Verantwortung von Christen im und für den Staat? - Predigt zu Römer 13,1-7 von Andreas Pawlas

Verantwortung von Christen im und für den Staat? - Predigt zu Römer 13,1-7 von Andreas Pawlas
13,1-7

1Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. 2Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu. 3Denn vor denen, die Gewalt haben, muss man sich nicht fürchten wegen guter, sondern wegen böser Werke. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes; so wirst du Lob von ihr erhalten. 4Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: Sie ist Gottes Dienerin und vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut. 5Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um der Strafe, sondern auch um des Gewissens willen. 6Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht. 7So gebt nun jedem, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Furcht, dem die Furcht gebührt; Ehre, dem die Ehre gebührt.

 

Liebe Gemeinde,

Im Zeitalter der Wutbürger,da hat dieses Bibelwort wahrhaft keine Konjunktur. Denn Thema dieser unserer Zeit scheint nicht nur Unzufriedenheit zu sein, sondern grenzenlose Wut gegen diesen Staat, gegen seine Institutionen und gegen alle seine Vertreter. Mir ist im Überblick über die vergangene Jahrzehnte noch nie wie heutzutage zu Ohren gekommen, dass derart Menschen in öffentlichem Auftrag wie etwa Feuerwehrleute oder Rettungsfahrer bei ihren Einsätzen mit Gewalt und Pöbeleien rechnen müssen, oder dass auch Ärzte in ihren Praxen Handgreiflichkeiten ausgesetzt sind, dass Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit niedergestochen werden oder dass ehrenamtliche Bürgermeister bis in ihr zu Hause verfolgt werden.

Dabei soll in keiner Weise in Abrede gestellt werden, dass so manche öffentliche Probleme wirklich diskussionswürdig sind. Wie viel gibt es da berechtigt kritisch zu sagen etwa zu solchen Projekten wie Stuttgart 21, zu G7, G20 oder dem Hambacher Forst, zu Autobahn- oder Stromtrassenführungen, zur Braunkohlenförderung oder Feinstaubbelastung, zum Umgang mit Flüchtlingen oder Asylsuchenden - und das selbst, wenn die Verwaltungsverfahren formalrechtlich einwandfrei abgewickelt sind.

Dabei dürfen wir stolz und dankbar dafür sein, dass in unserem Lande alle Meinungsäußerungen dazu erlaubt und geschützt sind, was ja keinesfalls überall auf dieser Welt so ist. Allerdings fühlen sich bei uns manche aufrechte Mitmenschen im Recht, alles gegebenenfalls mit Gewalt einfordern und durchsetzen zu dürfen, was ihnen als ihr gutes Recht erscheint.

Sollte es da nun irgendeinen Ton geben, der aus blinder Wut wecken könnte? Sollte es da nun irgendein gutes Argument geben, das blinden Zorn über so manche zweifelsohne berechtigte Problemlage in ein gemeinsames Suchen nach hilfreichen Lösungen verwandeln könnte?

Was für ein wirklich hilfloses Instrument scheint da die Predigt über das Wort Gottes zu sein. Außerdem ist ja wohl kaum damit zu rechnen, dass viele Vertreter des aufgebrachten „Volkszorns“ ihren Weg in den Gottesdienst finden, um Worte aus einem ganz anderen Raum zu hören, als aus ihrem eigenen Resonanzraum, in dem sie ja alles so rasend macht.

Dennoch darf diese verzwickte Situation kein Hinderungsgrund dafür sein, sich in der Predigt unter Gottes Wort zu stellen, und sich dadurch genau Rechenschaft zu geben, was es mit diesem so vielgestaltigen Wesen auf sich hat, das in Zeiten des Heiligen Apostels „Obrigkeit“ genannt wird und heute so kurz und knapp „Staat“.

Was besonders auffällt, ist, dass der Apostel in diesem Bibelwort nicht zu der Frage Stellung nimmt, welche Staatsform denn die angemessene, die gerechte oder die von Gott gewollte ist. Denn er redet weder von Demokratie noch Diktatur, weder über Kaisertum oder Adelsherrschaft, noch über Räterepublik oder Stammesherrschaft. Und das, obwohl doch wegen dieser Frage Revolutionen, Aufstände, Putsche durch das Land gefegt sind und viele viele Menschen ihr Leben verloren haben.

Hat Paulus das etwa nicht vor Augen,wo es so etwas in ähnlicher Form durchaus schon zu seinen Zeiten gab? Außerdem ist es noch gar nicht so lange her, dass von respektablen Theologen mit großer Resonanz eine „Theologie der Revolution“ propagiert und von so manchen sogar als der eigentliche Kern des Evangeliums angesehen wurde: Menschen, die sich nachdrücklich als Christen verstanden, verließen alle geordneten Verhältnisse und gingen in den Dschungel um Revolution zu machen. Sie vergossen Blut und ihr Blut wurde vergossen. Ein Massaker folgte dem Nächsten. Musste in den Ohren dieser Engagierten damals der Satz des Heilige Apostels „Es ist keine Obrigkeit außer von Gott“ nicht wie reiner Hohn klingen?

Und ist davon abgesehen dieses Bibelwort nicht tatsächlich manches Mal missbraucht worden zur Legitimation schlimmster staatlicher Herrschaft? Und mögen dabei nicht tragischerweise treue Menschen im Vertrauen auf dieses Bibelwort und mit besten Wissen und Gewissen ihr Blut für ein solches Staatswesen und seine Obrigkeit vergossen haben?

Dabei ist doch dem Apostel Paulus die Tatsache, dass Blut vergossen wurde, überhaupt nicht fremd. Vor allem aber, wie sollte man vergessen können, dass unser Herr Jesus Christus selbst durch staatliche Autorität gefoltert und hingerichtet wurde. Und keinesfalls darf vergessen werden, wie schnell die erste Christenheit bitter verfolgt und ebenso ihr Blut vergossen wurde. Auf Stephanus als den ersten Märtyrer, der durch staatliche Instanzen verfolgt und verurteilt wurde, folgten viele viele weitere Märtyrer bis in die heutige Zeit. Deshalb muss doch gefragt werden, wieso nun Paulus dazu kommen kann, nicht Revolution zu predigen, sondern: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.“

Allerdings will Paulus hier keine aktuellen Herrschaftsfragen diskutieren, so wichtig und berechtigt solche Fragen auch sein mögen. Sondern er nimmt hier, wie in den ganzen anderen Abschnitten dieses Briefes an die Römer sehr grundsätzlich und für alle Zeiten Stellung. Und darum ist hier keine Debatte etwa um Staatsformen gefragt, die sich ja im Zeitverlauf ändern können, sondern hier geht es, nachdem die Gegenwart des lebendigen Gottes auf dieser Welt durch Jesus Christus für jedermann erfahrbar geworden ist, um die sehr grundsätzliche Frage, wie sich der Christenmensch in dieser vorläufigen und vergehenden Welt verhalten soll und darf.

Und hat es da nicht tatsächlich Sinn, dieses: „Es ist keine Obrigkeit außer von Gott“? Denn wozu sollte die ganze Struktur eines „oben“ und „unten“, alle Möglichkeiten einer Macht der einen über die anderen dienen, wenn nicht der mit dem Schöpfungsgedanken mitgegebenen Aufgabe des Schutzes, der Ordnung und der Fürsorge. Nicht mehr und nicht weniger. Allein dazu sind den zu dieser Aufgabe Berufenen entsprechende Machtmittel anvertraut, eben das „Schwert“, wie Paulus sagt. Und genau und allein in der Erfüllung dieser Aufgabe sind die dazu Berufenen tatsächlich Gottes Diener, als sie sich hierbei nicht einen Spass machen, oder ihre Machtgelüste befriedigen dürfen, sondern nach Gottes Willen einen Beitrag dazu leisten, dass diese Schöpfung nicht im Chaos versinkt. Und genau deshalb haben sich alle nicht dazu berufenen ihnen unterzuordnen - wohlgemerkt nicht weil sie nicht die Macht haben, nicht weil sie bestraft werden können,und sich so eine Macht an ihnen willkürlich austoben könnte, sondern auch um des Gewissens willen, weil man eben von der Richtigkeit dieser Ordnungsfunktion überzeugt ist.

Und daraus folgt dann natürlich auch die ganze Thematik des Steuer- und Zollzahlens, des Respekts und der Ehrerbietung. Ja bestimmt, denjenigen, auf denen diese schwierigen Aufgaben, die Ordnung im Lande zu wahren, lasten, denen gebührt keinesfalls Widerstand, sondern Respekt und Ehrerbietung. Und dann wird es auch nicht so sein, dass man sich vor solcher Obrigkeit fürchten muss - wenn man eben Gutes tut. Denn wen sollten die Übeltäter sonst fürchten, wenn nicht genau diese Personen, denen der Auftrag erteilt ist, für Schutz, Ordnung und Fürsorge in der Gesellschaft einzutreten? Wer sollte sonst das Strafgericht vollziehen an denen, die Böses tun, wenn nicht genau diese Berufenen? Oder sollten wir etwa davon ausgehen dürfen, dass es auf dieser Welt keine Übeltäter mehr gibt? Bitte!? Wie könnte das realistisch sein?

Insofern steht zweifelsohne dem Heiligen Apostel Paulus deutlich vor Augen: die Situation, dass es keine Übeltäter mehr gibt, die wird erst am Ende aller Zeiten im Reiche Gottes erreicht sein. Bis dahin ist es eben unsere Aufgabe, in dieser gebrochenen und unvollkommenen Welt zu leben und in unserem Alltag und Sonntag Gott die Ehre zu geben.

Ich weiß, dass für manchen die Vorstellung wirklich deprimierend ist, in einer gebrochenen und unvollkommenen Welt leben zu sollen. Ich weiß, dass das gerade für junge Menschen, die so viel gute Pläne haben, unerträglich erscheint, wo sie doch aus so viel gutem Willen endlich alles besser und vollkommen machen möchten. Und ganz bestimmt sind sie es wert, dass man ihnen beisteht und hilft und ihr Leiden an der Unvollkommenheit aller Verfügungsberechtigten und die Berechtigung ihrer Kritik versteht.

Aber könnte es nicht sein, dass die wichtigste und schwierigste Aufgabe im Blick auf das Staatswesen sein muss, eben genau in dieser unvollkommenen Welt etwas sehr grundsätzlich zu prüfen, nämlich, ob etwa zu entdecken sein sollte, ob ein Staatswesen so grundsätzlich verdorben ist, wie etwa der Nationalsozialismus nach der Erkenntnis der Verschwörer des 20. Juli 1944. Und wenn das so sein sollte,welchen Grund wollte man dann anführen, nicht so wie sie gegen ihn und seine Vertreter anzukämpfen oder sogar sein Leben einzusetzen?

Oder sollte etwa zu entdecken sein, dass ein Staatswesen zwar unvollkommen ist, Fehler hat und nicht immer nur Gutes macht, weil dort eben auch fehlbare Menschen am Werke sind, aber nicht grundsätzlich verdorben ist? Und was müsste das anderes heißen, als dass es sich bei Fehlern des Staates zwar um Übles oder Ärgerlichkeiten handelt, die möglichst korrigiert werden müssen, bei den aber die eigene Existenz nicht untergeht, falls das nicht gelingt.

Und müsste jetzt etwa im Sinne solcher Prüfung ernsthaft behauptet werden, dass das Leben völlig verdorben würde, wenn z.B. Stuttgart 21 gebaut würde, weshalb man nun Gewalt gegen den Staat ausüben müsste? Das kann ich mir nicht vorstellen! Dennoch bleibt die Aufgabe, derart immer wieder neu zu prüfen und zu unterscheiden, dauerhaft jedem verantwortungsvollen Christen persönlich auferlegt. Und solange wir uns darauf ausrichten können, dass dass Reich Gottes erst noch kommt und noch nicht in seiner Vollkommenheit da ist, müssen wir eben mit Unvollkommenheiten rechnen - in unserem eigenen Leben genauso wie in dem Staatswesen, in dem wir leben.

Und muss nicht dazu auch die Ermunterung und Unterstützung für die Verantwortlichen gehören, damit sie eben möglichst gute Entscheidungen für alle Bürger treffen, und gegebenenfalls durch sachkundige und freundliche Beratung und Ermahnung durch Christenmenschen Entscheidungen korrigieren?

Und muss das nicht nur etwa für den Dienst der besonderen kirchlichen Beauftragtenbei der Bundesregierung und den Landesregierungen gelten, die es ja - Gott sei Dank – gibt, sondern genauso für jedes Gespräch von Christen mit Verantwortlichen im Bund, Land, Kommunen und Parteien, in dem die schwierigen Themen auftauchen? Was für ein großer und verantwortungsvoller Beitrag für einen jeden Christenmenschen hier im Lande. Gott sei Dank, dass solche Beiträge in unserem Lande möglich sind, damit so der Staat seinen Auftrag, für Schutz, Ordnung und Fürsorge in der Gesellschaft einzutreten, wirklich erfüllen kann.

Und schließlich darf eins nicht vergessen werden: Weil unser Staatswesen unvollkommen ist, da in ihm fehlbare Menschen am Werke sind, hat die Christenheit schon immer eine weitere Aufgabe für sich gesehen: und das ist die Fürbitte, die Fürbitte für den Staat und alle, die in ihm Verantwortung tragen. Ja, es ist ein weiterer großer und verantwortungsvoller Beitrag für einen jeden Christenmenschen. Denn es ist allein unser Gott, der letztlich aus allem menschlichen Mühen Gutes zu machen versteht. Und ihn darum um Christi willen bitten zu dürfen, das ist wirklich ein Privileg von uns Christenmenschen. Gott sei Dank! Amen.

Perikope
04.11.2018
13,1-7

Ich will ja, aber ich kann nicht - Predigt zu Römer 7, 14-25 von Berenike Brehm

Ich will ja, aber ich kann nicht - Predigt zu Römer 7, 14-25 von Berenike Brehm
7,14-25

I Die Steine wurden einmal gefragt, ob sie nicht werden wollen wie die Menschen. Und die Steine antworteten: Dazu sind wir nicht hart genug. Eine kurze Anekdote, die zu denken gibt über unsere Welt, und darüber, was es bedeutet, in ihr zu leben. Ich weiß nicht, wer von Ihnen und euch dieses Gefühl kennt: Ich bin nicht hart genug. Ich bin nicht leistungsfähig genug. Ich pack es einfach nicht.

Wer nicht hart genug ist, wer sich nicht von klein auf anstrengt, wer nicht mit Ellenbogen kämpft, der hat nicht viel Chancen Karriere zu machen. Schon kleine Kinder lernen das. Und wer dieses Klima irgendwann nicht mehr aushält, weil sein oder ihr Innerstes sagt: Das ist doch alles falsch, ich spiel da nicht mehr mit. Der war eben nicht hart genug. Die hat sich eben nicht genug angestrengt. - So die gängige Meinung.

II Eine junge Frau schreibt auf einem Blog. Sie schreibt über diese Tage „an denen man will, aber einfach nicht kann.“ So nennt sie diese Tage, wenn die Depression sie packt. Sie schreibt: „Wir fühlen uns schlecht, einfach so, oft ohne erkennbaren Grund. Wir sind in eine dunkle Wolke hinein aufgewacht und können sie einfach nicht abschütteln. Wir fühlen uns schlecht – und dann fühlen wir uns schlecht, weil wir uns schlecht fühlen.“1

Ein Mann erzählt in einer Talkrunde im Fernsehen: „Scheitern war für mich als Manager keine Option. Los ging’s dann mit dem Schwindel. So, dass ich mich nur noch schwer konzentrieren konnte. Dann kam so ein Kopfdruck dazu, so dass ich gemerkt hab: Es wird kritisch, ich kann mich nicht mehr auf das konzentrieren, was passiert. Daraus wurde dann Unruhe und Nervosität. Über 24 Stunden.“2 Er schildert eindrücklich, wie er immer weniger kann, wie die Angst sich festsetzt, und er schließlich in eine Klinik geht.

III Wollen, aber nicht können. Das kennen nicht nur diese junge Frau, oder der Mann im Fernsehen. Davon schreibt auch der Apostel Paulus - im Römerbrief Kapitel 7:

Wir wissen ja: Das Gesetz ist vom Geist Gottes bestimmt. Ich dagegen bin als Mensch ganz von meiner irdischen Gesinnung bestimmt. Ich bin mit Haut und Haaren an die Sünde verkauft. Ja, wie ich handle, ist mir unbegreiflich. Denn ich tue nicht das, was ich eigentlich will. Sondern ich tue das, was ich verabscheue. Wenn ich aber das tue, was ich eigentlich nicht will, dann beweist das: Ich stimme dem Gesetz innerlich zu und erkenne an, dass es recht hat. Aber dann bin nicht mehr ich es, der so handelt. Es ist vielmehr die Sünde, die in mir wohnt. Ich weiß: In mir – das heißt: in meinem irdischen Leib – wohnt nichts Gutes. Der Wille zum Guten ist bei mir zwar durchaus vorhanden, aber nicht die Fähigkeit dazu. Ich tue nicht das, was ich eigentlich will – das Gute. Sondern das Böse, das ich nicht will – das tue ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, dann bin nicht mehr ich der Handelnde. Es ist vielmehr die Sünde, die in mir wohnt. Ich entdecke also bei mir folgende Gesetzmäßigkeit: Obwohl ich das Gute tun will, bringe ich nur Böses zustande. Meiner innersten Überzeugung nach stimme ich dem Gesetz Gottes mit Freude zu. Aber in meinen Gliedern nehme ich ein anderes Gesetz wahr. Es liegt im Streit mit dem Gesetz, dem ich mit meinem Verstand zustimme. Und dieses Gesetz macht mich zu seinem Gefangenen. Es ist das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern steckt. Ich unglücklicher Mensch! Mein ganzes Dasein ist dem Tod verfallen. Wer wird mich davor bewahren? Dank sei Gott! Er hat es getan durch Jesus Christus, unseren Herrn!

(Text der BasisBibel)

IV Ich will ja, aber ich kann nicht – schreibt Paulus. Ich will ja, aber ich kann nicht. - Das sagen wir auch manchmal. Wir sagen es so dahin, wenn wir uns entschuldigen wollen, dass wir keine Lust oder keine Zeit haben. Wenn wir uns aus unserer Verantwortung reden wollen. Dann sagen wir gerne: Ich würde ja, aber… Das allerdings meint Paulus nicht. Es geht ihm nicht um faule Ausreden und ein fahles Vorschieben von Gründen.

Ihm geht es um dieses nicht können, das einen packt und nicht loslässt. Gegen das man einfach nicht ankommt, so sehr man es auch versucht. Wenn man ja die Mathearbeit schreiben will, aber die Zahlen im Kopf zu tanzen beginnen. Wenn man ja etwas leisten will, aber einfach nur müde und kaputt ist. Wenn man ja lachen will, aber diese Wolke um einen es einfach nicht zulässt. Wenn man gar nicht zu der Torte greifen will, aber die innere Stimme einfach zu stark ist.

Ich will ja, aber ich kann nicht. Viele Sätze spinnt Paulus um diesen einen Gedanken: Es sind Sätze, wie ein klebriges Spinnnetz. Sie ziehen einen hinein in dieses Netz aus Unvermögen, gegen das man nicht anstrampeln kann, und in das man sich nur tiefer verstrickt, je stärker man strampelt. Wer versucht hart zu sein, wer sich durch Leistung aus diesem Netz retten will, der verstrickt sich nur immer weiter. So Paulus. So die Erfahrung des Managers im Fernsehen.

V Du musst dich selbst verbessern!, sagt mir die Gesellschaft. Und sie zeigt mir Bilder, auf denen das makellose Glück scheinbar überall ist. Du musst Leistung bringen, sagt mir die Gesellschaft. Denn „Wer nicht arbeitet, braucht auch nicht essen“. Du bist nur etwas wert ist, wenn du deine Leistung bringst.

Es fällt schwer von sich selbst noch gut zu denken, wenn ich durch dieses Raster falle. Wenn mich das makellose Glück nicht auf Schritt und Tritt verfolgt, wenn mein Leben mehr so durchschnittlich ist. Dann strenge ich mich an, besser auszusehen, bessere Noten zu schreiben, erfolgreicher zu werden, und reicher. Beliebter zu werden und bekannter, fitter und gesünder.

Aber was, wenn sich anstrengen nicht reicht? Wenn die Mathearbeit schon wieder missglückt ist, weil die Zahlen Samba getanzt haben. Wenn ich schon wieder zu der Torte gegriffen habe, weil die Stimme so unendlich laut in mir wurde. Wenn ich schon wieder kaum etwas mitbekomme von der Welt, weil die Wolke um mich rum einfach nicht aufreißt. Wenn die Kräfte einfach nicht mehr wiederkommen, weil ich mich völlig verausgabt habe, weil ich krank und hilfsbedürftig werde, älter und gebrechlicher. Was, wenn ich will, aber einfach nicht kann? Dann stimmt etwas mit dir nicht. Dann haben wir keinen Platz (mehr) für dich. - sagt die Gesellschaft.

VI Aber Paulus sagt: Nein. Wenn du willst, aber nicht kannst, bist du völlig normal. Dann stimmt alles mir dir. Denn nichts leisten zu können, gehört zum Menschsein dazu. Es ist normal, nicht zu können. Es ist normal, dass ein Leben seine Ecken und Kanten hat. Es ist normal, dass Leben auch scheitern bedeutet. Es ist normal, dass kein Leben perfekt ist, und auch aus Leid und Tränen, und nicht nur aus Glitzer und Einhörnern besteht.

Wenn du denkst: Ich will ja, aber ich kann nicht, dann sagt Paulus zu dir: Das ist völlig normal. Genau so, und nicht anders, nimmt Gott uns an. Als solche, die wollen, aber nicht können, sind wir doch ganz nahe bei Gott.

Aus diesem Vertrauen dürfen wir Christen leben. Und wir dürfen, ja wir sollen es immer wieder laut sagen: Dass der Wert eines Menschen nicht von seiner Leistung abhängt. Dass einer, der scheinbar nichts leistet, nicht weniger wert ist, als einer, der erfolgreich durchstartet. Wir dürfen den Mund aufmachen und einer Gesellschaft widersprechen, die von uns das Unnormale verlangt, und uns für das Normale ein schlechtes Gewissen macht. Die behauptet, man müsste sich nur mehr anstrengen, man müsste nur härter an sich arbeiten. Und die damit das Netz noch enger um die Menschen schnürt.

Dieser Gesellschaft dürfen wir beherzt widersprechen. Wir dürfen die Schere an das Netz setzen, und von der Freiheit erzählen. Von der Freiheit, mit dem Mühen und Strampeln aufzuhören. Von der Freiheit, sich fallen und tragen zu lassen. Von der Freiheit etwas wert zu sein, egal, wer wir sind, wieviel wir leisten, wie gut wir funktionieren. Von der Freiheit, angenommen und wertgeachtet zu sein. Einfach, weil wir Menschen sind. Von dieser Freiheit dürfen wir nicht schweigen.

Damit die Steine, wenn sie gefragt werden, ob sie wie die Menschen sein wollen, antworten: So weich werden wir nie.

Amen.

Perikope
28.10.2018
7,14-25

1. Gott lieben – und der Schlamassel beginnt – Predigt zu Römer 8, 28 von Frank Hiddemann

1. Gott lieben – und der Schlamassel beginnt – Predigt zu Römer 8, 28 von Frank Hiddemann
8,28

Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen! (Röm 8, 28)

Liebe Gemeinde,

diesen Satz schreibt Paulus an die Christen in Rom Und das soll doch wohl heißen: Gott lieben, und der Rest gibt sich.

Wenn das so einfach wäre... Gott lieben, und der Rest gibt sich Dann bliebe uns manches erspart. Das Leben wäre nicht so entsetzlich kompliziert, und wir würden die Angst nur noch aus der Erinnerung kennen.

Aber wenn wir einen Blick auf den heutigen Predigttext werfen, müssen wir, fürchte ich, sagen: Gott lieben - und der Schlamassel beginnt! Jemand erzählt von einem ganz intimen Kontakt, den er mit Gott hat, er wird jeden Morgen von ihm geweckt.

Kennen Sie das, wenn Sie am Morgen die Augen kaum aufkriegen und noch ganz lärmempfindlich sind?

 

Unser Gottesknecht, der gleich zu uns sprechen wird, kriegt jeden Morgen die Ohren durchgepustet. Oder weckt Gott ganz sanft? Was meinen Sie? Was hören Sie? Ich lese Ihnen das dritte Gottesknechtlied aus dem Buch des Propheten Jesaja:

Jesaja 50, 4 Gott der Herr hat mir eines Jüngers Zunge verliehen, dass ich den Müden durch das Wort zu erquicken wisse. Er weckt alle Morgen, weckt mir das Ohr wie ein Jünger zu hören. Gott der Herr hat mir das Ohr aufgetan, ich aber habe nicht widerstrebt, bin nicht zurückgewichen.; den Rücken bot ich denen, die mich schlugen, und die Wangen denen, die mich rauften; mein Angesicht verhüllte ich nicht, wenn sie mich schmähten und anspieen.

Eines Jüngers Zunge kriegt der Gottesknecht. Das heißt, er spricht fast so gut wie sein Meister selbst. Ein junger Prophetenschüler zieht mit seinem Meister durch die Lande, und bald weiss er auswendig, was der Meister sagt. Es ist ihm gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen. Immer, wenn er den Mund aufmacht, spricht er wie der Meister.

Bei Jesus und seinen Jüngern kam dieser Effekt erst etwas später. solange sie mit ihm durch's Land zogen, staunten sie, wenn er redete. Sie waren die ersten, die sich verblüfft ansahen und bei sich dachten: "Der Meister spinnt mal wieder."

Erst als er ging, als er seinen Rücken denen bot, die ihn schlugen, als er angespieen wurde, als sie schliesslich allein waren, formte sich ihre Zunge so, dass sie eine Schülerzunge wurde, dass die Verblüffung, die einst von Ihrem Meister ausging. nun auch ihre Rede begleitete.

 

2. JÜNGEROHREN UND -ZUNGEN

Und hören konnten sie wie ihr Meister. Wenn einer kam, der sich scheinbar nur ganz allgemein interessierte, der nur mal hören wollte mit gerunzelter Stirn, um sich ein Urteil zu bilden, skeptisch schaute, aber dann, ohne dass er es merkte, zu nicken begann. Den konnten sie mit einem Wort ihrer Jüngerzunge treffen, so dass er sein Leben vor sie hin legte, in Stücken, aber darauf vertraute, dass aus den Bruchstücken wieder ein Gefäß werden kann, das trägt, weil es selbst getragen wird.

Und wenn jemand kam, der ein grosses Interesse an Fragen der Lehre hatte, wer der Messias sei und ob man weiter auf ihn warten müsse, ob er am Ende der Zeiten käme oder mitten drin, so konnten sie hören, was er eigentlich fragte, und ihre Jüngerzunge sagte: "Du hast eigentlich Angst vor dem Tod! Der ist in Christus überwunden. Glaube nur daran!"

 

Sie konnten auch hören, wenn jemand über Bildung und Wohlstand sprach und bloss das Wort "Gerechtigkeit" vermeiden wollte. Oder wenn jemand alles tun wollte, um für das Wohlergehen seines Weinberges zu sorgen, aber seine Familie hungern ließ. Dann hörten sie ihm einfach zu mit ihren geweckten Jüngerohren, und der Mann kam von selbst darauf, schwieg - und ging hinweg. Alles in allem war es nicht einfach, mit geweckten Jüngerohren durch die Welt zu gehen. Beinahe alles schien wert, verändert zu werden. Nichts hörte sich so an wie früher. Überall Untertöne und Obertöne und immer die Gewissheit dabei, was zu tun ist.

Kein Wunder, dass die Ohren und Zungen gegen Ende des Tages etwas taub und träge wurden. Und am nächsten Morgen wieder neu geweckt werden mussten.

Kein Wunder, dass die Jünger, die so durch die Welt gingen, nicht gerade besonders gut ankamen. Abgesehen von den einzelnen, denen sie halfen, die Welt anders zu sehen. - Abgesehen von den nicht wenigen, die durch ihr Beispiel die anderen Möglichkeiten der Welt verstanden. - In der Regel wurden sie eher skeptisch betrachtet, manchmal rau behandelt, manchmal verfolgt, manche getötet.

Aber wer ein gewecktes Ohr hat und eine belebte Zunge, der nimmt wie Gott wahr, er hört wie Gott, was hinter den Worten steht, er hört (und sieht) wie Gott, was getan werden muss.

Deshalb fragt sich der Gottesknecht nicht: Was habe ich eigentlich davon, dass ich Gott liebe? Oder: Wieso passiert mir das alles, obwohl ich Gott liebe? Sondern er ist gewiss, - er kann das hören mit seinen geweckten Ohren - dass seine Sache Gottes Sache ist und zu einem guten Ende kommt. Er spricht so wie in dem zweiten Teil des Gottesknechtliedes, dass ich Ihnen bisher vorenthalten habe:

Aber Gott der Herr steht mir bei; darum bin ich nicht zuschanden geworden. Darum machte ich mein Angesicht kieselhart  und wusste, dass ich nicht beschämt würde. Er, der mir Recht schafft, ist nahe; wer will mit mir hadern? Lasset uns zusammen hintreten! Wer will mit mir rechten? Er komme heran! Siehe, Gott der Herr steht mir bei; wer will mich verdammen? Siehe, sie alle zerfallen wie ein Gewand, die Motten werden sie fressen.

3. DAS RECHT AUF DER SCHWELLE

Im sechsten Jahrhundert vor Christus wurde dieser Text aufgeschrieben. Damals wurde unter dem Tor Recht gesprochen. Auf der Schwelle zwischen Drinnen und Draußen. Jemanden verurteilen heißt noch heute, ihn eine Weile oder ganz aus der Gemeinschaft ausschließen oder ihm eine Buße auferlegen, die er zahlen muss, um weiter in der Gemeinschaft zu sein.

Die Situation im Tor, das Recht auf der Schwelle. Wer klagt, steht auf und spricht. Wer den Angeklagten verteidigt, steht als Zeuge auf.

Wer will mit mir rechten? Er komme heran! sagt der Gottesknecht. Gott selbst wird als Zeuge für ihn aufstehen. Und wer will dann sagen: "Verurteilt ihn!" Alle Anklagen werden zerfallen wie ein Gewand, das von Motten zerfressen ist. Wie ein Vorhang auf der Bühne wird die wahre Situation sichtbar. Er hat sein Gesicht kieselhart gemacht, um alle Schmähungen durchzustehen. Um diese Situation zu erleben: Der Knecht im Recht! Der Knecht als Sieger unter dem Tor!

Oft genug geschieht das den Knechten nicht. Den Knechten wie dem Propheten Jesaja, dem sein Schüler Jesaja der Jüngere mit diesem Lied ein Denkmal gesetzt hat.

Den späteren Knechten wie dem Jesus Christus, dessen Leib am Kreuz gebrochen wurde.

 

All den Knechten, die nicht erfahren haben, dass ihr Weg den anderen zum besten gedient hat. - Gott lieben, und der Rest gibt sich!

Wer diesen Satz als Beobachter der Weltgeschichte spricht, kann nur den Kopf schütteln.

 

4. DER THERAPEUTISCHE EINFLUSS FÜRSPRECHENDEN BETENS

 

Letzte Woche machte die Hamburger Wochenzeitschrift "Der Spiegel" seinen staunenden oder triumphierenden Lesern  die Ergebnisse einer Studie zugänglich [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,409005,00.html ].

 

Sie war 2,3 Millionen Dollar teuer und wurde mit der Hilfe berühmter Kliniken und Universitäten erstellt. Die statistische Untersuchung hieß:  "Studie zum therapeutischen Einfluss fürsprechenden Betens".

 

Es sollte also geprüft werden, ob Fürbittengebete Menschen gesund machen können.

 

Untersucht wurden 1.800 Patienten nach einer Bypass-Operation. Wie viele Menschen wurden ohne Komplikationen gesund? Bei wie vielen Menschen stellten sich Probleme ein?  Für 600 Personen wurde gebetet, aber sie wussten nichts davon. Für 600 Personen wurde gebetet, und sie wussten davon. Für 600 Personen wurde nicht gebetet.

Die Gebete wurden von Menschen aus christlichen Gemeinden gesprochen. Sie durften so beten, wie sie es gewohnt waren. Eine einzige Bedingung aber stellten die Wissenschaftler: Im Gebet musste die Bitte um "eine erfolgreiche Operation  mit einer schnellen gesundheitlichen Genesung und ohne Komplikationen" enthalten sein. Die Menschen, für die gebetet wurde wurden mit dem Vornamen und dem ersten Buchstaben des Nachnamens bezeichnet. Die Betenden kannten die Personen nicht.

Das muss so geklungen haben: "Herr, ich bitte dich um eine erfolgreiche Operation für Gisela M. mit einer schnellen gesundheitlichen Genesung und ohne Komplikationen".

Mit solchen Methoden wird der Erfolg von Medikamenten untersucht. Wirkt ein Gebet wie die Gabe eines Medikaments? Würden Sie gerne hören, dass es funktioniert hat? Würden sie gerne hören: 80% der Menschen für die gebetet wurde, wurden ohne Komplikationen gesund?  Sie werden es ahnen. Das Experiment hat nicht funktioniert. Diese Art von Gebeten oder keine Gebete. Das machte keinen statistisch erheblichen Unterschied. Nur die Patienten, die wussten, dass für sie gebetet wurde, hatten offenbar so einen Stress, dass sie öfter Komplikationen bekamen.

 

5. GOTT LIEBEN - UND DER REST GIBT SICH

 

Wer von außen auf das Gebet blickt, wer ihm feste Bedingungen aufzwingt, der wird nicht verstehen, wie es unsere Wirklichkeit verändert. Gott lieben, und der Rest gibt sich! Gott bitten und spüren, Gesundheit ist wichtig, aber nicht die Hauptsache. Gott bitten und spüren, er berührt meine Augen und Ohren, dass ich sehen kann wie ein Knecht Gottes sieht.

Gott bitten und spüren, es geht nicht um Leiden oder Siegen, um Gewinnen oder Verlieren, sondern dass ich mir selbst nicht mehr im Weg stehe. Wir wissen aber,  dass denen,  die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen!

 

Und der Friede Gottes, der höher ist, als all unsere Vernunft, bewahr euere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

 

Perikope
25.03.2018
8,28

Aktion Wüstentrost – Predigt zu Römer 15,4-13 von Nico Szameitat

Aktion Wüstentrost – Predigt zu Römer 15,4-13 von Nico Szameitat
15,4-13

Wir haben uns auf dem Weihnachtsmarkt verabredet. Schon einige Zeit haben wir uns nicht mehr gesehen. Und auch wenn es Telefon und WhatsApp gibt – so persönlich sich treffen und miteinander reden ist doch etwas anderes. Und irgendwas hat er auf dem Herzen.
Ich bin früh da und habe noch Zeit. Lauter Menschen, die an den Buden stehen, Glühwein trinken, Backfisch oder Bratwurst essen, lachen. Da gibt es Sterne in allen Farben, da Schaffelle und bunte Tücher, und dort Räuchermännchen mit dazugehörigem Duft von „Advent“ bis „Weihrauch“. Und über das Lachen und Quatschen hinweg hört man von irgendwoher Musik. Ich folge ihr und stehe dann vor einem Mann, der auf der Panflöte „Alle Jahre wieder“ spielt. Ich summe mit. Und ich bin nicht der einzige. Ich liebe Weihnachtsmärkte!
Ah, da ist er ja, pünktlich am Treffpunkt. Zusammen schlendern wir weiter über den Markt und quatschen über dieses oder jenes. An einem Glühweinstand am Rand machen wir Halt. „Zwei Glühwein, bitte! Nee, ganz normal, ohne Schuss.“ Neben der Bude ist ein dunkler Unterstand mit einer Art Theke zum Markt hin. Wir stellen uns hinein, lehnen uns auf die Theke, wärmen uns die Hände an den heißen Bechern, schauen auf den Trubel, pusten und schlürfen vorsichtig. Nach einem halben Becher beginnt er zu erzählen. „Weißt Du, meine Freundin und ich haben eine Beziehungskrise. Und eigentlich ist das Wort „Krise“ noch untertrieben…“ Fünf Jahre sind sie nun schon zusammen. Nun hat er sich in eine andere verliebt. Das kam zwar schon mal vor, also sich so in andere vergucken, aber so richtig verlieben, jetzt scheint es wohl ernst zu sein, oder nicht? Er hat es seiner Freundin gleich gesagt. Und ja, sie findet auch, dass sich ihre Beziehung verändert hat, aber nein, so schlimm wäre diese Veränderung doch nicht, dass man nun gleich die ganze Beziehung…
Und doch steht alles in Frage: Trennung - zumindest auf Zeit? Auszug - noch vor Weihnachten? Und je mehr er erzählt und je tiefer ich hinein tauche in sein Leben, umso mehr verschwindet vor meinen Augen der Weihnachtsmarkt, verschwinden Duft und Lichterketten, verschwinden die lachenden Menschen. Die Frage, die mir gerade noch auf der Zunge lag, was er denn Weihnachten so vorhat, kann ich mir sparen. Wüstenzeit statt Weihnachtszeit.
 

Alles, was in früherer Zeit dort  aufgeschrieben wurde, wurde festgehalten, damit wir daraus lernen. Denn wir sollen die Hoffnung nicht aufgeben. Dabei helfen uns die Ausdauer und die Ermutigung,  wie wir sie aus den Heiligen Schriften gewinnen können. Diese Ausdauer und diese Ermutigung kommen von Gott. Er gebe euch, dass ihr euch untereinander einig seid – so wie es Christus Jesus angemessen ist. Dann könnt ihr alle miteinander den und Vater unseres Herrn Jesus Christus  wie aus einem Munde loben. Daher bitte ich euch: Nehmt einander an, so wie Christus euch angenommen hat, damit die Herrlichkeit Gottes noch größer wird. (…) Auch die Heiden haben allen Grund, Gott für sein Erbarmen zu loben. Denn in der Heiligen Schrift steht: „Darum will ich mich bei den Heiden zu dir bekennen und deinen Namen mit Liedern preisen.“ An einer anderen Stelle heißt es: (…) „Aus der Wurzel Isai wird ein neuer Spross hervorgehen. Er wird sich erheben, um über die Heiden zu herrschen. Und auf ihn werden sie seine Hoffnung setzen.“ (…)

(BasisBibel Röm 15,4-13 i.A.)
 

Wüstenzeit statt Weihnachtszeit. In den letzten beiden Wochen bin ich mehreren Menschen begegnet, die dieses Jahr überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung sind, weil ihr Leben gerade ganz andere Wege geht, und die sind nicht immer weihnachtsmarktschön. Mir ging es mal ähnlich. Damals habe ich zuhause nichts geschmückt. Die Weihnachts-CDs blieben genauso wie die Plätzchenrezepte im Schrank und der Baum an Heiligabend war so schlichttraurig wie nie zuvor.
 

Die Wüste vor Augen, unwegsam,finstere, frostige Nacht. Wird Glauben noch taugen, unwegsam, hungriger Zweifel erwacht. (freiTöne 58 „Die Wüste vor Augen“)

Und während draußen auf dem Weihnachtsmarkt der Trubelzug mit Volldampf auf das Weihnachtsfest zurollt, stehen mitten unter uns diese Wüstenmenschen.
 

Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom. Eine Gemeinde, die er persönlich gar nicht kennt. Aber er weiß, dass dort trostbedürftige Wüstenmenschen sitzen und so schreibt er ihnen. Er schreibt, dass er sie gerne bald besuchen und kennenlernen möchte, aber vorerst müsse halt der Brief genügen. Aber wie tröstet man nun jemanden, den man gar nicht kennt, von dem man nie ein Bild gesehen, dessen Stimme man nie gehört hat? Und wie tröstet man in einem Brief, der Tage oder Wochen unterwegs ist, bevor er gelesen wird? Paulus verweist auf die Heiligen Schriften, gewissermaßen die damalige Bibel. Dort würde man Hoffnung, Ausdauer und Ermutigung finden. Und steht es da nicht geschrieben? „Am Ende werden sogar die Heiden singen!“?
 

Lieber Paulus, bitte verstehe mich nicht falsch, aber ich glaube das klappt heute nicht mehr. Es ist ja wunderbar, wenn Du die Leute zu Deiner Zeit mit Deinen großen Worten, mit dem Verweis auf die Heilige Schrift trösten konntest, aber das funktioniert nicht mehr. Meinem Freund in der Beziehungskrise würde das nicht helfen. Viele große Worte – Trost, Gnade, Barmherzigkeit – , sind zwar schön zu hören, aber sie haben im Laufe der Zeit ihren Glanz und ihren Geschmack verloren.  Zusammen mit Floskeln und endlos gedroschenen Phrasen wurden sie in unseren Kirchen wieder und wieder gebraucht, bis sie fast verbraucht waren. Sorry, wenn ich das so deutlich sage, aber viele Deiner geliebten Worte sind für heutige Ohren zu pappigen Worthülsen geworden. Ich brauche in der Wüste aber keine Pappsterne, sondern echte Sterne! Verstehst du mich? Ich hoffe es.
 

Auch dieses Jahr gab es mancherorts die Diskussion, ob man die Weihnachtsmärkte nicht Wintermärkte nennen sollte. Na klar, warum nicht?  Ist der Weihnachtsmarkt nicht längst eine heidnische Veranstaltung geworden, wo es vor allem um Essen und Trinken geht? Auf einmal stehe ich wieder vor dem Flötenspieler. Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde wieder, wo wir Menschen sind. Und da summen doch ganz viele Heiden mit! Und da ist doch der Räuchernikolaus mit der Bischofsmütze! Und da der Stern von Bethlehem! Das alles sind doch Schätze und Symbole, die aus der Kirche kommen! Der Theologe Fulbert Steffensky sagte mal, dass die Kirche zu Weihnachten zu einer  „Kostüm- und Sprachverleihanstalt“ wird. Es geht nicht um alte Worthülsen, sondern darum, dass wir Kleider, Masken, Sprachen und Lieder, Gesten ausleihen an die, die keine eigenen haben und die doch gelegentlich spüren, dass sie sie brauchen. Und dann schauen nämlich doch alle in die Krippe, fremde Wörter wie „Sanftmütigkeit“ beginnen zu glänzen und alle summen mit.
 

Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat! Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh. Und es nimmt euch an. Es lauscht und schaut. Und es nimmt die ganze Welt in sich auf. Den himmlischen Gesang, die kalte Nacht, die knieenden Menschen. Alle Freude, allen Zweifel nimmt es an. Und das Kind wird groß werden, ein Großer, der sich klein hält, der zu den Wüstenmenschen geht, der lauscht und schaut, der mit ihnen isst und lacht, Sanftmütigkeit ist sein Gefährt, steht auch dir zur Seite, still und unerkannt.
 

Am Tag danach schickt mein Freund mir eine Nachricht über WhatsApp: „Huhu, Vielen Dank für unser Treffen gestern, das Gespräch und dein Dasein. Smiley.“
 

Mit dem heutigen Tag beginnt der Hohe Advent, so heißt die letzte Woche vor Weihnachten. Hoher Advent, denn es ist höchste Zeit! Die Weihnachtsmenschen finden schon fröhlich triumphierend selber den Weg. Aber es ist höchste Zeit, zu den Wüstenmenschen zu gehen, und zwar nicht, um sie in Weihnachtsfröhlichkeit zu zwingen.

In der Wüste stehen wir gemeinsam da,
auf den Tresen gelehnt,
mit dem wärmenden Glühwein in der Hand,
Seit an Seit,
und schauen in die finstere, frostige Nacht.
Und die Sterne leuchten in unerhörter Klarheit.
Keine Pappe. Licht!
In dieser Nacht hört die Wüste
nicht auf zu existieren.
Aber sie ist nicht länger trostlos.
Und der Zweifel wird nicht mehr so hungrig sein.
Denn alles kommt zusammen,
das Reden, das Zuhören,
das Dasein, die Sterne.
Und es macht wie Manna
das Herz ein wenig satt.
Ein bisschen. Für den Moment.
Ich summe.
Und ich summe für dich mit.
 

Amen.

 

 

 

Lesungen

Jes 40,1-11 und Lk 1,67-80

 

Liedvorschläge
freiTöne 58 „Die Wüste vor Augen“
EG 10 „Mit Ernst o Menschenkinder“
EG 16 „Die Nacht ist vorgedrungen“

EG reg. „Stern über Bethlehem“, Strophe 1

Perikope
17.12.2017
15,4-13

Adventsaufforderungen – Predigt zu Römer 15,4-13 von Kathrin Oxen

Adventsaufforderungen – Predigt zu Römer 15,4-13 von Kathrin Oxen
15,4-13

Liebe Gemeinde,

die Adventszeit ist die Zeit der Aufforderungen. Es ist schwer, sich ihnen zu entziehen. Ein Einkaufsbummel, ein Blick in die Zeitung genügt. „Machen sie Wünsche wahr!“ „Lassen Sie Kinderaugen leuchten!“, „Zaubern Sie Weihnachtsstimmung!“, „Überraschen sie Ihre Lieben!“.

Diese ganze Aufforderungen und Ausrufezeichen können einem entsetzlich auf die Nerven gehen. Sie lösen bei einigen Menschen regelrechte Fluchtreflexe aus.

Wer in der Lage ist, sich den populären Adventsaufforderungen zu entziehen, ist sie aber immer noch nicht los. Auch hier, in der Gemeinde, unter den Christen, wimmelt es nur so von Adventsaufforderungen.

Ich nenne Ihnen mal die Titel einiger Stücke, die wir im Kirchenchor in der Adventszeit singen: „Singet fröhlich im Advent!“ „Freue dich, Welt!“, „Macht das Tor weit!“, „Tochter Zion, freue dich!“

Auch wir haben eben schon mit einer Aufforderung begonnen „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Ausrufezeichen, wohin man blickt, auch hier, kein Wunder eigentlich, denn wir haben die ganze Sache mit Weihnachten ja angefangen. Vielleicht haben wir es als Christen sogar doppelt schwer: Wir sind dem ganzen Weihnachtsrummel ausgesetzt und dazu noch unserem Anspruch, uns wirklich zu freuen über das Wunder, das Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist. Den Adventsaufforderungen kann man sich so noch schwerer entziehen.

 

Leider kennt auch Paulus mit uns heute keine Erbarmen: Eine große Aufforderung steht im Mittelpunkt „Nehmt einander an!“ Auch das noch, könnte man da fast denken. Eigentlich reicht es doch wirklich mit den Aufforderungen. Wer sich dieses „Nehmt einander an“ nun auch noch zu Herzen nimmt, feiert bestimmt nicht entspannter Weihnachten. Gerade im Advent, gerade in der Vorbereitung auf Weihnachten und an Weihnachten selbst wird das „Einander annehmen“ auf eine harte Probe gestellt. Gerade, wer sich richtig Mühe gibt, wird wahrscheinlich enttäuscht:

Ich schreibe zwanzig Freunden eine Karte und bekomme drei – von Leuten, denen ich nicht geschrieben habe. Das Weihnachtsessen, für das ich Stunden in der Küche verbracht habe, ist in fünfzehn Minuten gegessen und ich muss mir zum Nachtisch anhören, dass diese ganze Fresserei doch einfach furchtbar ist. Ich überreiche Geschenke, bei denen ich mir etwas gedacht, die ich liebevoll ausgesucht habe und bekomme Gutscheine, damit ich mir selbst was aussuchen kann.

Die Advents- und Weihnachtszeit kann frustierend sein, gerade für die, bei denen die Adventsaufforderungen nicht zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus gehen, die es ernst meinen, die anderen wirklich eine Freude machen möchten. Von Frieden und Freude im eigenen Herzen bleibt da manchmal bis zum Heiligabend nichts übrig.

 

„Nehmt einander an“, so heißt die Adventsaufforderung des Paulus.

Zu unserem Glück geht dieser Satz noch weiter. Paulus bleibt nicht stehen bei einer von vielen Adventsaufforderungen. Der Satz geht auch anders weiter, als wir das formulieren würden. Es heißt nicht „Nehmt einander an und ihr werdet angenommen“ -so läuft das, wenn es gut geht, bei uns. Wenn wir spüren, dass die Mühe und die Zuwendung, die wir anderen geben, auch uns entgegengebracht wird. Viel zu oft und gerade zu Weihnachten passiert das nicht.

Der Satz des Paulus ist kein Satz, der uns aufruft, an die anderen zu denken, kein Satz, der einstimmt in das Geschrei der Adventsaufforderungen beim Einkaufsbummel und in den Werbeblöcken. Paulus ruft uns zu uns selbst und deswegen geht der Satz bei ihm anders weiter: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat“.

Es heißt nicht mehr „Nimm den anderen an, dann wirst du auch angenommen“, sondern „Du bist angenommen, darum nimm andere an“. Du bist angenommen, geliebt, getröstet und nur deswegen kannst du etwas davon weitergeben. Das Stichwort „Trost“ kommt mehrmals vor.

Im Heidelberger Katechismus, der genau wie Luthers Kleinem Katechismus als Einführung in das Wesentliche des christlichen Glaubens gedacht ist, geht es um eine einzige Frage: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“ Sie wird beantwortet, in dem sie von „Von des Menschen Elend“, „Von des Menschen Erlösung“ und „Von der Dankbarkeit“ spricht. So bildet der Katechismus bildet genau das ab, was Paulus hier deutlich zu machen versucht: „Nehmt einander an, weil ihr angenommen seid.“ Nicht, damit ihr angenommen werdet.

 

Ein Beispiel gibt es dafür.  Wir gehören zu den Heiden, weil wir nicht durch Geburt zu Gottes erwähltem Volk Israel gehören. Aber Gott hat uns mit im Blick und im Glauben an Jesus Christus haben wir einen Zugang zu ihm. Wir werden angenommen. Jesus aus Nazareth, dessen Geburt wir feiern, ist die Hoffnung und die Möglichkeit für uns, dass wir als geborene Heiden zu Gottes Volk dazu kommen können. Der Spross aus der Wurzel Isais, Jesus aus Nazareth, als Sohn einer jüdischen Mutter geborener Jude, ist die Hoffnung für uns, dass wir zu dem Gott gehören können, den er seinen Vater nennt.

Wir sind angenommen durch Jesus Christus und können darum andere annehmen. Mich daran zu erinnern, dass wir Heiden waren und bedingungslos, aus Liebe angenommen worden sind, zeigt mir, wie wir mit den „Heiden“, die uns begegnen, umzugehen haben: Die anderen, die nicht glauben, die Konfessionslosen, die „religiös Indifferenten“ oder wie immer man sie nennen will. Sie annehmen in bedingungsloser Zuwendung heißt, nicht von oben herab zu denken, dass ihnen etwas fehlt. Sondern mit ehrlichem Interesse fragen, was ihnen wichtig ist in ihrem Leben. Und sehen, wo wir Gemeinsamkeiten haben.

 

Die Adventsaufforderung „Nehmt einander an!“ ist keine von den gewöhnlichen Aufforderungen. Sie hetzt uns nicht, sie ruft nicht dazu auf, sich um andere zu bemühen, um dadurch etwas für uns herauszuholen. Sie lenkt unseren Blick auf uns selbst, auf die Frage, wie es mit unserem Gefühl des Angenommenseins eigentlich bestellt ist. Ohne dieses Gefühl können wir nicht leben. Das Kind, das keine Annahme erfährt, wird seelisch niemals wachsen können. Der Erwachsene, der zu oft die Erfahrung macht, nicht angenommen zu sein, im Beruf, in der Partnerschaft, in der Familie, wird sich irgendwann enttäuscht und verbittert zurückziehen.

Auch in der Gemeinde leben wir davon, dass wir als die, die schon angenommen sind, andere annehmen. Das ist unsere Stärke, unsere Anziehungskraft, die sich mit dem Wort „Gemeinschaft“ nur unzureichend beschreiben lässt.

Ich glaube nicht, dass wir in der Zusammensetzung, in der wir heute hier sind, an irgendeinem anderen Ort zusammen sein könnten, dazu sind wir viel zu unterschiedlich. Aber weil wir glauben und hoffen, dass einer uns angenommen hat, können wir einander annehmen.

 

Das in der Adventszeit zu entdecken, dazu lädt Paulus uns ein. Das Geschrei der Adventsaufforderungen will uns mit aller Kraft nach außen lenken, auf den anderen Menschen und seine Wünsche und Bedürfnisse.

Für Paulus steht der andere an zweiter Stelle. Er ermutigt uns, zuerst ganz bei uns zu bleiben und das Geschenk zu entdecken, das uns mit der Geburt Jesu Christi gemacht ist. Aus dieser Entdeckung folgt dann, was zu Weihnachten gehört: Einander annehmen, weil wir angenommen sind, schenken, weil wir beschenkt sind, Wünsche erfüllen, weil unser Herzenswunsch nach bedingungsloser Zuwendung erfüllt worden ist.

Ohne das Innehalten und Nachsehen bei mir selbst bleibt vielleicht nicht der Gabentisch, aber mein Herz leer. „Der Gott der Hoffnung aber erfülle uns mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes.“

 

Amen.

 

 

 

 

Perikope
17.12.2017
15,4-13

Es ist noch Nacht – Predigt zu Römer 15,4-13 von Angelika Volkmann

Es ist noch Nacht – Predigt zu Römer 15,4-13 von Angelika Volkmann
15,4-13

Es ist noch Nacht – Predigt zu Römer 15,4-13 von Angelika Volkmann

Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die Heiden aber sollen Gott die Ehre geben um der Barmherzigkeit willen, wie geschrieben steht (Psalm 18,50): "Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen." Und wiederum heißt es (5.Mose 32,43): "Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!" Und wiederum (Psalm 117,1): "Lobet den Herrn, alle Heiden, und preisen sollen ihn alle Völker!" Und wiederum spricht Jesaja (Jesaja 11,10): "Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais, und der wird aufstehen, zu herrschen über die Völker; auf den werden die Völker hoffen." Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Liebe Gemeinde,

es ist noch Nacht. (Römer 13,12)
Wir streiten uns. Auch in der Kirche. Um das liebe Geld. Um Gemeindefusionen für die Zukunft. Um unsere Haltung gegenüber Flüchtlingen. Um den Segen für gleichgeschlechtlich Liebende. Und vieles mehr.

Es ist noch Nacht. Wir streiten uns. Wir verletzen uns. Wir bekämpfen uns. In den Familien, in den Kollegien, zwischen den politischen Parteien, in den kriegerischen Konflikten auf der ganzen Welt.

Oft hat nicht nur einer Recht. Meistens hat jede Seite etwas Wertvolles, wofür sie eintritt. Doch es ist schwer, das wahrzunehmen. Beim anderen wahrzunehmen, dass auch er einen Wert vertritt. Der darf nicht übergangen werden, wenn wir eine gemeinsame Lösung finden wollen. Stattdessen streiten wir abwertend und bekämpfen den anderen.
Manchmal geht es nicht darum, einen Kompromiss zu finden, der womöglich keinem gerecht wird. Manchmal geht es darum, sich gegenseitig anzunehmen, auszuhalten mit den Unterschieden.

Es ist noch Nacht. Wir streiten uns. Damals haben sie auch gestritten. Heftig sogar. Denn es geht um vieles, ja ums Ganze. In Rom. In der jungen Gemeinde der Christusgläubigen. Und Paulus schreibt ihnen diesen Brief.  Er kennt den Streit. Es gibt Starke und Schwache in der Gemeinde.  Es gibt die, die sich an die Tora gebunden fühlen und die, die von der Einhaltung der Speisegebote befreit sind. Juden und Menschen aus den Völkern, die an Jesus als den Messias glauben. Und wie sollen sie jetzt zusammenleben?
Paulus ist bekümmert. Gott hat die Kluft zwischen Israel und den Völkern geschlossen durch seinen Sohn Jesus Christus! Wie großartig! Gott befreit die Völker von ihren Götzen, sie haben jetzt durch Christus den Zugang zu ihm, zum Glauben an den einen und einzigen Gott - und kaum ist dieses Großartige geschehen, da tut sich eine andere Kluft auf. Israel erkennt den Messias Jesus nicht.

Nehmt einander an! ruft Paulus. Denn er erkennt: Diese Kluft ist gottgewollt. Diese Kluft ist nur von Gott selber zu überwinden. Und das Ziel, auf das Gott hinwirkt, ist Geheimnis.  Nicht mit Argumenten zu erreichen. Nur visionär zu erfassen:  Gott wird sich aller erbarmen! Gott selber ist alles in allem! (Römer 11,32.36)

Es ist noch Nacht. Die Welt versinkt im Streit. Wir erliegen unseren seelischen Verletzungen. Doch schenkt Gott uns Hoffnung.  Wir sind nicht alleine in der Nacht der Welt. Wir haben Gottes Verheißungen – durch die Zeiten hindurch. Sie stehen in der Bibel. Sie gelten Israel, seinem ersterwählten Volk, dem Gott treu ist. Sie gelten der jungen christlichen Gemeinde in Rom. Sie gelten der Kirche heute.  Gott wird sich aller erbarmen. Gott ist alles in allem. Der Gott aller Geduld und allen Trostes. Er hat es uns schriftlich gegeben. Wie einen Liebesbrief.
Es lebt sich anders, wenn ich mit einem Liebesbrief lebe. Wenn ich fühlen kann, ich bin gemeint. Jemand ist glücklich über mich. Jemand sehnt sich nach mir. Für jemanden bin ich die Wichtigste. Er denkt ständig an mich, will stündlich von mir wissen, zählt meine Tränen. Dann ist mein ganzes Leben anders. Viele Dinge sind plötzlich nicht mehr so wichtig. Ich kann nachsichtiger sein. Die Bedeutung von vielem verschiebt sich. Denn ich bin geliebt. Auch, wenn der Brief von weit her zu mir kommt. Er hat Kraft. Paulus schreibt: Durch den Trost der Schrift haben wir Hoffnung. Er meint damit das Alte Testament. Das große Buch von Gottes Barmherzigkeit. „Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben.“ (V 4)

Paulus betont das Gemeinsame. Und spricht einen Segenswunsch aus: Gott gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander. Das kann man auch, wenn man unterschiedlicher Ansicht ist. Die friedliche Gesinnung Jesu Christi annehmen.  Und in Vielstimmigkeit gemeinsam Gott loben, den Vater Jesu Christi. Gott loben, dessen Zuwendung jedem Menschen gilt. Gott gemeinsam loben in der willentlichen Entscheidung, andere und Andersdenkende anzunehmen.

Es ist noch Nacht. Doch wir können Gottes Lob singen. Dem hellen Morgenstern. Auch wenn wir geweint haben. Der Trost ist da.

Für den damaligen Konflikt hat Paulus eine Lösung errungen. Er erklärt der jungen christlichen Gemeinde, dass der Gott Israels an ihnen gehandelt hat.  Durch Jesus Christus, seinen Sohn, können nun alle Menschen zu Gott gehören, ohne jüdisch werden zu müssen. Gott wendet sich den Völkern zu, so wie es in der Heiligen Schrift Israels steht. Und dadurch bestätigt Gott die Verheißungen, die Israel gegeben sind. Sie sind immer noch in Kraft. Genauso wie seine Treue zu seinem ersterwählten Volk.  Sein Weg mit Israel und sein Weg mit der Kirche haben nebeneinander Platz. Nehmt einander an! Es ist nicht so, dass einer von euch mehr Recht hat als der andere.  Beide Wege sind von Gott so gewollt.

Dann hat Paulus einen überraschenden Gedanken für die christliche Gemeinde bereit: Jesus ist ein Diener der Juden geworden. Ein Diener. Nicht ihr Herr. Christus ist der Herr über die Kirche und ein Diener der Juden. Darum soll auch die Kirche Israel dienen und nicht Israel belehren. Im Gegenteil. In Vers 8 schreibt Paulus: „Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Juden geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind.“ Z.B. dass Gott ihnen treu ist und dass Israel sein Volk ist.
Christus dient den Juden. Und parallel dazu heißt es: Die Heiden sollen Gott loben, und sich mit Israel freuen.  Das begründet Paulus ganz rabbinisch mit Bibelstellen aus Tora, Schriften und Propheten:
Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk“ (5.Mose 32,43)
Lobt den Herrn, alle Heiden, und preist ihn, alle Völker!“ (Psalm 117,1) und:
Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais und wird aufstehen, um zu herrschen über die Heiden; auf den werden die Heiden hoffen.“ (Jesaja 11,10)

Es ist noch Nacht. Aber der Morgen ist nahe. (nach Römer 13.12)
Mitten in allem Streit, mitten in allen Verletzungen, mitten in der Dunkelheit, die uns umgibt, können wir das Lob Gottes singen. Das ist unsere Aufgabe. Dazu sind wir da! Wir können das vielstimmig tun, auch wenn wir verschiedene Ansichten haben, und gemeinsam mit Israel. Wir können dadurch der Welt ein Zeichen geben, einen Hinweis, dass es Hoffnung gibt, dass es reichen Trost gibt, den uns niemand nehmen kann, wie fatal auch immer Politiker entscheiden, wie hasserfüllt auch immer Mächtige Menschenleben auslöschen, wie böse auch immer Menschen sich im Streit verhalten.
Wir können Gottes Lob singen. Es gibt Vergebung bei Gott. Gott hat sein Volk nicht vergessen. Gott hat keinen Menschen vergessen. Es kommt alles noch einmal zur Sprache. Wer Böses tut, wird sich zu verantworten haben. Wir müssen uns nicht rächen. Wir können Gott das Gericht überlassen. Durch Christus können wir uns versöhnen mit unserem Feind. Mit uns selbst. Mit den Lebensumständen. Nichts kann uns von Gottes Liebe trennen. Was auch immer geschieht, wir sind in Gottes Hand. Von ihm beschenkt können wir Frieden stiften.

Es ist noch Nacht. Doch wir stehen unter dem Segen, den Paulus uns zuspricht: Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.

Amen.

 

Lied nach der Predigt: EG 16 Die Nacht ist vorgedrungen

Perikope
17.12.2017
15,4-13

Predigt am Reformationstag 2017 in der Wittenberger Schlosskirche

Predigt am Reformationstag 2017 in der Wittenberger Schlosskirche
8,26

Liebe Gemeinde,

es war ein Akt der Befreiung, als der Augustinermönch Martin Luther heute vor genau 500 Jahren hier in Wittenberg, vielleicht sogar wenige Meter von hier an der Tür zu dieser Kirche, seine 95 Thesen veröffentlichte. Es war für ihn persönlich ein Akt der Befreiung. Der Befreiung von der Angst vor einem Gott, der mehr fordert als ein Mensch erfüllen kann. Der Befreiung von dem Zwang, sich sein Heil verdienen zu müssen.

Es war aber auch ein Akt der Befreiung für die Kirche. Es war ein Weckruf an seine katholische Kirche zur religiösen Erneuerung. Luther wollte keine neue Kirche gründen, sondern die Kirche Jesu Christi wieder zurück zu ihrem Herrn rufen.

Es war aber auch ein Akt der Befreiung für die Welt. Dass an die Stelle des Diktats von Macht und Geld eine neue Freiheit trete, die sich in der Liebe zeigt.

Mit Gott und der Welt hadern und aus tiefer Verzweiflung befreit werden - für Martin Luther hatten diese Worte des Paulus aus seinem Brief an die Römer, eine sehr konkrete persönliche Bedeutung: „Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen.“ So haben wir es gehört.

Und nun sitzen wir hier 500 Jahre später als Menschen in einem Land, das ebenfalls mit sich ringt. Als ein Land, das so gesegnet ist wie nie zuvor.  Als ein Land, das ein beeindruckendes Maß an Empathie gezeigt hat. Als ein Land, das viele Anstrengungen unternommen hat, auch moralische Anstrengungen. Und zugleich als ein Land, in dem manche sich moralisch überfordert fühlen. Als ein Land, in dem Menschen Angst haben, ihre gewohnte Welt zu verlieren, ihre Sicherheit zu verlieren. Als ein Land, das sich nach Heimat sehnt.

Als ein Land, das deswegen die reformatorische Botschaft von der Rechtfertigung allein aus Gnade so dringend braucht!

Weder Obergrenzen für die Unterstützung von Menschen in Not helfen diesem Land noch moralische Durchhalteparolen. Was dieses Land braucht, ist eine neue innere Freiheit. Was dieses Land braucht, ist eine Kraft, die die Angst überwindet und die Liebe stärkt. Was dieses Land braucht, ist der Geist, der der Schwachheit aufhilft. Was dieses Land braucht, ist die Rechtfertigung allein aus Glauben und nicht aus den Werken.

Woher kann eine neue innere Freiheit kommen; und eine neue Zuversicht für unser Land in aller Unterschiedlichkeit der Lebensentwürfe und Orientierungsquellen?

Wir Christen sind auch heute viele, und die Botschaft von der Vergebung und Liebe, die uns trägt, kann auch heute noch unsere Gesellschaft mitprägen. Wir haben uns dem im zurückliegenden Jahr in einem Maße gewidmet wie selten zuvor. Wir wollten im Blick auf Martin Luther keine Heldenverehrung. Und wir haben gegenüber unseren jüdischen Brüdern und Schwestern unsere Scham über die Hetzreden Martin Luthers gegen die Juden zum Ausdruck gebracht und um Vergebung gebeten. Wir haben die Intoleranz gegenüber den Täufern und anderen damals verfolgten Gruppen beim Namen genannt. Wir haben die Herabsetzung der anderen christlichen Konfessionen als Schuld bekannt und um Vergebung gebeten. Und wir haben laut gesagt, was wir heute an ihnen lieben.

Wir haben neu verstanden, dass Christus nicht zerteilt ist und deswegen auch seine Kirche nicht länger getrennt sein darf. Und niemand soll meinen, wir ließen uns von dem Weg hin zur sichtbaren Einheit in versöhnter Verschiedenheit abbringen. Auch Rückschläge werden uns nicht davon abhalten, diesen Weg weiterzugehen. Und ich danke meinem Bruder in Christus Kardinal Reinhard Marx und allen, die sich mit ihm zusammen für die Einheit der Christen einsetzen, für allen Mut, für alle Geschwisterlichkeit, für alle Freundschaft. Und ich rufe am 500. Jahrestag der Reformation von Wittenberg aus dem Papst in Rom zu: Lieber Papst Franziskus, Bruder in Christus, wir danken Gott von Herzen für dein Zeugnis der Liebe und Barmherzigkeit, das auch für uns Protestanten ein Zeugnis für Christus ist. Wir danken für deine Zeichen der Versöhnung zwischen den Kirchen. Und wann immer du einmal hierher nach Wittenberg kommst, dann werden wir dich ein halbes Jahrtausend nach der Verbrennung der Bannbulle von ganzem Herzen willkommen heißen! Wir wollen mit Christus reden und dann mutig voranschreiten. Wir vertrauen darauf, dass der Geist unserer Schwachheit hilft!

Die Welt braucht das gemeinsame Zeugnis von Christus so dringend! Das Zeugnis, das wir als Kirchen geben können, ist kein aufdringliches Zeugnis. Auch die Kirche bleibt eine bittende Kirche. Sie weiß es nicht besser. Sie ringt und seufzt an der Seite der Menschen dieser Welt und bittet um Gottes Geist und Wegweisung. Und um seine Kraft und seinen Segen. Lasst uns mithelfen, dass unser Land spürt, wie gesegnet es ist, und: neue Zuversicht gewinnt!

Die Überzeugungen, die zum reformatorischen Kernbestand gehören, sind heute genauso wie damals segensreiche Kraftquellen für eine lebenswerte Gesellschaft.

Zentrale Glaubensüberzeugung ist das Leben allein aus Gnade. Es ist das Bewusstsein für den unendlichen Wert eines jeden Menschen. Jeder Mensch ist geschaffen zum Bilde Gottes. Keiner muss sich seine Würde erst verdienen. Nicht durch wirtschaftliche Leistung. Aber auch nicht durch moralisches Wohlverhalten. Sie ist unantastbar. Nicht dass schon die Kinder im Kindergarten fit gemacht werden für die Globalisierung, macht unsere Stärke als Land aus, sondern dass sie tief in der Seele spüren, wie kostbar ein jeder und eine jede von ihnen ist.

Als weitere Glaubensgewissheit haben die Reformatoren das alte Wort „Buße“ verwendet. Die erste der 95 Thesen ist eine These über die Buße: „Weil unser Herr und Meister Jesus Christus gesagt hat ‚Tut Buße‘, deswegen soll das ganze Leben der Gläubigen Buße sein.“ Diese Worte rufen zu einem Innehalten auf, zu einer Selbstbesinnung, zu einer Selbstdistanz, die nicht nur jedem einzelnen Menschen guttut, sondern auch einem ganzen Land. Gehen wir eigentlich in die richtige Richtung? Was ist los mit uns, wenn wir im Internet hemmungslos Hass und Hohn aufeinander ausgießen? Welches Verständnis von politischer Debatte haben wir, wenn wir nur noch einen Blick für den Splitter im Auge der anderen haben und den Balken im eigenen Auge gar nicht mehr sehen?  Wo sind die blinden Flecken in unserem Selbstbild als Land, wenn wir uns als Wohltäter für die Welt sehen und kaum noch wahrnehmen, wie sehr unser Wohlstand auf Kosten anderer geschaffen wird? Die ersten Opfer des von uns verursachten Klimawandels sind genau die Menschen, die am wenigsten dazu beigetragen haben.

Ja, Buße und die daraus erwachsende Demut tut einem Land gut!

Herzstück der reformatorischen Glaubensüberzeugung ist die der Freiheit. „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ heißt die wichtigste Schrift Martin Luthers. Und Freiheit ist eines der Megathemen unserer Zeit heute. Ist Freiheit die Freiheit von jeder Verpflichtung? Ist Freiheit die Möglichkeit zwischen Tausend Optionen zu wählen? Oder ist Freiheit die innere Kraft, auch gegenüber äußeren Autoritäten seinem Gewissen zu folgen , weil nichts uns trennen kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist unserem Herrn – wie es der Apostel Paulus gesagt hat? Auch hier hilft der Geist unserer Schwachheit auf, denn: Wo der Geist der Herrn ist, da ist Freiheit!  Für seine Überzeugungen einzustehen, sich nicht aus der Wut, sondern aus innerer Freiheit in die öffentlichen Debatten einzumischen, diese Haltung braucht unser Land. Diese Freiheit tut unserem Land gut!

Von diesem Ort, hier von Wittenberg, ging eine spirituelle Erneuerung aus; für Menschen in Deutschland, Europa und weltweit. Männer und Frauen. Menschen aus allen sozialen Schichten.  Der heutige 500. Jahrestag der Reformation ist daher für mich ein Tag der Dankbarkeit. Dankbarkeit für die religiösen Erneuerungsimpulse, die aus der Reformation gekommen sind und bis auf den heutigen Tag ihre Wirkung entfalten. Dankbarkeit, dass aus den Konflikten und Kriegen zwischen den Konfessionen in der Vergangenheit heute Versöhnung, Verstehen, ja Freundschaft geworden ist und weiter wird. Und die Hoffnung, dass daraus auch ein Zeichen werden könnte für die Welt - für eine Welt, die von Konflikten und Spaltungen bedroht ist. Ich bitte Gott an diesem Tag, dass er uns die Kraft schenken möge, diesen Weg weiter zu gehen und uns damit das schenken möge, was für die Kirche der Zukunft das Wichtigste ist: dass wir die Liebe selbst ausstrahlen, von der wir sprechen

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

AMEN

Perikope
31.10.2017
8,26