Loslassen können mit Christus - Predigt zu Philipper 3,7-11 von Christiane Borchers
Liebe Gemeinde,
Insa ist am Boden zerstört. Ihr Mann will sich von ihr trennen. Er hat eine andere. Heute Morgen hat er ihr es gesagt. Sie traut ihren Ohren nicht. Mit großen Augen blickt sie ihn entsetzt an. „Du willst mich verlassen? Warum? Wir haben doch ein schönes Leben.“ „Wir hatten in letzter Zeit viel Stress“, gesteht sie ein, „aber nächste Woche haben wir Urlaub. Da kommen wir wieder zu uns selbst. Wir können über alles reden. Das haben wir immer getan, wenn es zu viel wurde.“ „Nein“, entgegnet Reiner, „ich will nicht mehr. Mein Entschluss steht fest.“ Insa steigen die Tränen hoch, sie fängt an zu weinen, schleudert ihm böse Worte an den Kopf, wird wütend, ist verzweifelt. Eine furchtbare Szene spielt sich ab. Ein Wort gibt das andere. Aufgelöst verlässt sie den Raum. Tastend greift sie im Flur nach dem Türdrücker im Wohnzimmer. Sie muss sich erst einmal hinlegen. Gekränkt und erschöpft fällt sie auf das Sofa.
Die Botschaft erreicht ihr Ohr, aber nicht ihren Verstand, ihr Herz schon gar nicht. „Reiner will mich verlassen“, sagt sie sich, „das kann doch nicht sein! Mein geliebter Mann will nicht mehr mit mir zusammen sein.“ In diesem Jahr sind sie dreißig Jahre verheiratet. Vor kurzem erst haben sie beide überlegt, sich neue Eheringe anzuschaffen, da die jetzigen nicht mehr passen. „Und jetzt will er nicht mehr. Er hat eine andere.“ Wie erstarrt liegt sie da, kann nicht begreifen, was sie gehört hat.
Sie weiß nicht, wie lange sie so gelegen hat. Irgendwann steht sie auf, verlässt verstört das Haus, geht zu ihren Eltern, die nur ein paar hundert Meter entfernt wohnen. Sie klingelt an deren Tür. Ihre Mutter macht auf. „Kind, um Himmels Willen, was ist los“ empfängt sie ihre Tochter und führt sie ins Haus.
Insa erzählt, dass Reiner sie verlassen will wegen einer anderen. Der ganze Schmerz bricht aus ihr heraus. Am Abend legt sie sich ins Bett. Aber sie findet keinen Schlaf. Insa steht unter Schock. Die ersten vier Nächte schläft sie überhaupt nicht. Sie findet keine Ruhe. Ihre Gedanken bewegen sich im Kreis, sie fragt sich immerzu „Warum?“, sucht nach dem Grund, fragt sich selbst, was sie falsch gemacht hat. Eigentlich möchte sie gar nicht mehr leben, wenn Reiner nicht mehr bei ihr sein will. Aber dann denkt sie an ihre alten Eltern. Das kann sie ihnen nicht antun. Das wäre deren eigener Tod.
Sie schreibt ihrer Freundin eine SMS: „Reiner hat eine andere. Er will mich verlassen.“ Ihre Situation ist ihr unerträglich. Sie muss sich mitteilen. Die Nachricht von der Trennung schlägt bei der Freundin ein wie eine Bombe. Sie ist fassungslos. Sie treffen sich, Insa schüttet ihr Herz aus und bekennt: „In der letzten Zeit haben wir wirklich viel gestritten. Das ist sonst nicht so gewesen.“ Sie schiebt die Ursachen auf die extremen Belastungen: Reiner ist bis über den Kopf mit Arbeit zugedeckt, ihre Mutter musste sich einer schweren Operation unterziehen, im Haus fielen übermäßig Reparaturen an, der Garten macht viel Arbeit, es ist alles zu viel geworden.
„Es war aber nicht so schwerwiegend“, beurteilt Insa die Lage gegenüber ihrer Freundin, „als dass wir nicht im Urlaub darüber hätten reden und Unstimmigkeiten beseitigen können. Das haben wir in schwierigen Zeiten immer hinbekommen. Und turbulente schwierige Zeiten hatten wir gewiss genug gehabt. Die haben wir alle gemeistert.“ Ihre Freundin hört ihr zu, verliert auch dann nicht die Geduld, als Insa zum wiederholten Male erzählt, was ihr durch den Kopf geht. Sie weiß: Ihre Freundin braucht jetzt ein Ohr, das zuhören kann. Kritik und Schuldzuweisungen wären fehl am Platz. Sie braucht einen Menschen, der ihr Verständnis entgegenbringt.
Insa stellt ihr bisheriges Leben vollständig in Frage. War denn alles sinnlos, alle Mühen umsonst? War alles verkehrt gewesen?
Es kommt mir fast so vor, als hörte ich den Apostel Paulus selbst reden, wenn er in seinem Brief an die Philipper schreibt: „Ich erachte mein früheres Leben für Dreck.“ Bevor Paulus sich zu Christus bekennt, ist er ein radikaler Anhänger der jüdischen Religion. Er ist sogar so weit gegangen, dass er Christinnen und Christen verfolgt hat. Sein Christus-Erlebnis auf dem Weg nach Damaskus verändert sein Leben. Christus ist ihm in einer Erleuchtung erschienen, hat ihm ins Gewissen geredet: „Warum verfolgst du mich?“ Der Apostel ist zu tief bestürzt, erkennt, dass es falsch ist, Christinnen und Christen zu verfolgen. Er wird ein glühender Anhänger Christi, so wie er zuvor ein glühender Anhänger des pharisäischen Judentums gewesen ist.
Besondere einschneidende Erlebnisse verändern unser Leben. Sie können große Bestürzung auslösen. Manchmal braucht es eine Weile, bis das Geschehene überhaupt durchdringt. „Es hat bei mir ein Viertel Jahr gebraucht, bis ich verstanden habe, dass meine Frau nicht wieder kommt“, sagte mir ein Freund, dessen Frau ihn verlassen hatte. „Ich habe es einfach nicht geglaubt.“
Ähnlich kann es Menschen gehen, die einen schweren Verlust durch Tod erleiden. Sie können nicht begreifen, dass diese geliebte Frau, dieser geliebte Mann nicht wieder kommt. Es gibt Erlebnisse, die werfen unser Leben aus der Bahn. Sie sind so stark und so bedrohlich, dass wir den Boden verlieren und keinen Grund mehr unter den Füßen haben.
Als sie erfuhr, dass sie Krebs habe, erzählte mir eine Frau, hatte sie das Gefühl, dass die Wände auf sie zukamen und drohten, sie zu erdrücken.
Paulus Damaskus-Erlebnis ist so überwältigend, dass es ihn zu Boden wirft. „Ich erachte mein bisheriges Leben für Dreck“, schreibt er. Die wörtliche Übersetzung ist noch drastischer: „Ich erachte mein bisheriges Leben für Kot.“ Kot ist das endgültig Ausgeschiedene, was der Körper nicht mehr braucht. Paulus verdeutlicht mit diesem Bild, dass er seine bisherigen Lebensinhalte vollständig losgelassen hat. Von seinen bisherigen Werten und Zielen hat er sich vollständig verabschiedet. Das Damaskus-Erlebnis ist plötzlich und ohne Vorwarnung über ihn hereingebrochen. Es war der Auslöser für sein neues Leben. Paulus gelingt es, sein Leben neu zu füllen und neuen Sinn zu geben. Er bleibt nicht in der Vergangenheit stecken, ist in der Lage, Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Er richtet seinen Blick nach vorn. Er ist zu der Erkenntnis gekommen, dass Christus sein Leben ist. Nach ihm richtet er sein Leben aus, er ist das Zentrum seines Wirkens. Ihm ist bewusst, dass ein Leben für Christus kein Leben ohne Leiden sein wird. Paulus begreift sein eigenes Leiden als ein Leiden, das ihn nur enger mit Christus verbindet. Wir würden Paulus aber missverstehen, wenn wir ihm unterstellten, dass er Leiden verherrliche. Er fühlt sich im Leiden mit Christus verbunden, weil dieser weiß, was es bedeutet, allein zu sein, angefeindet zu werden, ausgeliefert zu sein. In beidem, im Leiden und in der Auferstehung hat er Anteil an Jesus Christus und ist ihm gleichgestaltet.
Paulus weiß sehr wohl, dass er sein Ziel noch nicht erreicht hat. „Ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich es schon ergriffen hätte“, schreibt er den Philippern, „ich strebe es aber an. Ich vergesse, was dahinten ist und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist.“
Er streift sein vorheriges Leben ab. Er macht mit seinem bisherigen Leben einen radikalen Bruch und richtet sich neu aus.
Insa wird ihren Weg finden müssen. Sie wird sich von ihrem Mann verabschieden müssen. Ihre Ehe mit ihm gehört der Vergangenheit an. Das Loslassen und Verabschieden wird für sie ein Prozess werden, der mit großem Schmerz verbunden sein wird. Sie darf ihren Blick nach vorne richten, sich Kraft aus der Gemeinschaft, dem Glauben und dem Gebet holen.
Wenn wir die Orientierung verloren haben, wenn nichts mehr gilt, was bisher gegolten hat, so zeigt uns Christus neue Wege. Er begleitet uns und führt uns an der Hand. Christus ist unser Weg und unser Ziel. Wir haben Anteil an seinen Leiden und an seiner Auferstehung. Amen.
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Predigt zu Philliper 3,7-12 von Stephan Lorenz
Liebe Zuhörer,
als Predigttext hören wir heute Morgen einen Ausschnitt aus dem Brief des Apostel Paulus an seine Gemeinde in Philippi.
Was einmal für mich wichtig war, sehe ich nun – angesichts Jesu Christi – als Strafe. Eigentlich halte ich alles, was einmal für mich wertvoll war im Vergleich dazu, meinem Herrn Jesus Christus begegnet zu sein, für Strafe, ja gerade zu für wertlosen Dreck, - wenn ich nur Christus gewinnen und mich in ihm neu finden kann.
Im Leben mit Christus verblasst meine Gerechtigkeit (mein altes Selbst- und Beziehungskonzept) vollständig. Sie war an den Kriterien des (jüdischen) Gesetzes gemessen. Was jetzt für mich zählt, ist allein die Gerechtigkeit (ein Selbst- und Beziehungskonzept), deren Maßstab der Glaube ist, der sich an Jesus Christus entzündet. Das ist die Gerechtigkeit (das Selbst- und Beziehungskonzept), die Gott mir wegen meines Glaubens anrechnet. Glaube, das heißt IHM begegnet zu sein, der Kraft seiner Auferstehung, und sein Leiden gemeinschaftlich zu teilen, sodass ich auch seinem Tod immer ähnlicher werde, um auch einst an der Auferstehung der Toten teilzunehmen. (Glaube ist Begegnung, Kraft, Gemeinschaft, Ähnlich werden, Teilnahme)
Ich habe noch nicht alles empfangen, den Lauf noch nicht vollendet. (diese Beziehung geht weiter, sie ist zukunftsoffen) Doch ich laufe auf das Ziel zu, um es zu ergreifen, nachdem Jesus Christus mich ergriffen hat. (Phil 7-12, Übersetzung des Verfassers)
Alle Geschichten, die wir an einem Sonntagmorgen hören, haben ein gemeinsames, sie verbindendes Thema. Heute hörten wir den 40. Psalm, das Evangelium von den Talenten und diesen Briefabschnitt. Was verbindet sie? Was ist ihr gemeinsames Thema?
Ich würde sagen: es geht in allen Texten darum, wie wir unsere Beziehung, unsere Bindung zu Gott und zu uns selbst beschreiben. Welche Modelle haben wir da im Kopf?
Solche Modelle über uns selbst und unsere Beziehung lernen wir in der Kindheit. Sie steuern – eher unbewusst – das ganze Leben lang unsere Beziehung zu uns selbst und zu unseren Mitmenschen. Und eben auch zu Gott. Es gibt Lebensereignisse, in denen diese Bindungs- und Beziehungsmodelle einer Revision unterzogen werden müssen. Das geschieht oft nach Lebensereignisse, wie sie Ihnen, wie sie hier sind, passiert sind: ein Schlaganfall, ein Aneurysma, eine Operation am Gehirn. Da ändert sich das Leben von einer Sekunde auf die andere. So wie vorher, kann es nicht weitergehen. Aber wie soll und kann es dann weitergehen? Damit müssen Sie alle, die sie hier sind, sich auseinandersetzen.
Auch Paulus war von solch einem Ereignis betroffen. Davon berichtet er in seinem Brief. Den schreibt er im Gefängnis in Rom. Dort wartet er auf seinen Prozess und seine Hinrichtung. Sein Brief ist eine Lebensbilanz.
Es gibt für ihn ein Leben vor der Begegnung mit Christus und eines danach.
Das Ereignis, welches sein Leben verändert hat, war das so genannte Damaskuserlebnis. Paulus hatte wohl (wie man heute spekuliert) einen epileptischen Anfall. Er ist metaphorisch gesprochen vom „hohen Ross“ gefallen. Seine Krankheit, sein Anfall zwangen ihn, sich mit seinem Lebensentwurf, mit seinem Lebens- und Beziehungsmodell auseinanderzusetzen. Er musste sich selbst, seine Beziehungen zu den Menschen und zu Gott neu sehen lernen: Was trägt meinen Selbstwert, meine Beziehungen? Was will ich? Was kann ich? Was ist mir wichtig? Was ist unwichtig? Er sieht nicht nur sich selbst und seine Mitmenschen, sondern auch Gott ganz anders als vorher. Darüber geht sein Brief.
Was ihn verändert hat, das „Neue“, beschreibt er in einem kurzen Abschnitt, das wohl ursprünglich ein „Kirchenlied“ gewesen ist. Ein Lied also, das ganz neue Saiten in ihm zum Erklingen gebracht hat. In diesem Lied heißt es:
Jesus hat Gottes Gestalt, war Gott ähnlich. Aber Jesus/Gott hat sich zum Sklaven, zum Diener der Menschen gemacht. Hat ein Leben geführt, wie wir Menschen es führen müssen, ein mitunter elendes Leben, das sogar im Tod am Kreuz geendet hat. (Phil 3,7f, Übersetzung des Verfassers)
Die Botschaft dieses Liedes: Gott lebt ein Leben als Mensch. Menschenleben ist Gottes Leben. Das Elend und das Leid, was wir Menschen kennen lernen, ist Gott nicht fremd. Ja, Gott macht sich selbst zu meinem Sklaven, – und mich dadurch zum Herrn – zu einem Sklaven, der alle Beschwernisse meines Erdenlebens geduldig auf sich nimmt. Dadurch wird der Mensch wieder Herr über und in seinem Leben, – Freud würde sagen: Herr im eigenen Haus –, indem er dem Vorbild Jesu nachgeht.
So findet sich Paulus selbst „neu“ in diesem Ereignis. Dabei spielt das Wort „Gerechtigkeit“ eine große Rolle.
Gerechtigkeit ist dabei zunächst ein juristischer Begriff, weil Paulus das Wort in seiner griechischen Umwelt so geprägt vorfindet und die Leute spontan verstehen, was er sagen will. Aber er geht in seiner Beschreibung weit über den juristischen Kontext hinaus, ich denke sogar, er verlässt ihn geradezu.
„Gerechtigkeit“ beschreibt er als ein Bindungsverhältnis. Ein Bindungsverhältnis, das auf Dauer angelegt ist. Als inneres Beziehungsmodell, das die Beziehung zwischen Gott und Mensch steuert, also eine sichere Bindung herstellt. Es geht um eine aufrichtige, ehrliche, antwortende Beziehung, die uns selbst tragen kann, was immer uns auch zustößt.
Dieses neue Bindungsmodell grenzt er gegen ein Modell ab, nach dem er bis zu seinem Unfall/Anfall gelebt hat. Das Leben eines frommen Juden nach dem Gesetz.
Nach jüdischem Glauben lebt der Mensch in der Beziehung zu Gott durch die Befolgung der Gebote. Er befolgt das Gesetz und seine Bestimmungen im Glauben und in der Hoffnung, dadurch die Beziehung zu Gott aufrechtzuerhalten. Manche vergleichen das Leben nach den Geboten der Thora mit dem Essen von Honig. Also, als eine sehr angenehmes Leben.
Der neue Christusglaube, wie Paulus ihn sich vorstellt, verneint dieses Modell nicht, gibt aber einen neuen Aspekt hinzu. Etwas, dass diese Bindung noch tiefer erleben lässt und sie immer wieder lebendig macht: Das ist die Kraft, die im irdischen Leben Jesu und besonders in der Auferstehung wirksam geworden ist. Die Kraft, die Leiden, Fehler, Versagen, schuldhaftes Verhalten nicht leugnet, all das aber aushaltbar macht, ja überwinden kann. Gott ist es, der durch sein Tun die Beziehung zum Menschen immer wieder sicher, „richtig“ macht. Von unserer Seite bleibt diese Bindung aus vielen plausiblen Gründen immer eine unsichere, ambivalente, manchmal sogar feindliche Bindung. Gott macht sie sicher, immer wieder lebendig. Er macht sie recht, erhält und trägt sie.
Das wichtigste Bild für diese sichere, unzerstörbare Bindung ist das Leben Jesu und seine Auferweckung von den Toten. Gott hat Jesus – der ja nach menschlichen Maßstäben eher ein gescheitertes, am Ende sogar zerstörtes Leben gelebt hat – Gott hat IHN aus dem Tod zu einem Leben in Ewigkeit erweckt. Alles, was die Bindung zwischen Gott und Mensch stören kann, ja zur Hölle machen kann, töten will, hat keine Kraft mehr. Die Bindungskraft Gottes ist stärker.
In einem alten Tauflied wird das so ausgedrückt:
Mein treuer Gott, auf deiner Seite bleibt dieser Bund wohl feste stehn; wenn aber ich ihn überschreite, so lass mich nicht verloren gehen; nimm mich, dein Kind in Gnaden an, wenn ich hab einen Fall getan.(eg 200,4)
Wenn man, wie wir hier mit schmerzhaften Lebensveränderungen konfrontiert ist, wenn man, wie wir hier, aus der Welt gefallen ist, die einem eben noch vertraut und sicher vorkam, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird, wenn einem das Leben seine ganze Gemeinheit zeigt, dann ist das eine große Verunsicherung, die alle möglichen unangenehmen Ängste, Phantasien und Reaktionen hervorruft. Der Körper, eben noch ganz selbstverständlich verfügbar, wird zu einem Angst- und Unsicherheitsfaktor. Kann ich mich jemals wieder vertrauensvoll auf ihn verlassen? Man muss langsam und mühsam ins Leben zurückkämpfen. Man fühlt sich von sich selbst, ja auch von Gott verlassen. Im ärgsten Falle sogar von ihm bestraft. Obwohl man doch ein recht frommer Mann/ Frau war. Auch wenn man nicht immer in die Kirche gelatscht ist.
Was kann uns dabei helfen, wieder ins Leben zurückzuführen? Was kann uns helfen diese traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten?
Paulus rät uns aus seiner Erfahrung, sich an Jesus zu orientieren und sich daran zu erinnern:
Jesus(Gott) hat ein Leben geführt, wie wir Menschen es führen müssen, ein mitunter elendes Leben, das sogar im Tod am Kreuz geendet hat.
ER weiß, wie einem zu Mute ist, mit was wir zu kämpfen haben. ER kennt unsere Ängste, unsere Gedanken, unsere widerstreitenden Gefühle, unseren Schmerz, unsere ganze Traurigkeit. ER ist bei uns! Wenn unser Körper versagt, wenn unser Verstand nicht mehr auf der Höhe ist. Wenn wir den Glauben an uns und die Welt verlieren. Dann glaubt ER, unser Gott, weiter an uns. Die Bindung zu IHM wird durch unser elendes Leben, das wir führen müssen, nicht in Frage gestellt.
An Gottes Wirken in meinem Leben zu glauben, ruft die Beziehung zu Gott ins Leben. Glaube beschreibt Paulus als Begegnung mit dem Gott, der mich nicht fallen lässt, – selbst dann nicht, wenn man seine Weisungen und Gebote aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr erfüllen kann. Als Kraft zum Leben, als Gemeinschaft mit denen, die auch mit ihrem Lebensglück hadern, als Ähnlichwerden mit Christus, der als Gescheiterter zur rechten Gottes sitzt, und als Teilnahme an der Zukunft Gottes. Unser Weg mit Gott ist hier nicht zu Ende. Darauf können wir uns verlassen.
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Mein Gewinn: in der Schlange stehen - Predigt zu Philipper 3,4b-11 von Katrin Berger
Ich bin nicht wie Paulus.[1]
Ich bin kein Mann und schon gar kein Jude.
Ich gehöre nicht zum auserwählten Volk Gottes.
Nicht zum Stamm Benjamins und zum Stamm Davids erst recht nicht.
Ich wurde nicht nach einer Woche beschnitten, natürlich nicht.
Ich bin und fühle mich nicht rein, natürlich nicht.
In meinem Stammbaum gibt es nur einen Menschen mit hebräischen Namen,
aber was das bedeutet, wissen wir nicht.
Nach allem was ich weiß, tippe ich auf Nichts.
Mein Cousin heißt zwar Samuel und meine Cousine Sarah,
aber sie sind evangelisch-reformiert.
Mein Vater ist römisch-katholisch
und meine Mutter lutherisch-ausgetreten.
Ich bin nicht wie Paulus.
Ich habe die Feinde Gottes nie verfolgt.
Ich weiß nicht mal wer das wirklich sein soll, wenn ich so darüber nachdenke.
Keiner ist nur Feind Gottes. Alle sind auch Kinder Gottes.
Keiner ist nur Kind Gottes (auch nicht Paulus), alle sind auch Feinde Gottes.
Einmal. Zweimal. Mehr oder weniger. Immer wieder.
Wir lieben weder uns selbst noch die anderen wirklich (auch nicht Paulus).
Trotzdem bin ich nicht wie Paulus.
Ich möchte nicht für Gottes Sache sterben.
Ich will nicht mal wirklich für die Sache Gottes leiden.
Auferstehung bitte jetzt und immer, ich bin doch getauft.
Der leibliche Tod soll warten, ich hab noch was vor.
Ich will noch lieben und leben, für die Sache Gottes.[2]
Vielleicht bin ich ein bisschen,
aber nein, ich bin wirklich nicht wie Paulus, oder?
Ich bin eine weiße Frau in Deutschland.
Geboren in Bethel, in Bielefeld. 1982.
Ein Einzelkind im Akademikerhaushalt.
Immer genügend Geld, Bildung, medizinische Versorgung, Frieden sowieso.
Auf dem Dach Solarzellen, in der Kühltruhe Biofleisch.
Meine Eltern hatten Zeit für mich.
In der Grundschule gab es ein Mädchen aus der Türkei und eins aus Russland.
Und eins aus der DDR, aber mit Autos kannte ich mich noch nie aus und deshalb habe ich die Witze über deren Trabi erst Jahre später kapiert.
Ich war ein weißes Mädchen in Deutschland zwischen lauter anderen weißen Mädchen.
Nie hab ich alles bekommen, was ich wollte.
Aber das lag nur an der Erziehung meiner Eltern und den Prinzipien meiner Oma.
Nie war ich die Schönste, mit meiner Neurodermitis, den kurzen Haaren und der Zahnspange,
aber über mich gelacht haben sie auch nur 1-2 Mal, ich weiß nicht mal mehr worüber.
Nie war mein Leben richtig leicht, aber wenn alle so eine Kindheit gehabt hätten wie ich,
dann wäre dies eine fast gerechte Welt.
Ich war eine weiße junge Frau in Deutschland.
Mein Pfarrer hat mir Mut gemacht, Pfarrerin zu werden.
Aber das sahen andere weiße Männer und Frauen aus Deutschland anders.
Frauen sollen das nicht.
Frauen können das nicht.
Männer sind grundsätzlich alle gleich anders,
also alle besser für das Pfarramt geeignet.
Frauen sind grundsätzlich alle gleich anders,
also alle schlechter für das Pfarramt geeignet, eigentlich gar nicht.
Schwächen wollten sie mich, schwer gemacht haben sie es mir und tun es manchmal immer noch, aber sie waren zu spät und zu wenige sind sie auch.
Es standen immer genug Menschen hinter mir.
Wenn alle so eine Jugend gehabt hätten wie ich in den 90er Jahren in Deutschland,
wären wir stark genug, nur noch das zu tun, was wir können und wollen.Denn das sollen wir.
Ich war eine weiße Frau aus Deutschland in Philadelphia, USA.
Fremd war ich dort, interessant, besonders, schön-anders.
Nicht so wie die Schwarzen im eigenen Land.
„Du weißt nicht, wie das ist!“, sagt mir meine schwarze Mitstudentin.
„Wenn der Supermarktdetektiv deinen gesamten Einkauf mit den Augen begleitet.“
Nein, weiß ich nicht, bei mir tut er das nicht. Ich bin weiß, und Weiße, das weiß man doch, klauen viel weniger.
„Du weißt nicht, wie das ist!“, sagt mir die mexikanische Mutter.
„Wenn man nachts Angst hat, dass dein Kind mit dem Auto von der Polizei angehalten wird, ohne Grund.“
Nein, weiß ich nicht, ich bin noch nie angehalten worden. Weiße werden weniger angehalten, auf Weiße wird weniger geschossen und wenn, dann weniger oft tödlich.
„Du weißt nicht, wie das ist!“, sagt mir der große starke Afroamerikaner.
„Wenn man als erfolgreicher Geschäftsmann in einer guten Gegend ein Haus kauft und plötzlich alle Nachbarn wegziehen, weil die Immobilienpreise sinken.“
Nein, weiß ich nicht. Denn ich lebe nur mit Weißen zusammen. Wenn das anders wäre, wüsste ich: Schwarze Menschen im Viertel machen die Preise kaputt.
„Du weißt nicht, wie das ist!“
Nein, wusste ich wirklich nicht. Ich bin weiß. Nie hat mir ein anderer Weißer erzählt, wie viele Vorteile das hat. Meine Vorteile waren Selbstverständlichkeiten. Privilegien für Weiße. Aber nur für Menschen aus Europa oder Amerika,
weniger Angst, weniger Vorurteile, weniger Überwachung,
mehr Vertrauen, bessere Jobs, mehr Geld, bessere Bildung,
mehr Gesundheit, besseres Leben.
Für Christen zuerst.
Die sind ja am längsten da, und wenn auch nicht in der Mehrzahl, dann immer noch die meisten, am Besten organisiert oder irgendwas sonst besser, höher, weiter.
„Du weißt nicht, wie das ist!“, sagt meine Freundin mir, sie will auch so gerne Pfarrerin werden. „Du weißt nicht, wie das ist, wenn man sich nicht in der Öffentlichkeit küssen kann.“
Nein, weiß ich nicht. Ich verliebe mich bisher nur in Männer, aber sie in Frauen und das sehen selbst westliche, christliche Gemeinden noch immer nicht so gerne. Zumindest nicht beim hauptamtlichen Personal.
Ich bin eine Frau aus Deutschland, heterosexuell, christlich und weiß, aber ich weiß: Ich weiß nicht viel von Gott, wenn ich glaube, dass es das ist, was mein Leben wertvoll macht.
Ich weiß das, weil andere zu mir gesagt haben:
„Du weißt nicht, wie das ist.“
Ich weiß das nur, weil andere mir die Augen geöffnet haben.
Ich war mindestens so blind wie Paulus, ich war mir so sicher.
ICH habe mir das verdient, das ist doch selbstverständlich,
dass man mir so begegnet, das ist doch mein gutes Recht,
habe ich gedacht.
Aber dies alles, was mir früher als Vorteil erschien, habe ich durch Christus als Nachteil erkannt. (Phil 3,7)
Ich war mindestens so blind wie Paulus, ich habe lange nicht mal meine Vorteile als das gesehen, was sie sind: unverdiente Privilegien.
Ich war dankbar für mein Leben, aber für Privilegien kann man nicht mehr unbeschwert dankbar sein, wenn man vor denen sitzt, die sie nicht haben. Wenn man in denen, die vor einem sitzen, Christi Ebenbild sieht und sie sagen: „Du weißt nicht wie das ist, du kennst mich nicht.“
Dann ist das, was vorher Vorteil war, zum Nachteil geworden.
Vor Gott und vor Jesus kann man sich nichts verdienen. Weder mit seiner Herkunft noch mit dem, was man deshalb geworden ist und erreicht hat.
Vor Gott sind alle gleich und wer meint er oder sie wäre aber mehr oder besser, dem sagt Jesus:
„Du kennst mich nicht, ich war immer bei den Armen, nicht den Reichen.
Du kennst mich nicht, ich war immer bei den Sündern, nicht den Gerechten.
Du kennst mich nicht, ich war immer bei den Anderen, nicht den Gleichen.
Du kennst mich nicht, ich war immer bei denen, die draußen sind und nicht drinnen.
Du kennst mich nicht, ich war immer unterwegs, ich bin nie geblieben.
Du kennst mich nicht, ich bin Gott und doch bin ich Mensch geworden ohne einen einzigen Vorteil in Anspruch zu nehmen.
Du kennst mich nicht, wenn du nicht weißt, wie das ist.“
Wenn man Jesus so kennen lernt,
wenn die Vorteile zu Nachteilen werden,
dann wird alles ganz anders, man selbst wird anders.
Es kann sehr wehtun, wenn sich so viel zum Gegenteil wendet.
Es kann sehr wehtun, wenn man sich von einer anderen Seite sieht.
Paulus hat sich schuldig gemacht an den Kindern Gottes und ich mich auch.
Wer Privilegien selbstverständlich in Anspruch nimmt,
hält sich selbst für wertvoller als andere Kinder Gottes.
Wer an seinen Vorrechten festhält,
wird zum Feind der Kinder Gottes und damit von Gott selbst.
Das zu erkennen hat Paulus wehgetan, mir auch.
Deshalb hat es eine Weile gedauert, bis ich ansatzweise sagen konnte, was Paulus voller Freude im Philipperbrief schreibt:
“Ich betrachte überhaupt alles als Verlust im Vergleich mit dem überwältigenden Gewinn, dass ich Jesus Christus als meinen Herrn kenne. Durch ihn hat für mich alles andere seinen Wert verloren, ja ich halte es für bloßen Dreck.“ (Phil 3,8)
Es kann eine Weile dauern, bis man sich über den überwältigenden Gewinn freuen kann, den man hat, wenn man Jesus kennt. Erst muss man sich verabschieden, von dem, der man war, von der, die man war. Und dann muss man sich verabschieden von dem, was man hat.
Nicht mehr: Ich habe da aber ein Recht drauf, ich komme zuerst. Sondern: Die haben da auch ein Recht drauf, ich stelle mich hinter sie in die Schlange.
Es kann eine Weile dauern, bis man sich über den überwältigenden Gewinn freuen kann, dass man das Gegenteil sein kann von dem, was man war.
„Freuet euch, abermals sage ich euch freuet euch“ (Phil 4,4), schreibt Paulus, Jahre nach seinem Damaskuserlebnis.
Ich freue mich auch noch, Jahre nach meiner Zeit in Amerika, und immer wieder.
Und stelle mich in die Schlange, wie viele andere auch, hinter die Kinder Gottes, die noch kämpfen müssen um das, was Gott für sie will.
Hinter andere Frauen, wenn ihnen immer noch gleiche Bezahlung und Anerkennung ihrer Arbeit im Haus und mit Kindern verwehrt wird.
Hinter homosexuelle Paare, deren Liebe und Segnung für viele in dieser Kirche immer noch ein Skandal ist.
Hinter Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen, denen immer wieder unterstellt wird, sie seien schlecht für unser friedliches Zusammenleben.
Hinter Menschen ohne Heimat und Zukunft, deren Recht auf ein gutes Leben in Frieden und Würde immer wieder als unmöglich und unbezahlbar hingestellt wird.
Hinter Menschen mit anderer Haut und anderen Namen, denen immer noch mehr Kriminalität und sonst allerlei schlechte Eigenschaften zugetraut werden.
Da in der Schlange, da trifft man Menschen, die von Gott noch alles erhoffen, weil die Welt es ihnen nicht gibt und sie es selber auch nie könnten.
Da in der Schlange, da trifft man Menschen, die erzählen können, wie das ist, als Armer, als Sünder, als jemand, der draußen steht und anders ist, noch nicht angekommen, sondern unterwegs.
Da in der Schlange, da kann man immer wieder sehen, wie Gott ist. Seine Gerechtigkeit reicht. Viel weiter als jeder Vorteil es jemals könnte. Seine Gerechtigkeit reicht für alle.
Ich bin nicht wie Paulus, sondern wie viele weiße westliche privilegierte Frauen und Männer, die sich immer wieder in die Schlange hinter die anderen stellen.
Hinter diesen Menschen fühle ich mich wohl, ich bin dort nicht mehr wert als ich bin.
Ich habe dort nichts zu verlieren, das mir sowieso nicht gehört.
Bei diesen Menschen ist viel Liebe und Freundschaft.
Ich bin nicht wie Paulus und wahrscheinlich werde ich das auch nie,
aber ich hoffe wie er auf die Gerechtigkeit Gottes – und Jesus Christus immer wieder neu kennen zu lernen und an ihn zu glauben ist mein Gewinn.
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Nachstolpern in der Spur Jesu - Predigt zu Philipper 3,7-14 von Axel Denecke
1.
Wie schön, liebe Gemeinde, dass der heutige Predigttext aus zwei ganz unterschiedlichen Teilen besteht:
Einem ersten Teil, wo einem Angst und Bange werden kann, wo man am liebsten die Bibel gleich wieder zuklappt und sich fragt: Was hat den guten Paulus da bloß geritten?
Und einem zweiten Teil, wo man mit Freuden zustimmen kann, sich selbst und auch anderen sagt: Ja, wenn es so ist, dann bin ich auch heute noch dabei, bin ganz eins mit Paulus.
Wie schön also, dass auf den martialischen ersten Teil der versöhnliche zweite Teil noch folgt.
Doch hören wir erst einmal den ganzen Predigttext, ehe ich mich dann den zwei so unterschiedlichen Teilen zuwende und am Ende auch frage, ob die wohl doch etwas miteinander zu tun haben.
(Lesung von Phil 3,7-14)
2.
Ich bin mir natürlich nicht so ganz sicher, ob es Ihnen beim Hören des langen Textes auch so ging wie mir beim Lesen. Ob sie nach den ersten martialischen ersten Sätzen des Paulus bereits abgeschaltet haben oder auch nur den Kopf geschüttelt haben, ob Sie dann die letzten Sätze des Paulus „Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe“ überhaupt noch aufgenommen haben und etwas versöhnt sagen konnten: „Ach, wenn er’s so meint, dann mag es ja angehen“? Mir jedenfalls ging es so, und ich möchte es Ihnen gern erklären.
Ich habe den ersten Teil unseres Textes „martialisch“ genannt. Denn Paulus geht hier recht rigoros vor, rechnet unerbittlich mit seinem bisherigen Leben – ohne Christus – ab, erachtet sein Leben für einen „Schaden“, ja für „Dreck“, das zu nichts taugt. Sein ganzes Leben war sinn- und zwecklos, bis er Christus entdeckt hat.
Kannst es wegwerfen, taugt nichts, auf den Müll damit. Wie kann man nur so reden? So entschieden und unerbittlich mit sich selbst. Ein Leben ohne Christus ist Müll und Dreck und völlig sinnlos. Kann man das so einfach sagen?
Soll ich das all denen heute sagen, die mich nach meinem christlichen Gauben fragen, die sich da langsam herantasten wollen an ihn? Soll ich Ihnen sagen: So wie ihr bisher – ohne Christus – gelebt habt, das war kein Leben, das war alles nur Einbildung, Hokuspokus, auf den Müll damit? Das geht doch nicht. Das ist doch lieblos, herzlos, menschenverachtend. Oder?
Und dann geht der gute Paulus auch noch weiter und knebelt sich noch mehr. Er will mit Christus gleichgestaltet werden, wie er es nennt, will in die „Gemeinschaft der Leiden Christi“ aufgenommen werden, „so seinem Tode gleichgestaltet werden“. So als würde er masochistisch darauf pochen, wie Christus leiden und sterben zu dürfen, damit er dadurch den „Gewinn der Auferstehung“ davon trägt.
Was für ein Lebensprojekt. Kann, ja darf ich das uns heutigen Menschen wirklich weiter empfehlen? Oder soll ich nicht einfach sagen: So bitte nicht! Gott verlangt nicht von mir, dass ich so mit dem Leiden und Sterben Christus gleich werde, nur um dann den „Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes“ zu empfangen. So nicht! Unser christlicher Glaube ist doch keine masochistische Selbstkasteiung. Das kann ich doch keinem von uns zumuten und auch noch aufnötigen? Oder?
Ich muss nicht besonders daran erinnern, dass dies grausame Verständnis des christlichen Glaubens viele Menschen gerade dazu gebracht hat, sich von diesem Gott und diesem Christentum enttäuscht oder auch entrüstet abzuwenden. Der Pastorensohn Friedrich Nietzsche – um nur den prominentesten zu nennen – hat es wohl am eigenen Leibe in seinem Elterhaus so erfahren und hat unerbittlich seine Konsequenz daraus gezogen: Nichts mehr mit Gott und Glauben und Kreuz und Leiden und Todesmasochismus. Und viele, die nicht so klug wie Nietzsche sind, sondern ganz einfach ihren gesunden Menschenverstand einsetzen, haben das Gleiche getan.
Warum also mutet Paulus uns das alles so zu? Ist das wirklich der Kern unseres christlichen Glaubens? Hat denn Jesus selbst so gelebt?
Der Jesus, den wir aus den Evangelien kennen, aus der Bergpredigt, aus den Gleichnissen, aus seinen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, Sündern und Gerechten, hochgebildeten Schriftgelehrten und einfachen Leuten vom Lande, Kindern, Frauen, einfachen Fischern und Zollbeamten. Er hat die Welt auch positiv gestaltet, Gottes gute Schöpfung gelobt, mit Freunden gefeiert, gegessen, getrunken, voll das Leben geliebt und geschätzt und war nicht nur auf Leiden und Sterben aus? Hat nicht alles für „Schaden“ und „Dreck“ gehalten. Warum also so?
Ich sage also zunächst entschieden „Nein“ zu diesem Lebenswurf des Paulus und scheue mich auch nicht, das laut und öffentlich zu sagen.
3.
Doch dann hilft mir zum Glück der ganz anders geartete zweite Teil unseres Predigttextes weiter. Da tritt auf einmal ein ganz anderer Paulus auf: Bescheiden, zurückhaltend, ja einfach sympathisch. Er gibt frank und frei zu: „Nicht, dass ich das alles schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei, ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich vom Christus Jesus ergriffen bin. Meine Brüder [und Schwestern], ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich das alles schon ergriffen habe“.
Na wunderbar, wie ehrlich Paulus hier ist und wie realistisch er sich selbst einschätzt.
Er hat wohl selbst gemerkt, dass er vorher arg große Worte gemacht hat, die er selbst in seinem Leben (noch) nicht einlösen kann. Er tritt einen Schritt zurück, betrachtet sich selbst und sagt zu sich: „Na ja, gut gebrüllt Löwe, wirklich gut gebrüllt. Aber etwas zu laut und zu martialisch. Ich muss bescheiden sein und ehrlich zugeben: So weit, wie ich da gerade lauthals getönt habe, bin ich noch nicht“. So ungefähr, stelle ich mir vor, hat Paulus zu sich selbst geredet.
Das gefällt mir und so wird er mir sympathisch. Er rückt mir näher. Er ist auch noch nicht weiter als ich selbst in meinem Glauben bin. Und ich kann dem ohne Einschränkung zustimmen.
All die großen Worte über Christus, mit ihm gleichgestaltet zu werden und so weiter, all das kann ich bei mir (noch) nicht einlösen. Und ich danke Dir, lieber Paulus, dass Du das auch ganz offen und ehrlich zugibst. Das erleichtert mich. Da bin ich also mit meinem arg mittelmäßigen Glauben gar nicht so weit von Dir entfernt. Wir treffen uns da, wo wir uns beide sagen: Auf dem Wege sind wir, noch nicht am Ziel. Wir haben Christi Lebensstil zwar vor Augen, er ist unsere innere Orientierungsmarge, er zeigt uns den Weg, aber wir sind noch weit davon entfernt, ihn und seinen Lebensstil wirklich ergriffen zu haben. Er ist uns noch meilenweit voraus. Und das ist auch gut so. So können wir seinem Lebensstil immer „weiter nachjagen“, wie Paulus an dieser Stelle wieder etwas martialisch sagt.
Ich würde eher sagen: So können wir seinem Lebensstil nacheifern, nachfolgen, nachstolpern, nachhinken so gut wir es halt können.
Und warum tun wir es? Warum orientieren wir uns an Jesus? Warum versuchen wir ihm nachzufolgen? Als Christen in seinen Spuren zu wandeln – warum?
Da sagt Paulus den alles entscheidenden Satz: „Weil ich von Christus Jesus ergriffen bin“. Christus hat ihn ergriffen und er kommt nicht mehr von ihm los. Geht einfach nicht. Er ist in den Einflussbereich Christi geraten und nun bestimmt dieser sein ganzes Leben. An anderer Stelle sagt Paulus ganz zugespitzt: „Nun lebe nicht ehr ich, sondern Christus lebt in mir“. Auch wieder ein so großes Wort, aber es macht deutlich, dass er von Jesus Christus so beeindruckt, ja fasziniert ist, dass dieser sein ganzes Leben neu bestimmt.
Ich selbst würde es vielleicht etwas anders ausdrücken, aber in der Tendenz würde ich es auch so sagen wie Paulus.
Ich sage es so: „Der ganze Lebensstil Jesu, so wie er mit Menschen umgegangen ist, wie er seine Gleichnisse vom Himmelreich erzählte, wie er gerade für jeden Menschen das rechte Wort gefunden hat, das zu ihm passt, wie er den Pharisäern zum Pharisäer wurde, den Zöllnern zum Zöllner, den Kindern zum Kinderfreund, wie er Liebe übte wo man sich hasste, wie er zu Petrus sagte: „Stecke dein Schwert in die Scheide, denen wir zum Schwert greift, wird vom Schwert umkommen“, wie er am Kreuz zum dem einen neben ihm sagt: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“, wie er für alle Menschen, die ihn gekreuzigt haben, betete: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“, wie er in seinem ganzen Leben ein ungebrochenes Vertrauen auf Gott, den er seinen Vater nannte, unseren Vater, uns vorlebte, wie er uns zeigte, wie wahres Leben wirklich aussieht – das alles hat mich „ergriffen“, davon komme ich nicht los, davon will ich auch nicht loskommen und diesen Gott vertrauenden Lebensstil will ich auch zu meinem eigenen machen, so gut ich kann.“
Ja, so würde ich es sagen und dann wie Paulus hinzufügen: „Nicht, dass ich das alles schon ergriffen hätte. Das sei ferne. Ich bin noch meilenweit davon entfernt. Aber ich jage ihm nach, ich pilgere, stolpere ihm nach, so gut ich kann.
Und ich vertraue darauf: Gott hilft mir immer wieder auf die Beine, wenn ich falle. Er richtet mich auf, damit ich weiterstolpern kann auf diesem Weg, um Jesu Lebensstil nachzufolgen“. Und warum das alles? Weil ich von Jesu Lebensstil ergriffen bin, weil ich davon nicht mehr loskomme. Er ist hinter mir und stützt mich. Er ist vor mir und zeigt mir das Ziel.
Dabei will ich ganz ehrlich sein, so ehrlich wie Paulus an dieser Stelle war. Ob ich den Schlusssatz von Paulus nachsprechen kann, das weiß ich nicht. Ich glaube es nicht.
Paulus beendet ja seinen Eloge wie folgt: „Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist […] dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Jesus Christus“.
Nein, das kann und möchte ich nicht sagen. Hier ist mir Paulus wieder zu martialisch und verbissen. Ich will nicht vergessen, was hinter mir liegt. Ich will es achten und ehren, auch daraus lernen, will mich aber von meiner Vergangenheit nicht abschneiden. Sie ist ein Teil von mir und sie zu leugnen, das macht mich kleiner als ich bin.
Paulus ist da anders – nun gut, das ist seine Lebensweise. Jeder von uns ist anders und muss seinen ganz eigenen Lebensweg gehen. Paulus geht seinen und ich orientiere mich durchaus daran, übernehme das eine, übergehe das andere.
Ich gehe meinen, jeder von uns geht seinen ganz eigenen, wenn er denn nur ehrlich ist, wenn er – auf welche Weise auch immer – von Christus ergriffen ist, der ihm den Weg weist.
Und es gibt ja zum Glück so viele Wege, so unendlich viele, um zum Ziel des Lebens zu kommen, um zu Gott zu kommen, um zu sich selbst zu kommen. Und jeder von uns hat seinen ganz eigenen, ja einzigartigen Weg, der unvergleichbar ist mit dem Weg des anderen. Und das ist gut so.
4.
Nun zum Schluss: Passen am Ende die so ganz unterschiedlichen zwei Teile unseres Predigttextes zusammen?
Sie passen nicht zusammen und sie passen doch zusammen,
Sie passen nicht zusammen: Denn der aufgeregt martialische und großspurige erste Teil und der eher bescheidene und ehrliche zweite Teil schließen sich aus. Mit den übergroßen Worten des ersten Teils ist in unserer Kirche oft dogmatisch Schindluder getrieben worden. Und das hat mit dazu geführt, dass Nietzsche und viele andere, die durchaus guten Willens sind, sich vom Glauben und Gott enttäuscht oder sogar angewidert abgewendet haben. Starr und dogmatisch versteift, wie solche Worte mit finsterer Miene oft daher kommen. Wir leiden alle noch an den Folgen solch übergroßer und unmenschlicher Worte. Die Kirche und jeder einzelne Gläubige sollte den Mund nicht so voll nehmen. Dabei kann man sich nur verschlucken und am Ende blamiert dastehen. „Nicht dass ich das alles schon ergriffen hätte“ ist das ehrliche Eingeständnis eines jeden Christen an dieser Stelle. Und vielleicht würde das auch ein Nietzsche oder ein anderer Zweifelnder oder Abtrünniger verstehen.
Also, ein klares „Nein“ zum ersten Teil, es bleibt dabei und ein klares „Ja“ zum zweiten Teil. Beide Teile passen nicht zusammen.
Und sie passen doch zusammen: Denn beides rumort ja in Paulus selbst. Paulus ist beides: er ist martialisch, fordert fast unmenschlich viel von sich, schwingt sich in übergroße Höhen, als Fanatiker, der er Zeit seines Lebens war.
Und er ist gleichzeitig bescheiden und ehrlich und gibt zu: Ich packe es noch nicht. Ich habe es noch nicht ergriffen. Es ist noch viel zu groß für mich.
Beides ist in Paulus. Er ist „martialisch“ und „bescheiden“, hochmütig und demütig zugleich.
Und das gilt wohl auch für uns. Ein jeder von uns ist auf ganz eigene Weise hochmütig und demütig zugleich. Jeder hat seine „martialischen“ und „bescheidenen“ Seiten. Das sollten wir einfach zugeben. Der Mensch ist ein sehr zwiespältiges, oft auch widersprüchliches Wesen. Doch so ist er nun mal von Gott gemacht, mit allen den guten und schlechten Eigenschaften, die jeder hat.
Und gut, nein sehr gut, am Ende getrost, erleichtert und auch erlöst sagen zu können: Sei es, wie es sei. Nicht dass ich all das Große des Glaubens schon ergriffen hätte, ich jage, nein, ich stolpere ihm aber nach, weil ich nicht anders kann, weil ich ergriffen bin vom dem, der mich ergriffen hat: Von Jesus Christus, vom Lebensstil Jesu, dieses einfachen jüdischen Menschen, der vor 2000 Jahre in Galiläa lebte und heute noch überall lebt, wo man ihm nachfolgt, nachpilgert, nachstolpert.
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exegetisch-systematisch-theologische Gedanken zu Philliper 3,7-14 von Thomas Bautz
Eine Umkehrung der Werte – Paulus erachtet seine jüdische Herkunft als gesetzestreuer Pharisäer nach seiner „Bekehrung zu Christus“ (Damaskus-Erlebnis) nur noch als „Dreck“.
Seit den 1980er Jahren wird eine neue Perspektive in der Paulusforschung diskutiert. Dabei betrachtet man Herkunft und Theologie des Paulus unter Aspekten jüdisch-christlicher Beziehungsgeflechte.
Wir sehen Paulus gewöhnlich als Lehrer: Christologie und Rechtfertigungslehre sind zentral. Allein wer „durch Gottes Gnaden“ an Christus glaube, könne vor „Gott“ bestehen. Es bedürfe keiner eigenen Taten, schon gar nicht der „Gesetzeswerke“ bzw. der Erfüllung des Gesetzes, um vor „Gott“ als gerechtfertigt zu gelten. Diese Lehre provoziert mehrere Missverständnisse.
Ich möchte Paulus mit seiner Verwurzelung im Judentum, vor allem aber mit Rabbi Jesus, dem historischen Jesus, dem Jesus der Evangelien und seiner Verkündigung konfrontieren. Schalom Ben-Chorin meint, Paulus habe „das Joch des Gesetzes in seiner ganzen Schwere empfunden, nicht aber die Freude am Gesetz.“ An der Entwicklung seines „Gesetzesverständnisses“ wird klar, dass sie „eine Frucht der würgenden Angst des Paulus vor dem Gesetz und seinen Konsequenzen“ ist. Die kraft seiner Vision von „Christus“ geglaubte „Erlösung von der Sünde“ (Zielverfehlung) erkennt er als „Erlösung vom Gesetz“. [1]
Doch wenn Barmherzigkeit, Gnade, Liebe Gottes jedem Menschen vorbehaltlos gilt, wozu bedarf es dann noch einer Rechtfertigung? Oder soll sich Gott womöglich rechtfertigen, weil er so gütig ist? „Habe ich etwa nicht das Recht, mit dem, was mein ist, zu tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich gütig bin?“, so schließt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,15).
Die paulinische Rechtfertigungslehre, die Luther als so befreiend erlebt und dann gegen den Katholizismus verwendet hat, täuscht darüber hinweg, dass Rechtfertigung und Glauben der hebräischen Bibel oder dem Ersten Testament keineswegs fremd sind. Einem der berühmten und zentralen Gestalten Israels, Abram, wird sein Gottvertrauen als Glaubensgerechtigkeit angerechnet. Als der Patriarch Abraham ist er und sein Glaube in den abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum, Islam bis heute gegenwärtig.
Um ein Gott wohlgefälliges Leben führen zu können, versucht man nach seiner Weisung und nach seinen Lebensregeln („Vorschriften“, Geboten) zu leben. Die zu verwirklichende Frömmigkeit hat unverzichtbar eine soziale, zum Teil sogar sozialpolitische Komponente oder Dimension. Gottesglaube ohne deutlichen Bezug zum Menschen ist widersprüchlich. Der Jude rechtfertigt sich nicht selbst und beruft sich auch nicht auf seine Taten und Werke, wie die Rechtfertigungslehre unterstellt. Er wird – wenn überhaupt – von Gott gerechtfertigt.
Zur Zeit des Paulus gibt es wesentlich mehr Juden, die dem christlichen Glauben beitreten, als dass es zunächst innerhalb des Paganismus, dem „Heidentum“, tieferes Interesse gäbe. Die aus der Jesusbewegung hervorgehenden Gruppen gelten anfangs als Zweig innerhalb des Judentums. Man hat zunächst auch keine Probleme mit der Tradition jüdischer Gebräuche, zum Beispiel: die Beschneidung als Zeichen der Zugehörigkeit zum Volk Israel, Einhalten des Schabbat, der Tempelbesuch und Speisegesetze.
Paulus vermag sich mehrfach in seinen Briefen als vorbildlicher Pharisäer auszuweisen, der streng nach dem „Gesetz“ lebt. Zu seiner Zeit wird aber bereits die gesamte hebräische Bibel als Tora, als Weisung betrachtet und studiert. Keineswegs nur die ersten fünf Bücher, was das von ihm verwendete griechische Wort für „Gesetz“ (nomos) aber suggeriert.
Das Leben mit und nach der Tora als Weisung Gottes wird schon in prophetischen Büchern und in der Weisheitsliteratur Israels als etwas Wohlschmeckendes, als Honig und als etwas Lebenserhaltendes angesehen. Das ist kein „Leben nach dem Gesetz“, wie es Christen noch bis Mitte des 20. Jh. und zum Teil noch heute so gern karikieren. Übrigens werden die insgesamt 613 Lebensregeln nur von einer Minderheit im Judentum befolgt. Für alle jüdischen Richtungen sind aber die Zehn Gebote, das Doppelgebot der Liebe, Feindesliebe und die sogenannte Goldene Regel („Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst“) zentral.
Die Beschneidung wird bis heute auch im liberalen Judentum noch diskutiert. Sie hat auch medizinische und juristische Komponenten. Ihre religiöse Wurzel und Bedeutung bleibt grundsätzlich unbestritten. Rückblickend ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass Paulus derart beleidigend und polemisch gegen Judenchristen und indirekt gegen das Judentum wettert, wobei er obendrein das von ihm konstruierte Christentum als einzige Alternative hinstellt (Phil 3,2-3): „Seht euch die Hunde an, seht euch die bösen Arbeiter an, seht euch die (Männer der) Verschneidung an! Denn wir sind die (rechte) Beschneidung, die wir Gott im Geiste dienen und unsern Ruhm in Christus Jesus suchen und unser Vertrauen nicht auf das Fleisch setzen (…).“
„Nehmt euch in Acht vor den elenden Hunden, den falschen Missionaren, den Zerschnittenen! Denn die wirklich Beschnittenen sind wir, die der Geist Gottes befähigt, Gott in der rechten Weise zu dienen. Denn wir bauen nicht auf Vorzüge, die irdisch und menschlich sind, sondern rühmen uns allein damit, dass wir zu Jesus Christus gehören.“
Es ist doch eine grobe Unterstellung, nur den Christusgläubigen zuzubilligen, „Gott in der rechten Weise dienen“ zu können. Die Verkündigung des Rabbi Jesus in den Evangelien hat bei aller Einzelkritik einen anderen Tenor. Im Übrigen ist er nicht gekommen, um die Tora aufzulösen – kein Iota soll davon vergehen –, sondern zu erfüllen oder ans Ziel zu führen.
Jesus von Nazareth warnt zeitlebens vor seinen „Nachfolgern“, die Lügen verbreiten und viele Gutgläubige verführen werden. Sie berufen sich auf Christus Jesus. Doch nur denjenigen, die „den Willen meines himmlischen Vaters tun“, die man an ihren Früchten erkennt, soll man folgen.
Paulus ist niemals in der Gefolgschaft des historischen Jesus gewesen, obwohl er ihm hätte begegnen können. Denn Rabbi Jesus ist sicherlich in Palästina und Kleinasien als Wanderprediger bekannt gewesen. Paulus müsste auch Wesentliches aus der mündlichen Evangelientradition erfahren haben. Die schriftliche Abfassung der Evangelien erfolgt erst nach dem Tode des Apostels. Erstaunlich ist, dass man in seinen Briefen kaum Bezüge auf die Evangelientradition oder eindeutige Anknüpfungen an die Spruchsammlung mit Worten des Nazareners findet. Vermutlich hat er aus diesem Grund ein eigenes Lehrgebäude geschaffen, untermauert mit vielen, meist aus dem Kontext gerissenen „Zitaten“ des Ersten Testaments.
Entsprechend weist die Theologie des Paulus wenige Gemeinsamkeiten mit jesuanischer Verkündigung auf. Sein Bekehrungserlebnis bei Damaskus finde ich ähnlich fragwürdig wie später dasjenige von Konstantin dem Großen. Was löst eine „Bekehrung“ aus? Worin besteht sie? Was bewirkt sie?
Obwohl sich Paulus nach Quellenlage sehr stark mit dem „Gesetz“, mit der jüdischen Tradition identifiziert, nimmt die neuere Paulusforschung an, das der Apostel vor seiner „Bekehrung“ möglicherweise unterschwellig, unbewusst einen inneren Konflikt mit dem „Gesetz“ auszufechten hat. Deshalb unterstreicht er seine Herkunft und Gesetzestreue, versteigt sich in Selbstruhm und „Narrenrede“:[2] Er weist auf die Verfolgung der christlichen Gemeinde hin. Er ist als Pharisäer, als „übermäßiger Eiferer für die väterlichen Überlieferungen“ (Gal 1,13-14), im Sinne der „Gesetzesgerechtigkeit“ ohne Tadel. Man könnte den Rückblick des Paulus auf die eigene Vergangenheit ganz nüchtern als autobiographisches „Memorandum“ verstehen[3], aber selbst wenn dies zuträfe, überwiegt doch die eindeutig polemische Funktion.
Paulus plagt die Tatsache, dass er nicht direkt wie die anderen Apostel, allen voran Petrus, vom Nazarener unter Zeugen, sondern durch eine „Offenbarung“ berufen worden ist. Man mag mutmaßen, dass er den ungebildeten Fischer Petrus deswegen gehasst hat.[4] Doch Paulus macht aus der Not eine Tugend und spielt während seiner erfolgreichen Mission immer wieder einen Trumpf aus: Er verkündet den „Heiden“, der paganen Gesellschaft und Kultur, einen „freien“ Zugang zur christlichen Religion ohne Umweg über die mosaischen Gesetze.[5] Auf dem Weg zu einer „Weltkirche“ braucht Paulus Autorität, die sich normalerweise auf ein direktes Mandat – wie im Falle des Petrus – stützt. Der Heidenapostel muss dauernd betonen, er habe seine Berufung direkt von „Gott“ erhalten.[6]
Der übereifrige missionarische Drang des Paulus speist sich aus seiner radikalen Abwendung von seiner ehemaligen geistigen, religiösen Heimat. Er treibt es bis zu einer Umwertung der Werte: Nur Christusgläubige sind jetzt das „Israel Gottes“. Sie legen nun die hebräische Bibel „richtig“ aus und gebrauchen sie „als Waffe gegen die Juden des Alten Bundes“, denn die Juden seien „vom Glauben abgefallen“.[7] Doch was bedeutet die Tora für den Juden?
Die Lebensregeln, die Worte der Tora sind für Paulus nicht wie „Honig“, sondern haben für ihn offenbar einen mehr als bitteren Beigeschmack. Deshalb verfällt er nach der Bekehrung ins Gegenextrem und verachtet sein früheres „Leben unter dem Gesetz“ als Müll, als vergeudete Zeit, als Verlust. Das „neue Leben in und mit Christus“ hingegen bezeichnet er als Gewinn. Wenn es stimmt, dass in Paulus schon Zweifel am theologischen Wert des „Gesetzes“ gären, die ihm während der Verfolgung der Christen nicht bewusst sind, die er vielmehr übertönen muss, nimmt es nicht Wunder, dass sein Fanatismus angesichts der Christusvision umschlägt: Darum sind Konvertiten die schlimmsten Fanatiker.[8]
Mag für Paulus der „Einbruch der Christuswirklichkeit“, „die Erkenntnis Christi Jesu“ (Phil 3,8) entscheidenden Gewinn für das Leben bedeuten, „weil er sein eigenes Leben in das Sterben und Auferstehen Jesu hineingenommen sieht“, mag er dadurch teilhaben am „Leben in der Gemeinschaft mit seinem Ursprung, mit Gott, ein Leben, das deshalb Bestand hat“, auch durch Leid- und Todeserfahrungen im Leben hindurch – so stellt sich dennoch für uns heute ebenfalls „die Frage nach der Lebensrelevanz“.[9]
Für mich hat die Verkündigung des Jesus der Evangelien unvergleichlich mehr Relevanz für mein Leben als ich es von der Theologie des Paulus zu sagen vermag. Ich darf daran erinnern, dass ein ernsthaftes Interesse an Jesus von Nazareth erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder erwacht ist. Dem Judentum war ein unbeschwerter, sachlicher Zugang durch die seit der Niederschrift des Johannesevangeliums und der Lehre einiger Kirchenväter sich ausbreitenden antijudaistischen Tendenzen verwehrt. Erst seit ein paar Jahrzehnten haben jüdische Gelehrte den Nazarener als Rabbi Jesus entdeckt.
Kirchliche, dogmatische, überwiegend von Paulus bestimmte Theologie ist bis heute sehr stark von theoretischen Konstrukten geprägt, die den Dialog mit dem Judentum erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen – allen voran christologische und trinitarische Dogmen. Doch hat die durch die Shoa entstandene Schuld gegenüber den Juden bewirkt, dass man teils mit schlechtem Gewissen, teils mit offenem Herzen interreligiöse Gespräche führt und auch Interessensgemeinschaften gegründet hat.
Nach meiner Erfahrung muss sich kirchliche, dogmatische Theologie selbstkritisch fragen, inwieweit sie wirklich am Jesus der Evangelien interessiert ist. Allerdings ist Jesus von Nazareth nicht „der Christus“. Unverkennbar aber haben sich Kirche und Theologie die Deutungsmacht über Leben und Person des Rabbi von Nazareth vorbehalten. Entsprechende Begriffe hindern interessierte Menschen an der Suche nach der Persönlichkeit Jesu und nach zentralen Gedanken seines Evangeliums.
Theologischer, kirchlicher Sprachgebrauch mündet in „verbale Ikonolatrie“ („Vergötzung“, Verabsolutierung bestimmter Fachausdrücke), „die dazu führt, in den Wörtern heilige Ikonen zu sehen“, die dann als unverzichtbar angesehen und gebetsmühlenartig wiederholt werden. Joachim Kunstmann fordert „die Rückkehr zur Botschaft Jesu“ als „einzige Alternative“ zu den „Zumutungen eines metaphysisch-dogmatisch normierten Wahrheits-Glaubens“ im Sinne kirchlich hausgemachter Christologien.[10] Wichtig ist auch die Bejahung freier, nicht kirchlich gebundener Religiosität und Distanziertheit zur Kirche – beides hat ein „theologisches Recht“.[11]
Solch ungenormte Religiosität spricht meist keinen kirchlich geprägten Jargon, hat aber den deutlichen Lebensbezug. Dem wäre deshalb eher in der Sprache Jesu zu begegnen, der das Wichtigste in Gleichnissen und Bildworten sagt, die aus dem Leben stammen. Glaube, der mit dem Alltagsleben nichts zu tun hat, verliert an Lebendigkeit und stirbt langsam, bis nur noch die Hülle übrig bleibt. Einer Lebenskrise oder ernsten, massiven Zweifeln vermag ein solcher Glaube kaum wirksam zu begegnen.[12]
Kirche als Institution und private religiöse Bedürfnisse stehen in prinzipieller Spannung zueinander. Individuelle Selbstverwirklichung und religiöser Systemerhalt gehen nicht bruchlos zusammen.[13] Noch heute wird Menschen, die in den Kirchen Gemeinschaft suchen und vermutlich etwas „von Gott erfahren“ wollen, vieles abverlangt, was mit ihrem Alltagsleben wenig zu tun hat: Formelhafte Bekenntnisse, die selten einmal reflektiert werden, vorformulierte, nicht frei gesprochene Gebete, genauestens festgelegte liturgische Formeln oder Texte und vieles mehr – eine im Wesentlichen lebensfremde Sprache.
Den Bruch zwischen „Gottesdienst“ und Alltagsleben habe ich häufig daran erkannt, dass selbst unter den Besuchern, die hinterher noch im Kirchencafé sitzen, nur selten über die Predigt oder den Gottesdienst insgesamt gesprochen wird. Freilich wird es auch Gemeinden geben, in denen man einen regen Gesprächsaustausch erfahren kann. Insgesamt drängt sich mir aber der Eindruck auf, als wäre alles um diesen kirchlich geprägten Glauben herum ein Stück Kulturgut, das man miteinander teilt; man hat etwas gemeinsam, woran man festhält.
Dies ist sicher löblich, aber es hat kaum etwas mit einer Gemeinschaft im biblischen Sinne zu tun. Den Aposteln zur Zeit des Neuen Testaments geht es nur zweitrangig um das Hochhalten von Bekenntnissen, die sich allzu rasch in Lippenbekenntnisse verwandeln. Sie stellen sich ein lebhaftes Miteinander in den Gemeinden vor. Eine Gemeinschaft mit sozialem, diakonischem Engagement für die Armen, Notleidenden, Schwachen. Gemeinde, in der einer den anderen höher achtet als sich selbst. Gemeinschaften, in der man einander mit verschiedenen Gaben dient, zur Erbauung aller. Gemeinde, worin floskelhaftes Reden schnell entlarvt und hochmütiges Gerangel um gewisse „Pöstchen“ bloßgestellt wird.
Natürlich können viele Gemeinden sozial-diakonische Arbeit vorweisen. Sie ist ohnehin meist institutionalisiert. Dagegen ist der menschenwürdige, respektvolle Umgang miteinander, ganz besonders den Querdenkern gegenüber noch sehr defizitär. Das liegt am mangelnden Willen zur echten, offenen Auseinandersetzung, sowohl mit der anderen Persönlichkeit wie auch mit dem eigenen und dem fremden Glaubensverständnis. Wichtig bleibt dabei „das Verstehen des geschichtlichen Phänomens Jesus, das überhaupt erst zur Tradition geführt hat“. Der tradierte „Christus“ ist aber nicht mit „Jesus“ identisch.[14]
Der Titel „Jesus Christus“ ist Konstrukt, Bekenntnis, Programm. Demgegenüber verhalten sich viele Evangelientexte, besonders „Jesusworte“ sperrig und mitunter widersprüchlich. Der historische Jesus hat zwar ein starkes Selbstbewusstsein. Er sieht sich als bevollmächtigtes Sprachrohr Gottes, wie viele Propheten in Israel vor ihm. Doch wäre es auch für ihn „blasphe-misch“, schriebe man ihm ein irgendwie „einzigartiges Gottesverhältnis“ zu, weil eine solche Beziehung dann die allgemein menschlichen Möglichkeiten einer Gotteserfahrung überträfe.
Vielmehr zeigt sich beim Rabbi Jesus diesbezüglich so viel Sensibilität, wie sie umgekehrt spätere christologische Überarbeitungen der Evangelientexte vermissen lassen.
„Der geschichtliche Jesus muß dem idealen Christus allzeit den Sockel unter den Füßen wegziehen […], denn eine 'Idee' vereint sich schließlich mit jeder Weisheit und jedem Eigendünkel und leiht ihnen ihren Heiligenschein. Aber der historische Christus […] steht nicht auf einem Sockel, er wandelt wirklich auf dem Markt des Lebens und zwingt das Leben, seinem Blick stille zu halten“.[15]
Zu Beginn einer Erzählung begegnet Jesus einem, der vor ihm niederkniet und wissen will, was er tun müsse, „um ewiges Leben zu erben“. Der Rabbi erfährt die Anrede „guter Lehrer“, die Jesus aber zurückweist: „Was nennst du mich gut? Keiner ist gut, außer Gott allein.“
Ich wünsche uns eine neue, kritische Sicht paulinischer Theologie und eine neugierige Suche nach dem Jesus der Evangelien, von dem zu lernen allemal unser Leben bereichert. Das Ziel, das Paulus sich gesetzt hat, dem er „nachjagt“ (Phil 3,12-14), kann nicht mein Ziel sein.
Literatur
Joachim Gnilka: Der Philipperbrief, HThK X (1968); Christoph Schluep-Meier: Der Philipperbrief/ Der Philemonbrief (2014); Hans Dieter Betz: Studies in Paul’s Letter to the Philippians, WUNT 343 (2015): III. An Autobiographical Memorandum (Phil 3:1b-21); Thomas Schmeller: Zwei Narrenreden? 2Kor 11,21b-33 und Phil 3,2-11 im Vergleich, in: Der Philipperbrief des Paulus in der hellenistisch-römischen Welt, hg.v. Jörg Frey/ Benjamin Schliesser, WUNT 353 (2015); Christian Dietzfelbinger: Die Berufung des Paulus als Ursprung seiner Theologie, WMANT 58 (1985); Gerd Theißen: Psychologische Aspekte paulinischer Theologie, FRLANT 131 (1983); Franz Rosenzweig: Der Stern der Erlösung. Mit einer Einführung von Reinhold Mayer u. einer Gedenkrede von Gershom Scholem (1988); Schalom Ben-Chorin: Paulus. Der Völkerapostel in jüdischer Sicht (1970; 1981); James D.G. Dunn: The New Perspective on Paul, WUNT 185 (2005); Weddig Fri />
[1] Schalom Ben-Chorin, Paulus: Leiden am Gesetz, 52-65.58f.
[2] vgl. Schmeller, 189-205.
[3] Betz, 47-67.
[4] Mertz, 30.
[5] AaO, 29.
[6] AaO, 31.
[7] Vgl. Fricke.
[8] Theißen, 237.
[9] Bauspieß, 94-97.96.
[10] Kunstmann, 179.
[11] Kroeger, 15. Vgl. auch: Kunstmann, 120.
[12] Jörns, 41.
[13] Kunstmann, 121.
[14] Schweizer, 672.
[15] Rosenzweig, 460-461.
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Der "vorher-nachher"-Effekt - Predigt zu Philipper 3,7-14 von Sven Keppler
I.
Was würden Sie mit 53 Millionen Euro anstellen? Haben Sie einen Traum, den Sie sich verwirklichen würden? Eine Sehnsucht? Würden Sie Ihr ganzes Leben verändern und neu anfangen?
Matt und Cassey Topham durften sich plötzlich diese Frage stellen. Sie haben vor vier Jahren den Jackpot einer englischen Lotterie geknackt. 22 Jahre waren sie damals alt. Matt arbeitete als Maler, Cassey in einem Supermarkt.
Das erste, was sich die beiden gönnten, finde ich unglaublich sympathisch: Für 39 englische Pfund kauften sie sich ein Zelt. Die beiden Musikfans wollten zu einem Festival. Da holten sie sich schnell ein faltbares Dach über dem Kopf. Bald darauf heirateten sie. Sie lösten die Hypothek des Vaters ab und spendierten ihren Freunden schöne Urlaubsreisen.
Ein Jahr später war zu lesen, dass das junge Paar dann doch größere Pläne entwickelt hatte: Sie ließen sich ein extravagantes Ökohaus entwerfen. Für sechs Millionen Euro. In die Landschaft eingefügt, acht Schlafzimmer, ein eigenes Kino sowie Billardraum, Fitness-Studio und Whirlpool. Die unterirdische Garage soll neben einem Wasserfall Platz für 10 Autos haben. „Serenity“ nannten sie ihr Haus. Auf Deutsch: Gelassenheit.
II.
Vorher – nachher. Dieses Schema prägt unsere Vorstellungen. Es gibt so eine Sehnsucht nach Veränderung. Die berühmten vorher-nachher-Bilder zeigen das: Aus dick wird schlank. Aus einem farblosen Aschenputtel eine Modepuppe. Aus einer mutlosen Glatze ein selbstbewusstes Transplantat.
Diese Bilder stehen für die kleinen, äußerlichen Sehnsüchte. An ihnen kann sich ganz viel festmachen: Selbstbewusstsein, Zuversicht, Zufriedenheit. Im Kleinen scheint machbar, was im Großen nur den wenigen Glücklichen wie Matt und Cassey vorbehalten scheint: neu anzufangen; hinter sich zu lassen, was unzufrieden macht.
Von einem radikalen Neuanfang in seinem Leben schreibt auch Paulus. Ich lese aus seinem Brief an die Gemeinde in Philippi [Phil 3,7-14].
III.
Auf den ersten Blick hat dieser Text etwas Befremdliches. Etwas geradezu Beängstigendes. Denn er erinnert mich an die Radikalität muslimischer Selbstmordattentäter.
Für sein früheres Leben hat Paulus nur Verachtung übrig. Was ihm früher als Gewinn erschien, sieht er jetzt als Schaden an. Er wird richtig drastisch: Mein bisheriges Leben halte ich für Scheiße, schreibt er. Unsere Übersetzung nimmt ein wenig die Härte: Ich erachte es für Dreck.
Das Neue, das an die Stelle des alten Dreckes tritt, ist nun aber nicht die Fülle des Hochgenusses. Sondern er will dem Tod Christi gleich gestaltet werden. Absterben will er. Um schließlich den himmlischen Siegespreis zu erhalten. Könnte so nicht auch ein Selbstmordattentäter reden? Ein Märtyrer des IS?
Haben die Kritiker der Religionen also doch Recht? Steckt in allen Religionen der Keim eines gefährlichen Fanatismus? Liefert auch das Neue Testament die Vorbilder für eine lebensverachtende Todessehnsucht? Lehrt Paulus, das Bestehende zu verachten, zu verneinen, um es den höheren Zielen der frommen Fanatiker zu opfern? Wir müssen jedenfalls ganz genau hingucken!
IV.
Dazu ist es hilfreich, Paulus mit denen zu vergleichen, die sich nach einer Veränderung sehnen. Die nach dem Motto „vorher – nachher“ ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellen wollen. Und vielleicht gehören wir ja alle ein bisschen zu diesen Menschen.
Der Ausgangspunkt dieser Sehnsucht nach Veränderung ist, dass wir mit etwas unzufrieden sind. Ich fühle mich unsportlich und dick. Dabei möchte ich doch so gerne attraktiv sein.
Niemand kennt mich, niemand interessiert sich für mich. Dabei weiß ich doch, dass in mir ein ganz großes Talent steckt.
Niemand will mich anstellen, dabei träume ich doch von einem guten Einkommen, um eine Familie gründen zu können.
Wer solche unerfüllten Sehnsüchte hat, der lässt sich entweder hängen. Der gibt sich auf und macht einfach so vor sich hin.
Oder er startet einen Anlauf, um etwas zu verändern. Er oder sie meldet sich bei den Weight Watchers an. Geht zum Stylisten. Lässt sich Botox in die Lippen spritzen oder mit Silikon die Brüste aufmöbeln. Fängt an, Lotto zu spielen. Bewirbt sich bei einer Castingshow. Oder wird Mitglied im Fitness-Studio. Ab morgen wird alles anders.
Wer auf diese Weise einen Neuanfang versucht, hat meistens keine neuen Ideale. Sondern er oder sie trägt ihre alten Werte mit sich herum. Oft sind sie übernommen: von den Mitschülern, den Konkurrentinnen, den Modemagazinen. Es sind die alten Ideale, die einen immer schon krank gemacht haben. Weil man immer schon an ihnen gescheitert ist: Attraktivität, Vermögen, Intelligenz.
Und auch wenn der Neuanfang erst einmal erfolgreich war: Meistens scheitert er wie jedes Mal nach einigen Wochen. Dann tritt der berühmte Jojo-Effekt ein, und hinterher ist es schlimmer als vorher.
V.
Bei Paulus ist eine Voraussetzung grundsätzlich anders: Er war nicht unzufrieden mit seinem bisherigen Leben. Er stand eigentlich voll im Saft und war auf seine Weise überaus erfolgreich. Er war gebildet: Hervorragend ausgebildet durch namhafte Lehrer. Er war berühmt. Andere sagten: berüchtigt. Aber man sprach von ihm. Und beruflich war er erfolgreich: Er erhielt bedeutende Aufträge.
Alles lief also gut. Es gab für ihn keinen Grund, sich nach Veränderung zu sehnen. Und dann hatte er plötzlich sein Damaskus-Erlebnis. Es traf ihn wie der Blitz und warf ihn vom Pferd. Anschließend fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Plötzlich war ihm klar geworden, was wirklich zählte im Leben. Und gemessen daran schien ihm alles Frühere plötzlich wertlos.
Nicht, dass er es früher schlecht gefunden hätte. Früher hielt er es für Gewinn. Er hatte sich auch nicht nach dem gesehnt, was er nun wichtig fand. Jetzt glaubte er plötzlich an Jesus Christus. Früher hatte er ihn verfolgt. Die Veränderung erfüllte keine Sehnsucht in ihm. Sondern Jesus wurde ihm erst dann wichtig, als er in eine Beziehung zu ihm getreten war. Sein altes Leben wurde ihm erst im Rückblick wertlos.
VI.
Das ist ein entscheidender Unterschied zu den Dschihadisten und Selbstmordattentätern von heute. Nach allem, was man liest, sind das häufig junge Leute, die früh gescheitert sind. Junge Männer ohne Schulabschluss. Ohne berufliche Perspektive. Oft in den Ghettos der europäischen Städte aufgewachsen. Nicht anerkannt von der alteingesessenen Bevölkerung.
In ihnen bohrt die Sehnsucht nach einem Neuanfang. Der Wunsch nach Erfolg und Berühmtheit. Unerfüllte sexuelle Bedürfnisse oder die Sehnsucht, selber mal das Oberhaupt einer Familie zu werden, das bestimmen kann, wo es lang geht.
Ich behaupte: Für viele von diesen Jugendlichen ist der Kampfeinsatz in Syrien eine Spielart des ewigen „vorher – nachher“.
Vorher perspektivlos – nachher ein Held.
Vorher ein Niemand – nachher einer, von dem man spricht.
Vorher voller brodelnder Aggressionen – nachher einer, der weiß, wie es ist: zuzuschlagen und abzudrücken.
Diese jungen Männer versuchen es nicht mehr bloß mit Waschbrettbauch und angesagten Basecaps. Sie haben begriffen, dass sie grundsätzlicher werden müssen. Aber sie bleiben im ewig gleichen Schema: Sie versuchen, den eigenen Frust dadurch zu überwinden, dass sie etwas tun wollen, womit sie groß rauskommen. Sie haben sich einreden lassen, dass ihnen das als Kämpfer und Märtyrer gelingen wird.
VII.
Der christliche Glaube ist etwas völlig anderes. Und das können wir auch an Paulus lernen. Auch an diesem anstößigen Text aus dem Philipper-Brief, der mich auf den ersten Blick an die verirrten Dschihadisten erinnert hatte.
Der christliche Glaube bietet keine Wunscherfüllung. Er ist kein Rezept, um reich, schön und berühmt zu werden. Mit ihm kann man nicht die Erfolge erlangen, nach denen man sich immer schon gesehnt hat. Und auch keine 72 Jungfrauen im Paradies.
Sondern der Glaube stellt die Sehnsüchte auf den Kopf. Was vorher unverzichtbar erschien, wird plötzlich relativ. Markenklamotten, volle Busen und eine Garage für 10 Autos: Ich halte es für Scheiße, um mit Paulus zu sprechen: Weil etwas anderes für mich wichtig geworden ist. Mir kann die Werbeindustrie noch so sehr einreden, was angeblich unverzichtbar sei: Das ist für mich gestorben. Mein Glaube sagt mir, dass andere Dinge zählen.
Von Christus kann ich lernen, was wirklich zählt: Für andere da zu sein. Zu den Menschen zu gehen, die ausgegrenzt sind. Liebevoll auf die zu gucken, für die es nie ein „vorher – nachher“ geben wird. Weil sie aufgrund ihrer Krankheiten oder ihrer Behinderungen keine Chance auf eine grundsätzliche Veränderung haben. Kurz gesagt: Von Christus können wir lernen, fürsorglich auf andere zu blicken. Anstatt immer nur unseren eigenen verpassten Chancen hinterher zu trauern.
Ist das jetzt ein neuer, unerfüllbarer Zwang? Müssen wir statt perfekter Modepuppen nun perfekte Christen sein? Nein! Wir dürfen uns mit all unseren Grenzen auf den Weg machen. So, wie Paulus selber sagt: Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.
Das gibt Gelassenheit. Also genau das, was auch Matt und Cassey sich als Motto für ihr neues Leben gesucht haben. Denn auch Lottogewinner können auf dem richtigen Weg sein. Amen.
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24.07.2016 - 9. So. n. Trinitatis
Predigt zu Philipper 2,5-11 von Winfried Klotz
(Übersetzung Gute Nachricht Bibel)
5 Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat: ... Joh 13,15; 1Petr 2,21; Röm 15,5 Wörtlich Dies sinnt unter euch, was auch in Christus Jesus.
6 Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. Joh 1,1-2; 17,5; Hebr 1,3
7 Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen. 2Kor 8,9; Joh 1,14S
8 Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz. Hebr 5,8; 12,2
9 Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt. Apg 2,33S; Eph 1,21; Hebr 1,4 Wörtlich und ihm den Namen verliehen, der über jeden Namen ist; gemeint ist der Würdetitel Herr (Vers 11).
10 Vor Jesus müssen alle auf die Knie fallen – alle, die im Himmel sind, auf der Erde und unter der Erde; (2,10-11) Jes 45,23; Joh 5,23-24; Offb 5,13
11 alle müssen feierlich bekennen: »Jesus Christus ist der Herr!« Und so wird Gott, der Vater, geehrt.
Liebe Gemeinde!
Nach dem ersten Hören unseres Abschnittes aus dem 2. Kapitel des Philipperbriefes denkt vielleicht jemand von Ihnen: das ist ja ziemlich überirdisch, was der Apostel Paulus da schreibt. Das lässt sich gar nicht in Verbindung setzen mit uns. Paulus bringt da eine Sicht von Jesus als Gott vor aller Zeit, der nach einem kurzen irdischen Zwischenspiel dann die Herrschaft über die ganze Welt, über Himmel und Hölle antritt. Ich hab da ein anderes Bild von Jesus; der war doch Mensch, ist als jüdischer Lehrer, als Rabbi umhergezogen und hat Schüler gehabt und weil er unbequem wurde, lieferten ihn religiöse Führer seines Volkes an die Römer aus, die ihn kreuzigen ließen. Viel mehr ist von Jesus doch nicht zu sagen. Viel mehr steht doch auch nicht in den Evangelien, jedenfalls den drei ersten. Oder?
Vor allem zwei Fragen sind mit diesem Einstieg in unseren biblischen Abschnitt, ein von Paulus zitiertes urchristliches Lied, angesprochen:
Was ist von Jesus zu sagen? Was sagen die Evangelien, das Neue Testament überhaupt von ihm? Und wo kommen wir vor, wenn es um Jesus geht, jedenfalls im Zusammenhang von Philipper 2?
Ich fange mit der zweiten Frage an: Wo kommen wir vor in unserem Abschnitt? Klar und eindeutig in Vers 5, mit dem Paulus den Übergang herstellt von der liebevollen Ermahnung in den Versen 1-4 und dem Christuslied: „Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat.“ Deutlich hat Paulus da die Leute der Gemeinde in Philippi im Blick und wir könnten uns davon auch ansprechen lassen. Aber was meint er mit dem Maßstab, den Jesus gesetzt hat für den Umgang miteinander? Sollen wir Jesus imitieren, als kleine Jesuse durch die Welt laufen? Anderen predigen, vielleicht sogar Wunder tun und schließlich am Widerstand scheitern wie er? Umgang miteinander? Paulus hat eine Gruppe im Blick, die Gemeinde in Philippi. Ist gemeint: die Christen in der Gemeinde in Philippi sollen sich wie Jesus verhalten? Der auf seinen schönen Platz im Himmel verzichtet hat, am Kreuz gestorben ist, um dann so richtig aufzusteigen? Jesus als Maßstab im Umgang miteinander, was meint Paulus damit? Verzichte um zu gewinnen? In den Versen 3+4 unseres Kapitels heißt es:
„Seid bescheiden und achtet den Bruder oder die Schwester mehr als euch selbst. Denkt nicht an euren eigenen Vorteil, sondern an den der anderen.“ Geht es um das, was man Demut nennt? Um die Bereitschaft den eigenen Vorteil zugunsten anderer zurückzustellen?
Ja, darum kann es auch gehen. Aber, wenn ich es recht verstehe, meint Paulus nicht, imitiert Jesus, sondern führt euer Leben von Jesus her. Von Jesu her soll sich ergeben, wie ihr miteinander umgeht, er ist die Basis. Eure Verbindung mit Jesus, eure Gemeinschaft mit ihm soll euren Weg als Christen bestimmen, leiten und führen. Imitieren könnte heißen, ich muss, um richtig Christ/in zu sein, das Leiden - mein Kreuz- suchen. Und: Ich muss immer demütig sein, mich unterordnen und verzichten. Aus der Verbindung leben dagegen, ich bin bereit- gerade um der Gemeinschaft in der Gemeinde willen- auch Spannungen, Ärger, mich Verletzendes zu ertragen. Ich bin bereit, mich hinten anzustellen und auf das zu hören, was andere sagen, obwohl ich vielleicht die Führungsperson mit den besseren Ideen bin.
Um zur zweiten Frage zu kommen: Welche Basis, welchen Maßstab, haben wir durch die Verbindung mit Jesus? Was ist von Jesus zu sagen? Wer ist er für uns? Was sagt uns das urchristliche Lied, das Paulus zitiert?
Das beginnt ja sozusagen im Himmel: „Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein.“
Das sprengt das Jesusbild vieler Menschen, vielleicht auch unseres. Wie kommt die Urchristenheit zu dieser Meinung, Jesus habe vor aller Zeit in göttlicher Gestalt- Gott gleich gelebt? Dafür gibt es doch gar keine „Beweise“- oder? Matthäus, Markus und Lukas reden nicht davon. Auch wenn Matthäus und Lukas diese unverständliche Sache berichten, die wir im Glaubensbekenntnis sagen: Ich glaube „an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“.
Wie kommt die Urchristenheit zu dieser Überzeugung von einer Präexistenz Jesu? Dazu gibt es vielfältige Meinungen und mancher sagt: Das musst du glauben, weil es in der Bibel steht. Ich lege nur eine Spur, indem ich auf das verweise, was in Sprüche 8, 22ff von der Weisheit gesagt wird. Das dürfte ein Hintergrund sein. Glauben muss niemand etwas, aber mit offenen Augen sehen, was die Bibel von Jesus berichtet, das sollen wir schon. Das wollen doch die Evangelien, uns vor Augen stellen, was Gott durch Jesus auf unserer Erde- eben nicht im Himmel- getan hat, damit wir nicht sinnlos durchs Leben stolpern, sondern einen festen Boden unter den Füßen haben.
Jesus Gott gleich und zugleich frei, genau das aufzugeben: „Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen.“
Für die Griechen war Menschsein ähnlich wie Sklave sein; sie sahen den Menschen beherrscht vom Gesetz, von den Sternen am Himmel, die als Schicksalsmächte angesehen wurden- das hat eine Ähnlichkeit zur Astrologie heute, von Vergänglichkeit, Hinfälligkeit und Tod. Dieser irdischen Sklaverei unterwirft sich Jesus! Jesu, zum Himmel gehörig, kommt zur Welt, aber nicht als Gott, sondern als wirklicher Mensch. Er wandelt nicht als verkappter Gott durch Galiläa, Samarien und Judäa, sondern als leidensfähiger Mensch; aber sein Ursprung ist bei Gott. Jesus kommt von Gott! Und lebt auch als wirklicher Mensch in ungebrochener Nähe zu Gott, wie sonst kein Mensch. Das bezeugen alle Evangelien, das wird sichtbar/ hörbar in der Geschichte von seiner Taufe durch Johannes, bei seiner Verklärung auf dem Berg, in dem, was Jesus von Gottes die Welt erneuernder Herrschaft predigt und durch Zeichen erkennbar macht. Jesus kommt von Gott, Jesus gehört zu Gott, auch als der Mensch Jesus von Nazareth, Sohn der Maria und des Josef. Gerade als der, der zu Gott gehört, lässt Jesus sich ins Leiden führen: „Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz.“
Das sprengt alles, was in irgendwelchen Geschichten von Göttern damals erzählt wurde: Jesus, hingerichtet am Kreuz. Sein Weg auf der Erde, sein Sterben am Kreuz, diente nicht der eigenen Vervollkommnung, geschah auch nicht nach dem Motto: Ich bin ein Gott, mir kann nichts passieren! Es geschah aus Gehorsam gegenüber Gott und für die Menschen aller Völker und Zeiten. Der Mensch Jesus, und wir werden ihn in den Tagen der Karwoche vor Augen haben als den, der ängstlich im Garten Gethsemane mit dem Willen Gottes ringt, der Mensch Jesus geht diesen Weg, weil er Gott gehorcht. „Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt.“
Erhöht: Gott hat Jesus auferweckt und zum Herrn gemacht. Und auch das nicht, damit er in einem goldenen, himmlischen Palast für sich thront, sondern er ist Herr als Befreier. Gott hat festgelegt, dass bei Jesus, dass in seinem Namen Rettung zu finden ist. Er kam zur Herrschaft auf dem Weg von Leiden und Tod; nun führt er die, die ihm vertrauen, zur Freiheit von den Mächten, die sie binden, von Sünde, Tod und Teufel. Also von dem, was das Leben zerstört, sinnlos macht, den Frieden nimmt. Jesus ist der Herr, er ist es für uns! er hat überwunden alles, was uns von Gott trennen kann. In der Bindung an IHN empfangen wir diese Freiheit, auf dem Weg mit ihm, der als irdischer Weg auch durch Leiden führen kann, schenkt er uns, was wir wirklich brauchen: Freiheit, Frieden und Freude. Und Gemeinschaft mit allen, die ihm folgen. Befreiung im Glauben an Jesus geschieht nicht per Zaubertrick, sondern auf dem Weg des Werdens und Wachsens, unterwegs mit IHM durchs Leben. Ich weiß, was ich sage, steht nicht ausdrücklich im heutigen Bibelwort. Aber es entspricht dem Zeugnis des Evangeliums von Jesus. „Vor Jesus müssen alle auf die Knie fallen – alle, die im Himmel sind, auf der Erde und unter der Erde; alle müssen feierlich bekennen: »Jesus Christus ist der Herr!« Und so wird Gott, der Vater, geehrt.“
In jedem Gottesdienst sollte etwas von dieser tiefen Beugung vor Jesus zu spüren sein. Voller Dankbarkeit lasst uns ihn anbeten. Einmal, zu Gottes Zeit, werden alle sich vor ihm beugen. Das ist unvorstellbar, weil uns der Himmel so weit weggerückt scheint. Achten wir darauf, dass diese Beugung vor Jesus im Gottesdienst in der Freiheit des Glaubens und Denkens geschieht. Nichts ist schlimmer, als menschlich erzwungene Beugung. Erst bei seinem Erscheinen werden alle bekennen: Jesus Christus ist der Herr! Amen.
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Predigt zu Philipper 2,6-11 von Peter Haigis
Liebe Gemeinde,
haben Sie Vorbilder? Menschen, die Sie so sehr beeindrucken, dass Sie sich an ihnen ein Beispiel nehmen? Jemand, dem Sie nacheifern? Und wenn ja, wer ist so ein Vorbild für Sie? Aus welchem Lebensbereich kommt er oder sie?
Bei Umfragen nach Vorbildern und Idolen schneiden oft Sportler oder Musiker aus dem Show-Business gut ab. Vor allem bei jungen Leuten. Das ist nachvollziehbar: Sportler wirken gesund und kraftvoll. Sie erbringen beeindruckende (körperliche) Leistungen. Und die Stars und Starlets aus dem Show-Business stehen für eine Freiheit und Ungebundenheit des Lebens, das sich viele am Anfang eines selbstbestimmten Lebens noch erträumen.
Für andere Generationen sind es eher Menschen, die sich sozial engagieren, die als Vorbilder genannt werden. Humanität, Zivilcourage, Ehrlichkeit, auch eine gewisse Bereitschaft, sich für die eigenen Ziele aufzuopfern und diese konsequent zu verfolgen, sind Werte, die hinter derlei Vorbild-Zeichnungen stehen.
Doch wer käme auf die Idee, in einer solchen Umfrage „Jesus Christus“ zu nennen? Zweifellos, Jesus gilt vielen Zeitgenossen als ein idealer Mensch. Aber vielleicht ist das Ideal, für das er in dieser Sichtweise einsteht, so hoch angesetzt, dass man ihm nicht mehr nachzueifern versucht, sondern es eben nur noch als „göttlich“ verehrt. Die Passionszeit gibt uns reichlich Gelegenheit, die einzigartige Hingabe Jesu zu reflektieren. Doch, Hand aufs Herz, verbleibt dieses Nachdenken nicht eher in himmlischen Sphären? In seiner einzigartigen Passion ist uns Jesus entrückt. Als Vorbild gleich mehrere Nummern zu groß.
Dabei gibt sich Paulus doch alle Mühe, Jesus Christus gerade in seiner Menschlichkeit zu charakterisieren, ihn uns als „wahren Menschen“ vor Augen zu führen und damit zum wahren Vorbild zu machen.
Viele Ausleger des Neuen Testaments gehen davon aus, dass die Verse aus Phil. 2,6-11 ein altes Lied, einen alten Hymnus darstellen, den Paulus an dieser Stelle zitiert. Möglicherweise war er der Gemeinde in Philippi bekannt. Vielleicht wurde er in sonntäglichen Gottesdienst gesprochen, rezitiert, gesungen. Darin entspricht er Chorälen, die für uns heute geläufig sind, z.B. das Weihnachtslied „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“. Die Pointe, auf die Paulus hier jedoch zusteuert, ist die „Anwendung“: Der einzigartige Weg des göttlichen Christus ganz hinunter in die Tiefen menschlicher Existenz und zurück auf den Thron Gottes ist ein beispielhafter Weg – für uns, zur Nachahmung empfohlen. Die einleitenden Verse (2,1-5) machen dies unmissverständlich klar: Das Bild des sich selbst erniedrigenden, des demütigen und sich gehorsam einfügenden Christus ist ein Vor-Bild, etwas, an dem sich die Christen in der Gemeinde zu Philippi orientieren sollen.
Aber greift das denn? Paulus spricht von einem gelungenen Miteinander in der Gemeinde, von einer Gemeinschaft gegenseitiger Geborgenheit und Verlässlichkeit, von einer geistigen, seelischen und sozialen Heimat, die die „Gemeinschaft der Heiligen“ bietet. Ich weiß jedoch nicht so recht, was ich davon halten soll. Beschreibt Paulus hier die Wirklichkeit, so beschreibt er sie falsch. Die Kirche Jesu Christi ist nicht so – leider! Und formuliert er einen Anspruch, eine Forderung, so schießt er wohl über das Ziel hinaus.
Es könnte freilich auch sein, dass wir das Beispiel Christi rasch überhöhen, um uns dieser unangenehmen Zumutung zu entziehen. Die Latte für zu hoch zu halten, ist der bequemste Weg, mit Ansprüchen fertig zu werden: Man geht einfach unten durch und vermeidet die Gefahr, die Latte zu reißen…
Niemand von uns wird in die Verlegenheit kommen, seine Nachfolge bis zur letzten Konsequenz, „dem Tode am Kreuz“, beschreiten zu müssen. Da waren die Zeitgenossen des Paulus in einer ganz anderen Situation. Niemand von uns muss auch einen anderen Menschen mit seinem eigenen Handeln „erlösen“. Das hat Christus zur Genüge getan. Was von uns, die wir seinen Namen tragen, gefordert ist, ist weitaus bescheidener: Paulus spricht von einer Gesinnung, die der Gemeinschaft entspricht, in die wir hineingerufen und hineingestellt sind. Auf gut deutsch: Prüft euch mal selbst, ob eure Grundhaltung dem Lebenszusammenhang entspricht, in dem ihr steht! Euer Denken und Empfinden, eure Absichten, eure Ziele, euer Handeln – hat das einen inneren, organischen Zusammenhang mit der Gemeinschaft, die durch Jesus Christus begründet ist?
Man darf fragen, was das für eine Gemeinschaft ist, in die wir hineingerufen und hineingestellt sind. Zu allererst ist es eine Gemeinschaft, in der eine Rangordnung keinen Platz hat. Zwischen Menschen, die durch die Liebe Christi verbunden sind (weil sie nämlich von Christus unterschiedslos Geliebte sind), haben Hierarchien keinen Ort. Menschen, die einmal die Erfahrung gemacht haben, von Gott geliebte und begabte Geschöpfe zu sein, werden sich gegen jede Oben-Unten-Klassifizierung sträuben. „Bei euch soll es gerade nicht so sein wie bei den Mächtigen dieser Welt“, sagt Jesus zu denen, die ihm nachfolgen. „Es soll kein Oben und Unten geben; ihr sollt vielmehr einander dienen.“
„Dienen“ beschreibt ein Beziehungsgeflecht, das auf Gegenseitigkeit angelegt ist. „Dienen“ ist gegenseitiges Geben und Nehmen. Und nur, wo diese Dienstbereitschaft in solcher Wechselseitigkeit wahrgenommen wird, wo also wahre, weil wechselseitige „Demut“ besteht, können zwischenmenschliche Beziehungen auch bereichert werden. Die christliche Gemeinde mit ihrer Vielfalt von Gaben und Aufgaben kann hierfür ein Paradebeispiel geben. Sie ist eine „Dienstgemeinschaft“, in die jeder etwas einbringen und aus der jede etwas mitnehmen kann. In ihr pulsiert eine spannende und anregende Vielfalt von Meinungen, Einschätzungen, Gaben und Herausforderungen. Und trotz der Vielfalt bleibt etwas Einheitliches in der Mitte stehen: Christus. Das Miteinander braucht an der auseinanderstrebenden Vielfalt nicht zu scheitern. Unstrittig bleibt die Botschaft vom menschgewordenen Gott, von dem Gott, der in unsere vielgestaltige Menschenwelt eingeht. Unstrittig bleibt auch, warum es Gemeinde Jesu geben soll: um diese Gemeinschaft Gottes mit den Menschen in Wort und Tat zu bezeugen. AMEN.
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Theologisches und Zoologisches – Predigt zu Philipper 2,5-11 von Hans Uwe Hüllweg
Theologisches und Zoologisches
Liebe Gemeinde,
mächtige Begriffe türmt unser Bibeltext heute auf: Es geht um „Entäußerung“, um „Erniedrigung“ und wiederum „Erhöhung“, um Jesu „göttliche Gestalt“, um „Gehorsam“ und „Tod“- wahre Begriffsgebirge; es geht um Irdisches und Unterirdisches; es geht um Gesinnung, um Gemeinschaft, um Bekenntnis und Ehre. Wegen dieser hehren Worte und dem in der Antike geläufigen Muster solcher Gedichte zur Helden- und Götterverehrung nennen die Fachleute diesen Text auch „Christushymnus“.
Aber mal ehrlich - jeder Predigtschreiber im homiletischen Seminar bekäme das Prädikat ‚mangelhaft‘ für solch eine Anhäufung riesiger und schwer verständlicher Begriffe. Es muss dennoch eine Möglichkeit geben, den Text zu verstehen! Ja, die gibt es - erstaunlicherweise in theologischer und zoologischer Gestalt.
Heute ist ja sozusagen der Sonntag des Esels. Zumindest ist ein Esel der Hauptakteur beim Einzug Jesu nach Jerusalem, wie wir es im Evangelium eben gehört haben. Also kann uns der Esel vielleicht auch helfen, etwas über diese großen Begriffe zu erfahren.
Blicken wir zunächst einmal zurück in eine lang vergangene Zeit, in die Urzeiten des Volkes Israel. Das Volk zieht – nicht unbedingt friedlich, aber mit Gottes Hilfe – in seine neue Heimat ein, in das „Land wo Milch und Honig fließt“, ein Land also, wo es in den Augen der wüstenerfahrenen und Entbehrungen gewohnten Israeliten alles im Überfluss gab. Die Einheimischen waren nicht gerade begeistert von der Aussicht, was sie haben, mit den neuen Bewohnern teilen zu müssen. (Parallelen zur heutigen Situation im Deutschland der Flüchtlingskrise sind rein zufällig.) Balak, dem König der Moabiter, zittern schon vor Schreck die Knie, und so schickt er einen freien Mitarbeiter, den Propheten und Magier Bileam. Der soll das Volk Israel verfluchen und ihm so die Kraft nehmen und es sozusagen unschädlich machen. Bileam sträubt sich zwar zunächst, aber der König überzeugt ihn schließlich [Fingergeste „Geld“]. Also sattelt Bileam seine Eselin und reitet los.
Doch mitten auf dem Weg erscheint den Beiden ein Engel des Herrn. Die Eselin läuft erschrocken aus der Spur. Bileam ist blind für den Boten Gottes und schlägt sein Reittier, um wieder auf den Weg zu kommen. Als die Eselin dann auch noch vor dem Engel auf die Knie fällt, wird Bileam noch wütender. Er versteht absolut nicht, was in seinen störrischen Esel gefahren ist. Doch schließlich offenbart sich der Engel auch Bileam. Der erschrickt furchtbar und bittet seine Eselin um Vergebung.
Es würde heute Morgen zu weit führen, die Bileam-Erzählung ausführlich wiederzugeben (4. Mose 22ff). Sie ist dramatisch und spannend zu lesen. Und sie endet damit, dass Bileam einfach nicht in der Lage ist, das Volk Israel zu verfluchen, sondern es im Gegenteil segnen muss. Zu seinem Sinneswandel hat die Eselin maßgeblich beigetragen.
Dies war nicht das einzige Mal, dass Gott seinem Volk durch einen Esel den richtigen Weg gewiesen hat: Einige Jahrhunderte nach der Geschichte mit Bileam und seiner Eselin geht es Israel nicht gut: Es hat einige Kriege verloren, seine Oberschicht ist in Gefangenschaft und der Rest des Volkes lebt im Würgegriff der übermächtigen Gegner. Und Gott, wie gedenkt er seinem Volk zu helfen? Genau – Sie mögen es erraten haben: Er schickt einen Esel oder genauer den Erlöser, der auf einem Esel reitet. So jedenfalls prophezeit es Sacharja, und wir kennen den Spruch heute noch in der Vorbereitung auf Weihnachten. Und wieder ist es kein ausgewachsener kräftiger Esel, sondern ein Eselsfohlen:
Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. (Sach 9,9)
So machtlos, so kraftlos will Gott gegen die prächtigen Streitrösser der Welt antreten? Er macht sich ja praktisch lächerlich. Aber was schwach ist vor der Welt, hat bekanntlich bei Gott einen ganz anderen Wert.
Jesus schließlich kennt diese Verheißung. An jenem schicksalsträchtigen Tag, an dem Jesus nach Jerusalem einzieht, reitet auch er auf einem jungen Esel. Um ihn herum jubilieren die Menschen und legen Palmenzweige auf seinen Weg, weil sie glauben, das kommt der langerwartete, ja ersehnte Messias: „Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn, der König von Israel!“ Auch so ein Hymnus.
Sie erhoffen wohl den revolutionären Messias, der sie machtvoll von der römischen Herrschaft befreit und Israel in alter Herrlichkeit erstrahlen lässt. Doch schon wenige Tage später werden sie bitter enttäuscht: Der vermeintliche Messias endet am Kreuz. Wie schon damals zur Zeit der alttestamentlichen Propheten kommt Gott auch dieses Mal nicht mit stürmischer Gewalt, Glanz und Gloria in die Welt, sondern arm und langsam auf einem Esel.
Esel in der Bibel, das sind die bedächtigen Reittiere, die aber besonders dadurch ausgezeichnet sind, dass sie den richtigen Weg gehen und anhalten, wo es notwendig ist – selbst wenn sie dafür Schläge einstecken müssen. Sie kennen ihren wahren Herrn. Sie können genau hinsehen und sehen so Dinge, die den eiligen, drängenden Menschen oft verschlossen bleiben. Entäußerung, Erniedrigung, Gehorsam sind zwar Begriffe, die Eseln mindestens so fremd sein dürften wie uns heute, und doch haben die Esel der Bibel ein Gespür dafür, was sie bedeuten. Es gibt kein besseres Reittier für den Messias.
Wenn wir heute Morgen, wie Bileam damals, einen sprechenden Esel hätten, könnte er uns vielleicht bei unserem gewaltigen und schwer lastenden Text auf die Sprünge helfen. Er würde uns vielleicht folgendes sagen: „Merkt ihr nicht, dass diese Worte das älteste Passionslied der Christenheit sind, schön und feierlich? Und wenn ihr genau hinhört, dann besingt dieses älteste Passionslied nicht ein göttliches Himmelswesen, sondern den Menschen Jesus von Nazareth. Es besingt ihn als Gebundenen und Geschundenen und Gekreuzigten. Das ist sozusagen das „O Haupt voll Blut und Wunden“ der ersten Christenheit. Gott, der uns oft so ferne und unfassbare Gott, ist in diese Welt gekommen, er ist fassbar geworden. Er ist euch zum Greifen nahe. So würde der Esel möglicherweise sprechen.
Die ersten Christen haben versucht, in ihrem Verständnis, mit den Bildern und Begriffen, die ihnen zur Verfügung standen, Jesus als den Christus zu umschreiben. Wie kann man die völlige Übereinstimmung von Jesus Christus mit Gott darstellen? Paulus beschreibt es kurz und knapp und trocken so: Er war göttlicher Herkunft.
Ja, Jesus hat seinen Ursprung außerhalb unserer Welt, er ist bei Gott, er kommt von Gott und Gott hat ihn ausgewählt. Es war schon zuvor Gottes Plan, dass wir Menschen das ewige Leben erben sollten. Durch seinen Sohn Jesus Christus hat er uns die Beglaubigung dafür gegeben. Wenn Jesus dieses Zeugnis durch seine Auferstehung liefern sollte, dann musste er allerdings zuvor erst geboren werden und sterben. Erst als der Gestorbene konnte er auferstehen. Dass er das konnte, war Ausweis seiner Gottessohnschaft.
Jesus wird Mensch, er begibt sich in die Unfreiheit unseres menschlichen Daseins. Jesus unterwirft sich nicht nur den menschlichen Daseinsbedingungen, sondern er nimmt auch deren letzte Konsequenz, den Tod, auf sich. Jesus Christus ist den Weg in die tiefste Tiefe gegangen, dorthin wo eigentlich kein Gott hingehört, wo sich kein anderer Gott dieser Welt freiwillig aufhält. Dorthin ging Jesus: Hinabgestiegen in das Reich des Todes...
In seinem Brief an die Gemeinde in Philippi schreibt der gefangene Paulus an eine verfolgte Gemeinde und tröstet sie, indem er ihr das Bild des leidenden Christus vor Augen hält. Mittelpunkt des Briefes ist dieser Christushymnus. Paulus hat diesen Hymnus, so sagen uns die Wissenschaftler, nicht selbst verfasst; denn er enthält Begriffe, die sonst nicht sein Stil sind. Dieses Passionslied wurde offenbar im Gottesdienst der frühesten christlichen Gemeinden gesungen, ein Lied auf die Passion und die Auferstehung Christi. Die Menschen wollten von Gott nichts wissen und haben das Jesus spüren lassen. Paulus nimmt es in seinen Brief auf. Er erinnert damit die Gemeinde in Philippi an dieses ihnen sicherlich bekannte Lied, das er noch ergänzt durch den Zusatz: „Er war gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“
Und dann mahnt der Apostel die Gemeinde in Philippi, unter Hinweis auf den dargestellten Weg Jesu, die Glieder der Gemeinde sollten in ihren Bedrängnissen und Leiden füreinander da sein. Wie drückt er sich aus? Ein jeder sei gesinnt, wie Jesus Christus es war. Ich könnte auch sagen: Seid unter euch auf das bedacht, was in Jesus Christus zur Geltung gekommen ist.
Was ist denn in Jesus Christus zur Geltung gekommen? Gottes Liebe zu uns Menschen, ja zu allen Menschen hat in ihm Gestalt gewonnen. Und seine Ergebenheit und Treue zu Gott, wie ich jetzt mal das Wort „Gehorsam“ übersetzen möchte, ist an ihm für jeden sichtbar geworden. Wenn wir nun gesinnt sind, wie Jesus Christus es war, dann kann das für uns nur bedeuten, unser Leben an ihm und, wie er, an Gott zu orientieren. Wer das weiß, den schrecken die Wortgebirge des Christushymnus nicht so sehr, sondern der schreitet auf seinem Glaubensweg durch Berg und Tal fröhlich voran.
Begegnete uns auf unserem Weg der sprechende Esel, unser theologisch-zoologischer Lehrer heute Morgen, würde er zum Schluss sicherlich den Apostel zitieren. „Geht miteinander um, wie es für die Gemeinschaft mit Jesus Christus selbstverständlich ist und bekennt: Jesus Christus ist der Herr.“1
Amen.
[1] Vgl. Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Übersetzt und kommentiert von Klaus Berger und Christiane Nord. Insel Verlag, Frankfurt a.M. und Leipzig 1999, zSt