich bin, sagen wir, Buchhalter und schaue auf die Liquidität meines Betriebes. Oder ich gehe täglich zur Arbeit am Fließband. Oder ich baue ein Haus. … Das ist es. Das ist mein Alltag, mein Leben. Was interessiert dann „Wahrheit“? Was für eine Wahrheit außerhalb der Grenzen, sein Leben gut zu organisieren und vernünftig zu führen, brauche ich? Ist Wahrheit ein Luxus, den der „praktische“ Mensch nicht braucht? Wie groß, wie stark und wie mächtig fesseln uns die Erfordernisse des Alltags? Richtigkeit und Genauigkeit sind geboten, welchen Wert aber hat „Wahrheit“?
Der Disput zwischen Jesus und Pilatus muss in der Alten Kirche sehr hoch im Kurs gestanden haben. Irgendeine oder irgendeiner hat ihn offenbar über alles geschätzt. Diesem Umstand verdanken wir wohl, dass der Text als griechische Handschrift bewahrt wurde, und zwar als das älteste Stück einer Handschrift des Neuen Testamentes, das wir überhaupt besitzen. Das Fragment stammt aus den Jahren 100–125 n. Chr. 1
Wie gesagt: Offenbar muss es Christen gegeben haben, die gerade in diesem Text sich selbst wieder fanden und ihn darum besonders bewahrten, so dass er der Nachwelt erhalten blieb. ‚Wer sind wir, die Christinnen und Christen, im Unterschied zu der Welt um uns im Römischen Reich? Wir sind nicht mehr und nicht weniger als Gefolgsleute des Königs der Wahrheit.’
Pilatus befiehlt wie aus einer Laune heraus, Jesus zu geißeln. Die römischen Soldaten setzen der Geißelung ihrerseits die Krone mit einem Kranz aus geflochtenen Dornenzweigen und dem Umhängen eines Purpurmantels auf. Sie haben ihre viehische Freude, diesen königlichen Menschen zu misshandeln.
Pilatus sagt, als der so geschundene Jesus vor der Menge steht: „Sehet, welch ein Mensch!“ Das ist die Übersetzung Martin Luthers. Im Urtext steht nur da: „Sehet, der Mensch!“
Was ist gemeint? Wir fragen als erstes, ob das der letzte Zynismus des Pilatus ist. „Sehet, so ist der Mensch!“ - Verhöhnt, geschlagen, von einem Wahn, er sei etwas Besonderes, getrieben, Opfer eines Gerichtsspruches, der keiner ist, weil der Richter ein Schwächling ist?’ Ist das gemeint? Es gibt prominente Ausleger, die diese Worte so interpretieren.2 Was ist der Mensch? ‚Er ist in diese Welt geworfen und ihr nur ausgeliefert. Keinen Wert hat dieses Menschsein als Qual und Elend.’ Ich verstehe diese Worte anders.
Bedenken wir:
Jesus sieht und weiß, dass er nunmehr einem furchtbaren, unbeschreiblich grausamen Tod entgegengeht. Er wird sich bewusst, dass er an die äußerste Grenze dessen, was ein Mensch ertragen kann, getrieben wird.
Und? Jesus schweigt. Der „König der Wahrheit“ verschmäht es, sich gegenüber Pilatus oder dem Mob da draußen zu äußern. Er sucht nicht ihr Mitleid oder wenigsten etwas Nachdenklichkeit über das, was sie tun. Er schweigt hoheitsvoll zu allem. Heißt das: So und nicht anders ist wahres Mensch-Sein? Einer, der Verhöhnung, Schmerzen und Tod mit königlicher Würde erträgt?
Ist „Sehet der Mensch!“ dann so zu verstehen, dass es eine letzte Verbeugung des Pilatus vor Jesus ist und es dann gleichzeitig an uns die Botschaft ist, diesen starken und diesen königlichen Menschen im Leiden und im Sterben vor Augen zu haben?
Wir halten inne und müssen nachfragen. Wird uns hier in einer biblischen Szene etwas gesagt, was wir aus unserer Erziehung heraus kennen: Weine nicht, zeig keine Schwächen, blamier dich nicht? Ist Jesus der Mensch, der allen Leidenden vorlebt, wie man das Sterben aushält und erträgt? Müssen wir diese Worte dann nur als eine biblische Variante für weltliche Tugendpredigt auf die Tapferkeit einstufen, einer Tapferkeit, die der Menschheit seit Sokrates bis zu den Widerstandskämpfern vom 20. Juli 1944 vor Augen gehalten wird?
Die Frage ist nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten.
Was ist ausschlaggebend für ein Christenleben, das Jesus nachahmt? Im Glauben wird Jesus nur dann in uns groß, wenn wir unablässig sein Bild und sein Wort vor Augen haben. Von diesen Worten und dieser Jesusgestalt geht die eigene, unvergleichbare Kraft und Potenz aus, die Menschen ihm ähnlich macht. Das ist etwas anderes, als an ein Vorbild zu denken.
„Sehet der Mensch!“ So ist, nach Pilatus in prophetischer Rede, der wirkliche Mensch: gefasst, ungebeugt und Gott gehorsam im größten Leiden. Der Weg der Nachfolge führt über die Verinnerlichung des Evangeliums. Das macht den Unterschied zu einer Tugendpredigt.
ANMERKUNGEN
1 I Andreas Reinert, Das Johannes-Evangelium. Ein Arbeitsheft zur Erschließung des ganzen biblischen Buches, Seelze 2012, S. 18.
2 I Rudolf Bultmann, Das Evangelium des Johannes, Berlin 1963, S. 510 etwa im obigen Sinn: „So muss denn Jesus heraustreten als die Karikatur eines Königs und Pilatus stellt ihn vor mit den Worten: das ist der Mensch! Da seht die Jammergestalt.“
Günther Baumbach, Die Bibel mit Erklärungen, Berlin und Altenburg 1989, z. St. S. 225: „Das berühmte Pilatuswort „Sehet, welch ein Mensch!“ (19,5) dürfte deshalb ironisch gemeint sein und die Überzeugung des Statthalters von der politischen Harmlosigkeit zum Ausdruck bringen.“ Günther Baumbach schränkt allerdings ein: „Jedoch kann dieses Wort im Sinn des Joh auch prophetisch gemeint sein.“
Ulrich Kappes
Link zur Online-Bibel
Vor Gericht - Predigt zu Johannes 18,28-19,5 von Susanne Ehrhardt-Rein
I.
Ein Mensch steht vor Gericht. Es ist früh am Morgen. Der Angeklagte wurde die ganze Nacht verhört. Es ging nicht um die Wahrheit. Es ging darum, Schuld zu finden. Man wirft ihm Amtsanmaßung vor, Anstiftung zum Aufruhr gegen die religiösen Führer und gegen den Staat. Gotteslästerung. Infragestellung des Systems. Das muss aus der Welt geschafft werden. Der muss aus der Welt geschafft werden.
Sie bringen ihn zum obersten Richter. Nur dieser, Vertreter der staatlichen Gewalt, hat die Macht, ein Urteil über Kapitalverbrechen zu sprechen. Eine Verteidigung ist nicht vorgesehen. Der Richter ist befangen, durch Unkenntnis und Desinteresse.
Das Verhör wird fortgesetzt, aber es kommt nichts dabei heraus. Was soll die Schuld sein? Größenwahn? Herrschaftsphantasien? Der ist doch harmlos. Ein Wortverdreher, kein Volksverführer.
Aber die Ankläger sind nicht harmlos. Sie behaupten: Ein Aufruhr droht. Also wird der Prozess kurz: Noch ein Angebot zum Ausgleich – ein Ersatzopfer. Es wird abgelehnt, sie verlangen eine regelrechte Verurteilung.
Dann noch die übliche Folter, Schläge mit speziell präparierten Geißeln. Vielleicht sagt er noch etwas Substantielles, das sich gegen ihn verwenden lässt. Aber nichts. Schweigende Unschuld. Der Angeklagte wird noch einmal vorgeführt: Seht, ein Mensch! Also schnell jetzt. Bringt es zu Ende.
II.
Ein Jude steht vor Gericht. Jesus von Nazareth, Jeshua, Wanderprediger aus Galiläa. Angeklagt von anderen Juden, von der obersten Religionsbehörde. Religion hat Gewicht in dieser Zeit. Es geht um Wahrheit und Macht. Der Grund der Anklage lässt sich aus den überlieferten Texten kaum rekonstruieren: Missbrauch des Gottesnamens? Unruhestiftung im Tempel? Missachtung der Reinheitsgebote? Aber war das alles genug, um die Todesstrafe zu fordern? Kreuzige ihn – deshalb?
Der Prozess gegen den Juden Jesus aus Nazareth beginnt mit einem Streit über religiöse Fragen, über die Auslegung der Gebote der Thora. Aber geführt wird dieser Prozess bis zum Urteil vor einem römischen, weltlichen Gericht. Nur der Prokurator Pontius Pilatus darf ein Todesurteil fällen und vollstrecken. Und er tut es. Aus Unkenntnis, aus Dummheit oder Lust an der Gewalt, aus politischem Kalkül, zur Abschreckung anderer Aufrührer oder einfach, um diese Sache loszuwerden? Dieser Fall, dieses Urteil, wird ihn berühmt machen über den Untergang des römischen Reiches hinaus. Sein Name, über die Jahrhunderte hinweg bekannt durch das christliche Glaubensbekenntnis: Gelitten unter Pontius Pilatus. Gekreuzigt – auf Befehl dieses Prokurators.
Der Evangelist Johannes beschreibt die Gestalt des Pontius Pilatus wie weichgezeichnet: Einer, der Fragen stellt, die Wahrheit sucht. Einer, der sich bemüht, den schuldlosen Jesus von Nazareth doch noch freizugeben. Andere Quellen beschreiben einen hartherzigen, bestechlichen und grausamen Gewaltherrscher.
Was ist Wahrheit – im Blick auf diesen Richter?
Wahr ist auch, dass mit diesem Prozess, mit diesen Zuschreibungen in den Berichten der Evangelien, eine Gewaltgeschichte beginnt, die bis heute anhält: „Die Juden“ – so heißt es im Johannesevangelium. Sie suchen nach Gründen für ein Todesurteil gegen Jesus. Sie fordern seine Kreuzigung. So schreibt es Johannes. Was ist Wahrheit?
Wahrheit ist auch: Mit diesem Prozess nimmt eine Katastrophe ihren Lauf, die Schuld um Schuld über Jahrhunderte aufgehäuft hat. Der Evangelist Johannes wollte die Gegnerschaft zwischen den Juden des Hohen Rates und dem Juden Jesus von Nazareth herausstellen. Ihren Irrtum gegen seine Wahrheit. Unsägliche Gewalt erwuchs aus dieser Geschichte. Die Schläge, die Jesus trafen, der qualvolle Tod am Kreuz – sie stehen auch für die Verfolgten, Gequälten, Gemordeten seines Volkes. Auch dies: Wahrheit dieser Geschichte voller Gewalt.
III.
Gott steht vor Gericht.
Hat er das gewollt? Wollte er so dastehen vor aller Welt: entstellt, zerschunden, entwürdigt? Kann das Gott sein?
Das Wort wurde Fleisch – und nun hängt es ihm in Fetzen vom Rücken, Dornen drücken sich in dieses Fleisch, bis aufs Blut. Geboren von einer Frau, und nun nur noch Qual und Schmerz.
Das muss ein Missverständnis sein. Wäre dieser Gott, er wäre doch unverwundbar. Strahlend. Anbetungswürdig. Ein König aller Könige. Aber nicht ein Unschuldiger unter der Folter. Unerträglich ist dieser Anblick, auch ohne den Gedanken an Gott. Ein Mensch, der nur noch Schmerz ist. Seht ihn euch an.
Welchen Sinn soll das haben: Gott vor Gericht, ohne Verteidigung, ohne jede Macht. Angespuckt und geschlagen. Verwechselbar mit jedem Leidenden, mit jeder Geschlagenen. Er ist das Letzte – so endet dieser Prozess. Diesem Gott widerfährt, was allen gequälten, geschundenen Menschen widerfährt. Er macht sich austauschbar, verwechselbar. Das ist die Wahrheit Gottes, der sich vor Gericht ziehen lässt: Seht, welch ein Mensch!
IV.
Die Liebe steht vor Gericht.
Sie hätte dort nicht hingehen dürfen, ins Zentrum der Macht. Sie hätte still bleiben müssen, am Rand, nur für einige wenige sichtbar. Ein kleiner Kreis von Gleichgesinnten – hätte das nicht genügt? Es musste die Hauptstadt sein. Auf einem Esel durch das Stadttor, wie lächerlich.
Sie war die ganze Zeit dabei, beharrlich, direkt, ohne Scheu. Die Liebe war dabei, als er aus Wasser Wein machte und als er den Blinden heilte von seiner Blindheit. Sie war dabei, als er das Brot verteilte, als gäbe es keinen Mangel. Sie blickte verwundert auf, als er die Ehebrecherin freisprach. Sie lebte auf, als er den Lazarus aus dem Grab rief. Und sie beugte sich, als er seinen Freunden die Füße wusch.
Wahrheit und Liebe – die beiden können nicht ohne einander. Nun steht sie vor Gericht, die Liebe. Hat sie alles falsch gemacht? Hätte sie sich verstecken müssen, vorsichtiger sein? Sie scheint keine Angst zu haben vor den Schmerzen, vor dem Tod.
Was ist Wahrheit? Die Liebe antwortet nicht mit Worten auf diese Frage. Sie lässt sich vorführen und schlagen und umbringen. Es wird nichts nützen. Sie wird auch dabei sein, wenn er stirbt, qualvoll am Kreuz. Sie lässt sich begraben und kommt wieder ans Licht.
V.
Wenn ich vor Gericht stehe, wer gibt mir recht? Vor dem Gericht der Schuld und der Wahrheit? Wer verteidigt mich und steht für mich ein?
„Bist du Gott, dann tu mir Recht.
Ja, das Lügen regiert weit und breit:
Hochstapler sind an der Macht.
Du warst mein Gott, meine Barke und meine Burg.
Darf ich nicht mehr hinein?
Darum bin ich so heruntergekommen,
gequält und erniedrigt.
Schicke zu mir
Licht gebende Füße,
dass sie mir vorangehen
dorthin, wo du bist.
Dass meine Seele sich nicht verkriecht.
Dass du
Mein Angesicht befreist.
Mich wägst und sagst ja.“1
Amen.
1 I Huub Oosterhuis, Psalmen, Freiburg u.a., 2014, S. 94. Diese Übertragung von Ps 43 wird in der Eingangsliturgie des Gottesdienstes am Sonntag Judika aufgenommen.
Link zur Online-Bibel
Hechtklöße und Himmelsbrot – Predigt zu Johannes 6, 47-51 von Marjaana Marttunen-Wagner
Predigttext
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.
Johannes 6, 47-51
Er liegt im Hospiz und verbringt dort die letzten Tage seines Lebens. Da kommt eine Frau in sein Zimmer, stellt sich vor als Gourmet-Köchin und fragt ihn: „Was wünschen Sie sich denn heute zu essen?“ Für einen kurzen Augenblick erhellt sich sein abgemagertes Gesicht. Er hebt seine Augenbrauen und fängt an zu strahlen. „Hechtklöße, die wünsch ich mir!“.
Diese Szene aus der Sendung „37 Grad“ hat mich sehr berührt. Ich konnte mitverfolgen, mit wie viel Liebe die Köchin dem Sterbenden seine Lieblingsspeise zubereitet. Dabei sagt sie: „Essen hält Leib und Seele zusammen und zwar bis zum Schluss.“ Und er stellt fest: „Das ist Leben, noch bin ich da, noch kann ich was wünschen und das freut mich!“
„Lätare“, (lat. sich freuen) heißt der 4. Sonntag der Passionszeit. Mitten in den sieben Fastenwochen feiern wir das sogenannte „kleine Ostern“ als Zäsur auf dem Weg durch die Leidenszeit Jesu. Schon jetzt schenkt uns dieser Sonntag einen österlichen Vorgeschmack auf Gottes neue Welt.
So einen Vorgeschmack bekommen wir auch in der „Brotrede“ Jesu. Sie folgt im Johannesevangelium auf die Speisung der Fünftausend. Fünf Brote und zwei Fische sind es, die alt und jung satt machen. An Leib und Seele spüren sie: Jesus gibt die Lebenskraft Gottes weiter! Die Menschen erleben Fülle und gemeinsame Freude. Nach dieser Erfahrung hören sie ganz anders hin, als Jesus sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“. Sie begreifen, dass in diesem Brot leibliche und seelische Nahrung zusammenkommen. „Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit“.
Bei jedem Abendmahl erinnern wir uns an Jesu letztes Mahl. Zugleich feiern wir die Hoffnung, dass wir auch über den Tod hinaus mit Gott verbunden sind. Das ist ein Grund zur Freude, auch wenn noch schwere Tag folgen werden. Freude, weil wir schon jetzt im Brot des Lebens schmecken und sehen dürfen, wie freundlich der Herr ist! Denn Jesus deckt nicht nur den Tisch, sondern ist zugleich selber die Gabe des Himmels, lebendiges Brot für das Leben der Welt.
„Das ist Leben, noch bin ich da, noch kann ich wünschen“, so der Hospiz-Bewohner. Für ihn war der Moment, in dem er seine Hechtklöße tatsächlich serviert bekam, mehr als nur Essen! Die Köchin hat das Brot des Lebens auf ihre Weise geteilt und weitergegeben. Sie hat ihren Gast verwöhnt und ihm in diesem Moment Freude am Leben geschenkt. Die Hechtklöße schmeckten bestimmt wie der Himmel auf Erden – übrigens zubereitet aus Fisch und Brot!
Lebendiger Gott,
wir danken dir,
dass du unserem Leib
und unserer Seele Leben schenkst.
Sei bei uns, in Momenten, in denen die Kraft nachlässt.
Schenke Begegnungen, die Mut machen,
Worte, die uns nähren,
die Gegenwart deines Sohnes Jesus Christus,
dem Brot des Lebens, das lebendig macht, jetzt und ewig.
AMEN.
Lied: „Wenn das Brot, das wir teilen als Rose blüht…“ KAA 091
Text: C.-P. März; Melodie K. Grahl
Quellenangabe: ZDF „37 Grad“ – „Der Geschmack von Leben - Die Köchin, das Hospiz und ein gutes Ende“, Sendung vom 18.2.2019
Link zur Online-Bibel
„Zum Fressen gern haben“ – Predigt zu Johannes 6,47-51 von Christian Burandt
Liebe Gemeinde,
eine Mutter mit ihrem Baby taucht vor meinem inneren Auge auf. Das Baby hat eine frische Windel bekommen und liegt auf dem Wickeltisch. Eine sehr gute Freundin der Mutter tritt heran. Da sagt die Mutter mit Blick auf ihr kleines Mädchen: „Ich könnte sie fressen vor Liebe!“ –
‚Fressen vor Liebe’. Dieser Wortlaut an sich klingt einigermaßen bedrohlich. Aber Menschenfresserei und Kannibalismus sind nicht zu befürchten. Die Mutter will gegenüber der Freundin nur ihre übergroße Liebe und Freude zu ihrem Baby zum Ausdruck bringen. Und wenn die Freundin sagt, dass auch sie ihr Kind zum Fressen gern hat, wäre auch das kein Grund zur Beunruhigung.
Liebe greift aus, sie geht ganz offensichtlich aus sich heraus: und das kann dann in drastischen Redewendungen zum Ausdruck kommen, auch in solchen, in denen von Essen und Verzehren die Rede ist. Wenn wir uns das klar machen, bekommen wir vielleicht einen neuen Blick auf das, was Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens.
Groß klingen diese Worte und zugleich elementar. Brot ist Grundnahrungsmittel. Ohne Brot können zumindest wir Deutschen uns kein Leben vorstellen. Und mit Brot kennen wir uns aus. Am letzten Wochenende haben die Konfirmandinnen und Konfirmanden auf der Freizeit mit geschlossenen Augen verschiedene Brotsorten getestet. Da gab es keinen einzigen Fehler beim Raten! Brot ist eben keine Nebensache, sondern stellt einen Grundpfeiler unseres Lebens dar, egal ob jung oder alt.
Ist Jesus also eine besondere Brotsorte, was im Geschäft unter Superfood laufen würde? Jesus erklärt das selber. Er sagt zu den Frauen und Männern, die ihm zuhören: Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. Gott hat damals für das Volk Israel in der Wüste gesorgt. Damals, als das Volk nach dem Auszug aus Ägypten in die Wüste am Sinai kam. Da hat Gott das Manna regnen lassen, damit die Israeliten nicht verhungerten. Für die Israeliten damals war das „Manna“ ein Gottesgeschenk, sozusagen Brot vom Himmel. Es war lebensrettend! Und auch für uns Christen hat diese Geschichte ihre Bedeutung nicht verloren: Sie ist mit der Figur des Mose als Vignette am Fuß unseres einen Abendmahlskelches festgehalten.
Aber natürlich: Wie jede Brotsorte, die wir essen, hat auch das Manna nur eine begrenzte Nährkraft. Irgendwann – trotz allen Brotes - ist das menschliche Leben zu Ende und es kommt der Tod. Die Verheißung, die Jesus Christus gibt, geht aber über das irdische Leben hinaus. Von sich sagt er: Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit wer davon isst nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.
Die Verheißung von Jesus wird nur verständlich, wenn wir sie von Ostern her verstehen. Jesus von Nazareth ist gestorben am Kreuz. Er hat den Tod geschmeckt. Aber dann hat Gott ihn von den Toten auferweckt. Und darum begegnet in ihm, im vom Tode auferstandenen Christus Leben in Ewigkeit, Leben, dem der Tod nichts mehr anhaben kann. Jesus Christus lebt zur Rechten Gottes für uns, ist aus Liebe für uns in den Tod gegangen. Dies klingt an, wenn Jesus sagt: Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.
Der Tod Jesu am Kreuz war ein gefundenes Fressen für alle, die Jesus nicht mochten und für alle Mächte der Dunkelheit von Sünde und Schuld, die uns nach wie vor zusetzen. Aber gefressen wurden am Ende die Mächte der Dunkelheit: Es war ein wunderlich Krieg, da Tod und Leben rungen; das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod verschlungen, heisst es in einem alten Osterlied [EG 101,4].
Weil Jesus Christus lebt, versammeln wir uns in seinem Namen und feiern Gottesdienst. Wir lassen uns stärken durch die Verheißung, dass er das Brot des Lebens ist, das vom Himmel kommt; uns zugute. – Diese Verheißung Jesu begegnet nun uns und will Glauben in uns wecken. Jesus hatte gesagt: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben.
Damit ist gemeint: Wenn wir uns im Glauben an Jesus Christus halten, dann leben wir wirklich und gehen nicht verloren. Denn Gott hält uns! Wenn wir uns an Jesus Christus halten, dann ist nicht mehr der Tod das Maß aller Dinge für uns sondern das Leben im Reich Gottes! Wenn wir uns an Jesus Christus halten, dann verschlingen uns nicht die Schatten und Fehler unserer Vergangenheit sondern dann leuchtet uns von vorne das Licht des Ewigen Lebens! Das Licht der Verheißung Jesu hilft uns dann, uns hier und heute zurecht zu finden!
Um es noch einmal mit anderen Worten zu sagen: „An Jesus Christus glauben ist leben – denn wer Brot isst, lebt. Und wer das Brot des Lebens isst, lebt ewig. Ewig leben heißt nicht, dass das Leben, so wie es angefangen hat, einfach nie mehr aufhört und immer so weitergeht. Ewiges Leben meint, dass das Leben in Gemeinschaft mit Jesus eine ganz andere Intensität bekommt, eine Intensität, die selbst durch den Tod nicht zunichte gemacht wird. Denn der Tod, den wir vor uns haben, ist der gleiche Tod, den Jesus schon hinter sich hat.“1 Und darum hat der Tod seine angebliche Herrschaftsgewalt über uns verloren!
Ich bin das Brot des Lebens, verheißt Jesus Christus. Wenn wir das ernst nehmen, dann müsste Hunger nach wahrem Leben sich in uns rühren. Und dann müssten wir Jesus Christus doch wohl auch zum Fressen gern haben. Oder? Dann müssten wir nach ihm Verlangen haben mindestens so ähnlich wie die Konfirmanden am letzten Wochenende nach Brötchen mit Nutella...
Brot will verzehrt werden, damit es sättigt, auch das Brot des Lebens. Manchmal ist auch das freilich hartes Brot. Aber nur wer in das Wasser hineinspringt, kann erfahren, dass das Wasser nass ist, und nur wer die Einladung Jesu annimmt, kann erfahren, dass sie trägt, Leben schenkt und Lebensfreude freisetzt bis hin in Gottes ewiges Reich! Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist. Wohl dem, der auf ihn traut!
AMEN2
1 I Jantine Nierop mit leichten Veränderungen: https://www.theologie.uni-heidelberg.de/universitaetsgottesdienste/1503_wsf2015.html
2 I Wichtig für die Vorbereitung: GPM 73/2, S.198-202 (Karl Friedrich Ulrichs).
Link zur Online-Bibel
Brotsonntag - Predigt zu Johannes 6, 48-51 von Eberhard Busch
In manchen Gegenden gibt es noch den alten Brauch, den heutigen Tag als Brotsonntag zu begehen. Dabei werden verschiedenerlei Brote gebacken und sie werden dann zusammen mit Bedürftigen verzehrt. Der Brauch geht zurück auf den Text, der im Johannesevangelium aufgezeichnet ist und der eben verlesen wurde. Da spricht Jesus: „Ich bin das Brot.“
„Ich.…", beginnt er. Ein weiser Mann sagte einst: „Ein Satz, der mit ‚Ich' anfängt, ist selten gut." Hat er nicht recht? Aber hier ist eine Ausnahme von der Regel. Dieser Satz, der mit 'Ich' anfängt, ist rundum gut. So gut, dass man den heutigen Sonntag lateinisch „Lätare“ zu nennen pflegt, auf Deutsch: Freue dich! Nach Jesaja 66 Vers 10f.: „Freut euch mit Jerusalem .“ Und darum ist ein Satz, der sonst mit “ich" anfängt selten gut, weil er den Blick dafür trüben kann: An uns kann man nicht immer unbedingt Freude haben. Bei uns gibt es ja auch manches Mal sogar Grund zu klagen und anzuklagen. Dieser Eine, der das sagt „Ich bin ...", ist der gute Grund dafür, dass wir fröhlich sein dürfen. Er macht uns Freude. Er, der uns so anspricht „Ich bin das Brot des Lebens.“
Brot, das heißt: Was Jesus ist und was er uns gibt, das ist keine nutzlose Schleckerei, mit der man sich womöglich den Magen verdirbt, und das ist keine überflüssige Zutat, die man meiden kann. Was Jesus ist und uns gibt, das ist das Nötigste, was wir brauchen. Er nährt uns. Nicht mit so einem dünnen, labbrigen Süpplein. „Ich bin das Brot“!, sagt Jesus Es ist ungesund, darauf zu verzichten und statt dessen nach einem Ersatz zu greifen. Keine Sorge, dass das wie eine der Moden überholt werden könnte. Wohl hat dieses Nötigste zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Ausdrucks-Formen gehabt. Aber wie es früher schon da war, so ist es auch heute da und so wird es auch morgen da sein. Stets nötig.
Und Brot, das heißt: Gott ist nicht an ein fernes Jenseits gebunden, und wir müssten es dann besorgen, durch allerlei Bemühungen mit ihm in Kontakt zu kommen. Sondern Gott sorgt für uns. Er kommt von sich aus zu uns in Jesus als Geber und als Gabe. So dass wir schön zu Tisch geladen werden: „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist“ (Ps 34,8). Ohne ihn müssten wir darben und gar verhungern. Das weiß er gut, und Er gibt uns, was wir benötigen, gibt sich selbst. Seine Gabe kommt zu uns durch seine Hingabe. „Sehet, was hat Gott gegeben, seinen Sohn zum ewgen Leben“ heißt es in einem Lied von Paul Gerhardt. Und Gerhard Tersteegen singt: „Sehet doch da, Gott will so freundlich und nah zu den Verlornen sich kehren.“ Er lässt uns nicht verloren gehen. Er lässt uns nicht umkommen. Er kommt zu uns. Und wenn es mit uns zu Ende ist, dann ist immer noch seine Hand da, die uns festhält.
Wir verstehen in diesem Zusammenhang, wie wichtig die Bitte ist in dem Unser-Vater-Gebet: „Gib uns unser tägliches Brot.“ Diese Bitte ist das Gebet eben zu dem, dessen Sohn uns sagt: „Ich bin das Brot.“ Was tun Menschen, die zu den Mahlzeiten das Gebet sprechen „Komm, Herr Jesu, und sei du unser Gast, und segne, was du uns bereitet hast“? Sie bringen damit zum Ausdruck, dass wir bei jedem Bissen abhängig sind. Wir sind es gewiss auch von den Landwirten und sind es auch vom Bäcker – danke für ihre Arbeit! Aber wir sind alle miteinander abhängig von dem, an den sich dieses Tischgebet richtet. Wir sind auf vieles nicht letztlich angewiesen. Aber wir sind erstlich und letztlich angewiesen auf ihn, zu dem wir beten: „Gib uns unser tägliches Brot.“
Nun heißt es im Johannesevangelium zwar: „Eure Vorfahren haben Manna gegessen in der Wüste und sind gestorben“ (V49). Dieses Manna war eine Frucht, die man täglich genießen konnte, die aber am Abend des selben Tags ungenießbar wurde. Will Jesus etwa sagen: Man möge halt lieber doch nicht um die Gabe des täglichen Brots bitten? Weil es rasch verdirbt! Bewahre, ich denke, wir sollten den Vers vielmehr so auffassen: Nicht unser Brot ist das Problem. Wir sind das Problem. Das Manna in der Wüste ist für uns heute nicht jene Frucht, die von sich aus verfault. Sondern wir lassen das uns Gegebene schnöde verfaulen. Bei uns wandert unheimlich viel Brot in den Müll – zum Beispiel in der Stadt Wien soviel, wie in der Stadt Linz an Brot genossen wird. In Deutschland wandert ein Drittel der produzierten Lebensmittel im Abfall. Wir leben nicht recht, wenn solche Unmengen von Nahrungsmitteln weggeworfen werden und verderben, während Mitmenschen von uns vor Hunger sterben und verderben oder denn ein Leben vom Müll der Andern fristen.
In der Herrnhuter Losung steht für den heutigen Tag ein Wort aus dem Alten Testament: „Wer Geld liebt, wird vom Geld niemals satt“ (Pred 5,9). Das ist eine treffliche Erklärung zu dem Satz, jenes einstige Manna mache nicht satt. Und das weist uns nun geradezu darauf hin, dass wir unseren Überfluss nicht beseitigen sollen, sondern dass wir das uns Gegebene mit Anderen teilen müssen. Teilen! – nicht bloß für die Bedürftigen einige „Brotkrümmel, die von des Reichen Tisch fallen“ (Lk 16,21). Schon der heilige Basilius mahnt im 5. Jahrhundert: "Das Brot, das ihr verderben lasst, ist das Brot der Hungernden." Und hören wir dazu, was der Reformator Johannes Calvin in einer Predigt sagt: „Wer sich davon ausnehmen wollte, für seine Nächsten zu sorgen, der erklärt, dass er kein Mensch mehr sein will. Sei es, dass irgendein Schwarzer oder irgendein Fremder komme: wenn er ein Mensch ist, bringt er einen deutlichen Spiegel mit sich, in dem wir sehen können, dass er unser Bruder, unsre Schwester ist.“
Ein Pfarrer erzählte von einer ihm bekannten einfachen, armen Frau. Sie war zudem noch nahezu taub – das war wohl auch der Grund für ihre Armut. Sie besuchte den Gottesdienst nur, wenn das Abendmahl gefeiert wurde, oder wie sie das nannte: wenn „das Brot des Herrn“ ausgeteilt wurde. Die Gemeindeschwester Frieda holte sie jeweils von weiter her dazu ab. Die Frau war ziemlich wortkarg, aber sie redete viel mit ihrem Gott. Als jene Frieda unversehens starb, war sie richtig böse auf ihren himmlischen Gesprächspartner und verweigerte einen weiteren Empfang vom „Brot des Herrn“, ließ sich auch von Anderen nicht mehr zur Kirche fahren. Doch dann kam sie auf die Idee, das Spärliche, was sie hatte, mit Hungrigen zu teilen. Irgendwie empfand sie aufgrund des Verlusts der Frieda Gemeinschaft mit den Unbefriedeten. Eines Tages brachte der Postbote dem Pfarrer Geld von jener armen Frau, und auf ihrer Überweisung hatte der Bote die Zweckbestimmung geschrieben: „Brot für die Hungernden, von E.L.“ Und dann saß sie lächelnd auch wieder in der Kirchenbank, um das „Brot des Herrn“ zu empfangen.
Sie mag so schlicht gewesen sein, wie man meinte, aber sie hat besser verstanden als so mancher Andere, scheinbar Klügere: Wir leben in der Tat von der Gabe Gottes, vom „Brot des Herrn“, von ihm, der uns zusagt: „Ich bin mit dir; ich stärke dich, ich helfe dir auch“ (Jes 41,10). Das nährt uns und das stärkt uns, jeden Tag aufs Neue. Und wir nehmen das recht entgegen, wenn wir nun unser Brot mit anderen Bedürftigen teilen. Er gebe uns gute Einfälle an diesem „Brotsonntag“.
Link zur Online-Bibel
Gott sitzt auf einem grünen Plastikstuhl – Predigt zu Joh 3,16-21 von Stephanie Höhner
Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die vertrauen, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde. Wer ihm vertraut, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht vertraut, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der hasst das Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind.
Osama wartet schon seit 7:23. Er kauert sich in den grünen Plastikstuhl. Neben ihm sitzt auch ein junger Mann. Daneben noch einer. Die ganze Reihe der grünen Plastikstühle ist besetzt mit jungen und älteren Männern. Sie alle warten schon seit Stunden hier. Manchmal wird einer aufgerufen, steht auf und verschwindet in einem der Büros. Osama war auch gestern schon hier. Und vorgestern. Und letzte Woche auch. Er wartet, dass auch er endlich in einem der Büros verschwinden kann. Jetzt ist es 15:37. Er hat die Hoffnung aufgegeben. Er wird morgen wieder kommen. Und wieder warten, auf einem grünen Plastikstuhl.
Nur widerwillig packt Pia das Geschenk ein, obwohl es für ihre Tochter ist. Und nur widerwillig wird sie eine Stunde später ins Auto steigen und zu ihrem alten Hause fahren. Dort wohnt ihr Ex-Mann, aber jetzt mit einer neuen Frau und deren Tochter. Es ist noch das gleiche Haus, aber es ist nicht mehr Pias Zuhause. Heute ist der Geburtstag ihrer Tochter. Pia hat diesen Tag immer liebevoll vorbereitet: eine bunte Girlande gebastelt, den Fantakuchen gebacken, den ihre Tochter so liebt und morgens die Geschenke auf den Frühstückstisch dekoriert. Heute ist Pia nur noch Gast in ihrem alten Haus. Pia weiß jetzt schon, wie es werden wird. Sie werden alle am Tisch sitzen, lachen und reden. Über das Schulkonzert. Über die neuen Nachbarn. Und sie wird dabei sitzen und nichts sagen. Sie gehört nicht mehr dazu, seit sie vor zwei Jahren ausgezogen ist. Sie spürt die Vorwürfe in jedem Blick: „Du bist ja gegangen.“ „Wegen dir ist jetzt alles anders. Alles kompliziert.“
Pia zerknüllt den letzten Rest Papier. Sie wird trotzdem fahren und gute Miene machen.
Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.
Osama wartet auf ein Urteil. Das Urteil vom Entscheider. Ob sein Antrag auf Asyl genehmigt wird. Ob er sich hier ein neues Leben mit seiner Frau aufbauen kann. Osama wartet auf das Urteil, ob er einer der „guten Flüchtlinge“ ist. Asylwürdig. Weil er vor den Bomben in seiner Heimatstadt in Syrien flieht. Nihad wartet auch auf ein Urteil. Auch er hat einen Asylantrag gestellt, zusammen mit seiner Frau. Sie stammt aus dem Kosovo. Nihad aus Bosnien. Zusammen können sie nicht in Bosnien leben. Seine Frau ist dort illegal. Ein gemeinsames Leben nicht möglich, obwohl sie schon drei Kinder haben. Nihads Chancen auf Bleiberecht stehen schlecht. Er ist nur „Wirtschaftsflüchtling“ aus einem sicheren Herkunftsland. Vermeidlich sicher. Das Amt wir entscheiden, wer ein guter oder schlechter Flüchtling ist. Asylwürdig oder nicht. Der Bundestag entscheidet, wo es sicher ist oder nicht.
Das Amt fällt sein Urteil. Der Staat fällt sein Urteil. Und schwierig ist es, das richtige Urteil zu fällen. Schwierig ist es, wenn Menschen über Menschen urteilen. Und doch ist es oft notwendig.
Und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der hasst das Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden.
Pia ist schuld. Das steht für ihre Familie fest. Sie ist gegangen. Hat Mann und beide Töchter alleine gelassen, um ein neues Leben zu beginnen. So denken die anderen. Sie fällen ihr Urteil. Doch Pia hatte ihre Gründe. Sie und ihr Mann liebten sich nicht mehr. Das zu erkennen tat auch Pia weh. Wegzugehen von ihren Töchtern, den Lebenstraum mit Mann und Haus zurück zu lassen. Jetzt jeden Morgen allein am Küchentisch zu sitzen.
Vorwürfe kommen nicht nur von ihren Eltern, Schwiegereltern und ihrem Ehemann. Sie kommen auch von Freunden, Kollegen und Nachbarn. Meistens unausgesprochen, aber Blicke sagen mehr als tausend Worte.
Pia sitzt in der Finsternis. Die Liebe ihres Lebens ist gescheitert. Ihre Kinder sieht sie nur noch am Wochenende. Der Traum vom Familienleben ist zerplatzt. Sie gehört nicht mehr dazu. Bei ihren Freunden. Bei ihrer Familie. Auch wenn Pia mit am Tisch sitzt: sie gehört nicht mehr dazu.
Osama sitzt in der Finsternis. Seine Heimat ist zerstört. Er musste alles zurücklassen: seine Freunde, seine Eltern. Er musste sein Studium aufgeben und das freie, ausgelassene Leben, das er mit Anfang zwanzig genossen hat. Bomben und Kriegstreiber haben ihm sein Leben genommen.
Nihad sitzt in der Finsternis. Er hat Angst vor der Abschiebung. In seiner Heimat kann er nicht mit Frau und Kindern zusammen leben. In Deutschland hat er kein Recht auf Asyl. Er sucht einen Platz im Leben.
Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist. Gott kommt in die Welt. An einem dunklen Ort. In den Stall in Bethlehem. Gott kommt in die Welt. An den Rand. Zu dem blinden Bartimäus, der im Dunkeln lebt. Zu den Hirten auf dem Feld, die schon sehr lange im Dunkeln sitzen – nicht nur bei ihrer Arbeit nachts auf dem Feld.
Zu der Frau, die umzingelt ist von der Menschenmenge und gesteinigt werden soll. Gott kommt in die Welt, ans Kreuz und es wird dunkel. Gott kommt in die Welt. Als das Licht. Als Engel auf dem Feld, die die Hirten am Rand beleuchten. Als Augenlicht für Bartimäus, der auf einmal klar sieht. Als erste Sonnenstrahlen am Morgen, die das leer Grab beleuchten.
In dieser Welt muss viel beleuchtet werden. Es kommt mir manchmal so vor, als ob die Welt nur noch in der Finsternis sitzt. Im Bombenhagel im Jemen. In Straßbourg auf dem Weihnachtsmarkt. Auf grünen Plastikstühlen (in der Asylbehörde) und am Familientisch (bei der Geburtstagsfeier). Die Welt sitzt im Dunkeln und wartet auf ihr Urteil. Eigentlich scheint es schon gefallen. Es steht schon fest, wer ein „guter“ oder „schlechter“ Flüchtling ist.
Es steht schon fest, wer für die „Guten“ oder die „Bösen“ kämpft. Es steht schon fest, wer Schuld hat. Das Urteil ist schnell gefällt. Von uns Menschen im Dunkeln.
Ich sehne mich nach dem Licht. Das Licht, das alles offen legt. Das Klarheit bringt. Das das Dunkel überstrahlt. Aber das nicht urteilt. Nicht sagt „gut oder böse“, „richtig oder falsch“. Das Licht leuchtet alles an. Aber es urteilt nicht. Es gibt die Welt nicht verloren. Es gibt uns nicht verloren.
Gott schaut nicht in die Akten von Osama oder Nihad. Er sieht sie an als Menschen, die im Finstern sitzen. Er leuchtet in die Finsternis und verspricht: Ich will euch retten. Ich gebe euch nicht verloren. Gott schaut nicht auf unser Urteil, das wir treffen oder das über uns getroffen ist. Er sieht uns an als Menschen, die im Finstern sitzen und sich nach Licht sehnen. Er kommt in die Welt und verspricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage!
Gott spricht kein Urteil. Er spricht uns an. Gott urteilt nicht über Menschen, nicht über die Welt, weil er sie liebt. Die Welt und uns Menschen. Darum kommt er selbst auf die Welt. An den Rand. In den Stall. Auf den grünen Plastikstuhl und an den Familientisch.
Gott sieht das Urteil von uns Menschen über einander und was es anrichten kann: Gutes wie Schlechtes. Doch er richtet sich nicht danach. Gott stellt sich zu uns. Zu uns, den Gerichteten. Zu uns, die Richtenden.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die ihm vertrauen, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Es ist 15:42 Uhr. Osama zieht sich gerade die Jacke an, als der Aufruf „Nr.2304“ kommt. 2304 – das ist Osamas Nummer. Er darf endlich in einer der Bürotüren verschwinden. Das Warten hat ein Ende. Der Asylantrag rückt näher.
Pia sitzt vor ihrem halbvollen Teller. Sie hat wenig Appetit. Und noch weniger Spaß. Anders als alle anderen, die über den Spieleabend letzte Woche reden. Pia sitzt stumm daneben. Sie war dazu nicht eingeladen. Sie will eigentlich am liebsten nach Hause. Doch sie reißt sich zusammen. Setzt ein Lächeln auf, auch wenn es ihr schwer fällt. Vielleicht wird es einmal wieder anders sein, denkt sie. Vielleicht kann auch ich einmal wieder mitreden. Irgendwann.
Wie schön wäre es, wenn Osama bleiben könnte. Wie schön wäre es, wenn auch Nihad bleiben könnte. Wie schön wäre es, wenn Pia mitreden könnte. Wie schön wäre es, wenn es Licht auf der Welt wird. Wenn der Bombenhagel verstummt. Wenn die Tränen trocknen. Ich sehne mich nach Licht. Ich will nicht verloren sein. Ich will nicht in der Finsternis bleiben.
Nihads Antrag wird abgelehnt. Zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern werden sie nachts abgeholt und zum Flughafen gebracht. Wie sie in Bosnien leben sollen, wissen sie nicht. Osamas Antrag auf Asyl wird genehmigt. Er darf mit seiner Frau bleiben und hier ein neues Leben aufbauen.
Noch ist es finster in der Welt. Noch sitzen wir im Dunkeln. Manchmal sehe ich ein Licht einfallen. Auf einen grünen Plastikstuhl. Am Familientisch. Und ich hoffe, auch bald im Flugzeug nach Bosnien.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die ihm vertrauen, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Amen.
Link zur Online-Bibel
Wasser des Lebens - Predigt zu Johannes 4,5-15 von Martin Hein
„Es war einmal ein König“, liebe Gemeinde, „der war krank, und niemand glaubte, dass er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schlossgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so krank, dass er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte: »Ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund; es ist aber schwer zu finden.«“
Mit diesen Worten beginnt das Märchen der Brüder Grimm vom „Wasser des Lebens“. Der Fortgang wird spannend, fast verwirrend erzählt. Nach mancherlei Verwicklungen und Gefährdungen bekommt der schwerkranke Vater endlich das Wasser und wird geheilt. Und es gibt anschließend noch weitere Intrigen, ehe der jüngste der drei Söhne endlich die schöne Königstochter heiraten kann, die ihm begegnet war.
Das Wasser des Lebens: Über Jahrtausende hin bewegt uns Menschen die Sehnsucht danach. Niemals mehr ausgetrocknet zu werden vom Durst nach Leben, nie mehr der Krankheit und dem Leid ausgesetzt zu sein, sondern sich erquicken können an diesem wunderbaren Wasser, das Erfüllung und Lebenskraft in sich birgt – ein großer Menschheitstraum!
Schon in der Bibel, nicht erst in Grimms Märchenbuch finden wir ihn – auch in dieser eigenwilligen Begegnung zwischen Jesus und der Frau aus Samaria in der vollen Gluthitze des Mittags. Und wie der Evangelist Johannes uns diese Geschichte erzählt, klingt sie wie ein Märchen. Denn auch die Geschichte der Beiden am Brunnen weiß von der Sehnsucht nach gelingendem Leben, weiß vom Lebensdurst, der sich allen Versuchen zum Trotz nicht stillen lässt, weiß von verqueren Beziehungen und dem großen Wunsch nach wahrem Glück und ungetrübter Lebensfülle. Aber der Weg dahin ist schwer zu finden, sagt der Alte im Märchen – und auch die Frau am Brunnen versteht zunächst überhaupt nicht, wovon Jesus spricht. Sie sieht die Dinge nüchtern und abgeklärt: Sie sieht den Brunnen und den unbekannten Mann, der nichts in den Händen hält, womit er Wasser schöpfen könnte und der unverständliche Worte zu ihr sagt. Natürlich würde sie sofort dieses Wunderwasser haben wollen. Sie könnte sich den mühevollen Weg aus der Stadt heraus sparen. Wasser holen war harte Frauenarbeit. Also: „Gib mir solches Wasser.“
Wie im Märchen geht es auch in der biblischen Geschichte nicht von jetzt auf gleich! Der Alte hätte den drei Söhnen ein Fläschchen vom Wasser des Lebens in die Hand drücken können. Sie hätten auf dem Absatz kehrt gemacht, hätten es ihrem Vater gebracht, und der wäre alsbald geheilt worden. Aber nein: So erzählt man keine Märchen! Die machen meist einen Umweg, der tief in Irrungen und Wirrungen und Herausforderungen hineinführt, die es zu bestehen gilt. Und auch Jesus nimmt jene Frau auf einen Weg mit, der zunächst von lauter Missverständnissen gesäumt ist, ehe sie erkennt, worum es Jesus eigentlich geht. Nein, der kann ihr nicht das märchenhafte „Wasser des Lebens“ geben, das fortan die alltäglichen Mühen erübrigt. Sondern der spricht von etwas ganz anderem, von einer Erfüllung, die all unsere Sehnsucht ans Ziel bringt: „Wer von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten.“
Um Jesus, die Quelle allen Lebens, geht es also – und um uns, wie wir dazu stehen; es geht um eigene Erfahrungen, die alle Kategorien sprengen und uns die große Freiheit der Kinder Gottes erleben lassen. Sich selbst bietet Jesus der fremden Frau dar: sich als den verheißenen Messias, als den, der den Kummer und die Sehnsucht des Herzens stillt, als den, der von sich sagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid: Ich will euch erquicken.“
Auch weiterhin wird die Frau zum Jakobsbrunnen gehen müssen, um Wasser zu holen. Doch als sie erkennt, was Jesus wirklich meint, wandelt sich alles für sie: Denn in der Begegnung mit Jesus hat sie viel über sich erfahren, über ihre eigene Suche nach Liebe, nach Glück und Heil. Sie ist endlich zu sich selbst gekommen. Und sie wird von jetzt an anders leben: klarer, eindeutiger, selbstbewusster, freier. Sie wird in Samarien zur ersten Botin Jesu. Denn sie hat das Entscheidende, hat das „Wasser des Lebens“ gefunden: Jesus selbst. Am Ende der Geschichte glauben viele Menschen in der Stadt Sychar an Jesus, den Messias. Ein happy end!
Das mag märchenhaft klingen, liebe Gemeinde. Aber es ist wahr! Die Frau am Brunnen ist eine von uns! Denn auch wir leben von diesem „lebendigen Wasser“. Auch wir erfahren seine Kraft! Und wo, werden Sie fragen? Die Antwort lautet: In unserer Taufe! Da sind wir mit dem Wasser des Lebens hautnah in Berührung gekommen: sind mit ihm gereinigt und belebt worden. Lebendiges Wasser fließt in die Taufschale – und wenn wir einen Täufling, sei es als kleines Kind oder als Erwachsenen, mit diesem Wasser benetzen, dann bringen wir ihn in unmittelbare Beziehung zu Jesus. Und wir glauben daran, dass die Taufe uns Menschen von Grund auf verändert: Nicht mehr wir selbst sind es, sondern Christus lebt in uns. Er ist der tiefe Grund und die Quelle unseres Lebens – allen Gefahren und Bedrohungen zum Trotz.
Nein, das ist nicht magisch verstanden! Es ist auch keine Zauberei! Wasser bleibt Wasser. Aber weil Jesus seine Verheißung dazu gibt, wird die Taufe für uns zum „Wasser des Lebens“. Nicht das Wasser wandelt sich, sondern wir werden gewandelt – wie schon die Frau am Brunnen. Denn wir wissen, wo unser Leben Sinn und Erfüllung findet: in Jesus Christus.
Für die Söhne im Märchen war der Weg nicht leicht zu finden, für die Frau am Jakobsbrunnen galt es eine Menge Irritationen zu beseitigen. Für uns steht der Weg zum „Wasser des Lebens“ offen: Jesus ruft uns in seine Gemeinschaft, in die Gemeinschaft derer, die in seinen Tod und in sein neues Leben getauft sind. So werden wir befähigt, unsererseits für ein geheiltes, erneuertes Leben in dieser Welt einzutreten.
Wir werden, so sagt es Jesus, selbst zu einer Quelle des Lebens, können anderen helfen, dass auch ihr Durst nach Lebensglück und Lebensfülle gestillt wird: können sie auf den Weg zu Jesus mitnehmen und in seinem Auftrag die Wunden heilen, die das Leben geschlagen hat.
Die Taufe hat den Anfang unserer engen Beziehung zu Jesus gesetzt. Das mag für viele von uns Jahrzehnte zurückliegen. Aber die Kraft ist nicht versiegt. Sie hält an. Das „Wasser des Lebens“ wirkt weiter. Jesus ist unter uns lebendig. Immer, wenn ich eine katholische Kirche betrete, finde ich am Eingang das Weihwasserbecken. Dieses Wasserbecken ist eine stumme Einladung für mich, den Finger einzutauchen, ihn zu benetzen, das Kreuzzeichen zu machen und dabei zu sagen: „Ich bin getauft.“ Mehr nicht. Mit diesem einen Satz ist alles gesagt: Ich bin ein neuer Mensch, denn Christus lebt in mir; und ich gehöre zur großen, weltweiten, die Jahrhunderte übergreifenden Gemeinschaft aller Getauften.
Und einst, in Gottes Ewigkeit, ist uns dieses „Wasser des Lebens“ in Hülle und Fülle verheißen. So lesen wir es im letzten Buch der Bibel, in der Offenbarung des Johannes: „Wen dürstet, der komme; und wird da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst“. Dann sind wir am Ziel angelangt – bei Gott, in seinem Reich. Was für eine wunderbare Aussicht ist das – schön ist sie, märchenhaft schön: Wasser des Lebens! Amen.