Predigt zu 1. Petrus 2,21b-25 von Hanna Hartmann

Predigt zu 1. Petrus 2,21b-25 von Hanna Hartmann
2,21-25

Liebe Gemeinde!
Von Ostern kommen wir her, von der Auferweckung Jesu und seinem Sieg über den Tod; dann – vor einer Woche – der Sonntag mit dem schönen Namen Quasimodogeniti – wie Neugeborene, der auch als sogenannter „Weißer Sonntag“ eine feierliche Note hat (v.a. in unserer katholischen Schwesterkirche). Und mit dem heutigen Sonntag „Misericordias Domini“ gehen wir nun wieder hinüber in den Alltag. Bei den meisten sind die Ferien und die Urlaubstage vorbei, und die Herausforderungen der Arbeit, der Schule und allem, was damit zusammen hängt, stürmen wieder auf uns ein.

Der Bibeltext für die heutige Predigt begleitet uns dabei. Er führt uns hinein in den Alltag, hinein ins „ganz normale“ Leben, und gibt eine Art „Anleitung“ dazu, was es konkret heißt, von Ostern herkommend, diesem Christus zu folgen, seinen Weg zu gehen und auf diesem Weg zu bleiben. Hören wir den Abschnitt aus dem 1. Petrusbrief, Kapitel 2:
Christus hat euch ein Vorbild hinterlassen: Bleibt auf dem Weg, den er voranging. Tretet in seine Fußstapfen und folgt ihm auf seinem Weg.
Er hat kein Unrecht getan und hat kein unwahres Wort geredet. Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht zurück. Wenn er leiden musste, drohte er nicht mit Vergeltung, sondern vertraute darauf, dass Gott ihm zu seinem Recht verhelfen würde.

Alle unsere Schuld hat er ans Kreuz hinaufgetragen, damit wir, der Sünde abgestorben, nun für das Gute leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. Ihr wart wie umherirrende Schafe; jetzt aber seid ihr bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen.

Hirtensonntag –so der andere Namen des heutigen Sonntags: Christus als „guter Hirte“ geht uns voran in den Alltag und geht sogar selbst mit. Mit dem Bild vom Hirten verbinden viele von uns etwas, auch wenn wir sonst in aller Regel nichts mit Schafen zu tun haben. Ganz schön und einfach habe ich es von einem Jugendlichen gelesen, der schreibt: „Ein Hirte – das ist jemand, der einen beschützt und bei dem du dich wohl fühlst. Mütter sind Hirten. Aber auch Freunde können Hirten sein. Hirte sein, hat etwas mit Liebe zu tun.“

Hirte sein, hat etwas mit Liebe zu tun. Ja, das ist so. Und darauf deutet ja auch der andere, lateinische Namen des Hirtensonntags hin: „Miseri-cor-dias Domini“ – Barm-herz-igkeit Gottes. Da steckt „Herz“ drin. Der Hirtensonntag ist also ein „Sonntag mit Herz“.

Machen wir einen kleinen Ausflug in frühere Zeiten, zu den Gemeinden, als sie in den ersten Jahrhunderten noch sehr jung und meist auch sehr klein waren. Wer getauft werden und zur Gemeinde gehören wollte, musste Tauf-Unterricht nehmen. Die Taufe selbst fand dann in der Osternacht statt. Der Täufling bekam dazu ein weißes Gewand. Und dieses weiße Gewand trug er auch noch die ganze kommende Woche bis zum sog. „weißen Sonntag“. Dann legte er das äußere, sichtbare Taufgewand ab; ab  jetzt ging es ganz einfach darum, sich im Alltag – und ohne auffälliges Gewand – als Christ zu bewähren. Und mit auf den Weg gegeben war ihm die Barmherzigkeit Gottes: „Misericordias Domini“ in Gestalt des Christus als gutem Hirten.

Die Menschen damals wussten so gut, wie wir heute: Allein lässt sich das Leben als Christ nicht schaffen. Allein geht man verloren. Da braucht es einen an der Seite: einen, der einen ermutigt und tröstet, der einem nachgeht, wenn man sich verrennt, und der einen in schlimmen Zeiten hält und vielleicht sogar trägt.
Und dieser Sonntag sagte ihnen und sagt es auch heute und:
„Der Jesus, dem ihr euch zugewendet habt, der begleitet Euch. Ihr könnt also getrost Euern Weg gehen. Er geht mit!“
Soviel zum Hirtensonntag.

Doch neben dem Hirten lesen wir auch, dass Christus Bischof unsrer Seelen sei. Ein Bischof ist für uns, als evang. Christen, eher etwas ungewöhnlich und fremd. Bei Bischof denke ich auch eher an den katholischen Bischof Fürst in Rottenburg als an unseren evang. Landesbischof July in Stuttgart.  Aber an Jesus – muss ich gestehen – denke ich zu allerletzt, wenn ich an einen Bischof denke. Was könnte also der Apostel meinen, wenn er Jesus als Bischof  bezeichnet?

Im Griechischen steht hier das Wort epi-scopus, zu Deutsch heißt das: über-Schauer, - also einer, der „den Blick auf etwas wirft“ oder „den Überblick hat“. Im Lateinischen heißt das Supervisor. Und damit kann ich in der Tat dann wieder viel anfangen. Ein Supervisor schaut genau hin und weiß, wo die Tücken liegen; er stellt die richtigen Fragen und kann fachkundig, persönlich und einfühlsam beraten. Jesus als Supervisor, das hat was!
Hirte und Bischof: mit dem barm- und warmherzigen Begleiter auf der einen und dem fachkundige Supervisor auf der der anderen Seite – so sollen und können wir uns also getrost den Christus-Weg in den Alltag hinein gehen.

Der Christus-Weg – das ist der Weg, den Christus gegangen ist, ein Weg nah bei den Menschen.  Und der Apostel ermutigt uns: Bleibt auf dem Weg, den er voranging! Tretet in seine Fußstapfen und folgt ihm! Haltet euch an seine Leitlinien!
Und wie diese Leitlinien lauten, liebe Mitchristen, davon haben wir vorhin in der Evangelien-Lesung (Mt 5,38-48) gehört. Sie haben alle mit Liebe zu tun, mit Sanftmut und mit Verzicht auf Gewalt. Auch im Abschnitt hier sind einige aufgezählt:
Er tat kein Unrecht und redete kein unwahres Wort.
Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht zurück.
Und wenn er leiden musste, drohte er nicht mit Vergeltung.
Recht und gerecht handeln; die Wahrheit reden; etwas auf sich sitzen lassen; Leidvolles aushalten ohne böse Gedanken und Rachegelüste.
Der Alltag klopft hier also schon ganz mächtig an die Tür:
Die Lehrerin sieht vor dem inneren Auge ihre Klasse vor sich und die Herausforderung, zu allen gerecht zu sein und jedem gerecht zu werden.
Der Schüler denkt vielleicht an den Klassenkameraden, der ihn gerne provoziert und nicht selten auch beleidigt.
Die Journalistin geht im Geiste noch einmal jenen Artikel durch, mit dem sie – wenn sie ehrlich ist – eher Stimmung macht als sachlich informiert.
Und bei dem Anwohner, dessen Parkplatz manchmal unerlaubterweise besetzt ist, steigt beim bloßen Gedanken daran schon der Adrenalinspiegel an.
Er tat kein Unrecht und redete kein unwahres Wort.
Wenn er beleidigt wurde, gab er es nicht zurück.
Und wenn er leiden musste, drohte er nicht mit Vergeltung.

Diese Wegmarken, die Christus hinterlassen hat, sind heute nicht weniger aktuell als damals. Und sie sind im Persönlichen und Privaten nicht geringer zu schätzen als in der Weltpolitik. Denn was im Kleinen gepflegt und eingespielt wird, das wirkt sich früher oder später im Großen und in der Öffentlichkeit aus. Kriege sind keine Naturkatastrophen; sie brechen nicht aus wie Vulkane. Vielmehr werden sie von Menschen vorbereitet und durchgeführt; also können sie auch von Menschen verhindert werden. Aber bedarf es der Bereitschaft und auch der Disziplin. Ja, Disziplin – was nicht anderes heißt als: der Lehre folgen, Schüler sein – und hier konkret: Schüler von Jesus sein in Sachen Gerechtigkeit, Wahrheit, Verzicht auf Gewalt und Bereitschaft etwas auszuhalten.

Jeder Vater, jede Mutter, und alle, die mit der Erziehung zu tun haben, wissen, wie schwer und anstrengend das mit Kindern manchmal ist; und wie es oft man sich da selbst überwinden muss. „Alles fließe von selbst, Gewalt sei ferne den Dingen.“ Dieses Erziehungsmotto des böhmischen Bischofs und Pädagogen Amos Comenius,  der vor 400 Jahren lebte, klingt so leicht, erfordert oft aber sehr viel Disziplin und Phantasie.

Oder Martin Luther King. Auch er gehörte zu Jesu Schülern. Konsequent setzte er sich für Gerechtigkeit ein und verzichtet dabei auch ganz klar auf Gewalt. Er berief sich dabei auf Jesus, auf sein Leiden und seine Auferweckung:  „Das Opfer sei zuletzt immer stärker als die Mächtigen, denen es unterworfen ist, sagte er. Das lehre die Bibel, das lehre das ewige Vorbild des Heilands, der mit seinem Leiden und seinem Tod am Kreuz den Weg der Erlösung gezeigt und damit die Welt und die Menschheit tiefer verändert habe als jeder der Regenten dieser Erde.“ (K. Harprecht, Schräges Licht, Frankfurt 2015, 3. Aufl.)

Er blieb dabei, trotz der Tatsache, dass Tausende seiner Getreuen gerade gefoltert und ermordet wurden. Er sagte es, wohl wissend, dass er selbst gefangen genommen würde. Aber er blieb dabei: Gerechtigkeit ohne Gewalt!  Zusammen mit vielen anderen, glaubte er fest daran: „We shall overcome some day! - Eines Tages werden wir gewinnen!“ Er selbst hat es zwar nicht mehr erlebt – die Gewalt einer Kugel setzte seinem Leben vorzeitig ein Ende – aber was siegte, war zuletzt die Gerechtigkeit. Am 11. April 1968 verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz für die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen.

Und wir wissen: Dieser Weg ist nicht zu Ende. Er geht weiter. 
Recht und gerecht handeln; die Wahrheit reden; etwas auf sich sitzen lassen; Leid aushalten ohne böse Gedanken und Worte – das sind bleibende Herausforderungen: für Amerika (wie auch immer die Präsidentschaftswahlen ausgehen werden) und auch für uns in Europa und für die ganze Welt. Wir sind alle auf dem Weg, nicht am Ziel.
Es sind und bleiben aber die Fußstapfen Christi, die uns den Weg weisen. Wie gut, dass er selbst uns begleitet und „supervidiert“; und was für ein Glück, dass er uns Spurensucher an die Seite stellt, die mit uns auf diesem Weg sind.
Amen.
 

Perikope
10.04.2016
2,21-25

"Hinterher? Hinterher! Mit Zwischenschritten" - Predigt zu 1. Petrus 2,21-25 von Dörte Gebhard

"Hinterher? Hinterher! Mit Zwischenschritten" - Predigt zu 1. Petrus 2,21-25 von Dörte Gebhard
2,21-25

"Hinterher? Hinterher! Mit Zwischenschritten"

Liebe Gemeinde
"Hinterher ist man immer klüger."
Oder, wie es sogar 'Programm' ist beim Kabarettisten Horst Evers:
"Hinterher hat man's meist vorher gewusst."

1. Hinterher?

"Hinterher ist man immer klüger."
Schnell halte ich meinen eigenen, rasanten Gedankengang auf.
Wirklich?
Zweifel zwacken mich.
Ziemlich viele, wenn ich an den christlichen Glauben denke.
Mein Zaudern zwingt mich zum Nachfragen, ehe ich mit der Nachfolge beginne.

"Hinterher ist man immer klüger."
Wir heutigen Christen sind weit "hinterher", keine Frage.
Aber ist jemand auch tatsächlich klüger als die früher Glaubenden?
Wir Heutigen sind diejenigen, die zur Nachfolge berufen sind und eigentlich schon klüger geworden sein sollten, wenn das Sprichwort stimmt.

Aus dem 1. Petrusbrief lese ich aus dem 2. Kapitel die Verse 21-25:

21 Dazu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt. 22 Er hat keine Sünde begangen und in seinem Mund war kein trügerisches Wort.
23 Er wurde geschmäht, schmähte aber nicht; er litt, drohte aber nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter.
24 Er hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Holz des Kreuzes getragen, damit wir tot seien für die Sünden und für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt. 25 Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber seid ihr heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen.                                                                                                     (Einheitsübersetzung 1. Petr 2, 21-25)

Liebe Gemeinde
Wir hören von unserer Berufung nicht nur ein bisschen später, sondern so richtig nachträglich, deutlich "hinterher". Das Beispiel Christi, von dem im 1. Petrusbrief die Rede ist, gibt es seit 2000 Jahren. Viele Vorfahren von uns hatten also schon viel Zeit, um klüger zu werden.

2. Hinterher!

Christinnen und Christen sind berufen zur Nachfolge. Christi Spuren sollen sie nachgehen.
Luther hat es noch anschaulicher gesagt: Ein Christ soll in seine, in Jesu Fußtapfen treten.

So geht es los: Jesus Christus ... hinterher!
Genau jetzt, mitten in der Predigt, müssen wir aufbrechen zu einem Gedanken-gang. Denn wir bekommen keine Vor-schrift vorgehalten.
Schon gar nicht bekommen wir ein simples, zu kopierendes
Vor-bild vor die Nase gesetzt. Wir sollen vorauslaufenden Spuren folgen.

Das ist ein großer Unterschied, ob man ein Brett mit Bildern vor dem Kopf hat (und mögen die Bilder auch noch so bewegt, animiert und optimiert sein), oder ob man sich selbst auf Spurensuche machen muss.
Vor uns liegt zweifellos ein fast(!) "zu weites Feld"[1].
Im 31. Psalm hatte es geheißen, dass Gott unsere Füße auf weiten Raum stellt. Das ist keinesfalls eine Übertreibung.

Jesus Christus hat auf diesem weiten Feld Spuren hinterlassen. Er hat in seinem kurzen Erdenleben und seiner noch viel kürzeren Wirk- und Wanderzeit viel mehr Spuren hinterlassen, als jeder heute 'normalsterbliche' Hundertjährige.

Auch nicht die größten Feinde und Ignoranten, auch nicht die Spötter und die völlig Stumpfen bezweifeln das.
Aber diese Spuren müssen gesucht werden vor dem Finden.
Sie müssen gefunden werden vor dem Folgen.
Sie müssen verfolgt werden ... bis auf weiteres.
Die Sicht ist dabei mehr als frei. Niemand, auch nicht Jesus Christus selbst, der Auferstandene, steht uns im Blickfeld. Der menschliche Blick schweift frei herum, nichts kann ihn aufhalten. Unsere Freiheit ist zweifellos fast(!)  zu groß.

Fängt ein Mensch mit dem Nachfolgen an, so bemerkt er gleich und nicht erst später oder gar erst hinterher, dass sich um die Spuren Jesu herum alles gewandelt hat: die Zeiten und die Leute, die weite Welt und das alltägliche Wetter, die Weggefährten und die Wegweiser sowieso.
Dazu muss sich niemand erst groß umgucken.
Und die Fußtapfen, die im 1. Petrusbrief, die überhaupt im Neuen Testament aufgezeichnet sind, wurden auch erst hinterher festgehalten, nachträglich, nach Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen.
Denn wenn überhaupt, ist man frühestens hinterher etwas klüger, wenn auch nie klug genug für Gottes Wege in der Welt.

Folgt man dem ersten Petrusbrief, so lebt und glaubt man mit den dort nachgezeichneten Fußtapfen gleich auf wahrlich großem Fuß.

Vom 'Vorläufer' Jesus Christus heißt es:
Er hat keine Sünde begangen und in seinem Mund war kein trügerisches Wort.
Er wurde geschmäht, schmähte aber nicht; er litt, drohte aber nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter.

Wenn ich mich umgucke, sehe ich zuerst die Spuren, die ich schon hinterlassen habe. Zweifellos sind sie nicht nur schön.
Es gibt zweifelhaftes Zickzack und anhaltendes Zaudern, auf der Stelle treten, ohne dass ich auf dem Wege der Besserung gewesen wäre. Verirrt wie Schafe, so klingt es wenig schmeichelhaft im 1. Petrusbrief, aber es ist wahr.

Wie oft passierte es schon , dass ich genau das zurückgegeben habe, was ich bekam? Unfreundlichkeiten, ein unhöfliches Wort, Kränkungen auch, manche waren leider auch noch leicht zu überbieten.
Schlagfertig.
Zynisch.
Dabei halte ich mich gar nicht für besonders rachsüchtig.

Ehrlicherweise muss ich auch zugeben, dass ich mit dem Schmähen auch schon angefangen habe, dass ich schon gedroht habe, ohne dass sich etwas zu erleiden hatte, dass ich vor allem gar nichts vom Streiten irgendwem überlassen habe, sondern selbst gerichtet habe und mir dabei noch eingebildet habe, so käme die Gerechtigkeit wieder, jedenfalls in meine, kleine Welt.

Die vorauslaufenden Spuren Christi zeigen den Weg in die Gewaltfreiheit, der schon in Kopf und Herz und im Mund, nicht erst mit Hand und Fuß beginnt.
Die Gewaltfreiheit muss sich zuerst in Gedanken und Worten den Weg ebnen, sie fängt nicht erst bei den Werken an.

Mahatma Gandhi war im 20. Jahrhundert ein Mensch, der es nicht nur weiter als die meisten gebracht hat auf diesem Weg, sondern auch in der Lage war, von den ferneren Gefilden noch einen gute Landkarte zu zeichnen.
Mahatma Gandhi war zugleich ein Mann, der nicht nur den Anfang des Weges viel weiter vorn sah, sondern auch viele andere bewegen konnte, dorthin umzukehren, immerhin in Gedanken, also in Kopf, Herz und Mund.
 
Gandhi sah nicht nur die Gewaltlosigkeit vor, also den Verzicht auf Gewalt in einer bestimmten Situation, sondern sogar die völlige Gewaltfreiheit, also die prinzipielle Abkehr von jeglicher Gewalt.
Ihm ging es um die Kraft der Wahrheit und der Liebe, die jedem Menschen zur Verfügung steht. Gandhis Vorstellung war geprägt von fast(!) unvorstellbarer Einseitigkeit beim Denken und Tun des Guten:
„Jede und jeder soll unabhängig davon, was irgendeine andere Person tut, damit beginnen gut zu sein ...“[2]
Bei Gandhi zählten z. B. schon negative Gedanken und übermäßige Eile zu jener 'Gewalt', die einer umfassenden Leidensfähigkeit, tiefgehendem Mitgefühl, der Geduld und dem Frieden mit sich und den Mitmenschen im Wege steht.
Er war ein weit Fortgeschrittener in den Spuren, die im 1. Petrusbrief Jesus Christus nachgezeichnet werden.

3. Mit Zwischenschritten

Christi Spuren nachfolgen?
Oder auch nur Gandhis Gedanken ernsthaft und konsequent nachgehen?
An dieser Aufgabe kann man verzagen!
Zwischenschritte sind nötig!

Ein erster Zwischenschritt: Nicht klaglos Schmähungen und andere Qualen erleiden, passiv und tatenlos, sondern mit Fantasie Widerstand leisten, aktiv und wenn es sein kann, sogar mit Humor. Ich weiss nicht, ob Sie den Fussballverein von Deinste in Niedersachsen kennen. Er ist eine kleine Weltreise mit der Maus wert - im Internet.

Der Fussballkreisligaverein Deinste SV ist nicht heimgesucht von wunderbaren Erfolgen oder völlig unglaublichen Talenten. Im Gegenteil, auch dort hat man mit leider alltäglichem Rassismus zu kämpfen.
Ein sudanischer Fussballspieler wurde wegen seiner Hautfarbe fremdenfeindlich beleidigt und geschlagen, nicht bei einem Fußballspiel, sondern anlässlich eines Osterfeuers.
Der Verein reagierte und änderte kurzerhand sein Profilfoto auf Facebook. Nun posieren die Spieler in drei Reihen, alle tragen den rot-schwarzen Vereins-Trainingsanzug, blicken in die Kamera. Und alle haben ein schwarzes Gesicht.

Mit dem digital bearbeiteten Mannschaftsbild setzt der Verein ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Sie schreiben auf facebook: "Gewalt gegenüber Flüchtlingen ist erbärmlich! Emad und Amar - ihr gehört zu uns, wie jeder andere vom Deinster Sportverein und wir freuen uns, dass ihr bei uns seid!!!"[3]
(Zu Ostern waren dem Fussballverein übrigens drei Siege vergönnt, aber diesmal kam es darauf nicht an.)

Ein Spieler litt, und dann hatte einer eine gute Idee. Ganz gleich, wer es war.
Einer wurde beschimpft, aber alle waren dann bei diesem speziellen Gruppenfoto dabei.

Christi Spuren nachfolgen?
Mit Humor und ohne Angst.
Dennoch:
An dieser Aufgabe kann man verzagen!
Und wir spielen auch nicht alle Fussball ...
Zwischenschritte sind nötig!

Ein ganz anderer Zwischenschritt:
In die Oper gehen und Mozart hören. In der "Zauberflöte" singt Sarastro seit 1791: "In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht."
Und wenn man dann die Rache gar nicht mehr kennt, geht man leichtfüßig auf die Suche nach solch 'Heil'gen Hallen'!

So kann man Christi Spuren nachfolgen.
Aber Oper ist nicht jedermanns Sache!

Aber wir Jetzigen sind nun doch etwas dahinter gekommen!
Ich zweifle nun auch nicht länger, dass wir jetzt - hinterher - doch ein wenig klüger geworden sind - oder sogar gemerkt haben, dass wir es doch schon vorher gewusst haben.

Hinterher ist man doch klüger!
So wird jeder selbst und jede für sich einen Zwischenschritt, bald viele Zwischenschritte finden, die helfen, den fast(!) zu grossen Fußtapfen Jesu Christi zu folgen, ihm hinterher zu gehen und zuletzt, auch wenn wir uns verirren wie Schafe, heimzukehren zu Gott.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der stärke und bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus bei jedem Schritt, Amen.

[1] Theodor Fontane: Effi Briest, 1894/95, wiederkehrende Leitformulierung.

[2] Zitat und ganzer Absatz vgl. Wikipedia, Art. Gewaltlosigkeit. Von Hans Ruh ist mündlich folgender ethischer Lehrsatz überliefert: "Einseitig das beidseitig Richtige tun."

[3] Vgl. facebookseite des Deinster SV. 

Perikope
10.04.2016
2,21-25

Der Seelen Seligkeit - Predigt zu 1. Petrus 1,1-9 von Martin Weeber

Der Seelen Seligkeit - Predigt zu 1. Petrus 1,1-9 von Martin Weeber
1,1-9

Der Seelen Seligkeit

Petrus, ein Apostel Jesu Christi, an die auserwählten Fremdlinge, die verstreut wohnen in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien, 2 die Gott, der Vater, ausersehen hat durch die Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi: Gott gebe euch viel Gnade und Frieden!
3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, 4 zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, 5 die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.
6 Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, 7 damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.
8 Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, 9 wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.


„Eine ruhige Nacht und ein seliges Ende gewähre uns der allmächtige Herr.“
Mit dieser Segensbitte endet in vielen klösterlichen Gemeinschaften die Komplet, das letzte gemeinsame Gebet des Tages.
Ein seliges Ende nimmt auch der heutige Predigttext in seinen Blick – an seinem Ende:
Das Ziel des Glaubens ist „der Seelen Seligkeit“.
Am Ende, ganz am Ende steht die Seligkeit.
Der Weg zur Seligkeit freilich, der ist gekennzeichnet durch zeitweise Traurigkeit und durch „mancherlei Anfechtungen.“
„Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen.“
Petrus schreibt diese Worte an eine Gemeinde, die offensichtlich allerlei Schwierigkeiten erlebt. Er will sie stärken, indem er sie hinweist auf das Ziel, das am Ende ihres Glaubens- und Lebensweges steht. Die Bedrohungen der frühen christlichen Gemeinden waren teils dramatisch, und dramatischen Bedrohungen sind Christen in manchen Weltgegenden heutzutage auch wieder ausgesetzt. Wir hingegen leben als Christen heute und hierzulande in Frieden und frei von Bedrohung. Ein Zustand, der wir oft vielleicht gar nicht hoch genug schätzen.
Und trotzdem kennen auch wir die Momente der Traurigkeit, und auch wir kennen das, was Luther in seiner Übersetzung so schön als „mancherlei Anfechtungen“ beschreibt. Auch wir machen die Erfahrung, dass das Leben nicht allezeit ein Spaziergang bei Sonnenschein und in lauen Lüften ist.

Kennen wir auch noch die Vorstellung, dass unser Leben nicht nur ein Ende hat, sondern auch ein Ziel?
„Eine ruhige Nacht und ein seliges Ende gewähre uns der allmächtige Herr.“

Mich fasziniert die Beschreibung des Lebenszieles, die am Ende unseres Predigttextes gegeben wird: „Der Seelen Seligkeit.“

Wie soll ich mir, wie darf ich mir eine selige Seele vorstellen?

Goethes Gedicht „An den Mond“ fällt mir ein.
Da heißt es am Ende:

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Hass verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt,

Was, von Menschen nicht gewusst
Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust
Wandelt in der Nacht.


Ein inniges Bild der Freundschaft:
Gemeinsamer wortloser Genuss seelischer Freuden.
Tiefe Verbundenheit, tiefe Einigkeit.

Der Freundschaftskult der Goethezeit ist uns heute wohl ein wenig ferngerückt, aber so ganz unnachvollziehbar ist uns Goethes Beschreibung dann doch nicht.

Wer selig ist, dem fehlt es an nichts mehr.
Er denkt nicht mehr an das, was war.
Er hat keine Wünsche mehr für das, was kommen soll.
Er geht einfach ganz auf im Genuss des Augenblicks.

Freilich gibt es einen entscheidenden Unterschied, nein, es gibt zwei entscheidende Unterschiede zwischen dem, was sich Goethe unter der Seligkeit vorstellt und dem, was sich der neutestamentliche Briefschreiber als „der Seelen Seligkeit“ ausmalt.

Zum einen schließt Goethes Freundschaftsseligkeit alle anderen aus:

Selig, wer sich vor der Welt
Ohne Hass verschließt,
Einen Freund am Busen hält
Und mit dem genießt…


Das ist doch eine sehr private und sehr beschränkte Vorstellung von Seligkeit.
Der neutestamentliche Briefschreiber hat hingegen mindestens die selige Gemeinschaft aller Christen im Blick. Die christliche Seligkeit stellt er sich als eine gesellige Seligkeit vor.
Die Christen sind erst dann richtig selig, wenn keiner von der Gemeinschaft ihrer Seligkeit ausgeschlossen ist. Die christliche Seligkeitshoffnung ist eine Gemeinschaftshoffnung.
Der große Theologe Friedrich Schleiermacher konnte es sich deshalb auch nicht richtig vorstellen, dass am Ende nicht alle, wirklich alle Menschen an der Seligkeit teilhaben sollten.
Erst wenn alle selig seien, so sagte er, seien auch alle erst wirklich selig. Denn wenn ich sehe, dass da noch irgendeiner irgendwo unselig ist, dann kann meine eigene Seligkeit noch nicht vollkommen sein.
Es ist, wenn Sie mir den saloppen Vergleich gestatten, wie bei einer Party: Da möchte ich als Gastgeber auch, dass sich wirklich alle Gäste richtig wohlfühlen. Erst wenn dieser Zustand erreicht ist, ist das Fest wirklich schön und gelungen.
Und dann gibt es da noch den anderen großen Unterschied zu Goethes Vorstellung von Seligkeit: Goethe stellt sich die Seligkeit als einen Zustand vor, der sich immer mal wieder in der Gegenwart einstellt. Aber diese Zustände sind immer nur vorübergehend. Wenn die Sonne des Alltags wieder aufgeht, dann sind die nächtlichen Seligkeitszustände zu Ende.

Da denkt Petrus, der Briefschreiber, anders: Für ihn kommt die Seligkeit erst am Ende. Aber dann bleibt sie auch bestehen.

„Eine ruhige Nacht und ein seliges Ende gewähre uns der allmächtige Herr.“

Das selige Ende kommt am Ende, aber es hat kein Ende.

Vorteil der Seligkeit à la Goethe:
Seligkeit schon jetzt.
Nachteil: Seligkeit immer nur für kurze Momente.

Nachteil der christlichen Seligkeit:
Seligkeit erst am Ende.
Vorteil: Dauerhafte Seligkeit, ewige Seligkeit.

Die frommen Dichter früherer Zeiten konnten diese ewige Seligkeit wunderschön beschreiben. Philipp Nicolai etwa, der zwei unserer schönsten Gesangbuchlieder gedichtet hat, der hat ein großartiges Buch geschrieben: „Freudenspiegel des ewigen Lebens.“ Im Jahre 1599 hat er es verfasst, in einer Zeit, die alles andere als friedlich und angenehm war. Philipp Nicolai war zu der Zeit Pfarrer in der Stadt Unna, und dort wütete zu der Zeit die Pest.
Nicolai beschreibt in seinem „Freudenspiegel“ in aller Ausführlichkeit alle Schönheiten des Lebens in der Ewigkeit.
Ich nenne einfach, um Ihnen eine Vorstellung von diesem Buche zu geben, ein paar Kapitelüberschriften.
Da gibt es etwa ein Kapitel darüber, dass „Gottes Stimme im Himmel das allerfröhlichste ist, das die Ohren erfreut und sättigt.“ Ein anderes Kapitel handelt davon, dass Gott im Himmel „seine Kinder freundlich küsst.“ Ein weiteres Kapitel beschreibt „die selige Gemeinschaft mit den Patriarchen, Propheten, Aposteln und allen gottseligen Menschen.“

Wir lesen solche Bücher heute in der Regel nicht mehr. Unsere Nüchternheit macht uns da einen Strich durch die Rechnung. Wir sind es gewohnt, alles auszublenden und wegzudenken, was sich nicht irgendwie belegen und beweisen lässt. Aber ich denke, es geht uns da etwas verloren, wenn wir diese ganze Hoffnungswelt überhaupt nicht mehr auf uns wirken lassen.
Nur in den Deckengemälden barocker Kirchen begegnet sie uns noch oder in manchen Bildern in den großen Museen.

Und sie begegnet uns noch in manchen der alten Gesangbuchlieder. Etwa in den beiden von Philipp Nicolai gedichteten: „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ (EG 70) und „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (EG 147).

Die Osterzeit übrigens will uns dazu ermuntern, gerade nicht alles auszublenden und wegzudenken, was sich nicht irgendwie belegen und beweisen lässt: Gottes Möglichkeiten übersteigen unsere Vorstellungskraft bei weitem. An der Auferstehung Jesu soll uns das aufgehen: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,  zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch.“

Sollen wir’s nun als Menschen unserer Zeit eher mit Goethe halten oder eher mit dem Neuen Testament?
Die Antwort ist wohl klar.
Und trotzdem dürfen wir auch die vergänglichen Augenblicksewigkeiten schätzen, denen Goethe solch ein schönes sprachliches Denkmal gesetzt hat.

Wunderbar übrigens, mit welcher Kapitelüberschrift Philipp Nicolais „Freudenspiegel des Ewigen Lebens“ endet. Sie lautet: „Das Erkennen der Freunde.“
Auch im Himmel gibt es also die Freundschaftsseligkeit. Freilich ist sie dann eingebunden in die alle umfassende Seligkeit.
Vielleicht ist ja der Gegensatz zwischen beiden Vorstellungen von Seligkeit doch gar nicht so groß.
Einen erfreulichen Sonntag, eine gute Woche und ein seliges Ende gewähre uns allen der allmächtige Herr.
Amen

 

Perikope
03.04.2016
1,1-9

KONFI-IDEEN zu 1.Petrus 2,21b-25 von Gerlinde Feine

KONFI-IDEEN zu 1.Petrus 2,21b-25 von Gerlinde Feine
2,21-25

Bibelarbeit mit Schreibmeditation
geeignet für Jugendliche, Konfis und „bewegliche“ Gruppen

Material:

* Moderationskarten

* Filzschreiber

* Plakatkarton

* Bibeln

* ausreichend großer Raum

1. Schritt: Begriffe finden

Alle sitzen im Stuhlkreis oder an Tischen. Eine/r liest den Bibeltext, um den es gehen soll, langsam vor. Danach nennen die TN Begriffe, die ihnen im Gedächtnis geblieben sind. Ein/e Mitarbeiterin notiert diese Begriffe auf Moderationskärtchen.

Der Text wird noch einmal vorgelesen. Stimmen die Begriffe? Müssen noch weitere ergänzt werden? Sind Fragen da, die sich gleich klären lassen (Bedeutung einzelner Begriffe, Orte, Zeit)? Was muss offen bleiben?

2. Schritt: Bedeutungen beschreiben

Die auf den Moderationskarten notierten Begriffe werden auf Plakate übertragen. Jedes Plakat liegt so auf einem Tisch im Raum, dass es gut von mehreren Seiten beschriftet werden kann. Die TN sollen ihre Meinung, Erklärung, Fragen… zu den Begriffen auf die Plakate schreiben, dürfen sich dabei aber nicht unterhalten, sondern müssen sich schweigend, durch Schrift und Zeichnung austauschen. Mitarbeitende dürfen ebenfalls kommentieren. ca. 3 Min vor Ende der Freien Phase gibt es ein Signal, ein weiteres markiert den Abschluss.

3. Schritt: Ergebnisse festhalten

Die gesamte Gruppe wandert von Tisch zu Tisch, nimmt die notierten Diskussionen wahr, tauscht sich über Ergebnisse aus. Jetzt darf gesprochen und erklärt werden. Dabei kommen oft andere zu Wort als die, die sonst diskutieren. Wo möglich und hilfreich, wird auf den Plakaten ein „Fazit“ festgehalten. Mit den Moderationskarten vom Anfang wird verglichen, ob alle Fragen behandelt worden sind. Als Ergebnissicherung können die Plakate fotografiert, abgeschrieben oder am Sonntag im Gottesdienst ausgestellt werden.

Unsere Ergebnisse zu 1.Petr. 2, 21b-25:

Hirte:

* Jemanden behüten
* Ein Hirte kann jemand sein, der auf Schafe oder andere Tiere aufpasst. Er kann aber auch über eine andere Person „hirten“. Er beschützt sie / bewacht sie.
* Jesus Geburt
* Psalm 23
* Einer, der Schafe hütet
* Der Schafe erzieht
* Ein Behüter
* Jeder von uns ist behütet von Gott, Gott ist unser Hirte <3
* Einer, der Schafe hütet
* Alle Menschen sind Hirten und werden von Hirten beschützt
* Ich denke, alle Mütter sind Hirten, aber auch Freunde, Bekannte und jegliche andere Personen, die man gern hat, passen aufeinander auf und beschützen sich gegenseitig, es hat etwas mit Liebe zu tun 
* Ist jemand, der einen beschützt und bei dem du dich wohl fühlst

Sich aufopfern:

* sich für andere opfern
* man kann sich aufopfern, um bei Gott zu sein
* wenn man jemand so sehr liebt, dass man sich aufopfert
* <- Verbindung zur Liebe
* zu sterben als Aufopferung ist vielleicht das Extrembeispiel, aber es kann ja auch im Kleinen etwas für jemand anderes tun oder auf etwas verzichten, was dem anderen dann zugute kommt.
* Selbst zu kurz kommen?!
* Sich für jmd. Einsetzen / jmd. Helfen!
* Jesu Christi
* Wenn man für andere Personen sehr viel tut
* Sich für einen anderen opfert
* Wenn man etwas tut, was für einen selbst negativ ist, aber für eine andere Person positiv

Betrug:

* Betrug ist schlecht
* Uli Hoeneß
* Wenn man andere an der Nase herum führt
* Andere um ihr Recht bringen
* Steuerhinterziehung
* wenn man etwas falsch macht
* ungerecht behandelt wird
* Wenn man jemanden betrügt, hat das manchmal einen Hintergrund aus Angst, Wut…
* Etwas verheimlichen, wenn man es nicht darf und sündet
* jmd. Betrügen
* Betrug ist, wenn ein Mensch einen anderen bewusst hintergeht, eine Straftat begeht oder ähnliches. Ich denke, man darf über solche Menschen aber nicht vorschnell urteilen sondern muss sich erst mit der speziellen Situation auseinandersetzen, und wenn es jemandem leidtut, kann und sollte man meiner Meinung nach auch vergeben können.

Vorbild:

* Justin Bieber 
* Inscope21
* Wenn man jemand bewundert, zB Justin Bieber 
* Man braucht Vorbilder
* Eltern, Freunde oder Jesus können Vorbilder sein. Man möchte dann so leben wie diese Menschen
* Ein Bild vor mir?
* Wenn man sich an jemanden orientiert
* Ein Vorbild ist, wenn jemand einem zeigt, wie man etwas macht
* Wenn man wie jemand sein will, der einem gefällt
* Man nimmt sich oft Beispiele an Vorbildern
* Vorbilder sind Leute, die man sehr mag und oft gerne so wie sie sein will
* Ein Mensch, den man toll findet und man gerne so sein will wie er
* Ein Vorbild ist jemand, den man bewundert
* Vieles kann jemanden als Vorbild dienen:
- Stars / Proms
- Familie: Eltern, Geschwister etc.
- Freunde und ähnliches =)
* Ein Vorbild lebt entweder bereits das Leben, das man selbst gern führen würde oder er ist so ähnlich wie ein Schönheitsideal

Sünde:

* Wenn man etwas negatives getan hat (mit negativen Auswirkungen
* Jeder macht mal Fehler
* Wenn man etwas macht und dafür bestraft wird?
* Niemand ist perfekt, jeder begeht Sünden!
* Man kann seine Sünden immer begleichen und sie werden einem vergeben
*   <- bei denen, die ich nicht geradebiegen kann, springt Jesus für mich ein
 *  <- Dann muss ich ja wissen, wenn ich etwas falsch gemacht habe…?!
* Sünden können „verbessert“ werden
* Wenn man etwas Schlechtes getan hat

Gerechtigkeit

* Gericht
*   <-  Wer richtet?
* Sich für andere einsetzen!
* Mut!
* Ist wenn man alle Leute gleich behandelt
* Kann man alle gleich behandeln?
* Gleichgerechtigkeit ist sehr wichtig, da jeder Mensch gleichberechtigt werden will / soll
* Wenn niemand Vorteile bekommt. Manchmal braucht man auch Mut, um sich für die Gerechtigkeit anderer einzusetzen
* Im Gericht wird danach geurteilt, wer Recht hat. Das ist auch wichtig, jeder soll seine gerechte Strafe erhalten, doch man sollte auch vergeben können!
* Gleich behandelt werden
* Wenn man Leute gleichbehandelt

Bischof:

* Ein Bischof ist für mich ein Heiliger, der auf jeden Fall gläubig ist und fast noch näher mit Gott verbunden ist, wie ein „normaler“ Pfarrer
* Ist der „Pfarrer“ der Katholiken
* Bischöfe sind „heilig“ sie beschäftigen sich viel mit Gott
* Ist der Pfarrer der Katholiken
* Pfarrer der Katholischen Kirche
* Einer der Oberhäupter der Katholiken
* Bischöfe sind gläubige Menschen

Perikope
10.04.2016
2,21-25

KONFI-IMPULS zu 1. Petrus 2,21b-25 von Gerlinde Feine

KONFI-IMPULS zu 1. Petrus 2,21b-25 von Gerlinde Feine
2,21-25

Konfi-Impuls zu 1. Petrus 2, 21b-25 
erarbeitet mit der Konfigruppe der Stadtkirchengemeinde Böblingen

Annäherungen

1.Petrus 2, 18-25 handelt vom angemessenen Verhalten christlicher Sklaven gegenüber ihrer Herrschaft. Sie sollen dem Vorbild Jesu folgend gegenüber der Gewalt, die ihnen geschieht, stumm bleiben, Unrecht ertragen und sich nicht dagegen auflehnen. Dafür wird ihnen an Gottes Gnade Anteil gegeben. Weil die als Predigttext vorgesehene Epistel erst mit V.21b einsetzt, verschiebt sich ihre Aussage passend zum Thema des Sonntags: Jesus ist durch sein eigenes Leiden zum guten Hirten geworden, dem die in die Irre Gegangenen nun nachfolgen.

Nicht nur die Jugendlichen tun sich schwer, sich selbst in dem Argumentationszusammenhang von 1. Petr 2,18 ff zu verorten. „Wieso ist Jesus für uns mehr da als für die Menschen damals?“ ist eine der Fragen, die beim ersten Lesen des Textes in unserer Gruppe notiert werden. Das passive Aushalten von Unrecht als Zeichen der Nachfolge ist schwer vermittelbar, erst recht, wenn sonst das Eintreten für Gerechtigkeit, der Schutz der Schwachen und die Befreiung der Rechtlosen als christliche Tugenden im Konfis besprochen und geübt werden. Auch die Zuschreibung, „in die Irre gegangen“ zu sein, beziehen die Jugendlichen nicht auf sich.

Deutlich leichter fällt die Deutung der Leidens- und Erlösungsgeschichte in V.22-24. Selbst der Begriff „Holz“ als Symbol für das Kreuz ist, vielleicht auch wegen EG 97, kein Problem. Als Schlüsselwörter halten wir fest: „Vorbild“, „sich aufopfern“, „Betrug“, „Sünde“, „Gerechtigkeit“, „Hirte“ und „Bischof“. Die aus exegetischer Sicht ebenso markanten Begriffe „nachfolgen“ und „(Fuß)Spuren“ finden dagegen wenig Interesse.

Jedes dieser Wörter wird auf ein Plakat geschrieben und dient als Ausgangspunkt für eine Schreibmeditation, bei der die Jugendlichen von Tisch zu Tisch gehend stumme Unterhaltungen über die Bedeutungsfelder führen. Anschließend werden die „Gespräche“ gemeinsam ausgewertet. Als erste Ergebnisse lassen sich für die Predigt festhalten:

  • Der Begriff „Bischof“ ist für die Jugendlichen fest verknüpft mit den Amtsträgern, die sie aus den Medien kennen. Bischöfe sind „heilig“, „beschäftigen sich viel mit Gott“, sind „fast noch gläubiger wie ein normaler Pfarrer“, vor allem aber sind sie (römisch-)katholisch.

Diese starke Prägung des Begriffs könnte auch für erwachsene Predigthörende ein Verstehenshindernis sein. Die Basisbibel übersetzt daher episkopos in V.25 mit Beschützer. Die Bibel in gerechter Sprache vermeidet den Begriff ganz, indem sie vom Hirten schreibt, „der euer Leben behütet.“ Beide Varianten sind der Sache angemessen und ersparen umständliche historische Erklärungen.

  • Für „Betrug“ und „Sünde“ fallen den Jugendlichen zumeist Beispiele aus den Nachrichten ein, z.B.. „Steuerhinterziehung“, „Uli Hoeneß“, „jemanden hintergehen“, „etwas Böses tun“. Sie sind aber überzeugt davon, dass man Unrecht selbst wieder aus der Welt schaffen kann bzw. dass es gute Gründe geben kann, die den Betrug rechtfertigen: „Sünden können „verbessert“ werden“ und „Wenn man jemanden betrügt, hat das manchmal einen Hintergrund aus Angst, Wut…“ - „Betrug ist, wenn ein Mensch einen anderen bewusst hintergeht, eine Straftat begeht oder ähnliches. Ich denke, man darf über solche Menschen aber nicht vorschnell urteilen sondern muss sich erst mit der speziellen Situation auseinandersetzen, und wenn es jemandem leidtut, kann und sollte man meiner Meinung nach auch vergeben können.“

Die Vorstellung, dass jeder Mensch auf Gnade angewiesen ist, um vor Gott gerecht zu sein, ist ihnen fremd, denn: „Man kann seine Sünden immer begleichen und sie werden einem vergeben.“ Brauchen einen Erlöser also nur die, die es nicht schaffen, sich selbst zu erlösen? 

  • Unter Gerechtigkeit verstehen die Jugendlichen zunächst Gleichbehandlung und Gleichberechtigung sowie die Einhaltung von Gesetzen. Gerechtigkeit „ist, wenn man alle Leute gleich behandelt, … da jeder Mensch gleichberechtigt werden will / soll“, aber auch, „wenn niemand Vorteile bekommt.“ – „Im Gericht wird danach geurteilt, wer Recht hat. Das ist auch wichtig, jeder soll seine gerechte Strafe erhalten, doch man sollte auch vergeben können!“
  • Damit es in der Welt gerecht zugehen kann, braucht man aber auch „Mut“ und die Bereitschaft, „sich für andere ein(zu)setzen“, sich sogar aufzuopfern: „Wenn man etwas tut, was für einen selbst negativ ist, aber für eine andere Person positiv“, das ist für die Jugendlichen ein Ausdruck von Liebe.

Gemünzt auf die Bekennervideos fanatischer Selbstmordattentäter und ihren falschen Opferbegriff schrieb jemand: „man kann sich aufopfern, um bei Gott zu sein“. Diese negative Konnotation sollte mit im Blick sein, denn „Zu sterben als Aufopferung ist vielleicht das Extrembeispiel, aber es kann ja auch im Kleinen etwas für jemand anderes tun oder auf etwas verzichten, was dem anderen dann zugute kommt.“

Insgesamt zeigt sich, dass die für geübte Predigthörende geprägten Begriffe und Verstehenszusammenhänge der (lutherischen) Rechtfertigungstheologie bei den Jugendlichen und wohl auch vielen Erwachsenen nicht mehr vorausgesetzt werden können und ihnen zT diametral entgegenstehen. Die Predigt könnte darauf reagieren, indem sie zeigt, wie sich die rechtfertigende Gnade Gottes in Jesus Christus auswirkt, und darauf verzichtet, zu erklären, wie sie funktioniert („show, not tell“). Dabei helfen die Bilder vom Hirten und vom Vorbild, dem man nacheifern kann.[1]

Konkretionen

Für Jugendliche, die in der Stadt aufwachsen, ist der Begriff des Hirten durchweg positiv besetzt und wird mit biblischen Motiven, v.a. aus der Weihnachtsgeschichte, verknüpft. Er wird fast ausschließlich im übertragenen Sinn verwendet: „Ich denke, alle Mütter sind Hirten, aber auch Freunde, Bekannte und jegliche andere Personen, die man gern hat, passen aufeinander auf und beschützen sich gegenseitig, es hat etwas mit Liebe zu tun <3“

Unter http://schafzwitschern.diearnacher.de/ berichtet der Wanderschäfer Sven de Vries regelmäßig von seiner Arbeit und dem Leben mit einer großen Schafherde auf der Schwäbischen Alb. Er setzt sich dabei auch mit Zuschreibungen, Klischees und den Fragen auseinander, die ihm auf Twitter gestellt werden (Wanderschäfer@schafzwitschern). Inzwischen gibt es auch eine eigene Präsenz für Kinder und Jugendliche (@LammwillWissen), auf die man die Konfis hinweisen kann.

In die Schilderung seiner Tätigkeiten mischen sich Einsichten über das Verhältnis des Hirten zu seiner Herde, über Verantwortung, Einsatz für die Schwachen, sich aufopfern, beschützen, um jedes einzelne Schaf kämpfen, Abschied und Tod. Anekdoten und immer wieder auftretende Sympathieträger unter den Tieren können als Anschauungsbeispiele für die Predigt dienen, wie zB der Artikel über Leithammel im Allgemeinen oder über Mosche, das Findlingslamm mit der lustigen schwarz-weißen Zeichnung, das vom Schäfer mit der Flasche aufgezogen wurde. Weil es zum Leithammel ausgebildet werden sollte, trug es als Namen eine ruftaugliche Variante von Mose, um an den biblischen Anführers und Hirten seines Volkes zu erinnern. Wer mit Elementen der Dramaturgischen Homiletik arbeitet, wird „Mosches viel zu kurze Geschichte“ für prägnante Moves nutzen können (http://schafzwitschern.diearnacher.de/2015/12/mosches-viel-zu-kurze-geschichte/).

Aktionen

Wo trotz der anstehenden Konfirmationen Jugendliche am Gottesdienst beteiligt werden können, legt es sich nahe, sie um die Präsentation der bei der Schreibmeditation erstellten Plakate zu bitten oder diese wenigstens im Kirchraum aufzuhängen und darauf hinzuweisen.

Auch Geschichten und Bilder vom „Schafzwitschern“ sind für die Präsentation durch Jugendliche im Gottesdienst geeignet. In Gemeinden, in denen die technische Ausstattung es zulässt und social media-Elemente eingeführt sind, kann auch auf Twitter zugegriffen werden.

Auf unserem „Vorbild“-Plakat nennen die Jugendlichen konkrete Beispiele wie Justin Bieber und den Youtube-Künstler Inscope21, sagen aber auch ganz allgemein: „Ein Vorbild lebt entweder bereits das Leben, das man selbst gern führen würde oder er ist so ähnlich wie ein Schönheitsideal“.

Geschichten von Menschen, die ihrem Vorbild nachgeeifert sind und dabei Gutes für sich und andere bewirken konnten, können erzählt oder visualisiert werden. Dabei sind „lokale Größen“, wie die Kirchenpatrone oder Ortsprominente besonders geeignet.

Der griechische Begriff hypogrammos steht aber auch für die (Schreib-)Vorlage und das (Unterrichts-) Beispiel, das die Schüler möglichst originalgetreu nachzeichnen bzw auf dessen Hilfslinien sie bleiben sollten. Als Veranschaulichung dafür könnten Zettel vorbereitet werden mit bekannten Abkürzungen zur Christologie (INRI, IHS, FISCH statt ICHTHYS), auf denen für jeden Buchstaben ein Begriff gefunden und ergänzt werden muss (zB JESUS = Jede/r Einzelne Spürt Ueberall Segen). Kinder können auch die altchristlichen Symbole nachzeichnen[2]. Die Ergebnisse können entweder auf einer Moderationswand präsentiert oder in der Taufschale abgelegt werden, wo man sie nach dem Gottesdienst anschauen kann.

 

[1] Weitere Aussagen der Jugendlichen zu den von ihnen gefundenen Begriffen sowie die Anleitung zur Bibelarbeit mit Schreibmeditation gibt es online unter http://predigten.evangelisch.de/predigt/konfi-ideen-zu-1petrus-221b-25-von-gerlinde-feine

[2] Kopiervorlagen gibt es zB bei den Bastelanleitungen für Taufkerzen wie hier unter http://www.kirche-lauffen.de/website/de/l/kasualien_feierlichkeiten/tau…

 

Perikope
10.04.2016
2,21-25

Predigt zu 1. Petrus 1,3-9 von Esther Kuhn-Luz

Predigt zu 1. Petrus 1,3-9 von Esther Kuhn-Luz
1,3-9

Lied: 115, 1.5.6.
Jesus lebt, mit ihm auch ich, Tod, wo sind nun deine Schrecken?

Liebe Gemeinde!

Der Sonntag eine Woche nach Ostern trägt den schönen Namen
Quasimodogeniti – wie die Neugeborenen – und meint eben dies:
Dass es auch eine Wiedergeburt in der Hoffnung gibt, wenn die Kraft der Auferstehung
uns so berührt hat, dass wir sagen können: ich fühle mich wie neugeboren.

Inmitten einer Zeit, die voller Schwere und Probleme ist, sind Worte so wichtig, die uns eine Perspektive aufzeigen, die Hoffnung geben. Wir Christen und Christinnen leben jetzt an Ostern in einer Zeit der Hoffnung – trotz aller Gewalterfahrungen, die zur Zeit auch Christen erfahren. Dass gerade im Ostergottesdienst – als die christliche Gemeinde in Pakistan ihre Hoffnung auf die Auferstehung bekannt hat – Hoffnung auf auferstehendes Leben  - dass gerade in diesem Moment ein Terroranschlag auf sie verübt wurde und viele Menschen umkamen, das ist besonders zynisch.
Und doch – auch Petrus hat immer wieder Verfolgung erlebt und ist später als Märtyrer für seinen Glauben gestorben – aber er wollte sich von dem Terror seiner Zeit nicht die Hoffnungskraft seines Glaubens nehmen lassen. Und so werden seine Worte, erfüllt von der Kraft des Glaubens an die Auferstehung der Toten, zu Widerstandsworten. Auch wenn ihr mich bedroht und töten wollt – meinen Glauben, meine Hoffnung lasse ich mir nicht nehmen! Ich will den Terror und die lähmende Angst nicht stärker werden lassen als meine Hoffnung in Christus.

Im 1. Petrusbrief finden wir solche kraftvollen Worte einer lebendigen Hoffnung, die durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten in uns wieder geboren wird.
Der Verfasser des Briefes nennt sich Petrus – und nimmt für sich die Autorität in Anspruch, „Mitältester und Zeuge der Leiden Christi“ gewesen zu sein – also der Jünger und spätere Apostel Petrus.

Wir hören auf die Worte aus dem  1. Petr.1,3 -9.
„ Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeborenen hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,
zu einem unvergänglichen  und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch,
die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit,
die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit.
Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen,
damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird,
zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.
Ihr habt ihn nicht gesehen und habt ihn doch lieb und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht.
Ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.“

Auch wenn man diese verschachtelten Sätze nicht alle gleich versteht – es wird spürbar, wie der Verfasser des Petrusbriefes, der Petrus genannt wird einfach so erfüllt ist von dieser ganz großen Kraft der Auferstehung. Petrus  war bis ins Tiefste angerührt von der Erfahrung, durch die Begegnung mit dem Auferstandenen Christus in sich die Wiedergeburt einer lebendigen Hoffnung zu erleben – und er will mit seinem Brief und mit seinen Worten möglichst alles aufeinmal beschreiben, welche Auswirkungen diese lebendige Hoffnung der Auferstehung hat - welche neue Lebensperspektive sich dadurch auftut.

Wie findet Petrus solche Worte?
Wie kann er so überschwänglich reden?
Woher nimmt er solche Hoffnungskraft?
Petrus, so beschreibt er das in seinem Brief, war nicht nur Zeuge des Leidens Christi, sondern auch seiner Auferstehung.  Er hat Jesus als Auferstandenen Christus erlebt.
Er hat in den Begegnungen mit ihm erfahren, was sich in ihm alles verändert.
Wir erinnern uns: Petrus war derjenige, der Jesus dreimal verraten hatte: Ich kenne ihn nicht – und dem sein Verrat bitterlich weh tat.
Für ihn war nicht nur der Tod Jesu, sondern genauso sein eigener Verrat gegenüber seinem Freund und Lehrer ein tiefer Bruch. Petrus weiß, was das bedeutet:  tiefste Verzweiflung zu erleben, enttäuscht sein über sich selber, mit sich selber ganz allein zu sein, sich mit Selbstvorwürfen zu quälen. Für ihn war alles zuende … Er hätte wohl nie gedacht, dass er noch einmal zu solcher Freude, zu solcher Hoffnung fähig sein könnte.
Petrus hat ja gesehen, dass der Grabstein weggewälzt war, er hat das leere Grab gesehen, ab er  war zu blind, zu sehr in sich gefangen, um die Stimme des Engels zu hören: Fürchte dich nicht. Der, den du suchst, lebt!
Nein, die Erfahrung des leeren Grabes, die hat Petrus noch nicht befreien können von seiner Schwermut – erst später die Begegnung mit dem Auferstandenen. 

Für Maria von Magdala war das anders. Für sie wird das leere Grab zur Herausforderung, wenigstens den Leichnam Jesu zu suchen und so beginnt sie, mit den Menschen zu reden, die ihr begegnen. Weil sie sucht, weil sie nicht nachlässt, Jesus finden zu wollen, begegnet sie ihm auch – mitten im Garten. Als er sie mit ihrem Namen anspricht – Maria – da erkennt sie ihn – und ihre Trauer verwandelt sich in so große Freude – am liebsten hätte sie ihn umarmt, aber Jesus hält sie davon ab. Er will ihr klarmachen, dass es um mehr geht, als nur um die Wiedersehensfreude: dass er lebendig vor ihr steht ist ein Zeichen dafür, dass sich das Leben gegen den Tod durchgesetzt hat: dass Gott den Tod überwunden hat und nun der Tod Eingang in das Leben ist, nicht mehr Endstation. Aus dem Ende ist ein neuer Anfang geworden – und zwar für alle Menschen.
Petrus aber ist zu traurig, zu hoffnungslos zum Suchen. Er geht wie die anderen Jünger wieder heim. Sie verschließen die Türe… Auf ihren Herzen lastet noch der Grabstein, sie können sich nur in sich selber zurückziehen. Sie starren resigniert auf all das, was zu Ende gegangen ist – und sind wie gelähmt.
Aber der Auferstandene findet auch zu ihnen Zugang.
Im Johannesevangelium wird das so schön erzählt:
„Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, - also am Sonntag- als die Jünger versammelt und die Türen vor Furcht verschlossen waren, kam Jesus – er hat sich von der verschlossenen Tür nicht abhalten lassen – und spricht zu ihnen:
„Friede sei mit euch!“
Und dann zeigt er ihnen seine Wundmale: er ist noch vom Tod, von Leiden gezeichnet, aber Gottes Liebeskraft hat ihn durch den Tod hindurch ins Leben geholt.
„Friede sei mit euch!“, sagt er dann noch einmal – und ich kann mir vorstellen, wie die erst ganz und gar sprachlosen Jüngern ganz leise ahnen, dass sich da eine ganz große Verwandlung vollzieht, eben auch in ihnen selber. Eine unwahrscheinlich große Freude: dass es keine verschlossenen Türen, auch keine verschlossenen Herzenstüren mehr gibt für den Auferstandenen, dass er von sich aus in ganz ausweglose Situationen kommt und sich plötzlich auf ungeahnte Weise Türen auftun – und aus der Hoffnungslosigkeit wieder neue Hoffnung wird.
Diese Begegnung, diese Erfahrung hat Petrus tief geprägt.
Und er hat sie weitergegeben, eben auch in seinem Brief an Christen, die verteilt in ganz Antiochien lebten.
„Gott, der Vater Jesu Christi, der hat uns zu einer lebendigen Hoffnung wiedergeboren durch die Auferstehung Jesu Christi.“
Ja, in solche Worte konnte er diese Erfahrung für sich kleiden: Gott selbst hat an ihm gehandelt und hat in ihm etwas ganz Neues entstehen lassen:  lebendige Hoffnung.
Und er schreibt, dass nun nicht nur biografisch, er redet nicht nur von sich, sondern er sagt: uns hat Gott wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung.
Gott bringt in uns die Hoffnung zur Welt…
Das muss man sich tief in sich wirken lassen: Gott bringt in uns die Hoffnung zur Welt – es ist wie bei einer Geburt. Gott hat in uns die Hoffnung wieder lebendig gemacht – und wir sind nun diejenigen, die die Hoffnung auf die Welt, zur Welt bringen, sie für andere konkret und spürbar werden lassen. Welche Lebensmöglichkeiten tun sich da auf, aber auch welche Verantwortung!
Gott hat uns wiedergeboren! Welche wunderschöne Beschreibung Gottes: Gott, die in uns neues Leben, neue Hoffnung und eine unbeschreibliche Freude ans Licht der Welt bringt.
Und dann ja auch dieses:
Wir werden noch einmal geboren , d.h. zu unserer jetzigen Existenz und biografischen Prägung kommt noch eine andere dazu.
Wir sind alle von unserer Mutter geboren worden, haben alle unsere jeweiligen Prägungen mit bekommen – natürlich auch durch die Väter. Uns ist Leben geschenkt worden – und gleichzeitig sind wir durch unsere Geburt auch festgelegt worden:
Wir sind in eine bestimmte Familienkonstellation, in eine bestimmte Kultur, in eine Sprache und Gesellschaftsform, ja auch in eine bestimmte Religion hineingeboren. Ob wir hier in Deutschland geboren wurden oder in Tansania oder in Kasachstan oder on Sibieren oder in  der Mongolei oder in Kolumbien, ob unsere Eltern materiell gut abgesichert sind oder ob sie viele Sorgen hatten, für das Tägliche zu sorgen, ob ich in meiner Familie für meinen Weg Unterstützung und Verständnis oder Ablehnung erfahre, all das und noch viel mehr prägt uns …und macht uns zu unterschiedlichsten Menschen, die mehr oder weniger gut mit Krisen, mit Enttäuschungen oder mit Erfolgen umgehen können.
Aber, sagt Petrus nun, diese Prägung ist nur die eine. Egal, wo und wie ihr geboren seid, ihr müsst euch alle damit auseinandersetzen, dass alles irgendwann zu Ende geht. Leben bedeutet Abschied nehmen. Wir erleben in unserem Leben vieles, das zu Ende geht: erst die Kindheit, dann die Jugend, dann irgendwann müssen wir uns von bestimmten Idealen verabschieden, dann von körperlicher Energie – und irgendwann auch von Menschen, die uns lieb und sehr vertraut sind.
Und manche machen  diese Erfahrungen resigniert, bitter, hoffnungslos…
Aber Petrus redet nun gegen diese Resignation an:  wir müssen nicht nur loslassen, wir bekommen auch sehr sehr viel. Und das größte Geschenk ist eben diese lebendige Hoffnung. Wenn Gott uns so zusagen noch einmal neu auf die Welt bringt, dann verschieben sich die Grenzen: dann öffnen sich verschlossene Türen, dann findet Gott nach jedem Ende einen neuen Anfang -  und Petrus weiß: ja, sogar nach dem Tod gibt es von Gott her einen neuen Anfang. Dann werdet ihr euch freuen, auch wenn ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen… Die Kraft der christlichen Hoffnung : als eine Kraft, die in jedem Ende einen neuen Anfang sieht.
Die Frage nach dem Anfang ist eine Frage, die sich gegen einen Pessimismus wehrt, der immer nur voller Angst auf das Ende starrt. Nicht das Ende, sondern der neue Anfang ist für den christlichen Glauben das Letzte.
Die Frage nach dem Anfang, nach einer Möglichkeit verschiedener Neuanfänge treibt die Menschen aller Zeiten um, weil es die Frage nach dem Sinn, nach den Wurzeln und von daher auch eine Frage nach der Hoffnung ist.
Und das ist nun das Thema, mit dem sich der international sehr bekannte Theologieprofessor Jürgen Moltmann seit Jahrzehnten beschäftigt. Er wird in dieser Woche 90 Jahre alt werden.

Vor 40 Jahren hat das Buch „ Theologie der Hoffnung“ geschrieben, das in viele Sprachen übersetzt wurde und heute zum 13. Mal aufgelegt wird. Denn die Frage nach der Hoffnung bleibt eine aktuelle Frage – vor allem in unserer Zeit, die ja nun eher von Hoffnungslosigkeit geprägt ist.

 „Im Ende – der Anfang.“ Eine Art, die Hoffnung zur Sprache zu bringen.
So heißt ein andres  seiner Bücher – und er schreibt da im Vorwort:
„Ich möchte damit die Kraft der christlichen Hoffnung zum Ausdruck bringen, denn christliche Hoffnung ist die Kraft der Auferstehung aus den Versagungen und den Niederlagen des Lebens. Sie ist die Kraft der Wiedergeburt des Lebens aus den Schatten des Todes. Sie ist die Kraft zu einem neuen Anfang, wo durch Schuld Leben unmöglich gemacht wurde. In jedem Ende liegt ein neuer Anfang verborgen. Wir werden jedoch zu neuen Anfängen erst fähig, wenn wir bereit sind, los zu lassen, was uns quält und was uns fehlt.
Wenn wir den neuen Anfang suchen, wird er uns finden.
Der lebendige Gott ruft immer ins Leben, ob wir geboren werden oder ob wir sterben, ob wir anfangen können oder ob wir am Ende sind. Seine Nähe macht immer und überall lebendig“.

Die Christen, an die Petrus schreibt, hatten schwierige Lebensbedingungen: sie fühlten sich oft als Fremde in ihren eigenen Familien und Dörfer. Denn die anderen verstanden nicht, wie sie an einen Gott glauben konnten, der nicht sichtbar war, wie sie einen Menschen als Gottes Sohn verehrten, der gekreuzigt wurde, wie sie von der Auferstehung her so viel Lebenskraft und Lebensfreude beziehen konnten…Das war manchen unheimlich, manchen lästig und manche  machte es aggressiv. Denn diese Christen waren Menschen, denen man mit dem Tod nicht drohen konnten: sie behaupteten, der Tod sei ihnen Eingang in das Leben. Im ersten Jahrhundert, als Petrus diesen Brief schrieb, sind viele Christen von römischen Kaisern verfolgt und hingerichtet worden. Auch Petrus selber ist unter Kaiser Nero als Märtyrer gestorbenen.
Also, in diese von außen gesehen sehr schwierige und belastete Situation spricht nun Petrus von lebendiger Hoffnung – das heißt eigentlich: Perspektivenwechsel: das Leben eben nicht von dem her zu betrachten, was zu Ende, was verloren geht, sondern von der Perspektive her zu sehen, wie Gott neu Leben schenkt…Und Petrus weiß, dass es dazu nötig ist, sich in Gott zu verlieben, Gott selber als Quelle des Lebens zu sehen, und diese Quelle kann keiner und keine zum Versiegen bringen.
Petrus hat den Auferstanden noch gesehen, die Christen, an die er schreibt, haben Jesus nie gesehen. Vom Hörensagen her sind sie Christen geworden, oder anders: Die Erzählungen von Jesus haben sie so berührt, haben in ihrem Leben soviel bewegt, dass sie sagen können:
„Ich kannte dich nur vom Hören sagen, jetzt aber haben meine Augen dich gesehen – nämlich die inneren Augen des Herzens…“
Wir gehören ja auch zu diesen, die durchs Erzählen Christen geworden sind – und manche von uns haben irgendwann in ihrem Leben gemerkt, welche Befreiung, welcher Trost darin liegt, an den Gott zu glauben, der dem Tod und allen Todbringenden Kräfte seine Liebe zum Leben entgegenstellt.
„Ihr habt ihn nicht gesehen und habt ihn doch lieb und glaubt an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht.
Ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Vertrauens erlangt, der Seelen Seligkeit: die Befreiung von alldem, worauf jetzt noch der Grabstein liegt.“
O.k.,  Christen zeichnen sich oft nicht durch übermäßige Freude aus – oft ist die Konzentration auf die Schwere des Lebens größer als diese Freude, die Gott selbst in uns am Leben hält, weil er doch Grenzen verrückt und alles in ein neues Licht stellt.
Die Osterlieder erzählen von dieser Freude.
Auch in der Mystik wird die Freude in Gott betont: wir freuen uns nicht an etwas, sondern in Gott. Meister Eckhart konnte sogar sagen:
Gott selber werde erfreuet, ja durchfreuet,“ denn dann bleibt nichts in seinem Grunde, das nicht durchkützelt wird von Freude.“ ( Sölle Rhythmus s. 176).
Die Freude will uns bewohnen, nicht nur besuchen.
Wir sind dann fähig zu dieser tiefen Freude, wenn wir das Leben als Gabe Gottes verstehen und jeden Tag neu als ein Geschenk. Und all die Schönheiten in der Natur und in den Menschen mit offenen Augen sehen und empfinden.
Hebet eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat dies alles geschaffen? Er ruft sie alle mit Namen…

Wenn ein Mensch aus der lebendigen Hoffnung heraus und erfüllt von dieser Lebensfreude lebt, sich also dafür öffnet, was Gott in uns zum Leben bringt, dann kann daraus ein ganz anderes Lebensgefühl entstehen – ein ganz anderer Zugang zu Besitz und zu Hierarchie.
Ich will eine kleine Geschichte erzählen von Bruder Wacholder, einer der ersten Brüder von Franz von Asissi.
(Steffensky, Feier des Lebens, s. 21)
Bruder Wachholder sollte in der Osterzeit auf die Kirche aufpassen. Sie war festlich geschmückt – mit Blumen, Kerzen auf goldenen Kerzenständern…
Da kam eine arme Frau und bettelte um Almosen. Da Bruder Wacholder kein Geld hatte, räumte er den ganzen Altarschmuck ab und schenkte ihn der Frau.
Dem empörten Mesner antwortete er: „ Ärgere dich nicht über den verlorenen Tand. Ich habe den Schmuck einer armen Frau geschenkt, die ihn gut gebrauchen kann. Hier war es sowieso zu nichts nütze.“
Der Generalobere, (Bischof?), der diese Geschichte hörte, wurde zornig, hielt Bruder Wacholder eine Strafpredigt, schrie immer lauter und wurde schließlich heiser. Bruder Wacholder hörte den Worten in seinem Geschrei kaum zu. Erst als der Obere vor Heiserkeit nicht mehr weiterreden konnte, wurde er aufmerksam. Er ging einfach weg…und erbettelte sich im Dorf eine Mehlsuppe. Er brachte sie dem Oberen und sagte: „ Als ihr mich ausgeschimpft habt, Vater, wurde eure Stimme wegen eurer Anstrengung ganz heiser. Ich habe nun ein Mittel dagegen gefunden und euch die Suppe bereiten lassen. Wenn ihr sie esst, dann wird sie euch Brust und Kehle befreien.“
Der Obere ärgerte sich und merkte, dass er verspottet wurde und wollte die Suppe nicht essen. Darauf Bruder Wacholder. „ Vater, wenn du schon die Suppe nicht essen willst, dann halte mir doch bitte die Kerze. Ich will sie dann selber aufessen.“

Aus der lebendigen Hoffnung heraus zu leben befreit dazu, Ver-rücktes zu tun, die Erwartungen zu verrücken: einfach andere Kriterien zu haben. Nichts bleibt unberührbar oder unverfügbar, wenn einer in Not ist. Auch nicht die Ehre eines Generaloberen. Zärtlichkeit, Verbundenheit, auch Humor und ein Missachten der Grenzen, wenn die Grenzen lebensfeindlich sind, all das darf sein, wenn ich das Leben von der lebendigen Hoffnung her sehe, die Gott in mir zur Welt gebracht hat.
Und manche beschreiben dann ihre Erfahrung mit der lebendigen Hoffnung so:
„Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden…
Die in Gott vertrauen kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler,
dass sie laufen und nicht matt werden,
dass sie wandeln und nicht müde werden.“ ( Jesaja 40,29.31)

Gibt es eigentlich eine Bedingung, dass wir zu lebendiger Hoffnung von Gott wiedergeboren werden? Nein. Eine Bedingung von Gott aus gibt es nicht, aber wir selber tun uns manchmal schwer damit, weil wir uns hinter verschlossenen Türen unseres Denkens, unserer Vorstellungen und Einstellungen, unserer Meinungen und Urteile ganz gut eingerichtet haben.
Und gar nicht mit diesem befreienden und lebendigen Gott rechnen.
Vielleicht tut es dann gut, dieses kleine Gebet zu sprechen:
O unvertrauter Gott,
wir suchen dich an Orten,
die du schon verlassen hast, und sehen dich nicht,
selbst wenn du vor uns stehst.
Gib, dass wir dich in deiner Fremdheit erkennen
Und uns nicht an den vertrauten Schmerz klammern,
sondern frei sind,
uns von dir besuchen zu lassen, damit du in uns die lebendige Hoffnung und die überschäumende Lebensfreude zur Welt bringen kannst.
So wollen wir die Auferstehung  verkündigen
im Namen Christi.
Amen

Lied:  Nr. 117,1-3 Der schöne Ostertag
 

Perikope
03.04.2016
1,3-9

Predigt zu 1. Petrus 1,3 von Eugen Manser

Predigt zu 1. Petrus 1,3 von Eugen Manser
1,3

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns in seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.

Liebe Gemeinde,
zu Ostern ist in Jesus etwas passiert, das noch gar nicht passiert sein kann und doch schon dankbar erinnert wird! Wir loben Gott dafür; wir feiern es mit den Christen in der ganzen Welt als ob es geschehen wäre. Es ist aber eigentlich kein Ereignis der Vergangenheit, das wir da feiern, sondern eher eine Erinnerung an die Zukunft.
Denn Unfriede, Ungerechtigkeit, Gewalt und Tod treiben in unserer Welt auch nach Jesus ihr Unwesen. Hier hat sich nichts verändert.
Was aber durch Jesus neu in diese Welt gekommen ist: Menschen sind wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung!

„Hoffnung“ – das Herkunftswörterbuch des Dudens vermutet, das Wort „hoffen“ sei vielleicht mit dem Wort „hüpfen“ verwandt und würde dann heißen: ‚vor Erwartung zappeln’, ‚aufgeregt umherhüpfen’ – so etwa wie Kinder vor der Bescherung oder Verliebte vor dem ersten Rendezvous.
Das ist Hoffnung!
Die Christen sind eine wartende und hoffende Gemeinschaft. Diese lebendige Hoffnung hat sie seit je attraktiv gemacht.

Worauf nun hoffen Christen?
Der Verfasser unseres Bibeltextes hofft ‚auf der Seelen Seligkeit’. Andere Bibelautoren hoffen auf einen ‚neuen Himmel und eine neue Erde in welchen Gerechtigkeit wohnt.’ Im Glaubensbekenntnis heißt es: „und die Auferstehung der Toten und das Leben in der zukünftigen Welt.“
Der Seher von Patmos verheißt: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein…“

Ich frage mich, wie viele Menschen in Europa und besonders wie viele unter uns Christen hoffen wirklich auf das Reich Gottes, Gottes zukünftige Welt?
Ich vermute, es sind nicht sehr viele, die durchdrungen sind von einer ungeduldigen, glühenden Erwartung einer gerechten Welt, in der Gott das Sagen hat. Man könnte annehmen, das liegt daran, dass der Glaube über die Jahrhunderte hin unter uns zu schwach geworden ist, dass wir’s Gott einfach nicht mehr zutrauen, sein Reich aufzurichten. Das mag sein.
Ich fürchte, es liegt noch an etwas anderem. Könnte es sein, dass wir gar nicht mehr auf ‚der Seelen Seligkeit’, auf die ‚zukünftige Welt Gottes’ hoffen, weil wir eigentlich gar kein Interesse haben an einer Verwandlung der Welt, weil wir an diesem Leben, so wie es jetzt ist, hängen?

Wir wünschen uns, dass alles noch recht lange so bleiben möge, wie es ist oder wir haben sogar die heimliche Hoffnung, dass manches wieder so wird wie es früher war. Als die Sonne in die Kindheit schien und die Welt lebenswerter war als jetzt.
Der Gedanke an die Zukunft ist für viele von uns eher etwas Bedrohliches als etwas Hoffnungsvolles. Die zukünftige Welt, die persönliche Zukunft mit Alter und Vergehen, ein Morgen, dass jederzeit einen neuen Terroranschlag bringen kann, immer mehr Menschen auf der Flucht, die morgens nicht wissen, wo sie abends ihr Haupt betten können – das alles ist für viele von uns beunruhigend und nicht hoffnungsvoll, auf keinen Fall etwas, das wir ungeduldig erwarten. Was kommt da auf uns zu?, fragen wir uns und sehen uns überfordert von Menschen, die bei uns Schutz suchen, bedroht durch Terroranschläge, erschreckt vom Klimawandel.

Bei denen in unserer Welt dagegen, die unter den Zuständen auf dieser Erde leiden, sieht es mit der lebendigen Hoffnung ganz anders aus. Die vom Krieg Vertriebenen, die von Milizen bedrohten in Afghanistan, die Durstenden in der Sahelzone. Sie alle hoffen inständig, dass ihr Leben nicht bleibt wie es ist.
Und Jesus macht ihnen ja auch Mut zu solcher Hoffnung.
Denn den Leidenden gilt seine Verheißung: ‚Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.

Vielleicht haben wir es in unseren satten, geordneten Verhältnissen wirklich schwerer mit der lebendigen Hoffnung auf Gottes neue, gerechte Welt als die Menschen, die in Mangel und Chaos leben müssen.
Wir hängen an unserer sozialen Sicherheit, an unserem kleinen Wohlstand.
Doch langsam merken wir, dass wir von der Armut anderer leben und dass wir dabei nicht glücklich sind. Auch in uns wächst die Sehnsucht nach einer Welt der Geschwisterlichkeit und der Gerechtigkeit.

Die Ankunft der vielen Geflüchteten in unserem Land zwingt uns jetzt, Farbe vor uns selbst zu bekennen. Oder wie es im ersten Petrusbrief an anderer Stelle heißt: Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.
Und ich muss mich jetzt fragen: Sind die Geflüchteten für mich eine Hoffnung auf ein geschwisterliches Leben, eine Chance, mein reiches Leben mit ihnen zu teilen oder sehe ich in ihnen eher eine Bedrohung meines Wohlstandes, eine Bedrohung meiner Sicherheit oder gar eine Bedrohung der Freiheit meines Denkens und Glaubens?
Ich mache die Beobachtung, dass für die meisten, die mit Geflüchteten zu tun haben, diese ein Glücksfall sind, ein kleines Ostern. Sie machen ihr Leben reicher, die Fähigkeit zum Mitleiden und Mitfreuen größer. Sie werden durch sie angeregt zu Barmherzigkeit und Offenheit, ihre Welt wird größer und heller, ihre Hoffnung auf das Gelingen des Projekts Menschheit wird größer. Sie sind wie wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung.
Ich glaube, Hoffung entsteht beim Tun. Etwas pathetisch gesagt: Erst, wenn ich das Kreuz geschultert habe, spüre ich, welche Kraft ich habe und wie weit ich es tragen kann.
Jesus ist mit seinem Tun bis zur Selbstaufopferung gegangen. Es ist fast lächerlich, es zu sagen aber von Selbstaufopferung sind wir noch meilenweit entfernt!

Was für strahlende Bilder der Hoffnung aber hat uns dieser sich selbst aufopfernde Jesus hinterlassen!
Das Bild von Ankunft im Vaterhaus und Heimkehr. Das Bild vom großen Festmahl. Das Bild von der Stadt auf dem Berge, die weithin für alle sichtbar ist. Das Bild vom kleinen Samenkorn, das zu einem riesigen Strauch heranwächst, in dem die Vögel nisten.
Wir sind mit unserer Barmherzigkeit an den Geflüchteten noch himmelweit von der Selbstaufopferung entfernt.
Und doch wächst auch aus unseren kleinen Beiträgen die lebendige Hoffnung, dass noch etwas wird aus unserer Welt.
Der Anfang unserer Hoffnung ist Jesus. Er hat jeden Menschen so ernst genommen wie Gott.
Tun wir es ihm nach!
 

Perikope
03.04.2016
1,3

Aus Abend und Morgen ein neuer Tag - Predigt zu 1. Petrus 1,3-9 von Martin Schmid

Aus Abend und Morgen ein neuer Tag - Predigt zu 1. Petrus 1,3-9 von Martin Schmid
1,3-9

Aus Abend und Morgen ein neuer Tag

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit

Liebe Gemeinde!

Fast überwältigt uns dieser Text. Was für eine Fülle. Was für große Worte. Es hört sich an, wie wenn sich Musiker vor einem Konzert einspielen. Einzelne Stimmen treten kurz heraus, einzelne Motive klingen an: lebendige Hoffnung, erprobter Glaube, Freude und Seligkeit, die Erinnerung an die Auferstehung Christi, die Erwartung einer erfreulichen Zukunft .. Vielleicht kann man diese Vielfalt auch vergleichen mit dem Zusammenklingen von Vogelstimmen am frühen Morgen. Denn es liegt über dieser ganzen Vielstimmigkeit eine Morgenstimmung, eine freudige Erwartung.

Was man freilich daneben nicht übersehen darf: durch den Jubel hindurch zieht sich eine dunkle Spur von Schmerzen, Angst und Verlassenheit. Sie wird begleitet von den hellen Tönen. Aber sie wird von ihnen nicht verdeckt. Am Sonntag nach Ostern liegt noch ein Jubel in der Luft. Aber auch am Sonntag nach Ostern ist die Luft noch geschwängert von dem, was Menschen belastet.

(Wiedergeboren)
Wenn wir uns zwischen den Freudentönen hier und den dunklen Anklängen dort nun selber einen Platz suchen, dann wird der vielleicht weder ganz auf der einen noch ganz auf der anderen Seite sein, sondern irgendwo dazwischen. Wir werden deshalb den ersten Petrusbrief in seinem Anliegen verstehen können. Denn er wendet sich an Menschen  in diesem Schwebezustand zwischen Nacht und Tag, zwischen Hangen und Bangen. Bei näherem Zusehen entdecken wir drei verschiedene Bilder, welche diesen Zustand beschreiben.

Da ist zuerst der Ausdruck „wiedergeboren“. Das lässt uns an Menschen denken, die Schweres hinter sich gebracht haben und denen nun zumute ist, als hätten sie das Licht der Welt ganz neu erblickt. Bei manchen wird der Ausdruck aber auch die Erinnerung wecken an das mühe- und beschwerdevolle Ereignis einer Geburt, das sich so unerträglich hinziehen kann. Es könnte diese Zwangslage, wo es nicht weitergeht und wo die Nacht nicht enden will, womöglich einen ganzen Lebensabschnitt ausmachen oder sogar einen Abschnitt in der Geschichte unserer Kirche.

Auch lesen wir weiter von Traurigkeit und Anfechtungen, die sich anfühlen, wie wenn Gold durchs Feuer ausgeschmolzen wird. Dann muss das etwas sein, was dauert und was schmerzt. „Traurigkeit“ ist dafür eigentlich ein schwacher Ausdruck, und auch das Wort „Anfechtung“ lässt uns kaum mehr so recht nachfühlen, was Menschen in der Gluthitze ihres Elends manchmal mitmachen müssen. Es gibt Zeiten, wo einen das Leben foltert.

Es findet sich schließlich ein dritter Ausdruck für jenen Zwischenzustand:

„Ihn, Jesus Christus, habt ihr nicht gesehen.“ Es ist damit mehr gesagt, als dass die Angesprochenen die Zeit des irdischen Jesus nicht miterlebt haben. Es könnte auch bedeuten, dass sie Jesus Christus bisweilen vermisst haben. Vielleicht ist es immer noch so. Gerade in dem, was tagtäglich mit ihnen geschieht, könnte ihnen schmerzlich bewusst werden, dass sie Jesus Christus nicht sehen. Und das ist ein Eindruck, der auch uns nur allzu bekannt ist: Dass Jesus Christus nicht da ist, wo wir ihn doch nötig brauchen könnten. Dass sich ein Gefühl der Verlassenheit auf das Häuflein seiner Freunde legt.

(Gelobt sei Gott)

Aber dann ändert sich etwas. In der ersten Morgendämmerung schlagen welche die Augen auf. Die in der Gluthitze hatten ausharren müssen, fühlen sich von einem Wind umfächelt, der ihnen wohltut. Und die von Verlassenheitsängsten geplagt worden waren, hören etwas, das sie anspricht. Das kommt alles von dem Wort, das wie ein Seufzer der Erleichterung klingt und wie ein dankbares Stoßgebet und wie eine große Ermutigung: „Gelobt sei Gott“. Es ist der Vogelruf, mit dem nach einer langen Nacht der Morgen beginnt.  Es ist die Stimme, die das Schweigen beendet, das um die Verlassenen war. Mit „Gelobt sei Gott“ schlägt die Hoffnung die Augen auf. Das „Gelobt sei Gott“ hat die Hoffnung zur Welt gebracht. In dem Zwischenraum zwischen Hangen und Bangen, zwischen Nacht und Tag steht nun dieses „Gelobt sei Gott“. Aber wo kommt es auf einmal her?

Es hatte keinen Platz mehr in der Welt, als Jesus starb. Wer wollte Gott loben,  wenn sein Sohn gekreuzigt wird? Und wer wollte Gott noch loben, wenn seine Kinder gefoltert werden? Wenn die, die auch seine Kinder sind, im Mittelmeer ertrinken? Wenn andere, die ihm nicht weniger lieb sein können, im Schlamm von Idomeni versinken? Wenn Unschuldige  von Bomben zerrissen werden? Es gibt keinen Raum mehr für ein „Gelobt sei Gott“. Doch. Wir wagen es kaum zu sagen und sagen es doch: Es fand sich ein Raum. Im Sterben Jesu starb das Gotteslob nicht. Im Sterben Jesu erwachte es neu. Der Tod Jesu ist das Samenkorn für ein neues „Gelobt sei Gott“. Aus dem Tod Jesu heraus kam es zur Welt und wurde es wiedergeboren, quasi modo geniti, wie ein neugeborenes Kindlein. Ebenso will es nun auch bei uns geboren werden und die Augen aufschlagen und seinen Hunger nach unserer Zuwendung anmelden. Bei uns will das „Gelobt sei Gott“ erste und dann immer weitere Schritte tun.

Wie dieses „Gelobt sei Gott“ seinen Weg zu uns nimmt, hat Johann Sebastian Bach zum Beispiel in seiner Johannespassion gezeigt. Dies ist ein Werk, welches das Karfreitagsgeschehen ausdeutet. Es  beginnt, ehe die Stimme eines Sängers zu hören ist, mit einer Einleitung durch die Instrumente. Da laufen auf den Zuhörer musikalische Bewegungen zu, die Wellen gleichen. Sie steigern sich. Zuletzt setzt der Chor ein mit dem Lobgesang „Herr, unser Herrscher, dessen Ruhm in allen Landen herrlich ist.“ Der Tod Jesu am Kreuz hat Wellen ausgelöst, Schockwellen. Das Neue Testament spricht von einem Erdbeben. Und wie die Wellen vom Urknall der Schöpfung wohl noch immer durch das Weltall laufen, so laufen auch die Energiewellen des Bebens von Golgatha noch immer durch die Welt. Sie können uns erschüttern und ermutigen. Wo sie einen Menschen erreichen, da reißen sie ihn heraus aus dem Gewohnten und Vertrauten, aber sie beleben ihn auch und lassen ihn Hoffnung schöpfen. Das „Gelobt sei Gott“ ändert danach gewissermaßen die Richtung. Erst will es bei uns ankommen – der erste Petrusbrief nennt das „Gottes Energie durch den Glauben bewahren“ - , dann will es von uns ausgehen. Mit „Gelobt sei Gott“ können wir den Raum sondieren, den Gott uns geschenkt hat. So weit, wie wir sagen können „Gelobt sei Gott“, können wir uns hinauswagen ins Unbekannte. Manche haben in einem Krankenzimmer mit „Gelobt sei Gott“ den Raum ausgemessen, der ihnen geblieben ist. Manche haben sich mit „Gelobt sei Gott“ in Einöden und Wüsten gewagt, auch in Einöden der Menschlichkeit, wo keiner sich mehr um den andern kümmern wollte. Und sie haben erfahren, dass „Gelobt sei Gott“ zu den Worten gehören, die nicht leer zurückkommen. Weil der Vater Jesu Christi  ein Gott ist, dessen Gunst darin besteht, dass er uns etwas gönnt. Er gönnt uns nicht zuletzt einen Raum, in dem wir leben können, sinnvoll, dankbar und hoffnungsvoll.

(Die lebendige Hoffnung)

Wo Menschen sich ansprechen lassen von dem Ruf „Gelobt sei Gott“, möchte sich somit wiederholen, was die Jünger Jesu gleich nach Ostern erlebt hatten. Eingeschnürt in ihre Angst waren sie hinter verschlossenen Fenstern und verriegelten Türen gesessen, als Jesus zu ihnen hereinkam. Er brachte den Frieden, er öffnete die Türen und er sandte sie aus. Immer hat Jesus seine Jünger so ausgesandt: ohne Geld und Taschen, mit nur einem Rock, ohne Schuhe und Stöcke. Das heißt aber umgekehrt, dass er sie immer ausgesandt hat mit dieser dreifachen Hoffnung: dass sie bekommen werden, was sie brauchen, dass sie den Widrigkeiten werden trotzen können und dass sie ohne Stützen und Krücken auskommen.

Das Wort, das lange nach Ostern nun im Namen Jesu Christi auch noch uns heutigen Menschen die Tür aufmacht, gibt uns ebenso eine dreifache Ermutigung mit. Es ist dies ein hoffnungsvolles „Ja“ und ein hoffnungsvolles „Trotzdem“ und ein hoffnungsvolles „Nein“.

Die „lebendige Hoffnung“, von welcher der erste Petrusbrief spricht, ist eine bejahende Hoffnung. Wie manche Leute in jeder Suppe ein Haar finden, findet diese Hoffnung umgekehrt in jeder Lage etwas, was glänzt wie Gold und was die geschenkte Zeit kostbar macht. Die nachösterliche Morgenstund hat Gold im Mund. Dazu braucht es bei denen, die sich davon aufwecken lassen, eine gewisse Goldsucher-Mentalität. Denn wenn es so ist, wie der Apostel Paulus gesagt hat, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, dann braucht es Menschen, die dazu selbst auch Ja sagen und dieses Gottesgeschenk annehmen. Vielleicht müssen wir dann unsere Einstellung ändern; Freude und Glückseligkeit müssen von hoffenden Menschen immer wieder herausgewaschen werden aus dem Lebenssand.

Die „lebendige Hoffnung“  ist zugleich eine trotzige Hoffnung. Osterlieder sind Trotzlieder: „Nun kann kein Feind uns schaden mehr, ob er gleich murrt, ist’s ohn Gefahr!“ Oder „Sein Raum der Tod musst geben her, das Leben siegt und ward ihm Herr.“ Und natürlich „Trotz dem alten Drachen, Trotz dem Todesrachen, Trotz der Furcht dazu!“

Die Trotzlieder, die man nach Ostern singt,  sind aber, genau besehen, immer mindestens zweistimmig. Sie geben dem Schmerz noch Raum. Sie setzen ihm jedoch einen Lebensmut entgegen, der auch den schwierigen Zeiten noch einen Sinn abtrotzt. So entsteht eine doppelte Linie, eine Schmerzlinie und eine Trotzlinie. - Die trotzige Hoffnung lässt sich dabei berühren von Jesus Christus. Sie glaubt an Jesus Christus und setzt darauf, dass er nicht nur für sich den Tod überwunden hat, sondern auch für uns.

Die „lebendige Hoffnung“  kennt schließlich nicht nur ihren Glauben, sondern auch ihren Unglauben. Sie ist eine Hoffnung ohne Stock, ohne Krücken, ohne falsche Stützen. Der Vertröstung glaubt sie nicht. Der Verbrämung traut sie nicht. Sie möchte sich nicht darauf stützen, dass schon alles irgendwie gut gehen wird. Sie sagt aber auch ein „Nein“ zu dem um sich greifenden Irrglauben, man könne sich selber retten, ohne den andern zu helfen. Diese Auffassung ist aus der Angst geboren. Und von der Angst geleitet sind auch die, welche sich so stark geben, dass sie Schutzsuchenden mit einer Drohgebärde entgegen treten. An die Parole „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“ glaubt die lebendige Hoffnung nicht.

Die Schöpfungsgeschichte der Bibel zählt die Schöpfungswerke Gottes nach Tagen; aus Abend und Morgen wird immer wieder ein neuer Tag. Und aus Abend und Morgen entsteht bis heute immer wieder eine neue Hoffnung. Sie steigt hinaus über den Abend und hofft hinaus über die Nacht und freut sich, wenn es hell wird. Doch bleibt ihr Lied zweistimmig, mit einer unteren Linie und einer oberen. Darin klingt beides nach, Karfreitag und Ostern. Amen.

Perikope
03.04.2016
1,3-9

Predigt zu 1. Petrus 4,7-11 von Christiane Borchers

Predigt zu 1. Petrus 4,7-11 von Christiane Borchers
4,7-11

Liebe Gemeinde!

Der erste Petrusbrief richtet sich an Christinnen und Christen in der Verfolgung in verschiedenen kleinen Gemeinden in Kleinasien im ersten Jahrhundert nach Christus. Sie befanden sich in der Minderheit in einem andersgläubigen Umfeld. Kleinasien, das Gebiet der heutigen Türkei, war eine Provinz des römischen Imperiums.

Christinnen und Christen lebten in der Minderheit. Unsere Verhältnisse sind völlig anders. Die Mehrheit gehört im Westen Deutschlands der Kirche oder einer christlichen Gemeinde an. Wir hier in Ostfriesland leben nicht in einer Minder-heitensituation, jedenfalls jetzt noch nicht. Das mag sich in künftigen Generationen ändern. Wir werden als Christinnen und Christen auch nicht verfolgt, jedenfalls nicht in diesem Land. Wir dürfen frei unseren Glauben leben, können in aller Ruhe unseren sonntäglichen Gottesdienst feiern, brauchen keine Angst zu haben, dass wir nachts von Soldaten aus den Betten geholt, verschleppt oder bedrängt werden. Wir haben auch keine Nachteile im  Beruf oder im Alltagsleben zu befürchten, wenn es zur Sprache kommt, dass wir zur Kirche gehören. Für uns gehört das Christsein zum Alltag dazu, ohne dass wir besonders darüber nachdenken. Gibt unser Predigttext für den heutigen Sonntag uns Richtlinien, wie sich christlicher Glaube äußert? Kann er, obwohl er in einer ganz anderen Situation als unserer heutigen geschrieben wurde, uns dennoch Aufschluss darüber geben, wie sich christlicher Glaube in der Gegenwart gestaltet und was den christlichen Glauben ausmacht?

Der 1. Petrusbrief ist verfasst für christliche Gemeinden in Kleinasien in der Verstreuung. Orte werden genannt: Pontus, Galatien, Kappadozien, die Provinz Asien und Bithynien. Der Verfasser geht davon aus, dass das Ende nahe ist und dass bald Gottes Gericht kommt, wo ein jeder sich für seine Werke verantworten muss. Die Leiden der Christinnen und Christen werden bald ein Ende haben. Den Bedrängten und Verfolgten in Christus wird Gerechtigkeit widerfahren. Mit der Vorstellung der Naherwartung des kommenden Gerichts steht der Verfasser des 1. Petrusbriefes in guter Tradition mit dem Evangelisten Matthäus. Er verknüpft den Einbruch der Herrschaft Gottes mit einem Aufruf zur Buße. Johannes der Täufer ist der große Bußprediger, der zur Umkehr aufruft: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen (Mt 3,2).

Wir leben nicht in der nahen Endzeiterwartung. Das Christentum gibt es seit über 2000 Jahren;  die Vorstellung der Wiederkunft Christi mit dem einhergehenden Endgericht rückt in große Ferne. Viele können darüber hinaus mit dem Gedanken der  Endzeiterwartung immer weniger anfangen. Für die frühen christlichen Gemeinden war er von großer Wichtigkeit. Würde sich doch am Ende allen Völkern Gottes Macht erweisen. Der Anbruch der Endzeit jedoch ließ auf sich warten, die Wiederkunft Christi verzögerte sich. Das war für die Christinnen und Christen der frühen christlichen Gemeinden ein Problem.

Sie waren enttäuscht, dass der Einbruch des Reiches Gottes auf sich warten ließ. Sie sehnten sich nach dem endgültigen Erweis der göttlichen Wahrheit. Für sie stellte die Wiederkunft Christi keine Bedrohung dar, die verbunden war mit der Sorge, nicht im Endgericht bestehen zu können. Als vom christlichen Glauben Überzeugte bemühten sie sich um ein Gott wohlgefälliges Leben. Für sie bedeutete das Endgericht das Offenbarwerden der Gerechtigkeit Gottes, das ihnen, den jetzt Verfolgten und Drangsalierten, Recht verschaffen würde. Ihnen würde  Gerechtigkeit widerfahren, was sie im Alltag so sehr vermissten. Der 1. Petrusbrief ist ein Trostbrief an Christen in der Verfolgung, der sie ermutigt, die Hoffnung zu behalten, standhaft zu bleiben und durchzuhalten. Er erinnert sie daran, besonnen und nüchtern zu bleiben und am Gebet festzuhalten. Wie sich ihre Lebensumstände auch gestalten mögen, - auch in Gefahren und Drangsal - sollen sie das Gebet nicht aufgeben. Im Gebet vergewissern sie sich der Gnade und Verheißung Gottes; im Gebet verbinden sie sich mit Jesus Christus, der leiden musste, bevor er in die Herrlichkeit Gottes einging. Im Gebet erfahren sie Trost und Kraft. Das Gebet ist eine zuverlässige Trost- und Kraftquelle.

Der 1. Petrusbrief will das Leiden nicht verherrlichen. Er thematisiert das Leiden, weil es der Realität vieler Christinnen und Christen in Kleinasien zu der damaligen Zeit entspricht.

Plinius, der Statthalter der Provinz Bithynien in Kleinasien, fragt in einem Brief beim Kaiser Trajan in Rom an, wie er mit Christinnen und Christen umgehen soll. Bei ihm würden immer mehr Anklagen gegen Christinnen und Christen eingehen. Er habe bisher Verhöre geführt und sie abschwören lassen. Manche erklärten, sie seien früher Christen gewesen, hätten sich aber nur unregelmäßig am Lobgesang beteiligt und verpflichtet, bestimmte Dinge wie z.B. Diebstahl, Raub und Ehebruch zu unterlassen. Wer abgeschworen hätte, den habe er römische Götter öffentlich anbeten lassen. Sie hätten dem Kaiserbild mit Weihrauch und Wein opfern und Christus lästern müssen. Danach habe er sie freigelassen. Damit sie dem Kaiser opfern konnten, habe er extra ein Standbild vom Kaiser aufstellen lassen.   

Der Statthalter Plinius in Kleinasien war gegenüber den  Christinnen und Christen nicht feindlich eingestellt. Für ihn waren sie Menschen, die einem Aberglauben verfallen waren, die man wieder auf den richtigen Weg bringen sollte. Man müsste ihnen eine Chance geben abzuschwören. Viele ließen sich bessern, wenn man ihnen nur die Gelegenheit zur Reue gäbe. Kaiser Trajan billigte die Verfahrensweise des Statthalters. Man sollte Christinnen und Christen nicht aktiv aufspüren. Anonyme Anzeigen sollten gar nicht weiter verfolgt werden. Konkreten Anklagen hingegen sollte Plinius nachgehen. Wer sich strikt weigerte, den römischen Göttern und dem Kaiser zu opfern, galt als Staatsfeind und war mit dem Tod zu bestrafen. Christinnen und Christen konnten ihr Leben retten, wenn sie ihren Glauben verrieten, was viele auch taten. Ihnen war gar nicht klar, dass sie  nicht gleichzeitig Christus und die römischen Götter bzw. den  Kaiser verehren konnten. Nicht umsonst weisen christliche Autoren auf  die Ausschließlichkeit der Christusverehrung hin. Dadurch, dass anonymen Anzeigen nicht weiter nachgegangen wurde und der Statthalter Plinius Christinnen und Christen für verirrte Schafe hielt, die man bekehren müsste, erhielten diese eine Chance, am Leben zu bleiben. Daher konnte sich das Christentum weiter ausbreiten. Wer sich allerdings zu stark hervorhob, dazu unliebsame Mitmenschen hatte, die einem Böses wollten, lebte in ständiger Gefahr, denunziert zu werden.

Der erste Petrusbrief ermahnt Christinnen und Christen am Gebet festzuhalten. Das Gebet verleiht ihnen Kraft und stärkt ihr Vertrauen. Ferner sind im Briefabschnitt Regeln aufgestellt, wie sich Gemeindeglieder innerhalb der Gemeinde verhalten sollen. Es wird betont, dass sie vor allen Dingen in der beständigen Liebe bleiben sollen. Wenn sie gefehlt haben, wird die Liebe die Verfehlung wettmachen. Die Liebe macht die Schwere der Last nicht ungeschehen, aber sie wiegt die Übertretungen auf. „Hass erregt Hader, aber Liebe deckt alle Übertretungen zu.“ Diese Worte spricht König Salomo, der bekannt ist für seine Weisheit (Spr 10,12). Jesus sagt über die Sünderin, die seine Füße salbt, sie mit ihren Tränen benetzt, sie küsst und mit ihren Haaren trocknet: „Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel Liebe gezeigt“ (Lk 7,47a). „Die Liebe deckt der Sünden Menge zu“, so der Verfasser des 1. Petrusbriefes. Die Liebe ist ein Grundpeiler des christlichen Glaubens.  Liebe in der Gemeinde untereinander zu üben, könnte auch bedeuten, diejenigen, die dem Druck des Statthalters nicht standhalten konnten und dem Kaiser geopfert hatten, nicht aus der christlichen Gemeinschaft auszuschließen. „Die Liebe erfreut sich nicht über die Ungerechtigkeit …, sie erträgt alles, … sie hofft alles, sie duldet alles“  (1. Kor 13). Es ist als ein Akt der Liebe anzusehen, sie wieder aufzunehmen, auch wenn sie nicht die Kraft hatten, ihr Leben für ihren Glauben zu lassen. Liebe sollen sie untereinander und gegenseitig üben, nicht einmal oder gelegentlich, sondern beständig und beharrlich. Liebe zu üben, erfordert harte ausdauernde Arbeit.

Im Folgenden werden Beispiele genannt, was Liebe zu üben beinhaltet. Sie sollen gastfrei untereinander ohne Murren sein. Gastfreundschaft zu gewähren, wurde in der Antike grundsätzlich hoch bewertet. Für die Gemeinde Jesu Christi wird die Gastfreundschaft zu einem Markenzeichen. Für durchreisende Christinnen und Christen war es unerlässlich, dass sie Herberge und Schutz in der Fremde fanden. Im Ersten Testament wird berichtet, dass Gott Abraham und Sara in Gestalt von drei Engeln besucht. Abraham bewirtet die fremden Gäste und erkennt im Nachhinein, dass Gott in Gestalt dieser drei Männer bei ihm zugegen war. Im Zweiten Testament wird im Zusammenhang mit dem Weltgericht erzählt, dass Jesus uns im Fremden begegnet. „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25,35). „Was ihr einer meiner geringsten Schwestern und einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40b). Sprichwörtlich ist ein Wort aus dem Hebräerbrief geworden: „Bleibt in der Liebe, vergesst nicht, gastfrei zu sein, denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt“  (Hebr 13,1). Die Liebe muss konkret werden, sonst bleibt sie leer und unverbindlich.

Zur Ausübung von Liebe gehört unweigerlich das Dienen. „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der Gnade Gottes“ (V 10). Weltliche Maßstäbe werden auf den Kopf gestellt. Bei Jesus hat das Streben nach persönlicher Ehre und Macht keinen Wert. „Wer unter euch groß sein will, der diene“, sagt Jesus zu zwei Jüngern, als diese einen Ehrenplatz im kommenden Reich Gottes haben möchten. Weltliche Hierarchien sind bei Jesus bedeutungslos. Er hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Jesus war sich nicht zu schade, sich klein zu machen und zu dienen. Jeder ist aufgefordert, es ihm gleichzutun. Wir sollen mit der Gabe dienen, die wir empfangen haben. Jeder hat Gaben mitbekommen. Keiner kann alles und keiner kann nichts. Jeder kann etwas. Diese uns geschenkte Gabe dürfen wir nutzen zum Wohl des Nächsten, zum Wohl der Gemeinschaft. Ein solidarischer Einsatz wird sich als eigenes Wohl entpuppen. Wenn wir Gutes tun, stellt sich Zufriedenheit auch bei uns selber ein. Die größte Zufriedenheit ist bezeichnender Weise bei Personen nachgewiesen, die bei der Feuerwehr ihren Dienst ausüben. Menschen möchten im Grunde ihres Herzens helfen. Es wird nur dann schwierig, wenn von uns erwartet wird, über unser Vermögen hinaus Hilfe zu leisten. Ein Christ hat eine Sozialpflichtigkeit, aber er hat nicht die Pflicht, sich selbst zu überfordern. „Ein jeder diene mit der Gabe, die er empfangen hat.“ Das heißt doch: Ich kann die Gabe, die ich empfangen habe, einsetzen. Niemand kann von einem Menschen alles erwarten. Niemand kann Gaben einsetzen, die ihm nicht zur Verfügung stehen. Ein Christ braucht sich nicht ausnutzen zu lassen.

Durch die Gabe, die wir bekommen haben und einsetzen, wird Gott gepriesen. Aus der Vielfalt der geschenkten Gaben werden zwei Beispiele genannt: die Verkündigung des Wortes Gottes und der Dienst am Menschen. Damit sind die Verkündigung und die karitativen Tätigkeiten als Pfeiler der christlichen Gemeinde in den Blick genommen. Es geht an dieser Stelle nicht um die Vielfalt der Gaben, sondern um die Rückbindung an Gott. Denn  Verkündigung und Dienst gehören untrennbar zusammen.   Reden und Tun sind eine Einheit. Im Reden und Tun wird Gott gepriesen. Die Gaben, die wir empfangen haben, dienen nicht der Selbstdarstellung, sondern der Verherrlichung Gottes. In allen Dingen soll Gott durch Jesus Christus gepriesen werden, sein sind Ehre und Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dass das so sein soll, bekräftigt der Verfasser des Briefes mit einem feierlichen  „Amen“.

Was der Verfasser in der konkreten Situation zu den in der Bedrängnis lebenden Christinnen und Christen in Kleinasien geschrieben hat, hat Gültigkeit für eine christliche Gemeinde über Ort und Zeit hinaus. In einer christlichen Gemeinde hat das Gebet eine grundlegende Bedeutung, unabhängig davon, ob  Christinnen und Christen in Gefahr leben. Dass Christinnen und Christen verfolgt werden, gibt es bis heute. Die christliche Minderheit der im Irak lebenden Menschen wird bedrängt und bedroht. Sie werden aufgefordert, entweder zum Islam überzutreten oder hohe Schutzsteuern zu zahlen. Die Situation für Christinnen und Christen im Irak spitzt sich zu. Die meisten von ihnen fühlen sich dort nicht mehr sicher, haben Angst und sind aufgrund der gefährlichen Situation inzwischen geflüchtet. Weltweit gibt es zahlreiche andere Beispiele, in denen Menschen ihren Glauben nicht ungehindert leben können.

Grundsätzlich gilt neben dem Festhalten am Gebet für eine christliche Gemeinde, Liebe zu üben und gastfrei zu sein. Das schließt ein, Fremde, sprich Flüchtlinge aufzunehmen, ihnen Obdach und Nahrung zu geben.  Auch hier gilt: Nicht jeder muss und kann alles. Aber jeder kann etwas dazu beitragen, dass Not gelindert wird. Wir sollen die von Gott geschenkten Gaben als gute Haushalter nutzen. Eine Liebe, die nicht spürbar wird, ist nutzlos. In allem und jedem, was wir mit unseren Gaben anfangen, werden nicht wir, sondern Gott und Jesus Christus geehrt. Gott und Jesus Christus gebühren Anbetung, Ehre, Dank und Ruhm (EG, Psalm 68,6). Wir verkünden den barmherzigen Gott und leben in der Nachfolge Jesu Christi, bis dass er wiederkommt und das Reich Gottes in Gerechtigkeit aufrichtet. Amen.

EG-Nr. 675:         Lasst uns den Weg der Gerechtigkeit gehen, dein Reich komme, Herr, dein Reich komme….   (EG Ausgabe Rheinland, Westfalen, Lippe, Ev.-ref. Kirche)

Perikope
17.08.2014
4,7-11

Predigt zu 1. Petrus 4,7-11 von Rudolf Rengstorf

Predigt zu 1. Petrus 4,7-11 von Rudolf Rengstorf
4,7-11

Es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge. So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet .Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn »die Liebe deckt auch der Sünden Menge« (Sprüche 10,12). Seid gastfrei untereinander ohne Murren. Und dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes: Wenn jemand predigt, dass er's rede als Gottes Wort; wenn jemand dient, dass er's tue aus der Kraft, die Gott gewährt, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesus Christus. Sein ist die Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Liebe Leserin, lieber Leser!
"Es ist nahe gekommen das Ende aller Dinge."
Gemeint ist hier ursprünglich das Weltende, das man in der ersten Christenheit als unmittelbar bevorstehend erwartet hatte. Diese Erwartung hat getrogen. Gott allein weiß und bestimmt, wann es ein Ende hat mit allem und die Welt anbricht, in der er allein das Sagen hat.
Doch das Gefühl, nicht endlos Zeit zu haben und die Befürchtung, wesentliches in der  immer knapper werdenden Zeit zu verpassen, das ist uns nur allzu gut bekannt. Was können wir tun, damit wir am Ende nicht feststellen müssen: Du hast deine Zeit vertan. Du hättest vieles ganz anders anfangen müssen, um am Ende nicht  alles verloren zu haben?
Was können wir tun, um dem begegnen zu können, der am ende allein das letzte Wort über unser Leben hat? Gewiss, seine Barmherzigkeit wird dabei die entscheidende Rolle spielen.  Aber wie lebt man, wenn man das erhofft? Welche Konsequenzen hat meine Hoffnung für  meinen Alltag? Denn  wie soll meine Hoffnung tragen, wenn sie  sich nicht auf mein Leben auswirkt?  Dazu gibt der heutige Predigttext  klare und konkrete Handlungsanweisungen. Sehen wir uns die der Reihe nach an:

1. So seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet!
Wörtlich müsste man übersetzen: Nehmt eure Sinne zusammen und seid so nüchtern, dass ihr betet! Landläufig besteht ja die Meinung: Das Gebet beginne erst, wenn man mit dem Verstand am Ende ist und es setze sich weltfremd über die Wirklichkeit hinweg. Das hängt wohl damit zusammen, dass Beter bisweilen dazu neigen, vor Gott infantil zu werden und so zu reden, als könnten wir nichts und deshalb müsse Gott alles tun. Stattdessen heißt es hier: Betet mit Sinn und Verstand als Leute, die mit der Realität vertraut sind. Ihr wisst doch, dass Gott seine Welt den Menschen anvertraut und in ihre Hand gelegt hat, was geschieht. Ihr wisst aber auch, dass nach Gottes Willen nichts so bleiben wird, wie es ist: Krankheit und Leiden, Krieg und Hunger werden Menschen nicht ewig im Griff behalten, weil wir am Ende nur noch den lebendigen Gott vor uns haben.
Davon lasst euer Gebet ausgehen, um dann vor Gottes Angesicht nüchtern zu bedenken, wie sein heilsamer Wille unter den gegebenen Umständen umgesetzt werden kann. Wo man euch beten hört, soll keiner mitleidig lächeln können über Wünsche, die an der Wirklichkeit vorbeigehen. Wer euch beten hört, soll der Wirklichkeit voll begegnen und gleichzeitig staunen über den Geist, der sich nicht abfindet mit dem, was Menschen klein macht und sie leiden lässt. Wer euch beten hört, soll staunen, wie ihr euch öffnet, euch leiten und ansprechen lasst  von  einer  Macht, die dem Menschen unantastbare Würde zuspricht.
Das muss eine Welt mitbekommen, die von Menschenwürde redet, aber nicht sagen kann, woher sie kommt.

2. Haltet daran fest, einander Liebe zu erweisen. Denn die Liebe vermag Sünden zuzudecken,  so viele es ihrer auch sind.
Die Mahnung, an der Liebe festzuhalten, klingt zunächst sehr allgemein. Doch dann kommt sogleich  der konkrete und  auch aufschlussreiche Hinweis darauf, was Liebe tut. Sie tut etwas für andere, was keiner für sich selbst tun kann: Sie deckt zu, womit Menschen sich unmöglich gemacht haben.
Das heißt nun sicher nicht: Seht zu, dass alle Fehler und Gemeinheiten unter der Decke bleiben. Zudecken kann man ja nur, was vorher aufgedeckt war. Am Aufdecken von Schuld und Versagen führt kein Weg vorbei, damit Änderungen möglich werden. Doch sorgt dafür,  dass dieses Aufdecken nicht gnadenlos geschieht, dass die notwendige Enthüllung den Schuldiggewordenen nicht bloßgestellt da stehen lässt.. Um das Zudecken kümmert euch. Um das: Schluss jetzt!  Um den Schutz und die Wärme, die  jeder Mensch braucht, um wieder in den Spiegel blicken  und neu beginnen zu können.
Was für eine Aufgabe in einer Öffentlichkeit, die gelenkt durch die Medien nur darauf zu warten scheint, , dass ein Guttenberg oder ein Wulf, eine  Schwarzer oder eine Hadertauer  wegen eines Fehlers an den Pranger gestellt werden und sie davon nie wieder los kommen.
 
3. Gewährt einander Gastfreundschaft, ohne zu murren.
Dass man mit Leuten, die man kennt und mag, gastfreundlich umgeht, ist eine Selbstverständlichkeit und keiner denkt daran, darüber zu murren. Es sei denn, Schwiegermutter benimmt sich nicht als Gast, sondern als Hausherrin. Nein, hier geht es um Menschen, die wir nicht kennen, die fremd sind in unserem Ort, weil sie hier als Ausländer hergekommen oder aufgewachsen sind. Ihnen Raum zu geben und Chancen, hier heimisch zu werden, ist mühsam, erfordert viel Phantasie und Einfühlungsvermögen. Hinzu kommt:  Das alles gibt es nicht zum Nulltarif. Die Beschaffung von Wohnungen für größere Familien, Sprachunterricht, zusätzliches Training an Arbeitsplätzen, Integration in Kindergärten und Schulen.  Das kostet Steuergelder. Da kommt man schnell ins Murren und Protestieren mit dem Tenor:: Das Boot ist voll! Grenzen bei uns und in den Nachbarländern dicht machen!
Nein, wir unterstützen in unseren Gemeinden alle Bemühungen, den Fremden ein neues Zuhause  und Bürgerrechte zu geben. Wir tun das, weil die Fremden in der Bibel durchgehend Achtung genießen bis dahin, dass Jesus unseren Umgang mit Fremden zum Maßstab dafür gemacht hat, wie wir mit ihm umgehen.

4. Und schließlich: Dient einander ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat als die Haushalter der vielfältigen Gnade Gottes.
Zugegeben, bisher haben die Handlungsanweisungen etwas anstrengend geklungen: Achtet auf Euer Beten, dass es mit Sinn und Verstand und Nüchternheit geschieht. Sorgt dafür, dass die Schuldiggewordenen in Würde weiterleben können. Seid gastfrei gegenüber Fremden. In der Tat, was uns hier als Gemeinde abverlangt wird, kostet Mühe. Auch Streit und Konflikte sind für  eine christliche Gemeinde unumgänglich.
Ausgesprochen charmant aber wird es, wenn es nun am Ende darum geht, was jeder einzelne in seinem Umfeld tun kann, wie er mit seinen Pfunden wuchern, seine Talente zeigen kann. Hört sich zwar zunächst auch eher trocken und gar beschwerlich an: "Dient einander - hm - ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat." Doch anstelle des blassen Wortes "Gabe" wäre das Wort Charme viel treffender. Denn im griechischen Urtext steht da Charisma auf französisch Charme. Leicht und fröhlich klingt das, auch nach Schmunzeln und  Augenzwinkern, denn in dem Wort charisma steckt das griechische Wort für Freude ganz unmittelbar mit drin. Und wenn man das weiß, und das tun Sie jetzt, dann wird deutlich und deshalb habe ich Ihnen das zugemutet: dann wird deutlich, was genau gemeint ist mit der Gabe, die jedem mitgegeben ist: Meine und Ihre Gabe ist das, was Sie und mich erfreulich macht für andere. Gott hat Ihnen und mir etwas mitgegeben, das Ihren und meinen Mitmenschen  Freude macht. Und es wäre doch ein Jammer, wenn wir davon keinen Gebrauch machten! Darum also geht es, mit unserem Christentum charmant zu werden, unseren Mitmenschen liebenswürdig und erfreulich zu begegnen. Damit erkennbar  wird, was in einer vergehenden Welt Zukunft hat: die Freundlichkeit und Güte Gottes. Amen.
 

Perikope
17.08.2014
4,7-11